Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210143/2/Ga/La

Linz, 14.02.1994

VwSen-210143/2/Ga/La Linz, am 14. Februar 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des F F sen. in N , B , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14.

Jänner 1994, Zl. UR96-71-1993-Fr/Gut, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 17 Abs.1 AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

fünf Tage) kostenpflichtig verhängt worden, weil er es zu verantworten habe, daß auf dem Betriebsgelände seines KFZ-Reparaturbetriebes in der Gemeinde N , B , wie am 28. Juni 1993 durch Augenschein von Behördenorganen und Amtssachverständigen festgestellt wurde, bis zu diesem Datum eine große Anzahl von konkret aufgezählten, als gefährlich gewerteten Abfällen gelagert und diese Lagerung unzulässigerweise außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage vorgenommen worden ist.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise auf Herabsetzung der Geldstrafe auf 1.000 S eingebrachte, ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat durch die Strafbehörde als belangte Behörde ohne Gegenäußerung vorgelegte Berufung.

Die Berufung ist zulässig.

2. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

2.1. So wie das O.ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990 unterscheidet auch das Abfallwirtschaftsgesetz (des Bundes), BGBl.Nr. 325/1990, wesentlich zwischen den Rechtsbegriffen "ablagern/Ablagerung" und "lagern/Lagerung". Jener Begriff meint ausschließlich das Deponieren auf Dauer, dieser Begriff meint ausschließlich einen nicht auf Dauer angelegten, somit bloß vorübergehenden Vorgang (vgl. 1274 BlgNR., XVII. GP, Seite 28).

2.2. Die Verbotsnorm des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG (nur diese Verbotsnorm ist vorliegend die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG; darauf beruft sich ausdrücklich zwar die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auf Seite 4 unten, nicht jedoch der Spruch!) bindet den dort geregelten Tatbestand der unzulässigen Manipulation mit gefährlichen Abfällen (oder Altölen) ausdrücklich - und in absichtsvoller Unterscheidung zu den im ersten Satz des § 17 Abs.1 AWG umschriebenen Tatbeständen - nur an das Ablagern.

Daran knüpft der Verwaltungsstraftatbestand des § 39 Abs.1 lit.b Z10 AWG konsequent an, indem er unter Verweisung auf § 17 Abs.1 die Unterschiedlichkeit der Tatbilder der Lagerung, Behandlung oder Ablagerung ausdrücklich zu seinem Inhalt macht.

2.3. Aus dieser hier maßgeblichen Rechtslage ist zwingend abzuleiten, daß eine Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG objektiv-tatbildlich allein nur auf den Vorwurf der Ablagerung gestützt werden kann. Daraus folgt weiters, daß in diesem Fall das Ermittlungsverfahren der Strafbehörde die Ablagerung zum Beweisthema erheben muß und schließlich, daß ein Schuldspruch im Grunde des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG nur auf der Grundlage des erbrachten Nachweises der auf Dauer erfolgten Ablagerung gestützt werden darf. Dies wiederum muß der Schuldspruch in einer die Gegebenheiten des Falles berücksichtigenden, individualisierten Formulierung unverwechselbar zum Ausdruck bringen.

2.4. Die somit angesprochene Identität der Tat erläutert der Verwaltungsgerichtshof in dem (die ständige Rechtsprechung diesbezüglich zusammenfassenden) Erkenntnis vom 10.6.1992, 92/04/0055, so, daß a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein muß, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

2.5. Auf den vorgelegten Fall umgelegt, bedeutet dies, daß die eindeutige Zuordnung des dem Berufungswerber angelasteten Tatverhaltens unter die Verbotsnorm des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG schon deswegen scheitert, weil die rechtliche Beurteilung von der belangten Behörde im Straferkenntnis (und auch schon in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. November 1993 als erste Verfolgungshandlung) an Hand eines vom Gesetzgeber gar nicht vorgesehenen Tatbestandsmerkmals (nämlich: "Lagerung") vorgenommen wurde, während das hier wesentliche Tatbestandsmerkmal der "Ablagerung" gänzlich unberücksichtigt blieb.

3. Zusammenfassend folgt daraus, daß der Schuldspruch dem Berufungswerber eine Tat zur Last legt, die keine Verwaltungsübertretung bildet. Auf der Grundlage dieses Schuldspruchs ist der Berufungswerber zu Unrecht bestraft worden.

Gemäß § 44a Z1 VStG und des § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG war daher das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

4. Bei diesem Ergebnis war auf das Berufungsvorbringen nicht näher einzugehen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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