Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210137/2/Ga/La

Linz, 26.04.1994

VwSen-210137/2/Ga/La Linz, am 26. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des B E in N , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 3. Jänner 1994, Zl. Ge-96/81/1992, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zum Strafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist der Berufungswerber einer Übertretung des § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 AWG schuldig gesprochen worden.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber hat auf dem um das Haus Nr. in N befindlichen Wiesengrundstück vom Sommer 1991 bis 8.

April 1992 vier alte, nicht mehr zum Verkehr zugelassene Autowracks, und vom 2. Mai 1992 bis 15. Juni 1992 einen alten roten Bus (Wrack) abgelagert. Im abgelagerten Postbus habe sich noch die Batterie, im abgelagerten VW-Bus noch das Motoröl und im roten Bus noch die Batterie und das Öl befunden. Dadurch hätten Beeinträchtigungen gemäß § 1 Abs.3 AWG (zB eine Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus) entstehen können.

Deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: sechs Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Die dagegen mit Bestreitung wesentlicher Sachverhalte und dem Vorbringen einer ungerechten Bestrafung erhobene Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung vorgelegt.

2. Zugleich mit dieser Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. Ge-96/81/1992 vorgelegt. Das daraus ersichtliche, gegen den Berufungswerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. Juni 1992 eingeleitete und mit dem bekämpften Straferkenntnis schließlich abgeschlossene Strafverfahren ist - unbeschadet des Berufungsvorbringens aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegenden Gesetzmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß - gemäß § 51 Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG begeht eine mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z10 dieser Bestimmung gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 AWG lagert, behandelt oder ablagert.

Im Berufungsfall hat die belangte Behörde gefährliche Abfälle angenommen.

§ 17 Abs.1 erster Satz AWG ordnet an, daß gefährliche Abfälle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden werden.

§ 17 Abs.1 zweiter Satz AWG verbietet das Ablagern von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen.

Was, bezogen auf die vorliegende Konstellation, unter Abfallbehandlungsanlage zu verstehen ist, bestimmen die §§ 28 und 29 AWG.

§ 2 Abs.1 AWG schließlich regelt den Abfallbegriff aus der subjektiven Sicht der (auf Abfall gerichteten) Entledigungsabsicht (Z1) einerseits und aus der objektiven Sicht des vom Bundes-Abfallwirtschaftsgesetzgeber näher definierten öffentlichen Interesses (Z2) andererseits.

§ 44a VStG verlangt für den Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses gemäß Z1 die bestimmte Beschreibung der als erwiesen angenommenen Tat und gemäß Z2 die Angabe der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift.

3.2. Vor dem Hintergrund dieser hier anzuwendenden Rechtslage muß dem Straferkenntnis die Bestätigung versagt werden, weil sein Schuldspruch an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit dadurch leidet, daß er die aus § 44a Z1 VStG erfließenden (und vom Verwaltungsgerichtshof seit den Erk. verst.Sen. VwSlg. 11466 A/1984 u. VwSlg. 11894 A/1985 ständig judizierten) Bestimmtheitsanforderungen irreparabel (siehe unten P. 4.) nicht erfüllt.

3.3. Das Straferkenntnis wirft nämlich dem Berufungswerber einen wesentlich unvollständigen Tatbestand vor. Die Übertretung der hier maßgeblichen Gebotsnorm/Verbotsnorm des § 17 Abs.1 AWG kann konkret nicht durch den Sachverhalt der Ablagerung für sich allein verwirklicht werden:

In dem einen Fall muß die (durch die Ablagerung kausal) nicht vermiedene Beeinträchtigung eines bestimmt anzuführenden öffentlichen Interesses aus dem Katalog des § 1 Abs.3 AWG, und in dem anderen Fall muß das Faktum, daß die Ablagerung außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage erfolgte, je als Erfüllung des zweiten wesentlichen Tatbestandselementes notwendig hinzutreten.

Gerade die Erfüllung dieses zweiten Tatbestandselements (in dem einen wie dem anderen Fall) wirft der Schuldspruch dem Berufungswerber jedoch nicht vor. Er wiederholt in diesen Punkten narrativ den abstrakten Gesetzestext, u.zw.

losgelöst vom Kernanliegen eines auf die Person des Täters konkret ausgerichteten Schuldstrafrechts.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht es nicht aus, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern muß die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls individualisiert werden; der Umfang der dabei notwendigen Konkretisierung hängt vom einzelnen Tatbild ab (vgl. die Darlegung unter der Fußnote 3 zu § 44a VStG auf Seite 939 bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage 1990).

Aus dem Blickwinkel des Rechtsschutzes wesentlich ist somit die persönliche Zurechnung der Tat durch Vorwurf persönlicher Sorgfaltsverletzung, somit ein konkret sachverhaltsbezogener Schuldvorwurf an die Person des Täters. Gänzliche Unterlassungen diesbezüglich deuten in die Richtung einer Verletzung der Unschuldsvermutung gemäß Art.6 Abs.2 MRK (so jedenfalls die Sichtweise der Europäischen Instanzen in Strasbourg).

4. Damit aber hat die belangte Behörde dem Berufungswerber die ihm als Verwaltungsübertretung vorgehaltene Tat derart unbestimmt angelastet, daß von Anfang an die Verfolgungsverjährungsfrist nicht unterbrochen werden konnte (auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. Juni 1992 als erste Verfolgungshandlung weist mit einer insoweit wortgleichen Formulierung den geschilderten Mangel auf; andere Verfolgungshandlungen liegen dem Akt nicht ein).

Eine Verbesserung des dadurch inhaltlich rechtswidrigen Schuldspruchs war dem unabhängigen Verwaltungssenat deswegen nicht zugänglich, weil es sich vorliegend nicht um die Verdeutlichung von bloß nicht deutlich genug formulierten Tatbestandselementen (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047), sondern um einen von vornherein wesentlich unvollständig bzw. wesentlich unbestimmt vorgeworfenen Tatbestand handelt.

5. Es war daher das Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

6. Bei diesem Ergebnis braucht weder auf den Inhalt der Berufung noch andererseits auf die Frage eingegangen werden, ob nach den Umständen des Falles überhaupt geboten war, beide Grundtatbestände des § 17 Abs.1 AWG zusammengefaßt vorzuwerfen.

Zu II.:

Die Aufhebung hat auf der Kostenseite zur Folge, daß sämtliche Beitragsleistungen des Berufungswerbers zu entfallen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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