Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210088/13/Lg/Bk

Linz, 07.09.1994

VwSen-210088/13/Lg/Bk Linz, am 7. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 26.

August 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des K N, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E W, Dr. O W, Dr. C P, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. Mai 1993, Zl. 501/S-39/92d-Str, wegen Übertretungen der O.ö. Bauordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils vier Stunden herabgesetzt werden.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 16 Abs.2, § 19 VStG; § 68 Abs.1 lit.b iVm § 53 Abs.2 iVm § 41 Abs.1 lit.a, § 68 Abs.2 O.ö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 idgF (Spruchpunkt 1); § 68 Abs.1 lit.b iVm § 53 Abs.2 iVm § 41 Abs.1 lit.d iVm § 68 Abs.2 O.ö. BauO.

(Spruchpunkte 2.a), 2.b)).

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber drei Geldstrafen von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen von je drei Tagen) verhängt, weil er als Bauherr beim Bauvorhaben "Neubau eines Einfamilienhauses" im Standort L, V auf den Grundstücken Nr. und , KG K, in der Zeit zwischen dem 1. Jänner 1991 und dem 31. Dezember 1991 von dem mit Bescheid des Magistrates L, Baurechtsamt, vom 13. Juli 1990, Zl. 501/S-1171/89, genehmigten Bauvorhaben in baubewilligungspflichtiger Weise abgewichen sei, ohne daß die hierfür rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen wäre, indem 1. der südliche Terrassenbereich durch die Einrichtung von Parapeten sowie den Einbau von Fenstern und Türen zum Wohnhaus einbezogen wurde ("Wintergarten"), sodaß ein Zubau von 9 m2 erfolgte; 2. a) die Dachform im Bereich der südlichen Bauplatzgrenze geändert wurde, wobei diese Änderung aufgrund der Größe der Dachvorsprünge von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile sei und b) unter dem Erker des gegenständlichen Objektes zwei Säulen errichtet wurden, welche als tragende Bauteile zu beurteilen seien.

Dadurch habe der Berufungswerber Verwaltungsübertretungen gemäß § 68 Abs.1 lit.b iVm (Spruchpunkt 1:) §§ 53 Abs.2 iVm 41 Abs.1 lit.a und (Spruchpunkt 2:) §§ 53 Abs.2 iVm 41 Abs.1 lit.d O.ö. BauO. begangen und seien über ihn gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO. die genannten Geldstrafen zu verhängen gewesen.

Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Wahrnehmung eines Organs des Baupolizeiamtes des Magistrates Linz anläßlich eines Ortsaugenscheines am 15. Jänner 1992 sowie auf eine Stellungnahme eines bautechnischen Amtssachverständigen vom 10. Februar 1992.

2. In der Berufung wird vorgebracht, daß das Verschulden des Berufungswerbers gering sei und die gegenständlichen Planabweichungen im Vergleich zum bewilligten Gesamtobjekt unbedeutend seien. Die Planabweichungen hätten der Herstellung einer harmonischen Gesamtarchitektur gedient und seien nicht mit einer Schädigung von Interessen der Öffentlichkeit oder der Nachbarn verbunden.

Hinsichtlich der Spruchpunkte 2. a) und b) wird der Einfluß der Planabweichungen auf die Festigkeit tragender Bauteile bestritten.

Beantragt wird ein Absehen von der Verhängung einer Strafe unter Anwendung des § 21 Abs.1 VStG, in eventu eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das schuld- und tatangemessene Ausmaß.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

3.1. Die konsenslose Durchführung der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Baumaßnahmen blieb vom Berufungswerber auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung unbestritten. Strittig war lediglich die Konsenspflichtigkeit der Änderung der Dachform und der Errichtung der beiden Säulen unter dem Erker. Der zur öffentlichen mündlichen Verhandlung beigezogene Sachverständige sagte dazu aus:

Zur Veränderung der Dachform:

(Befund:) Es handelt sich um ein Vordach im Bereich der südlichen Bauplatzgrenze, welches sich über das südöstliche Gebäudeeck fortsetzt. Dieses Dach, eine Pultdachkonstruktion mit Holzsparren und einer Ziegeleindeckung kragt um ca 1,25 m über die Stahlbetonplatte des im Obergeschoß befindlichen Erkers aus. (Gutachten:) Diese Konstruktion muß den auftretenden Belastungen, wie Eigengewicht, Schnee- und Windlasten standhalten. Dies trifft auch auf die notwendige Verankerung im Hauptbauwerk zu. Dadurch kommt es auch zu einer Kraftübertragung in die Bauteile des Hauptgebäudes.

Ein Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile sei deshalb gegeben.

