Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210136/4/Ga/La

Linz, 19.01.1995

VwSen-210136/4/Ga/La Linz, am 19. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A P in L , W , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 3.

Dezember 1993, Zl. UR-345-1993, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen das Ausmaß der Strafe richtet, Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) auf 2.500 S (60 Stunden) mit der Maßgabe herabgesetzt, daß die Strafnorm zu lauten hat: "gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG".

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 250 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 20, § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 sowie § 1 Abs.3 Z3 und Z4 sowie § 2 Abs.5 AWG schuldig gesprochen.

Als erwiesen wurde angenommen, der Berufungswerber habe auf einer örtlich näher beschriebenen Stelle in der Zeit von zumindest 10. Mai 1993 bis 8. Juni 1993 ein als gefährlicher Abfall eingestuftes Autowrack so gelagert, daß die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und auch Brand- oder Explosionsgefahren haben herbeigeführt werden können.

Deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mündlich erhobene, erkennbar Schuld und Strafe beeinspruchende Berufung, die dem unabhängigen Verwaltungssenat zugleich mit dem Strafakt und einer - die Voraussetzungen für die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes verneinenden - Gegenäußerung der belangten Behörde vorgelegt wurde.

3. Aus der Einsicht in den zu Zl. UR-345-1993 vorgelegten Strafakt hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des Straferkenntnisses in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt richtig und vollständig dargestellt, sodaß sich der unabhängige Verwaltungssenat unter Einbeziehung der Berufungsbegründung ein klares und abschließendes Bild über den maßgebenden Sachverhalt machen konnte. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen, auch wurden Beweisanträge nicht gestellt.

Diese auch gar nicht bestrittene Sachverhaltsannahme der belangten Behörde wird als erwiesen der h. Entscheidung zugrundegelegt - ohne daß es, weil im übrigen nur über Rechtsfragen abzusprechen war, der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurfte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Begründung des Rechtsmittels kann nicht entnommen werden, daß sich der Berufungswerber grundsätzlich gegen die dem Schuldspruch unterlegte rechtliche Beurteilung der belangten Behörde wendet. Indem nämlich der Berufungswerber unter Schilderung der näheren Begleitumstände seine Absicht, das Autowrack entsorgen zu wollen, außer Streit stellt, jedoch Gründe angibt, die ihn in den guten Glauben versetzt hätten, daß er mit dem Abstellen des Autowracks am Tatort nicht gegen Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes verstieße, macht er in Wahrheit geltend, daß er sein Verhalten als erlaubt angesehen habe und somit einem Verbotsirrtum (auch: Rechtsirrtum, d.i. ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens) erlegen wäre.

4.2. Dazu bestimmt § 5 Abs.2 VStG, daß eine Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

In diesem Fall schlägt jedoch der Rechtsirrtum des Berufungswerbers nicht als Schuldausschließungsgrund durch.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entlastet selbst guter Glaube den Täter dann nicht, wenn es seine Sache ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Fall des Zweifels bei der Behörde anzufragen (zB VwSlg 5486 A/1961; Erk.

27.4.1993, 90/04/0358 uva). Daß er als Kraftfahrer nicht nur im Zuge der laufenden bestimmungsgemäßen Benützung eines Autos, sondern auch dann, wenn sich die Situation ergibt, daß das Auto als Abfall entsorgt werden muß, in einen besonderen (ua. auf die Abwehr von Gefahren für die Umwelt zielenden) Pflichtenkreis eintritt, mußte ihm bei Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt vertraut sein. Auftauchende Zweifelsfragen über die Entsorgung seines von ihm selbst als Abfall und daher als entsorgungsbedürftig gewerteten Autos hätten ihn veranlassen müssen, Informationen jedenfalls auch bei der Behörde - und nicht bloß bei einer Autofirma - einzuholen. Daß er dies unterlassen hat, ist ihm als Sorgfaltsmangel vorzuwerfen.

Unter Bedachtnahme auf das gesamte Verhalten des Berufungswerbers liegt im Ergebnis kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor und hat die belangte Behörde die schuldhafte Tatverwirklichung zu Recht angenommen.

