Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210148/8/Lg/Bk

Linz, 16.11.1994

VwSen-210148/8/Lg/Bk Linz, am 16. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 14.

Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen Verhandlung über die Berufung der G E , N , D , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K K , L , H gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7. Jänner 1994, Zl. 502-32/Kn/We/145/92b, wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung, LGBl.Nr. 35/1976 idgF, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Stunden herabgesetzt wird.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt. Der Betrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde wird auf 200 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG; § 68 Abs.1 lit.b iVm § 41 Abs.1 lit.e und § 68 Abs.2 O.ö.

Bauordnung, LGBl.Nr. 35/1976 idgF.

Zu II.: § 65 iVm § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 6.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma A E GesmbH (der persönlich haftenden Gesellschafterin der Firma A E GesmbH & Co KG) und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der als Bauführer aufgetretenen Firma A E GesmbH & Co KG zu verantworten habe, daß von der angeführten Firma beim Bauvorhaben "Wohnanlage R " in der Zeit zwischen dem 1. November 1992 und dem 1. Dezember 1992 von dem mit Bescheid vom 10. Juni 1992, Zl. 501/N-1269/91c genehmigten Bauvorhaben in gemäß § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO.

genehmigungspflichtiger Weise abgewichen worden sei, indem zwei näher bezeichnete, im im erwähnten Bewilligungsbescheid inkorporierten Bauplan als Bestand ausgewiesene Gewölbe in näher bezeichnetem Umfang ohne die hiefür erforderliche rechtskräftige Baubewilligung abgebrochen worden seien.

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.b iVm § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO. begangen und sei gemäß § 68 Abs.2 O.ö.

BauO. in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis ua darauf, daß die Firma Eiber mit Schreiben vom 20.

November 1992 dem Baurechtsamt mitgeteilt habe, von der Firma A mit der Errichtung der geplanten Wohnhäuser bzw mit den damit verbundenen Abbrucharbeiten betraut worden zu sein und daß mit den Abbrucharbeiten am 26. November 1992 begonnen werde.

Ein Bericht des Baupolizeiamtes vom 2. Dezember 1992 habe ergeben, daß bei einem Augenschein am 1. Dezember 1992 konsenslose Abbrucharbeiten durchgeführt wurden. Es habe sich dabei um zwei hofseitige Gewölbe gehandelt, die im genehmigten Bauplan als Bestand ausgewiesen seien, und zwar mit der Widmung "Lager" und "Müllraum/Kellerabteile". Ein Gutachten des Baupolizeiamts vom 16. Dezember 1992 habe außerdem ergeben, daß der geplante Umbau auch ohne Abbruch der Kellergewölbe möglich gewesen wäre.

Ferner geht das angefochtene Straferkenntnis auf die Rechtfertigung der Berufungswerberin ein, der Firma E sei vor dem Abbruch seitens ihres Auftraggebers (der A ) mitgeteilt worden, daß der Abbruch mit dem Baurechtsamt des Magistrates Linz abgesprochen sei und die Planänderung nachgereicht werde. Mit diesem Vorbringen sei kein Schuldentlastungsbeweis gelungen.

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht, daß wegen der getroffenen Arbeitsteilung zwischen den Geschäftsführern der gegenständlichen GmbH die Berufungswerberin nur für kaufmännische Belange, nicht aber für die technische Abwicklung der Aufträge zuständig sei. Die Berufungswerberin habe das ihr Abverlangbare getan, weil sich die Geschäftsführer wechselseitig und stichprobenartig auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hin kontrollieren.

Die vorgeworfene Tat sei wegen der Kürze des dafür erforderlichen Zeitaufwands ihrer Kontrolle entgangen.

Ferner wird geltend gemacht, daß die Berufungswerberin unbescholten und die Planänderung nachträglich genehmigt worden sei. Außerdem sei der Abbruch aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen.

Überdies wird auf Punkt 22. des Bescheids 501/N-1269/91c des Magistrats Linz verwiesen, wo die Zulässigkeit der Ersetzung nicht tragfähiger Teile durch neue festgelegt sei sowie darauf, daß der Abbruch aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen sei.

3. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde mit dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin, dem mit der Sachlage vertrauten anderen Geschäftsführer (A E ) und der Vertreterin der belangten Behörde der genehmigte Einreichplan erörtert. Aus diesem war ersichtlich, daß die gegenständlichen Gewölbe als nicht abzubrechende Gebäudeteile (Bestand) ausgewiesen waren.

Unbestritten blieb außerdem, daß der Abbruch durch die genannte Firma im vorgeworfenen Tatzeitraum trotz Vorliegens der faktischen Voraussetzungen der Bewilligungspflicht ohne Bewilligung erfolgte. Insbesondere ergab sich, nach Erörterung ebenfalls unbestritten, daß die Voraussetzungen des Punktes 22 des Bescheides vom 10. Juni 1992, Zl.

