Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210082/6/Ga/La

Linz, 13.07.1994

VwSen-210082/6/Ga/La Linz, am 13. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung der R L in P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16. April 1993, Zl.

Ge-96/112/1991, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben: Von der Verhängung einer Strafe wird abgesehen und der Berufungswerberin wird gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt; dies mit der Maßgabe, daß im bekämpften Strafbescheid die Überschrift statt "Straferkenntnis" nunmehr "Bescheid" zu lauten hat und der Strafausspruch (Spruchelement gemäß § 44a Z3 VStG) und alle damit zusammenhängenden Spruchteile zu entfallen haben.

II. Die Berufungswerberin hat weder Beiträge zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 21, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2.

Zu II.: § 64 Abs.1 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig verhängt, weil sie § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1, § 2 Abs.9 und § 39 Abs.4 AWG sowie iVm § 1 der Verordnung BGBl.Nr. 49/1991 und der ÖNORM S 2101 schuldhaft zurechenbar dadurch verletzt hat, daß sie - als Inhaberin der Einzelunternehmung "R L" - am 26. März 1991 in einem näher bezeichneten Standort in der Gemeinde P die Tätigkeit eines Abfallsammlers iSd § 2 Abs.9 AWG ohne die hiefür gemäß § 15 Abs.1 AWG erforderliche Erlaubnis für das Sammeln von ölverunreinigtem Boden (Aushubmaterial) ausgeübt hat, indem sie von einem namentlich genannten Betrieb in Linz 120 kg ölhältiges Erdreich mit der Schlüsselnummer 31423 der ÖNORM S 2101 (Begleitschein Nr. 01150707) übernommen hat.

2. Mit ihrem dagegen bei der Strafbehörde eingebrachten Rechtsmittel machte die Berufungswerberin die Bestellung ihres Ehegatten als verantwortlichen Beauftragten "für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften" geltend, ohne allerdings geeignete Nachweise für eine solche Bestellung iSd § 9 Abs.4 VStG und der hiezu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anzubieten. Gleichzeitig schloß die Berufungswerberin jedoch nicht aus, daß der von ihr behauptetermaßen rechtmäßig gesammelte Sonderabfall in der Menge von ca. 120 l "möglicherweise mit Erde vermischt" gewesen sei. Schließlich beantragte die Berufungswerberin die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Verfahrenseinstellung im Wege einer Berufungsvorentscheidung.

3. Tatsächlich hat dann die Strafbehörde mit Berufungsvorentscheidung vom 26. Mai 1993 die gegen die Berufungswerberin in der Höhe der gesetzlichen Mindeststrafe verhängte Geldstrafe in Anwendung des § 20 VStG auf 25.000 S herabgesetzt (die Ersatzfreiheitsstrafe allerdings unverändert im Höchstausmaß belassen!).

Mit dem dagegen von der Berufungswerberin rechtzeitig erhobenen, am 16. Juni 1993 bei der Strafbehörde eingelangten Vorlageantrag ist jedoch diese Berufungsvorentscheidung außer Kraft getreten, sodaß über die ursprüngliche, von der Strafbehörde unter Anschluß des Strafverfahrensaktes ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung der unabhängige Verwaltungssenat zu entscheiden hat.

4.1. Im Zuge ergänzender Erhebungen des unabhängigen Verwaltungssenates im Zusammenhang mit der behaupteten, nach der Aktenlage jedoch unbewiesen gebliebenen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten hat dann die Berufungswerberin mit Eingabe vom 11. Juli 1993 die Einrede des Übergangs ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf einen verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.3 und 4 VStG nicht mehr aufrechterhalten, sondern mit Bescheinigungsmittel lediglich die Bestellung ihres Ehegatten zum - als Träger von verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlichkeit in Übertretungsfällen nach den Abfallwirtschaftsgesetzen ungeeigneten - gewerberechtlichen Geschäftsführer dargetan.

Gleichzeitig ist dieser Schriftsatz auf Grund ausdrücklichen Vorbringens als Einschränkung der ursprünglichen vollen Berufung auf ein nur noch gegen die verhängte Strafe gerichtetes Rechtsmittel zu werten.

