Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400675/4/WEI/Ni

Linz, 14.12.2003

 

 

 VwSen-400675/4/WEI/Ni Linz, am 14. Dezember 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des E D, türkischer Staatsangehöriger, vertreten durch Dr. W Z, Rechtsanwalt in, vom 5. Dezember 2003, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
  2.  

  3. Die Anträge auf Aufhebung, Abänderung oder Aussetzung des Schubhaftbescheides werden zurückgewiesen.

 
Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs 1, 73 Abs 2 und 4 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl Nr. 75/1997) iVm §§ 67 c und 79a AVG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 4. Dezember 2003, Zl. Sich 41-48-2003, hat die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des § 61 Abs 1 und 2 FrG 1997 iVm § 57 AVG gegen den Beschwerdeführer (Bf) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.

 

Begründend wird auf eine strafgerichtliche Verurteilung am 3. Juni 2002 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und auf das von der Bundespolizeidirektion Wien erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot vom 11. November 2002, Zl. III-670548/FrB/02, hingewiesen, welches rechtskräftig und vollstreckbar wäre. Da der Bf mittellos und nicht im Besitz eines Reisedokuments sei, müsse man annehmen, er könne sich der beabsichtigten Abschiebung entziehen.

 

1.2. Diesen Bescheid hat der Bf offenbar persönlich übernommen, aber die Unterschrift verweigert. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vom 4. Dezember 2003 betreffend die fremdenpolizeiliche Behandlung aus Anlass der bedingten Entlassung aus der Strafhaft wurde dem Bf bekannt gegeben, dass er bis zum Einlangen eines gültigen Reisedokuments und zur Abschiebung in Schubhaft genommen wird. Der Bf wollte nicht in die Türkei, weil er dort den Militärdienst absolvieren müsste und auch familiäre Probleme hätte. Er gab seinen Rechtsvertreter mit Kanzleisitz in Wien bekannt.

 

Mit Telefaxschreiben vom 4. Dezember 2003 wurde in der Folge dem Rechtsvertreter des Bf der Schubhaftbescheid übermittelt und gleichzeitig mitgeteilt, dass der Bf auf Grund der Weihnachtsamnestie aus der Strafhaft bedingt entlassen wurde und im Anschluss daran in Schubhaft angehalten werden wird.

 

1.3. Mit Bescheid vom 11. November 2002, Zl. III-670548/FrB/02, hat die Bundespolizeidirektion Wien auf der Grundlage der §§ 36 Abs 1 und 2 Z 1, 39 FrG 1997 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den Bf erlassen.

 

Begründend wird auf die rechtskräftige Verurteilung des Bf am 3. Juni 2002 durch das Landesgericht für Strafsachen Wien zur Zahl 402 Hv 1/02y, wegen schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 1. und 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verwiesen und Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Bf getroffen, der in Wien die Volks- und Hauptschule besuchte und eine Spenglerlehre absolvierte. Im Hinblick auf die Schwere der begangenen Straftat erachtete die Fremdenbehörde das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen höher als die Privatinteressen des Bf.

 

Mit Berufungsbescheid vom 30. Jänner 2003, Zl. SD 1070/02, hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien mit der Maßgabe bestätigt, dass die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots mit 10 Jahren festgesetzt wurde. Ein Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände konnte nach Auffassung der Berufungsbehörde nicht vor Ablauf dieses Zeitraumes erwartet werden (vgl § 39 Abs 1 FrG 1997).

 

Die gegen diese Berufungsentscheidung eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2003/18/0069, als unbegründet abgewiesen.

 

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 3. Oktober 2003, Zl. III-670548/FrB/03, wurde der gemäß § 44 FrG 1997 gestellte Antrag des Bf vom 26. Mai 2003 auf Aufhebung des verhängten Aufenthaltsverbots abgewiesen. Über die dagegen eingebrachte Berufung hat die zuständige Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien noch nicht entschieden.

 

1.4. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 an das Bezirksgendarmeriekommando Steyr ordnete die belangte Behörde die Vorführung des Bf am 11. Dezember 2003 beim türkischen Generalkonsulat in Salzburg, Strubergasse 9, zwecks Ausstellung eines gültigen nationalen Reisedokuments an, wobei ein alter Reisepass samt Fotos und Dokumente mitzubringen waren. Ein Ergebnis ist noch nicht aktenkundig.

 

1.5. Mit der per Telefax am 11. Dezember 2003 beim Oö. Verwaltungssenat rechtsfreundlich eingebrachten Schubhaftbeschwerde vom 5. Dezember 2003 wendet sich der Bf gegen den Schubhaftbescheid und seine Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung. Schließlich stellt er die

 

"A N T R Ä G E :

 

  1. Auf Aufhebung des Schubhaftbescheides vom 04.12.2003, Zahl: Sich41-48-2003 und Zurückverweisung der Rechtssache an die Behörde I. Instanz zur neuerlichen Bescheidfällung nach allfälliger Verfahrensergänzung.
  2. In eventu auf Abänderung des angefochtenen Bescheides, dass dieser zur Gänze zu entfallen hat oder gelindere Mittel zur Anwendung gelangen.
  3. In eventu, dass der Schubhaftbescheid so lange ausgesetzt wird, bis rechtskräftig über die Frage der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes im Verfahren SD 1131/03 der Sicherheitsdirektion für Wien entschieden ist."