Zu den Säulen:

(Befund:) Die Erkerkonstruktion sei - im Gegensatz zur genehmigten Konstruktion - nicht frei auskragend, sondern ruhe einerseits auf der Außenwand des Gebäudes und den beiden (nicht genehmigten) Säulen. (Gutachten:) Diese Änderung sei von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, zumal diese Säulen die auftretenden Lasten des Erkers samt der darüberliegenden Dachkonstruktion in den tragfähigen Untergrund ableiten müssen. Selbst bei Zugrundelegung der Behauptung des Berufungswerbers, daß der Erker konsensgemäß ausgeführt wurde und daher auch ohne Säulen den statischen Anforderungen entspricht, treffe die Schlußfolgerung des Berufungwerbers, daß die aus optischen Gründen daruntergestellten Säulen für die Statik ohne Bedeutung seien, nicht zu. In diesem Fall werden die statischen Verhältnisse in Form einer Verbesserung im Vergleich zur genehmigten Einreichvariante berührt.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat würdigt diese Beweise wie folgt: Die konsenslose Durchführung der vorgeworfenen Baumaßnahmen war - unbestritten - als erwiesen anzunehmen.

Hinsichtlich der Änderung der Dachform waren die faktischen Verhältnisse ebenfalls unbestritten und wurde das Gutachten des Sachverständigen vom Berufungswerber im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen. Hinsichtlich der Säulen ging der unabhängige Verwaltungssenat - im Zweifel - von der für den Berufungswerber günstigeren Sachverhaltsvariante aus (nämlich der konsensgemäßen, dh ohne Säulen ausreichend tragfähigen Ausgestaltung der Erkerkonstruktion), erachtete aber das Gutachten des Sachverständigen, daß auch in diesem Fall ein Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile (allenfalls in Form einer Verbesserung der statischen Verhältnisse) gegeben sei, als schlüssig.

3.3. Rechtlich war dieser Sachverhalt - ausgehend von den im angefochtenen Straferkenntnis ausführlich zitierten Bestimmungen der O.ö. BauO. - wie folgt zu würdigen:

3.3.1. Gemäß § 41 Abs.1 lit.a O.ö. BauO. bedarf der Zubau zu Gebäuden einer Baubewilligung, wobei gemäß § 41 Abs.2 lit.d O.ö. BauO. unter "Zubau" die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach und unter "Gebäude" gemäß § 41 Abs.2 lit.b O.ö. BauO. ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens 1,5 m zu verstehen ist. Die Errichtung des "Wintergartens" (Spruchpunkt 1) mit 9 m2 Grundfläche stellt daher einen bewilligungspflichtigen Zubau dar.

3.3.2. Gemäß § 41 Abs.1 lit.d iVm § 53 Abs.2 O.ö. BauO. sind vom bewilligten Plan abweichende Baumaßnahmen, die von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile sind, bewilligungspflichtig, wobei diese Bestimmungen dahingehend auszulegen sind, daß es nicht darauf ankommt, ob dieser Einfluß positiver oder negativer Art ist (vgl dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1991, Zl. 91/06/0110 und vom 17. März 1988, Zl. 86/06/0192).

Aufgrund der schlüssigen Sachverständigengutachten war davon auszugehen, daß die Änderung der Dachform (Spruchpunkt 2.a)) und die Unterfangung des Erkers mit zwei Säulen (Spruchpunkt 2.b)) dieses Tatbestandsmerkmal erfüllen.

3.3.3. Demnach steht fest, daß die belangte Behörde in allen drei Spruchpunkten zu Recht von der Bewilligungspflichtigkeit der als erwiesen anzusehenden Baumaßnahmen ausging und mangels Vorliegens entsprechender Bewilligungen die Schuld des Berufungswerbers in allen drei Spruchpunkten zu Recht bejahte.

3.4. Zur Strafhöhe:

3.4.1. Dem in der Berufung behaupteten Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 21 Abs.1 VStG ist entgegenzuhalten, daß die verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen keineswegs von so untergeordneter Bedeutung sind, daß die mit den einschlägigen Bestimmungen der Bauordnung verfolgten Interessen nicht in einer eine Bestrafung rechtfertigenden Weise berührt werden. Durch die Errichtung eines Wintergartens in der gegenständlichen Größe sowie durch die Änderung der Dachform und die Errichtung von zwei Säulen unter einem Erker, welche von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile sind, wird der deliktstypische Unrechtsgehalt verwirklicht, sodaß nicht von unbedeutenden Folgen der Übertretung gesprochen werden kann. Da der Berufungswerber überdies nichts vorgebracht hat, das die Annahme einer Geringfügigkeit des Verschuldens rechtfertigen würde, fehlt es auch an der zweiten der kumulativen Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG. Im besonderen ist darauf hinzuweisen, daß - entgegen geäußerten Auffassungen des Berufungswerbers - weder das Motiv der ästhetischen Verbesserung noch die Heranziehung eines befugten Bauführers schuldmindernd wirken.

3.4.2. Wenn die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Unrechtsgehalts der Tat, des Ausmaßes des Verschuldens, der Unbescholtenheit des Berufungswerbers und dessen im angefochtenen Straferkenntnis näher ausgeführten finanziellen Verhältnisse die Geldstrafen in Höhe von je einem Hundertstel der Höchststrafe festlegte, so vermag der unabhängige Verwaltungssenat nicht zu finden, daß diese Strafen zu hoch bemessen sind.

Da kein Grund für eine disproportionale Ausschöpfung der Strafrahmen für die Geld- und die Ersatzfreiheitsstrafen ersichtlich ist, sind die Ersatzfreiheitsstrafen in einer dem Strafrahmenproporz entsprechenden Höhe festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum