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des Landes Oberösterreich
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VwSen-210100/6/Ga/La

Linz, 12.12.1994

VwSen-210100/6/Ga/La Linz, am 12. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des H S in L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Juli 1993, Zl.

502-32/Kn/We/44/91a, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 44 Abs.5 AWG sowie iVm § 4 der Altölverordnung schuldig gesprochen.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Er habe als verantwortlicher Beauftragter für den örtlichen Bereich Oberösterreich (§ 9 Abs.2 und 4 VStG) der Ö AG, Sitz in W, zu verantworten, daß am 14. August 1991 im Standort L, zur Beheizung der Werkstätte und des Kassenraumes sowie zur Warmwasserbereitung eine (mit ihren technischen Daten näher bezeichnete) "Altfeuerungsanlage" (gemeint: Altölfeuerungsanlage) betrieben worden sei, obwohl diese Anlage keine geeignete Abgasreinigungsvorrichtung iSd § 4 der Altölverordnung aufgewiesen habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber eine in Anwendung des § 20 VStG außerordentlich gemilderte Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Auf Grund der ohne Gegenäußerung vorgelegten, das Straferkenntnis zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit und wesentlicher Verfahrensmängel anfechtenden und seine Aufhebung beantragenden Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat - nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt - erwogen:

2.1. Der Berufungswerber wendet sich vor allem dagegen, daß die Tat ihm zugerechnet wird. Begründend verweist er auf die Wortwahl des Übertretungstatbestandes - wer ... verfeuert und bringt vor, daß aus dem gesamten von der belangten Behörde erhobenen Sachverhalt nicht erkennbar sei, daß die Ö AG am inkriminierten Standort Altöl verfeuert habe.

Vielmehr sei es die Ö AG gewesen, die die Umrüstung der Anlage auf Heizöl leicht veranlaßt habe. Schon daraus könne schlüssig ersehen werden, daß ein Streben nach wirtschaftlichem Vorteil aus der Verfeuerung von Altöl der Ö AG nicht zugesonnen werden könne. Einen solchen wirtschaftlichen Vorteil aus der Verfeuerung von Altöl habe allein nur der Pächter der Tankstelle, Ing. F K, erzielen können. Nur dieser habe daher als unmittelbarer Täter in Betracht kommen können. Auch habe weder er noch einer seiner Mitarbeiter davon Kenntnis gehabt, daß die Umstellung der Heizanlage nicht termingerecht beendet worden sei. In diesem Zusammenhang könne weder ihm noch seinen Mitarbeitern vorgeworfen werden, die Umrüstungsarbeiten nicht entsprechend kontrolliert zu haben, weil die Ö AG gar nicht Betreiberin der Heizanlagen ihrer Tankstellen sei. Diese werden vielmehr von den jeweiligen Stationären bzw. Pächtern betrieben, die daher auch alle beim Betrieb der Heizanlagen zu beachtenden gesetzlichen und behördlichen Vorschriften einzuhalten hätten. Dies gehe aus dem von ihm der belangten Behörde vorgelegten "Belieferungsvertrag" vom 21. November 1984 deutlich hervor. Wenngleich die Ö AG Eigentümerin der Heizanlage sei, könne dieser Umstand für sich allein nicht bedeuten, daß die Ö AG die betreffende Heizanlage auch betreibe. Weil somit die Ö AG eben kein Altöl verfeuert habe, scheide sie auch als Täter objektiv aus. Hilfsweise bringt der Berufungswerber zur subjektiven Tatseite noch vor, daß es angesichts des eindeutig vorsätzlichen Verhaltens des Tankstellenpächters zu weit ginge, ihm als verantwortlichen Beauftragten der Ö AG eine unzureichende Kontrolle vorzuwerfen. Wenn der Tankstellenpächter als selbständiger Unternehmer agiere, dann sei er das auch bezüglich des Betriebes einer Heizanlage, im konkreten Fall der Verfeuerung von Altöl, das in dessen Betrieb anfalle und nicht nur in dessen Eigentum, sondern auch - unter Hinweis auf die Bestimmungen des "Belieferungsvertrages" - in dessen alleiniger Verfügungsgewalt stehe. Weil er mit einem vorsätzlichen Verhalten des Tankstellenpächters als außenstehende dritte Person nicht rechnen mußte, liege daher auch kein ihm subjektiv vorwerfbares Fehlverhalten vor.

Schon dieses Vorbringen führt die Berufung im Ergebnis zum Erfolg.

2.2. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z2 dieser Vorschrift entgegen ... den §§ 3 bis 6 der Altölverordnung, BGBl.Nr.

383/1987, Altöl verfeuert.