501/N-1269/91c nicht vorlagen, weil durch den vorgesehenen Umbau des Hauptgebäudes bzw den damit verbundenen Zubauten die gegenständlichen Gewölbe nicht zusätzlich belastet wurden und der Abbruch nicht zum Zweck der Ersetzung durch entsprechend dimensionierte Neuteile erfolgte.

Die Berufungswerberin brachte vor, daß der Abbruch der Gewölbe wegen des schlechten bautechnischen Zustandes notwendig gewesen sei, die Firma deshalb vom Bauherrn mit dem Abbruch beauftragt worden sei und A E seitens des Bauherrn vor Abbruch mitgeteilt worden sei, daß der Abbruch mit der Behörde konsentiert sei.

Der als Zeuge einvernommene A E bestätigte die Berufungsangaben hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen den beiden Geschäftsführern (also zwischen ihm und seiner Gattin, der Berufungswerberin) und fügte präzisierend hinzu, daß die Besprechungen wöchentlich stattfinden, daß dort alle Firmenbelange besprochen werden, daß die Berufungswerberin die Eingangspost den einzelnen Tätigkeitsbereichen zuordne, daß sie die Baustellen gelegentlich besuche und daß sie die gegenständliche Baustelle vor Baubeginn gesehen habe. Eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung iSd § 9 Abs.2 VStG liege jedoch nicht vor. Die Kompetenzverteilung zwischen den Geschäftsführern habe auch nicht im Gesellschaftsvertrag und dergleichen Niederschlag gefunden, sondern es handle sich um ein faktisches, aber seit langer Zeit gut eingespieltes und fehlerfrei funktionierendes System. Weder er noch die Berufungswerberin hätten einschlägige Vorstrafen.

Da kein Grund vorlag, das Zutreffen der erwähnten Tatsachen anzuzweifeln, hatte der unabhängige Verwaltungssenat diese seiner Entscheidung als Sachverhalt zugrundezulegen.

4. Gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauführer ohne rechtskräftige Baubewilligung von einem bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen ist.

Gemäß § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO. unterliegt der Abbruch von Gebäuden oder Gebäudeteilen sowie der Abbruch sonstiger Bauten, deren Errichtung gemäß § 41 Abs.1 lit.b O.ö. BauO.

bewilligungspflichtig ist, oder von Teilen von solchen der Bewilligungspflicht.

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, daß unter Abweichung vom genehmigten Einreichplan ein bewilligungspflichtiger Abbruch bewilligungslos erfolgte.

Die Bewilligungspflicht der Abweichung ergibt sich ua daraus, daß die Errichtung solcher Räume schon deshalb bewilligungspflichtig gewesen wäre, weil nach dem vom Gesetz geforderten hypothetischen Urteil die in Rede stehenden Gewölbe aus der Sicht des genehmigten Einreichplanes, wären sie zum "alten" Gebäude hinzugebaut worden, als Zubau iSd § 41 Abs.2 lit.d - Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder der Breite nach - zu bewerten wären.

Berücksichtigt man den durch bewilligten Abbruch bewirkten Verlust "alter" Mauerteile, welche die Verbindung zwischen den Gewölben und dem "alten" Gebäude herstellten und bewertet man die Gewölbe daher aus der Sicht des (an der betreffenden Stelle im Grundriß zu erhaltenden) Hauptgebäudes als "isolierte" Bauten, so würde dies am Ergebnis nichts ändern, da dann - im Fall der hypothetischen Errichtung - ein Neubau iSd § 41 Abs.2 lit.b und lit.c O.ö.

BauO. vorläge.

Der von der Berufungswerberin behauptete (aber im Hinblick auf das erwähnte Amtsgutachten vom 16. Dezember 1992 nicht so klare) schlechte bautechnische Zustand der Gewölbe ist für die gegenständlich erhebliche Pflicht zur Einholung einer "Abbruchsbewilligung" ohne Bedeutung.

4. Wenn die Berufungswerberin geltend macht, ihrem Gatten sei gesagt worden, daß der Abbruch mit der Behörde abgesprochen sei, so vermag dies ihr Verhalten nicht zu entschuldigen. Gerade Professionisten muß bekannt sein, daß nicht einmal eine mündliche Bewilligungszusage (geschweige denn eine diffuse "Absprache"/"Konsentierung"/ "Akkordierung") eine Bewilligung ersetzt. Überdies hat die Berufungswerberin nicht einmal behauptet, daß seitens ihrer Firma überprüft wurde, ob die gegenständliche Mitteilung überhaupt den Tatsachen entsprach. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß der Berufungswerberin die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift nicht gelungen ist.