4.2. Als Konsequenz aus der nun auf den Strafausspruch eingeschränkten Berufung ist das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs und der darin individualisierten Tat, die dem Typus des fortgesetzten Delikts zuzuordnen ist, rechtskräftig geworden. Unter Hinweis auf die seit dem Erk. [verst.Sen.] vom 19.5.1980, Slg. 10138 A hiezu ständige Rechtsprechung des VwGH bedeutet dies für die Strafbarkeitsverjährung im Berufungsfall, daß die dreijährige Verjährungsfrist nicht schon mit dem im Schuldspruch festgehaltenen 26. März 1991 (der hier eigentlich als Beginn eines fortgesetzten Begehungszeitraumes zu sehen ist), sondern frühestens - und insoweit in Übereinstimmung mit der Aktenlage - erst mit dem Tag der Erlassung (Zustellung) des Straferkenntnisses, das ist der 22. April 1993, zu laufen begonnen hat.

5. Dieses gegen den Strafausspruch der belangten Behörde gerichtete Rechtsmittel begehrt erkennbar die Anwendung des § 21 VStG ("Absehen von der Strafe"). Zur Begründung bringt die Berufungswerberin vor, daß die gegen sie verhängte Strafe von 50.000 S in keinem Verhältnis zur Tat (120 kg ölhaltiges Erdreich von einer Drittfirma übernommen und zur EBS Wien gebracht) stehe. Zu bedenken sei auch, daß die der belangten Behörde zur Verfügung gestandenen Beweismittel (Begleitschein) von ihr ordnungsgemäß ausgefüllt an das Amt der o.ö. Landesregierung gesendet worden seien.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

6.1. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, auch die Berufungsbehörde, von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind; gleichzeitig kann die Behörde, auch die Berufungsbehörde, um künftiges Wohlverhalten zu unterstützen, den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens ermahnen.

6.2. Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung sind im Berufungsfall gegeben.

Bereits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist die belangte Behörde nur von einfacher Fahrlässigkeitsschuld der Berufungswerberin ausgegangen. Sie hat diese Annahme damit begründet, daß der Berufungswerberin bei Anwendung entsprechender Aufmerksamkeit hätte bewußt sein müssen, daß das Sammeln von ölhältigem Erdreich mit der Schlüsselnummer 31423 der ÖNORM S 2101 durch die erteilte Erlaubnis zur Sammlung von Sonderabfällen (nunmehr gefährliche Abfälle) nicht gedeckt ist. Ausdrücklich hat die belangte Behörde auch festgehalten, daß nachteilige Folgen der Tat nicht bekannt geworden seien. In Entsprechung der demgemäß als gering angenommenen Strafwürdigkeit der Tat hat die belangte Behörde mit dem bekämpften Straferkenntnis die im AWG für Übertretungen der vorliegenden Art festgesetzte Mindeststrafe verhängt.

Diese Mindeststrafe hat die belangte Behörde mit ihrer Berufungsvorentscheidung in voller Ausnützung des vom § 20 erster Fall VStG eingeräumten Ermessensspielraumes um die Hälfte unterschritten. Begründend hat die belangte Behörde angeführt, daß sie nunmehr auf die (von der Berufungswerberin jedoch schon in der Rechtfertigung vom 28.

Juli 1991 im Zuge des Ermittlungsverfahrens vorgetragenen) berücksichtigungswürdigen Umstände (wie: laufende Änderungen der gesetzlichen Grundlagen und unklare Rechtsverhältnisse für die Beschuldigte) besonders Bedacht genommen habe.

Mit dieser Begründung aber hat die belangte Behörde unmißverständlich dargelegt, daß sie das von ihr schon ursprünglich bloß als schlichten Sorgfaltsmangel gewertete Verschulden der Berufungswerberin nach neuerlicher Prüfung nunmehr als so geringfügig angenommen hat, daß dies schon einem die Schuld nahezu ausschließenden Rechtsirrtum vergleichbar ist.

Im Ergebnis steht fest, daß das tatbildmäßige Verhalten der Berufungswerberin hinter dem in der hier zugrundeliegenden Strafdrohung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 30.4.1993, 93/17/0088).

Damit aber hätte schon die belangte Behörde, weil die gesetzlichen Voraussetzungen sich als erfüllt herausstellten und der Beschuldigten deswegen ein Anspruch erwuchs, den § 21 Abs.1 erster Satz VStG anzuwenden gehabt (vgl. VwGH 13.12.1990, 90/09/0141).

7. Aus all diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden und von der Verhängung einer Strafe abzusehen. Die gleichzeitig ausgesprochene Ermahnung ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates geboten, um die Berufungswerberin im Hinblick auf die in ihrem Geschäftszweig unleugbar vorhandenen, erhöhten Sorgfaltsanforderungen künftig von Übertretungen der rechtlich geregelten Abfallwirtschaftsordnung abzuhalten.

Zu II.:

Der Ausspruch gemäß § 21 Abs.1 VStG hat auf der Kostenseite die gänzliche Entlastung der Berufungswerberin zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum