Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210102/15/Lg/Bk

Linz, 28.02.1994

VwSen-210102/15/Lg/Bk Linz, am 28. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Langeder nach am 24. Jänner 1994 durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung über die Berufung des C S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 23. August 1993, Zl. 502-32/Kn/We/49/91a, wegen Übertretung der O.ö. BauO., zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird. Der Spruch des Erkenntnisses wird dahingehend korrigiert, daß es heißen muß: "....

vorhandenen fünf oder sechs Dachgaupen".

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 16 Abs.2, § 19 VStG; § 68 Abs.1 lit.b iVm § 41 Abs.1 lit.a, § 41 Abs.2 lit.d, § 68 Abs.2 O.ö. Bauordnung LGBl.Nr. 35/1976 idgF.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel genannten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 10.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt. Er habe als Bauherr zumindest in der Zeit von Mitte Februar 1991 bis zum 4. März 1991 in Linz, beim Objekt F einen gemäß § 41 Abs.1 lit.a iVm § 41 Abs.2 lit.d der O.ö.

BauO. bewilligungspflichtigen Zubau errichtet, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen rechtskräftigen Baubewilligung gewesen zu sein, indem er im Hofbereich statt der ursprünglich vorhandenen sechs Dachgaupen, deren Fensterebene gegenüber der Ebene der Hoffassade zur Straßenseite versetzt war, eine Schleppgaupe über eine Länge von ca 16,5 m errichtet habe, wobei die Hofmauer aus Ziegeln bis zur Oberkante des 1. Obergeschoßes hochgezogen und wodurch das Bauvolumen in diesem Bereich vergrößert worden sei. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 68 Abs.1 lit.b iVm § 41 Abs.1 lit.a der O.ö. BauO. begangen, weshalb über ihn gemäß § 68 Abs.2 O.ö. BauO. die genannte Geldstrafe zu verhängen gewesen sei.

1.2. Begründend führt das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis im wesentlichen aus, es sei im Verfahren vor der belangten Behörde seitens des Berufungswerbers unbestritten geblieben, daß er die Schleppgaupe errichtet habe, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Baubewilligung gewesen zu sein.

Mit baubehördlichem Bescheid vom 6. November 1990 sei dem Berufungswerber gemäß § 60 Abs.2 O.ö. BauO. aufgetragen worden, ua folgende Instandsetzungsarbeiten bis zum 31.

Dezember 1992 durchzuführen: "Der Dachstuhl einschließlich der Dachdeckung ist instandzusetzen". Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 1988, Zl. 88/06/0192, führt das Straferkenntnis aus, daß Baugebrechensbehebungen nicht über die Wiederherstellung des ursprünglichen Bauzustandes hinaus gehen dürfen. Die vom Berufungswerber vorgenommenen baulichen Maßnahmen gingen jedoch über die aufgetragenen Instandsetzungsmaßnahmen hinaus. Die Ausbildung der beschriebenen Schleppgaupe anstatt der ursprünglich vorhandenen sechs Gaupen sei nicht vom Instandsetzungsauftrag gedeckt und stelle einen Zubau im Sinne der O.ö. BauO. dar. Diese Baumaßnahme sei ohne Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung ausgeführt worden.

Das Straferkenntnis stützt sich auf die unter 3.2. genannten Amtsberichte.

2. In der Berufung verlangt der Berufungswerber die Bekanntgabe von schriftlich oder planlich festgelegten Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, daß sich im vorherigen Bauzustand hofseitig sechs Dachgaupen am Objekt befanden.

3. Aus dem Akt der belangten Behörde ist folgender Gang des Verwaltungsgeschehens ersichtlich:

3.1. Im Instandsetzungsauftragsbescheid vom 6. November 1990 wird der alte Bauzustand unter anderem dahingehend beschrieben, daß das Objekt ein ausgebautes Dachgeschoß aufweise und die Dachform "ein Satteldach mit Gaupen" sei.

In der zugehörigen Verhandlungsniederschrift vom 12. Juni 1990 ist lediglich von der Ausführung der Dachkonstruktion als Satteldach mit vier Gaupen die Rede.

3.2. In einem Amtssachverständigenbericht an das Baurechtsamt vom 26. Februar 1991 wird unter Punkt B ausgeführt, daß im Hofbereich "anstatt der ursprünglich vorhandenen ca. sechs Gaupen" eine Schleppgaupe über eine Länge von ca. 16,5 m ausgeführt wurde.

