Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210126/6/Ga/La

Linz, 07.03.1995

VwSen-210126/6/Ga/La Linz, am 7. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des K H , vertreten durch Dr. S , Dr. B & Partner, Rechtsanwälte in L , F , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25. November 1993, Zl.

MA2-UR-514-1993 Ste, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Von jenem Straferkenntnis derselben Strafbehörde gegen denselben Beschuldigten, das dem h. Erkenntnis VwSen-210125/6/Ga/La vom heutigen Tag, wegen Verletzung derselben Rechtsvorschriften, zugrundeliegt, unterscheidet sich das vorliegend angefochtene Straferkenntnis wesentlich vor allem dadurch, daß der Schuldspruch dieses Straferkenntnisses dem Berufungswerber zwar - insoweit das wesentliche Tatbestandsmerkmal wörtlich anführend vorwirft, die Tätigkeit eines Abfallsammlers unbefugt ausgeübt zu haben, jedoch nicht zugleich anlastet, WANN diese Tätigkeit unter Verletzung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG stattgefunden haben soll.

2. Aus Anlaß der gegen dieses Straferkenntnis, mit dem der Berufungswerber für die E Ges.m.b.H.

in W , I , als gemäß § 9 Abs.1 VStG Verantwortlicher in seiner Stellung als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer wegen offenbar dreimaliger Übertretung offenbar des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG mit je 50.000 S Geldstrafe (und undifferenziert mit einer Gesamt-Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen!) kostenpflichtig bestraft wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2.1.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Grunde des aus dieser Vorschrift abgeleiteten Bestimmtheitsgebotes hat der Beschuldigte ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft ua. entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen wurde.

Um diesem Grundsatz zu entsprechen, muß nach ständiger Rspr.

des VwGH der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß nicht nur die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, sondern daß auch die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht (vgl. dazu die allgemeinen Fußnoten zu § 44a VStG in HAUER/LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 936 ff).

Diesen Bestimmtheitsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die (erste) Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl.

das bei RINGHOFER, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 294 ff, zu § 32 unter E5. zit. Erk. VwSlg. 12.375 A/1987; ferner zB VwGH 9.7.1992, 92/10/0004; uva).

2.1.2. Vorliegend ist die Tat weder im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses noch in der ersten Verfolgungshandlung (das ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. Juli 1993; OZ 2) durch Angabe einer konkreten, Beginn und Ende kalendermäßig eindeutig umschreibenden Tatzeit individualisiert. Aber auch durch keine anderen, den Tatverdacht aussprechenden Verfolgungsschritte wurde dem Beschuldigten vorgehalten, wann die Tätigkeit iSd § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG unbefugt ausgeübt worden sein soll. Die einzige Zeitangabe im Schuldspruch (in der Aufforderung zur Rechtfertigung) gibt nur an, an welchem Tag eine behördliche Überprüfung stattgefunden habe. Daraus kann aber für die Tatzeit des unbefugten Sammelns von gefährlichen Abfällen nichts mit Bestimmtheit abgeleitet werden, zumal auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses in dieser Hinsicht keine Aufhellung leistet.

2.1.3. Die Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.a Z1 erster Fall AWG ist ein fortgesetztes Delikt. Darunter wird eine Mehrheit von an sich selbständigen, nacheinander gesetzten Handlungen verstanden, deren jede für sich den Tatbestand desselben Delikts erfüllt, die jedoch durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden und so rechtlich als ein einziges Delikt behandelt wird (vgl.

die bei RINGHOFER, aaO, zu § 22 VStG unter E76 f wiedergegebene Jud. des VwGH).

Gegenständlich liegen die Nachweise solcher jeweils beendeter Einzelhandlungen dem vorgelegten Strafakt ein.

Bezogen auf die im Schuldspruch angeführten (drei) Abfallarten sind dies insgesamt 28 Sammeltätigkeiten, die alle zwischen dem 16. Sepember 1992 und 30. Dezember 1992 stattgefunden haben. Ausgehend davon hätte die belangte Behörde für die von ihr zugrundegelegte Deliktsverwirklichung als Tatzeit nach der Aktenlage zumindest den Zeitraum '16. September bis 30. Dezember 1992' vorwerfen müssen. Indem sie jedoch stattdessen allein auf den Zeitpunkt einer - nach den Umständen dieses Falles zur Tatzeit nicht aussagekräftigen - Betriebskontrolle abgestellt hat, ist die für die volle Tatidentität hier erforderliche Feststellung überhaupt unterblieben und ist daher auch keine taugliche, die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung gesetzt worden.

Weil daher der Konkretisierungsmangel auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr behoben werden kann, war das angefochtene Straferkenntnis schon aus diesem Grund aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in diesem Fall ausschließen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht durchzuführen.

2.2. Was jedoch den Berechtigungsumfang des vom Berufungswerber eingewendeten, auf § 11 des Sonderabfallgesetzes gestützten Erlaubnisbescheides des Landeshauptmannes von vom 8. Jänner 1986, Zl.

Ge-56218/15-1985, anbelangt, wird - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf die Entscheidungsgründe unter 5.2.2.2.

des oben schon zitierten h. Erkenntnisses VwSen-210125 verwiesen. Die dort dargelegte Rechtsauffassung gilt, unter Einbeziehung der Ausführungen unter 6. jenes Erkenntnisses, sinngemäß auch für diesen Berufungsfall, sodaß die in den Schuldspruch einbezogenen, jeweils mit Schlüssel-Nummern aus der ÖNORM S 2100, Ausgabe 1. März 1990, angegebenen Arten von gefährlichen Abfällen als vom zitierten Erlaubnisbescheid abgedeckt zu gelten haben.

3. Aus Zweckmäßigkeitsgründen hält der unabhängige Verwaltungssenat noch fest:

Der Übertretungstatbestand gemäß § 39 Abs.1 lit.a Z1 erster Fall AWG stellt hinsichtlich des maßgeblichen deliktischen Verhaltens auf die Ausübung einer Tätigkeit, nämlich der des Sammelns schlechthin ab. Daß dabei die Unbefugtheit des Tätigwerdens auf einzelne Abfallarten bezogen sein muß, ist nicht tatbildlich. Der in dieser Weise umschriebene Wesensgehalt des Zuwiderhandelns erlaubt nicht, wie es vorliegend der angefochtene Schuld- und Strafausspruch unternimmt, für jede vermeintlich unbefugt gesammelte Abfallart die Verwirklichung des Straftatbestandes anzunehmen und der Kumulierung gemäß § 22 VStG zu unterziehen. Diese Vorgangsweise findet im gesetzlichen Tatbestand jedenfalls dann keine Deckung, wenn, wie hier, mehrere Abfallarten über einen einzigen, verbundenen (fortgesetzten) Zeitraum gesammelt wurden.

Der Umstand, daß die eine unbefugt ausgeübte Sammel-Tätigkeit nicht nur eine (einzige), sondern mehrere verschiedene Abfallarten erfaßt, hätte hingegen - je nach Lage des Falles - strafbemessend bei der Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat Berücksichtigung zu finden.

4. Mit diesem Verfahrensergebnis ist von Gesetzes wegen die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zu den Kosten des Verfahrens verbunden (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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