 

 

2.1. Die Beschwerde gesteht zwar das Bestehen eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes zu, vermeint allerdings im Hinblick auf den gestellten Antrag gemäß § 44 FrG 1997, dass dieses noch offene Verfahren zur Klärung der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes die Schubhaft zur Sicherung Abschiebung rechtswidrig erscheinen lasse.

 

Die weitere Argumentation will aufzeigen, dass keine Gründe für ein weiteres Festhalten am Aufenthaltsverbot vorlägen. Der Bf habe seinen Lehrabschluss in der Strafhaft gemacht und könnte nach Haftentlassung sofort in einem Spenglerbetrieb arbeiten. Persönliche Bindungen bestünden nur zum Inland und nicht zum Geburtsland. Die günstige Prognose wäre nicht berücksichtigt worden, worin ein eklatanter Verstoß gegen Art 8 Abs 1 EMRK liege.

 

Der Bf wäre darüber hinaus an seiner Wohnadresse sowie am Arbeitsplatz jederzeit für die Behörden verfügbar und wäre auch die Anwendung gelinderer Mittel bis zur Erledigung des Verfahrens iSd § 44 FrG 1997 sachgerecht gewesen.

 

2.2. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten am 11. Dezember 2003 mit Vorlageschreiben vom 12. Dezember 2003 beim Oö. Verwaltungssenat überreicht, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der wesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

 

Der Bf wird derzeit zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde gegen die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist zulässig, aber nicht begründet. Unzulässig sind die zusätzlich gestellten Anträge auf Aufhebung, Abänderung oder Aussetzung des Schubhaftbescheides, weil der unabhängige Verwaltungssenat nach §§ 72 und 73 FrG 1997 nur die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheids und der Anhaltung sowie das Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft feststellen kann. Wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint, so ist die Schubhaft gemäß § 70 FrG 1997 formlos aufzuheben und der Schubhaftbescheid gilt als widerrufen.

 

4.2. Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

4.3. Im vorliegenden Fall liegt gegen den Bf seit der Berufungsentscheidung der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Jänner 2003 ein rechtskräftiges und vollstreckbares Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren vor. Die Bescheidbeschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2003/18/0069, als unbegründet ab.

 

Nach Ausweis der Aktenlage und dem Vorbringen des Bf steht fest, dass das Aufenthaltsverbot nach wie vor aufrecht und damit rechtswirksam ist. Daran hat auch der Umstand nichts geändert, dass der Bf nunmehr einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots gestellt hat und ein Verfahren iSd § 44 FrG 1997 noch anhängig ist, das allerdings in erster Instanz schon negativ beschieden wurde. Dieses Verfahren vermag an der Ausreiseverpflichtung des Bf und der Vollstreckbarkeit des Aufenthaltsverbots nichts zu ändern. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist der unabhängige Verwaltungssenat an ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot gebunden und hat es nicht inhaltlich zu überprüfen (vgl etwa VwGH 18.5.2001, Zl. 2001/02/0056 unter Hinweis auf VwGH 27.3.1998, Zl. 97/02/0550 und VwGH 24.2.2000, 99/02/0166). Deshalb ist auch die Frage des Schutzes des Privat- und Familienlebens iSd § 37 FrG 1997 nur im fremdenbehördlichen Aufenthaltsverbotsverfahren und nicht im Schubhaftbeschwerdeverfahren zu beurteilen. Die sinngemäße Ansicht des Bf, dass das rechtskräftige und vollstreckbare Aufenthaltsverbot wegen seines Vorbringens iSd § 44 FrG 1997 vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu berücksichtigen sei, erweist sich damit als unhaltbar.

 

4.4. Wie sich aus der fremdenpolizeilichen Einvernahme des Bf vom 4. Dezember 2003 und seinem Vorbringen in der gegenständlichen Beschwerde ergibt, will er keinesfalls in sein Heimatland Türkei, wo er Militärdienst leisten müsste, sondern in Österreich bleiben und hier leben. Er ist demnach nicht gewillt auszureisen. Nach den aktenkundigen Umständen konnte die belangte Behörde unbedenklich davon ausgehen, dass der Bf seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nicht nachkommen werde. Es konnte nach seinem ganzen Verhalten auch nicht angenommen werden, dass er sich den angeordneten fremdenrechtlichen Maßnahmen beugen werde. Die Schwere der begangenen Straftat und das eher unkooperative Verhalten des Bf, der die Unterschrift zur Bestätigung der Übernahme des Schubhaftbescheides und unter die aufgenommene Niederschrift verweigerte, sprechen auch gegen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft mit gelinderen Mittel erreicht werden könnte. Ausreiseunwilligkeit rechtfertigt jedenfalls die Verhängung der Schubhaft (vgl VwGH 5.9.1997, Zl. 96/02/0568).

 

Im Ergebnis war daher die gegenständliche Beschwerde gegen die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft mit der Feststellung iSd § 73 Abs 4 FrG 1997 als unbegründet abzuweisen, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft vorliegen. Die weitergehenden Anträge des Bf waren wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen.

 

5. Eine Kostenentscheidung über den Ersatz des notwendigen Verfahrensaufwandes gemäß § 79a AVG iVm § 73 Abs 2 FrG 1997 (vgl UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr. 334/2003) zugunsten des Bundes, für den die belangte Fremdenbehörde eingeschritten ist, war mangels Antragstellung nicht zu treffen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro für die Schubhaftbeschwerde angefallen.
 

 
 

Dr. W e i ß

 
 

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