Nach § 4 Abs.1 der - gemäß § 44 Abs.5 AWG auf Bundesgesetzesstufe übergeleiteten - Altölverordnung ist die Energiegewinnung aus Altölen nur in Anlagen gestattet, die über solche Rauchgasreinigungsanlagen verfügen, die zur Einhaltung der in § 5 Abs.1 angeführten Emissionsgrenzwerte geeignet sind.

Unstrittig im gesamten Verfahren ist, daß die am 14. August 1991 am genannten Standort vorgefundene Anlage eine solche Anlage im Sinne der Altölverordnung verkörpert, und weiters, daß in dieser Anlage für Zwecke der Energiegewinnung, nämlich um Räume zu beheizen und Warmwasser zu bereiten, zumindest am 14. August 1991 Altöl (im Sinne des V.

Abschnittes des AWG) verfeuert wurde.

2.3. Zunächst ist klarzustellen, daß, wenngleich dies das angefochtene Straferkenntnis nicht auf den ersten Blick zu erkennen gibt, es sich bei einer Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG um ein fortgesetztes Delikt handelt und die belangte Behörde in ihrem gesamten Ermittlungsverfahren offenbar diesen Deliktstypus auch zugrundegelegt hat. Dies wird aus der Formulierung des Tatvorwurfs in der ersten Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. Dezember 1991) deutlich. In dieser Verfolgungshandlung hat die belangte Behörde die Tatzeit noch mit "zumindest am 14.8.1991" beschrieben und damit zu erkennen gegeben, daß sie mit dem so umschriebenen Sachverhaltselement den konkreten Beginn des Zeitraumes einer fortgesetzten Tatbegehung angelastet hat. Daß dann der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Wort "zumindest" nicht mehr enthält, entspringt - aus der Aktenlage offensichtlich - einem Versehen und ändert nichts an dem zugrundegelegten Deliktstypus. Nach den Umständen dieses Falles ist, weil die Tatanlastung ein ausdrückliches Ende des fortgesetzten deliktischen Handelns nicht angibt, im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als Zeitpunkt des Aufhörens des fortgesetzten strafbaren Verhaltens der 28. Juli 1993, das ist der Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses, anzunehmen; nach diesem Zeitpunkt bestimmt sich vorliegend auch die dreijährige, absolute Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs.2 und Abs.3 VStG.

2.4. Die belangte Behörde hat den Berufungswerber bestraft, weil sie - dies kann mangels ausdrücklicher Formulierung allerdings nur erschlossen werden - davon ausgegangen ist, daß der Vorwurf, die Altölfeuerungsanlage unbefugt betrieben zu haben, eigentlich die Ö AG trifft, für die jedoch der Berufungswerber als örtlich zuständiger verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG verwaltungsstrafrechtlich einzustehen habe. Dabei ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, daß die - im Schuldspruch gleichfalls als solche nicht ausdrücklich genannte - Tankstelle im Eigentum der Ö AG steht und daß diese Tankstelle als gewerbliche Betriebsanlage, jedenfalls soweit es sich um die Errichtung/Änderung iSd §§ 74 Abs.2 und 81 Abs.1 iVm § 366 Abs.1 Z3 und Z4 GewO 1973 (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl.Nr. 29/1993) handelt, der Ö AG zuzurechnen ist.

Die belangte Behörde hat jedoch verkannt, daß aus abfallrechtlicher Sicht von der Zurechnung der Betriebsanlage nicht ohne weiteres auch auf die Zurechnung jenes Tatverhaltens, das den Übertretungstatbestand gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG verwirklicht, geschlossen werden darf.

So geht schon aus der tatbestandlichen Wortwahl des § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG - wer ... verfeuert - im systematischen Vergleich zur Wortwahl des Übertretungstatbestandes gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z3 AWG - wer eine Altölbehandlungsanlage errichtet, betreibt oder ändert - hervor, daß der Abfallwirtschaftsgesetzgeber im gegebenen Zusammenhang in den Begriff 'Betreiben' (einer Anlage) jedenfalls nicht auch den Begriff 'Verfeuern' (von Altöl) miteingeschlossen hat.

Daraus ist abzuleiten, daß die strafrechtliche Zurechnung des Altöl-Verfeuerns für sich beurteilt werden muß und einen von der Gesamtbetriebsanlage offenbar abweichenden Verantwortungszug aufweisen kann.

2.5. Eine solche abweichende Verantwortung liegt im Berufungsfall vor.

Das Altöl verfeuert hat der nicht ganz zutreffend als "Pächter" bezeichnete Ing. K und ist sein Verfeuern ihm selbst und nicht der Ö AG bzw. im Grunde des § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG dem Berufungswerber zuzurechnen.

