Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210151/2/Ga/La

Linz, 26.04.1994

VwSen-210151/2/Ga/La Linz, am 26. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der B K in F , V , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. Jänner 1994, Zl. Ge96-2550-1993, wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - O.ö.

AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) kostenpflichtig verhängt, weil sie in Übertretung des § 42 Abs.1 Z2 lit.b iVm § 7 Abs.1 O.ö. AWG ein nicht mehr zum Verkehr zugelassenes PKW-Wrack, Marke Opel Kadett, grün lackiert, in der Zeit vom 1. Juni bis zuletzt 23. Juni 1993 in V , V , hinter der Holzlagerhalle der Firma T , abgestellt habe.

Begründend verweist die Strafbehörde auf die Anzeige der städtischen Sicherheitswache Vöcklabruck vom 13. Juni 1993 und hält als maßgebenden Sachverhalt fest, daß nachgewiesen werden konnte, daß der grüne Opel Kadett auf den Namen und die Adresse der Berufungswerberin am 18. Februar 1991 mit dem Kennzeichen angemeldet und am 10. April 1991 wieder abgemeldet worden sei.

1.2. Dagegen hat die Beschuldigte eine als Einspruch bezeichnete Berufung erhoben; sie bringt bestreitend vor, nie einen grünen Opel besessen und daher auch nicht widerrechtlich abgestellt zu haben.

2. Die zwar ohne ausdrücklichen Antrag, gleichwohl zulässige (vgl. VwGH vom 29.9.1993, 93/02/0129) Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung vorgelegt.

3. Aus dem gleichzeitig vorgelegten Akt zu Zl.

Ge96/2550/1993 war ersichtlich, daß das Straferkenntnis gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Gemäß § 42 Abs.1 Z2 O.ö. AWG begeht eine mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer gemäß lit.b dieser Bestimmung entgegen § 7 Abs.1 O.ö. AWG Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw. ablagert.

§ 7 Abs.1 O.ö. AWG ordnet an, daß Abfälle nur in Abfallbehältern vorübergehend gelagert oder (nur) in Abfallbehandlungsanlagen, je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden dürfen.

§ 20 Abs.1 O.ö. AWG stellt klar, was unter dem abfallrechtlichen Begriff der "Abfallbehandlungsanlage" zu verstehen ist.

§ 44a Z1 VStG verlangt für den Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses die bestimmte Beschreibung der als erwiesen angenommenen Tat.

Soll wegen des Verdachts dieser Tat gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden, muß diese Person innerhalb der Verjährungsfrist mit dem individualisierten Tatverdacht anlastend konfrontiert werden (Verfolgungshandlung; § 31 Abs.1, § 32 Abs.1 und Abs.2 VStG).

3.2. Im Berufungsfall sind innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (hier: sechs Monate; § 31 Abs.2 VStG) mit der Strafverfügung vom 2. Juli 1993 und dem "Ladungsbescheid" vom 3. August 1993 zwei Verfolgungshandlungen ergangen, die beide jedoch die als Verwaltungsübertretung vorgehaltene Tat derart unbestimmt anlasten, daß von Anfang an die Verjährungsfrist nicht unterbrochen werden konnte (vgl. die seit den Erk. verst.Sen. VwSlg. 11466 A/1984 und VwSlg. 11894 A/1985 ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den aus § 44a Z1 VStG erfließenden Bestimmtheitsanforderungen).

3.3. Indem nämlich die Strafverfügung vom 2. Juli 1993 der Berufungswerberin vorwirft, sie habe das nämliche Autowrack "abgestellt", lastet sie einen Sachverhalt an, der dem gesetzlichen Tatbild unbekannt ist. Im übrigen leidet die Tatanlastung der Strafverfügung durch die bloß narrative Wiedergabe des abstrakten Gesetzestextes an solchen Individualisierungsmängeln, wie sie im Erk. des UVS vom 11.2.1994, 210049/11, vergleichbar ausgeführt wurden.

3.4. Der Ladungsbescheid vom 3. August 1993 hingegen enthält nur den Vorwurf der Ablagerung (des nämlichen PKW-Wracks zur Tatzeit am Tatort) für sich allein und verfehlt mit dieser Verkürzung das objektive Tatbild der hier maßgeblichen Verbotsnorm des § 7 Abs.1 O.ö. AWG in einem wesentlichen Element dadurch, daß versäumt wurde, den Vorwurf der außerhalb einer Abfallbehandlungsanlage erfolgten Ablagerung zu erheben.

4. Weil somit beide Verfolgungshandlungen die Mindeststandards der Tatkonkretisierung bzw. -individualisierung verfehlt haben, ist die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden. Der Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses vom 25. Jänner 1994 stand bereits Verfolgungsverjährung entgegen. Es war daher im Grunde des § 44a Z1 VStG aufzuheben; das Verwaltungsstrafverfahren war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache ausschließen.

5. Abschließend gibt der unabhängige Verwaltungssenat zu bedenken, daß im vorgelegten Fall dem Schuldspruch keine direkte Beweisführung zugrundeliegt, aus der Aktenlage aber eine markante Unsicherheit der Indizienlage deutlich wird.

So durfte schon der Umstand, daß der diesbezüglich leugnenden Berufungswerberin dennoch der Zulassungsbesitz für einen grünen Opel Kadett nachgewiesen werden konnte, nicht darüber hinwegtäuschen, daß dies allein noch keinen sicheren Schluß auf die Täterschaft durch die Berufungswerberin erlaubt. Immerhin ist offensichtlich, daß der von der Gendarmerie im Autowrack gefundene Zettel nicht von der Berufungswerberin geschrieben worden sein kann, wie der Schriftvergleich mit den jeweils handgeschriebenen Rechtsmitteln deutlich macht. Es hat daher dieser Zettel selbst als bloß indirekter Beweis keine Aussagekraft.

Schon also für die belangte Behörde wäre die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Fall VStG nahegelegen.

Zu II.:

Die Aufhebung hat auf der Kostenseite zur Folge, daß sämtliche Beitragsleistungen der Berufungswerberin zu entfallen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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