Die vom Berufungswerber ins Treffen geführte tatsächliche oder vermeintliche Zustimmung des Liegenschaftseigentümers zu einer entgegen der Gebotsnorm des § 17 Abs.1 erster Satz AWG vorgenommenen Lagerung des Autowracks auf dessen Grund hindert nach den Umständen dieses Falles weder die Zurechenbarkeit noch die Strafbarkeit der Gesetzesübertretung.

5. Der erst im Berufungsverfahren eingewendete Verbotsirrtum ist jedoch, wie nachstehend ausgeführt wird, immerhin bei der Strafbemessung belangvoll.

5.1. Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Der erste Fall dieser die außerordentliche Milderung der Strafe regelnden Vorschrift liegt hier vor.

5.2. Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses muß im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers angenommen werden, daß die belangte Behörde für die Strafbemessung keinerlei Erschwerungsgründe vorgefunden hat. Als (einzigen) Milderungsgrund hat sie in Übereinstimmung mit der Aktenlage die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Dies und die von der belangten Behörde entsprechend den Ergebnissen ihres Ermittlungsverfahrens gemäß § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG berücksichtigten übrigen Kriterien für die Strafbemessung haben sie vertretbarerweise veranlaßt, die vom Gesetzgeber für Delikte der vorliegenden Art bestimmte Mindeststrafe zu verhängen.

5.3. Nun hat weitere Milderungsgründe der Berufungswerber zwar nicht geltend gemacht, jedoch sind solche durch die Sachlage angedeutet, sodaß sie der unabhängige Verwaltungssenat für die Berufungsentscheidung aufzugreifen hatte (vgl. VwGH 29.3.1994, 93/04/0086).

So ist mildernd iSd § 34 Z15 StGB das (von der belangten Behörde in ihrer Gegenäußerung nicht bestrittene) Bemühen des Berufungswerbers um tatsächliche Entsorgung des nämlichen Autowracks zu werten. Wie in der Berufungsbegründung in Übereinstimmung mit dem Strafakt vorgebracht, hatte der Berufungswerber die Entsorgung nämlich schon vor dem Tatzeitende durch die Bezahlung des Entsorgungsbeitrages in die Wege geleitet.

Auch ist es im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erk. 30.10.1991, 91/09/0086) gerechtfertigt, den oben näher dargelegten Verbotsirrtum weil der Schuldvorwurf in einem solchen Falle nicht so schwer wiegt, als wenn der Täter mit vollem Unrechtsbewußtsein gehandelt hätte - als Milderungsgrund anzurechnen.

Und schließlich konnte die mit vier Wochen gerade noch als eher kurz zu bezeichnende Dauer der unbefugten Lagerung - in Verbindung mit dem ernstlichen Bemühen des Berufungswerbers um Entsorgung des Autowracks - als Milderungsgrund berücksichtigt werden.

5.4. Im Ergebnis überwiegen im Sinne der Vorschrift des § 20 VStG die somit hervorgekommenen Milderungsgründe zusammen mit dem von der belangten Behörde schon berücksichtigten Milderungsgrund in einem solchen Ausmaß beträchtlich, daß dem Berufungswerber ein Rechtsanspruch auf Handhabung der außerordentlichen Strafmilderung zusteht. Für die deshalb herabzusetzende Geldstrafe hatte sich der unabhängige Verwaltungssenat einerseits daran zu orientieren, daß schon die belangte Behörde nur die Mindeststrafe verhängte; andererseits war darauf Bedacht zu nehmen, daß der Berufungswerber - unwidersprochen - sehr ungünstige, durch Arbeitslosigkeit bedingte wirtschaftliche Verhältnisse (die erheblich ungünstiger sind, als von der belangten Behörde zugrundegelegt) eingewendet hat.

Die Anpassung der Ersatzfreiheitsstrafe war zur Wahrung ihrer Verhältnismäßigkeit vorzunehmen.

6. Die Richtigstellung des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG hatte der unabhängige Verwaltungssenat unter Beachtung seiner Sachbindung zu verfügen.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis war der dem Berufungswerber strafbehördlich vorgeschriebene Kostenbeitrag entsprechend herabzusetzen; ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens war von Gesetzes wegen nicht vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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