Begründet ist diese Zurechnung in dem im Strafakt in Kopie einliegenden "Belieferungsvertrag". Dieser am 21. November 1984 zwischen der Elan Mineralölvertrieb AG und Ing. Franz Koblmüller abgeschlossene Vertrag sui generis stand unstrittig zur Tatzeit noch in Geltung. Der Vertrag hält die Eigentumsverhältnisse an der Tankstelle fest und stellt weiters klar, daß der "Partner" (nicht also: Pächter) zu Elan in keinem Dienst-(Arbeits-)verhältnis steht und auch, daß durch diesen Vertrag kein Bestand-(Pacht-)verhältnis begründet wird; dem Partner wird vielmehr eine Stellung als selbständiger Agent verschafft. So wird dem Partner gestattet, in Verbindung mit der Tankstelle auch eigene Unternehmen, auf die er bestimmenden Einfluß ausübt, wie zB einen Werkstättenbetrieb, zu führen. Die Kontrollrechte der Elan AG sind im einzelnen festgelegt. Für die Dauer des Vertrages sind die im Eigentum der Elan AG stehenden Anlagen dem Partner zur Benützung überlassen. Der Partner ist verpflichtet, alle zum Betrieb der Tankstelle erlassenen behördlichen Vorschreibungen genau einzuhalten; Elan AG hingegen ist verpflichtet, die in ihrem Eigentum stehenden Anlagenteile in vorschriftsmäßigem Zustand zu erhalten; abweichend jedoch davon trägt der Partner die Kosten der Erhaltung der Heizungsanlage in gutem, funktionsfähigem Zustand. Der Partner ist auch verpflichtet, die Betriebskosten, zB Kosten der Heizung, zu tragen und ebenso alle durch seine unternehmerische Tätigkeit entstehenden Steuern.

Aus diesen, für den Berufungsfall belangvollen Vertragsinhalten geht hervor, daß mit diesem "Belieferungsvertrag" zwar ausdrücklich keine Pacht, so doch jedenfalls ein pachtähnliches Verhältnis begründet worden ist. Zumindest liegt die Überlassung einer Sache zum Gebrauch vor; auch besteht Betriebspflicht und ein wirtschaftliches Interesse des Anlageneigentümers an der Tatsache und an der Art der Betriebsführung; auch die wesentlichen Grundlagen für die Betriebsführung werden von der E AG zur Verfügung gestellt und schließlich liegt auch die Verfeuerung von Betriebsmitteln in der Benützungssphäre.

Zusammenfassend ergibt sich, daß vorliegend die Verfeuerung des Altöls durch den Partner in dessen unternehmerisch geprägter Benützungssphäre, somit in Eigenregie und in diesem Punkt frei von aktuell eingreifenden Weisungen des Anlageneigentümers erfolgt ist bzw. diese Art des Betreibens der überlassenen Anlage und der damit verbundenen eigenen Werkstättentätigkeit vertraglich abgesichert war.

Mit diesem Befund stimmt der Inhalt des im Strafakt als Kopie gleichfalls einliegenden Gegenbriefs über die Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten vom 19. Dezember 1989 überein: In der Bestellungsurkunde sind die "Stationäre" ausdrücklich als Außenstehende bezeichnet und ist zugunsten deren (vertraglich) übernommenen Verpflichtungen ein Vorbehalt gemacht.

2.6. Aus allen diesen Gründen hat das angefochtene Straferkenntnis mit dem Berufungswerber eine Person bestraft, die nach den Umständen dieses Falles als Täter der unbefugten Verfeuerung von Altöl nicht belangt werden durfte.

Das angefochtene Straferkenntnis war daher - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z2 erster Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

3. Bei diesem Ergebnis kann auf sich beruhen, welche Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit des Straferkenntnisses dem Umstand beizumessen ist, daß im Schuldspruch nicht ausdrücklich die Verfeuerung von Altöl, sondern das Betreiben einer Altölfeuerungsanlage vorgeworfen wird, gleichzeitig jedoch nicht enthalten ist, von wem die Altölfeuerungsanlage unbefugt betrieben wurde. Unerörtert kann weiters bleiben, daß im Spruchelement gemäß § 44a Z3 VStG des angefochtenen Straferkenntnisses zum einen jene Vorschrift, nach der die Strafe verhängt wurde, nicht angeführt ist und zum anderen, daß die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe in einem auffälligen und aus dem Blickwinkel des § 16 Abs.2 VStG offensichtlich gesetzwidrigen Mißverhältnis zu der gemäß § 20 VStG außerordentlich gemilderten Geldstrafe steht.

4. Die Aufhebung und die Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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