Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210116/6/Ga/La

Linz, 20.02.1995

VwSen-210116/6/Ga/La Linz, am 20. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Dkfm. G W , vertreten durch Dr. W R , Rechtsanwalt in L , F , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 11. November 1993, Zl. Ge96-1176-1993/Öb, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerber ficht das eingangs zitierte Straferkenntnis, mit dem er wegen einer Übertretung des AWG durch Nichtbefolgung eines ihm als Eigentümer von Grundstücken einer Abfallagerungsstätte in der Gemeinde T erteilten Behandlungsauftrages bestraft wurde, ua mit der Begründung an, daß ihn die belangte Behörde schon einmal "wegen desselben Tatbestandes" bestraft habe, nämlich mit einem am 4. November 1993 gefällten Straferkenntnis, bei dem es "offenbar um denselben Klärschlamm" gehe.

Dieser Einwand führt die Berufung im Ergebnis zum Erfolg.

2. Mit dem h. Erkenntnis vom 17. Februar 1995, VwSen-210117/6/Ga/La, wurde der Schuldspruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 4. November 1993, Zl. Ge96-1174-1993, Ge96-1175-1993/Öb, darin derselbe Beschuldigte einer Übertretung des AWG schuldig gesprochen und bestraft worden ist, bestätigt. Mit dem vorliegend angefochtenen Straferkenntnis vom 11. November 1993 ist der Berufungswerber wegen derselben Tat, diesfalls allerdings in seiner Stellung als Eigentümer der hier involvierten Grundstücke, neuerlich schuldig gesprochen und ebenso mit einer Geldstrafe in der Höhe von 70.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig bestraft worden.

3. Aus dem zugleich mit der Berufung von der belangten Behörde vorgelegten Strafakt zu Zl. Ge96-1176-1993/Öb ist ersichtlich, daß dem Schuldspruch unzweifelhaft dieselbe Sachverhaltsannahme zugrundegelegt ist, wie dem schon erwähnten Straferkenntnis vom 4. November 1993. Zwar hat dieses Straferkenntnis den Berufungswerber als Abfallbesitzer, jenes hingegen als Grundstückseigentümer für die Verwaltungsübertretung verantwortlich gemacht. Die Frage nach dem Verantwortlichkeitsgrund des Adressaten eines Schuldspruchs nach § 39 Abs.1 lit.b Z22 iVm § 32 AWG betrifft jedoch nur die rechtliche Qualifikation und läßt die Tat unberührt. Die Tat (iSd § 44a Z1 VStG) aber ist in beiden Fällen ident: Beide Straferkenntnisse lasten als Fehlverhalten übereinstimmend dieselbe (nach Täterperson, Ort und Zeit idividualisierte) Nichtbefolgung von auf § 32 Abs.1 AWG gestützten Behandlungsaufträgen, die wiederum übereinstimmend dieselben gefährlichen Abfälle in derselben Menge auf der derselben Lagerungsstätte erfassen, an.

4. Davon abgesehen hält der unabhängige Verwaltungssenat schon den in diesem Strafverfahren zum Gebotteil des Straftatbestandes gewordenen Behandlungsauftrag der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. Februar 1992, Zl. Ge-838/1991/Öb, für rechtswidrig (dasselbe gilt für den bestätigenden Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. Jänner 1993, Zl. UR-450213/2-1992 Gr/Lb). So ist zum einen der Auftrag verfehlterweise auf den Abs.1 des § 32 AWG gestützt (dies jedoch ist allein die Rechtsgrundlage für die Beauftragung nur des Abfallbesitzers). Zum anderen hätte die nach der Aktenlage in Verletzung des im § 32 Abs.1 und Abs.2 AWG niedergelegten Subsidiaritätsprinzips erfolgte Beauftragung des Berufungswerbers als Grundstückseigentümer überhaupt nicht (mehr) erfolgen dürfen, weil er - rechtmäßig - vorher bereits als Abfallbesitzer herangezogen worden war.

Im übrigen wird zu der hier belangvollen und nach den Umständen des Falles zwingend gewesenen Nachrangigkeit des Grundstückseigentümers als Adressat eines Behandlungsauftrages im Verhältnis zu dem zunächst zu verpflichtenden Abfallbesitzer auf die Ausführungen des unabhängigen Verwaltungssenates im schon zitierten Erkenntnis vom 17. Februar 1995 (Punkt 5.1.1.) verwiesen.

5. Verwaltungsübertretungen der Nichtbefolgung von Behandlungsaufträgen nach dem AWG sind als Unterlassungsdelikte mit der Wirkung eines Dauerdeliktes einzuordnen. Im Erkenntnis vom 17. Februar 1975, 1252/74, hat der Verwaltungsgerichtshof klargestellt, daß der Grundsatz "ne bis in idem" (als Doppelbestrafungsverbot) auch bei Dauerdelikten voll zur Geltung kommt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 9.3.1987, SlgNr. 11284, ausgesprochen, daß eine zwei- oder mehrmalige Verurteilung wegen ein und desselben Fehlverhaltens bei unverändeter Sach- und Rechtslage mit dem Gleichheitsgebot unvereinbar ist. Er hat darin, daß ein Beschwerdeführer wegen ein und derselben Tat (wenn sie auch unter verschiedenen Gesichtspunkten zu Recht zweimal geprüft wurde) insofern zweimal verurteilt worden ist, den Gleichheitsgrundsatz verletzt gesehen und wegen dieses Eingriffs in die Grundrechtssphäre des Beschwerdeführers den verurteilenden Strafbescheid aufgehoben.

6. Bei dieser Sach- und Rechtslage war das vorliegend angefochtene Straferkenntnis, weil damit der Berufungswerber wegen ein und derselben Tat ein zweites Mal bestraft worden ist, wodurch gegen das Verbot der Doppelbestrafung (vgl.

VwGH 15.4.1994, 93/17/0329: auch "Wiederholungsverbot") verstoßen wurde, aufzuheben. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z2 zweiter Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit des Berufungswerbers in dieser Sache aufhebt.

7. Mit der Aufhebung ist von Gesetzes wegen die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zu den Kosten des Verfahrens verbunden (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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