Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210153/8/Ga/La

Linz, 11.04.1995

VwSen-210153/8/Ga/La Linz, am 11. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J K in L , H , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Dezember 1993, Zl. Ge-96/450/1992/Eich, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, durch öffentliche Verkündung am 7. April 1995 (nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am selben Tag) zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Feststellung, daß es von einer unzuständigen Behörde erlassen worden ist, aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 2 Abs.2, § 27 Abs.1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1.1. Wegen konkreter Tatbestreitung in der Berufung gegen das eingangs bezeichnete Straferkenntnis, mit dem der Berufungswerber kostenpflichtig bestraft wurde, weil er schuldig sei, als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs.1 VStG dafür eintreten zu müssen, daß die "K Gesellschaft m.b.H." mit Sitz in L als Besitzer von bestimmt bezeichneten gefährlichen Abfällen die gemäß § 5 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung für sie bestehende Aufzeichnungs- und Nachweispflicht nicht nachgekommen sei, hat der unabhängige Verwaltungssenat am 7. April 1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung, in deren Beweisverfahren der bezughabende Strafakt einbezogen wurde, durchgeführt. In der Verhandlung war der geladene Beschuldigte durch den (nur) hiezu schriftlich und ausdrücklich bevollmächtigten F E vertreten. Als Zeuge geladen und vernommen wurde der Amtssachverständige Ing. K S . Die belangte Behörde als Partei des Berufungsverfahrens war geladen, hat jedoch angegeben, wegen "Arbeitsüberlastung" nicht teilnehmen zu können.

1.2. Durch die öffentliche mündliche Verhandlung ist hervorgekommen, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weil es von einer örtlich unzuständigen Behörde erlassen wurde.

Dies aus folgenden Gründen:

2.1. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ist als maßgebender Sachverhalt für die h. Entscheidung festzustellen, daß die als aufzeichnungspflichtig involvierte Gesellschaft ihren Sitz in der H in der Stadtgemeinde L hat. An der Sitzadresse befindet sich das Firmenbüro. Dort werden seit Aufnahme der Unternehmenstätigkeit im Jahr 1960 alle wesentlichen Geschäftsbelange büromäßig abgewickelt. Auch alle wichtigen Geschäftsunterlagen werden seit jeher im Sitzbüro geführt und verwaltet. Der einen gewissenhaften und glaubwürdigen Eindruck erweckende Beschuldigtenvertreter, zugleich der Firmengründer, hat widerspruchsfrei dargelegt, daß die fraglichen Aufzeichnungen - hätte das Unternehmen solche geführt - stets nur in diesem Sitzbüro geführt und aufbewahrt worden wären.

2.2. Im Grunde des hier maßgeblichen Übertretungstatbestandes gemäß § 39 Abs.1 lit.c Z7 AWG besteht das objektive Tatbild der Verwaltungsübertretung - nach Maßgabe der Anlastung im Schuldspruch - in der Nichterfüllung der im § 5 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung, BGBl.Nr. 65/1991, angeordneten Aufzeichnungs- und Nachweispflicht. Diese somit als verletzt vorgeworfene Gebotsnorm verpflichtet den Besitzer von gefährlichen Abfällen oder Altölen, durch Begleitscheine unter Verwendung eines Formblattes und durch fortlaufende Aufzeichnungen auf Grund dieser Begleitscheine die Art, Menge, Herkunft und den Verbleib der gefährlichen Abfälle oder Altöle nachzuweisen. Somit besteht der Kern der zugrundegelegten Aufzeichnungs- und Nachweispflicht in der Führung fortlaufender Aufzeichnungen auf der Grundlage bestimmter Formulare, nämlich der Begleitscheine.

'Abfallbesitzer' sind gemäß § 2 Abs.1 der Verordnung auch juristische Personen, die (ua.) als Erzeuger von Abfällen tätig werden. Gemäß § 2 Abs.3 leg.cit. ist ein solcher 'Erzeuger', wer eine Tätigkeit ausübt, bei der gefährliche Abfälle anfallen, der jedoch nicht als Sammler oder Behandler von gefährlichen Abfällen tätig ist.

Gegenständlich träfe dies nach Annahme des Schuldspruchs auf die involvierte Gesellschaft zu.

2.3. Jene Bezirksverwaltungsbehörde ist in erster Instanz gemäß § 27 Abs.1 VStG zur Untersuchung und Bestrafung einer Übertretung örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Begangen wird eine Übertretung gemäß § 2 Abs.2 VStG dort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Dies ist für den Bereich des VStG in Sachen, die sich - wie hier - auf den Betrieb einer gleichwohl in Zweigniederlassungen gegliederten Unternehmung beziehen, hinsichtlich bestehender, jedoch unerfüllt gebliebener Handlungspflichten regelmäßig der Sitz der Unternehmensleitung.

Davon ausgehend ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß der Tatort des Zuwiderhandelns gegen die dem 'Abfallbesitzer' (als 'Erzeuger') aufgetragene Aufzeichnungspflicht dort zu sehen ist, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung von Verstößen gegen diese Pflicht gesetzt werden müssen. Demnach liegt der Tatort, abgesehen von der (im Berufungsfall nicht zum Tragen kommenden) Konstellation eines ausdrücklich für einen bestimmten Standort einer Filiale oder eines Lagers und dgl. bestellten verantwortlichen Beauftragten, auch bei diesen Delikten am Sitz der Unternehmensleitung.

Auf den Berufungsfall angewendet hätten die oben beschriebenen, auf Grund vorhandener Begleitscheine fortlaufenden (und somit bürokratisch-manipulativen) Aufzeichnungen am Sitz der Gesellschaft in L , H , geführt werden müssen.

2.4. Daraus folgt in Verbindung mit dem für die Beurteilung dieses Falles wesentlichen Umstand, wonach der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer (iSd § 9 Abs.1 letzter Halbsatz VStG) in die strafrechtliche Verantwortung für die im Spruch bezeichnete juristische Person gezogen worden ist, daß nicht die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in deren Sprengel sich nach der Aktenlage lediglich ein Werkstätten- und Servicebetrieb der Gesellschaft befindet), sondern der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Strafbehörde örtlich zuständig gewesen wäre.

3. Wenngleich die örtliche Unzuständigkeit der belangten Behörde in der Berufung nicht releviert worden ist, war dieser Aufhebungsgrund amtswegig dennoch aufzugreifen. Eine materielle Einstellungswirkung ist diesfalls mit der Aufhebung des Straferkenntnisses nicht verbunden (vgl. VwGH 8.10.1992, 92/18/0391, 0392; UVS Erk VwSen-220852/2 vom 11.2.1994, VwSen-220999/4 vom 21.11.1994, VwSen-280023/2 vom 7.2.1995 ua) und obliegt die Beantwortung der Frage, ob dieses Strafverfahren fortgeführt werden kann, der sachlich und örtlich zuständigen Strafbehörde.

Für diese Entscheidung bemerkt jedoch der unabhängige Verwaltungssenat aus Zweckmäßigkeitsgründen: Als weiteres Ergebnis aus dem Beweisverfahren der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom heutigen Tag war festzustellen, daß die vom Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführten "Kühlflüssigkeiten bzw. FCKW-haltigen Produkte" als Abfälle bei der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeiten jedenfalls bis zum Feststellungszeitpunkt (17. November 1992) im Zweifel nicht angefallen sind.

4. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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