In einem weiteren Amtssachverständigenbericht vom 4. März 1991 wird dazu näher ausgeführt: "Die ursprünglich vorhandenen Gaupen waren zur Gänze aus einer Holzkonstruktion hergestellt und die Fensterebene war zur Ebene der Hoffassade zurückversetzt. Bei der jetzt ausgebildeten Schleppgaupe wurde die Hofmauer bis ins 1. OG hochgezogen. In dieser Hofmauer, die aus Ziegeln hergestellt ist, befinden sich die Fenster der jetzigen Schleppgaupe. Es ist dadurch zu einer Vergrößerung des ursprünglich vorhandenen Bauvolumens gekommen... Bei der jetzigen Ausführungsform besteht die Schleppgaupe aus einer Konstruktion von Ziegel- und Holzbau. Bei der ursprünglichen vorhandenen Gaupenausbildung war in jedem Zimmer die Dachschräge vorhanden. Bei der jetzt ausgebildeten Schleppgaupe ist mit Ausnahme des Randbereiches in den Räumen keine Dachschräge mehr sichtbar." 3.3. Im daraufhin ergangenen Baueinstellungsbescheid vom 5.

März 1991 wird ebenfalls ua auf die Ausbildung der Schleppgaupe anstatt der ursprünglich hofseitig vorhandenen "ca. 6 Gaupen" Bezug genommen.

(Zum weiteren Verlauf des Baueinstellungsverfahrens vgl.

3.6.) 3.4. In einem Amtsbericht vom 14. März 1991 über einen Lokalaugenschein vom selben Tag heißt es: "An der Hofseite waren ursprünglich Gaupen vorhanden, die aus einer Holzkonstruktion hergestellt waren. Die Fensterebene dieser Gaupen war gegenüber der Ebene der Hoffassade zur Straßenseite hin versetzt. Bei der jetzigen ausgeführten Form wurde die Hofmauer aus Ziegeln bis zur Oberkante des 1.

OG hochgezogen. Seitlich zu den Feuermauern wurde ein Abstand von ca. jeweils 1,5 m eingehalten. Es wurde somit das Bauvolumen in diesem Bereich vergrößert.... Es wurde somit eine Schleppgaupe ausgeführt, die sich über eine Länge von ca. 16,5 m an der Hofseite erstreckt. Diese entspricht nicht den Richtlinien für Dachgeschoßausbauten." 3.5. In der auf Ladungsbescheid vom 28. März 1991 hin durchgeführten Beschuldigtenvernehmung vom 15. April 1991 bestreitet der Berufungswerber nicht, die Schleppgaupe konsenslos errichtet zu haben, beruft sich aber darauf, daß im Instandsetzungsauftragsbescheid nur die Vorderseite des Objekts beschrieben worden sei und auch aus der Niederschrift der diesen Bescheid vorangegangenen Verhandlung die Gestaltung der Rückseite des Objekts ebenfalls nicht erkennbar sei. Die Unterzeichnung dieser Niederschrift verweigerte der Berufungswerber ohne Angabe von Gründen.

3.6. Wie dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.

Mai 1992, Zl. 91/05/0233, zu entnehmen, nahm das Baueinstellungsverfahren folgenden Verlauf:

Gegen den Baueinstellungsbescheid des Magistrats Linz vom 16. Juni 1991, dem der genannte Mandatsbescheid vom 5. März 1991 und eine dagegen erhobene Vorstellung des Berufungswerbers vorangegangen waren, erhob letzterer Berufung, welcher der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 4. September 1991 keine Folge gab. Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die Oberösterreichische Landesregierung mit Bescheid vom 29. Oktober 1991 Folge, indem sie den Berufungsbescheid behob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz zurückverwies.

Im zuletzt genannten Bescheid rügt die Landesregierung unter anderem die Unzulänglichkeit der aktenmäßigen Dokumentation des baulichen Altbestandes und die bloß ungefähre Angabe der Zahl der hofseitigen Gaupen mit "ca. 6".

Im aufgrund einer Beschwerde der Landeshauptstadt Linz ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.

Mai 1992 war strittig, ob die vom Berufungswerber gesetzten Baumaßnahmen vom rechtskräftigen Instandsetzungsauftrag gedeckt waren. Der Verwaltungsgerichtshof führte aus, daß ein Instandsetzungsauftrag nicht Maßnahmen zum Gegenstand haben könne, die den bisher bewilligten Baubestand abändern.

Im gegenständlichen Fall liege wegen des Alters des Gebäudes eine baubehördliche Bewilligung hinsichtlich des baulichen Altbestandes nicht vor, sodaß die Übereinstimmung der Baumaßnahmen mit dem tatsächlichen früheren Baubestand entscheidungserheblich sei. Der Zustand des bestehenden Objekts vor Erlassung der baupolizeilichen Aufträge sei von der Behörde nur sehr summarisch beschrieben worden, wobei im Hinblick auf den Instandsetzungsauftrag eine nähere Beschreibung aber wohl nicht erforderlich gewesen sei. Der Verwaltungsgerichtshof kommt zum Ergebnis, daß unter anderem für den Dachbereich der Sachverhalt ausreichend festgestellt wurde, um den erlassenen Baueinstellungsbescheid zu rechtfertigen, zumal der Mitbeteiligte (der Berufungswerber des gegenständlichen Verfahrens) die konkret ermittelten Sachverhaltsangaben der Baubehörde erster Instanz nicht näher bestritten habe.

4. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Berufungswerber vor, daß er an sich beabsichtigt hatte, eine Baubewilligung einzuholen, ihm aber mit Hinweis auf den Bebauungsplan seitens des Magistrats geraten worden sei, eine Sanierung vorzunehmen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber erwogen:

5.1. Gemäß § 63 Abs.3 AVG iVm § 24 VStG hat die Berufung sowohl einen Berufungsantrag als auch eine Begründung zu enthalten (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 20. April 1993, 93/03/0077 mwN). Die vorliegende Berufung enthält keinen ausdrücklichen Berufungsantrag. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein begründeter Berufungsantrag auch dann vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl.

etwa das Erkenntnis des VwGH vom 28. April 1993, 93/02/0030 mwN). In diesem Sinne unterstellt der unabhängige Verwaltungssenat der Berufung das Begehren, das angefochtene Straferkenntnis möge aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt, in eventu, die Höhe der Strafe herabgesetzt werden.

5.2. Dem Vorbringen des Berufungswerbers, er habe sich auf das Sanierungsverfahren bzw die Sanierung nur eingelassen, weil ihm seitens des Magistrats bedeutet worden sei, mit einer Änderung des Bebauungsplanes sei in absehbarer Zeit nicht zu rechnen, ist entgegenzuhalten, daß dieses Verhalten der Behörde die fehlende Baubewilligung nicht ersetzt.

Dasselbe gilt außerdem aus den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Mai 1992, Zl. 91/05/0233 (siehe oben 3.6.) genannten Gründen für den Fall, daß der Berufungswerber (abermals) meinen sollte, daß ihm der Bau in seiner späteren Form seitens der Behörde mündlich erlaubt oder sogar vorgeschlagen worden sei.

5.3. Wenn der Berufungswerber vermeint, sein Begehren darauf stützen zu können, daß keine Pläne und Aufzeichnungen über den früheren Bauzustand des Objekts existieren, so ist dem entgegenzuhalten, daß dies zwar wegen des Alters des Hauses tatsächlich der Fall ist, daß aber die belangte Behörde die Bestrafung nicht auf diesen Umstand gestützt hat, sondern auf die Wahrnehmung von Amtsorganen im Zuge einer Augenscheinsverhandlung am 12. Juni 1990, auf welche spätere Amtsberichte, an denen der Leiter dieser Verhandlung beteiligt war, aufbauen. Zum Zeitpunkt dieser im Rahmen des Instandsetzungsauftragsverfahrens stattgefundenen Verhandlung war der Bauzustand vor der "Sanierung" noch sichtbar.

Der Berufungswerber bestritt auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde nicht konkret. Da er weder in der Berufung noch trotz Vorhalt des Inhalts der betreffenden Aktenstücke - im Rahmen der mündlichen Verhandlung substantielles vorbrachte, das geeignet wäre, die Richtigkeit der entscheidungserheblichen Sachverhaltsannahme des angefochtenen Straferkenntnisses in Zweifel zu ziehen, nimmt auch der unabhängige Verwaltungssenat den von der belangten Behörde dem Straferkenntnis zugrundegelegten Sachverhalt als erwiesen an, zumal dieser durch die Aussagen des zeugenschaftlich einvernommenen Leiters der Verhandlung vom 12. Juni 1990, der den früheren Bauzustand aus eigener Anschauung kennt, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestätigt wurde. Letzteres lediglich mit der Einschränkung, daß er nicht mehr mit Gewißheit sagen konnte, ob sich fünf oder sechs Gaupen am Dach befanden. Diese Einschränkung erscheint jedoch unerheblich, da sich an der Tatbildmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers nichts ändert, wenn man die eine oder die andere Variante zugrundelegt.

5.4. Da das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis im übrigen nicht in Streit gezogen wurde, war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage spruchgemäß zu entscheiden.

6. Die Festlegung der Strafhöhe hat nach den Kriterien des § 19 VStG unter Zugrundelegung des Strafrahmens (§ 68 Abs.2 O.ö. BauO.: Geldstrafe bis zu 300.000 S; § 16 Abs.2 VStG:

Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) und unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (§ 51 Abs.6 VStG) zu erfolgen. Wenn die belangte Behörde die Geldstrafe mit 10.000 S, also mit 3 % der Höchststrafe, festsetzt, so kann ihr der unabhängige Verwaltungssenat im Hinblick auf die Art der Baumaßnahme, die Unbescholtenheit und die finanzielle Situation des Berufungswerbers darin nicht entgegentreten.

Da sie jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe im Vergleich zur Geldstrafe ohne erkennbaren Grund zu hoch ansetzte, war die Ersatzfreiheitsstrafe auf das der Höhe der Geldstrafe entsprechende Maß herabzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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