5. Zum Hinweis der Berufungswerberin auf eine interne Geschäftsverteilung zwischen den handelsrechtlichen Geschäftsführern (eine Bestellung des anderen handelsrechtlichen Geschäftsführers zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 erster Satz VStG oder eine Kompetenzverteilung in der "Verfassung" [Satzung, Gesellschaftsvertrag; vgl. dazu Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, 1991, RZ 772] lag ja nicht vor) ist zu bemerken, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verteilung der Geschäfte zwischen iSd § 9 Abs.1 VStG Außenvertretungsbefugten im Innenverhältnis deren verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung nach außen hin nicht berührt und daher jeden Außenvertretungsbefugten die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft (vgl. etwa VwSlg 7073 A/1967, 7696 A/1969, 8936 A/1975, 9538 A/1978 sowie weitere Rechtsprechungsnachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 4.

Auflage, 1990, S 760 ff).

Die Betrauung eines anderen Geschäftsführers im Wege der internen Geschäftsverteilung kann allerdings auf der Schuldebene von Bedeutung sein. Dabei ist freilich zu beachten, daß bei Ungehorsamsdelikten - und im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein solches - nicht schon der bloße Umstand der Aufgabenverteilung bewirkt, daß den Betroffenen an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift iSd § 5 Abs.1 VStG keine Schuld trifft. Vielmehr muß der Betroffene, um den bei Ungehorsamsdelikten bloß erforderlichen Vorwurf der Fahrlässigkeit ausschließen zu können, glaubhaft machen, daß er alle Vorkehrungen getroffen hat, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im Verhältnis zwischen Geschäftsführern kommt es dabei nicht nur auf die Klarheit der Aufgabenverteilung sondern vor allem auch auf die Tauglichkeit und die zu erwartende Verläßlichkeit des anderen Geschäftsführers (von einer culpa in eligendo kann im Verhältnis zwischen Geschäftsführern einer GesmbH in der Regel nicht gesprochen werden) einerseits sowie auf die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems andererseits an.

In Anbetracht des Umstandes, daß die Rechtsordnung den Geschäftsführern einer GesmbH die Möglichkeit zur Verfügung stellt, das Risiko der eigenen Haftbarmachung durch Bestellung eines verantwortlichen beauftragten Geschäftsführers ohne zuzumutbaren Aufwand auszuschließen, ist an die genannten Anforderungen ein strenger Maßstab anzulegen.

Im gegenständlichen Fall ist davon auszugehen, daß die Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern zumindest insoweit klar war, als feststellbar ist, daß das gegenständliche Delikt in den Kompetenzbereich des anderen Geschäftsführers fiel, dieser aufgrund seiner Ausbildung und seines bisherigen Verhaltens tauglich und verläßlich war und daß ein relativ dichtes System von Kontrollmaßnahmen vorgesehen war. Andererseits war es möglich, daß dem Kontrollsystem vom zuständigen Geschäftsführer kurzfristig beschlossene Planabweichungen entgingen, da ja die routinemäßigen Geschäftsführersitzungen nur wöchentlich stattfanden und in dem von der Berufungswerberin betrauten Briefverkehr ja nicht notwendig alle relevanten Vorgänge ihren Niederschlag finden mußten. Überdies wurde nicht dargelegt, welche Maßnahmen im Kontrollsystem für den Fall, daß der Berufungswerberin eine seitens des anderen Geschäftsführers geplante Verwaltungsübertretung zur Kenntnis gelangt, zur Unterbindung der Setzung des rechtswidrigen Verhaltens vorgesehen sind. Die Berufungswerberin hat daher nicht dargetan, daß sie an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf.

6. Zur Festsetzung der Strafhöhe ist zu bemerken, daß der Abbruch alter Gewölbe, welche nach dem Baubewilligungsbescheid erhalten werden sollten, unter Umgehung des dafür vorgesehenen Verfahrens ein Delikt mit hohem Unrechtsgehalt darstellt. Dem steht als mildernd die Unbescholtenheit der Berufungswerberin gegenüber, nicht jedoch das Vertrauen ihres Gatten auf die erwähnten Mitteilungen Dritter sowie die später genehmigte Modifizierung des Einreichplans, mögen auch in diesem (nach dem durch das rechtswidrige Verhalten der Firma der Berufungswerberin bewirkten Verlust der alten Bausubstanz:

naturgemäß) die abgebrochenen Gewölbe nicht mehr vorgesehen sein. Es ist jedoch weiter als mildernd zu berücksichtigen, daß das Delikt ohne Wissen und Willen der Berufungswerberin durch einen nach der Geschäftsverteilung zuständigen, tauglichen und verläßlichen Geschäftsführer gesetzt wurde und zwischen dem Geschäftsführer ein erheblich über rudimentäre Ansätze hinausgehendes System wechselseitiger Kontrolle bestand. Unter Einbeziehung der sonstigen von der belangten Behörde berücksichtigten Strafzumessungsgründe war daher die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Stunden herabzusetzen.

Einer Anwendung des § 21 Abs.1 VStG konnte der unabhängige Verwaltungssenat nicht näher treten, da die Tat nicht hinter dem deliktstypischen Unrechtsgehalt zurückblieb.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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