Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210158/5/Lg/Bk

Linz, 27.02.1995

VwSen-210158/5/Lg/Bk Linz, am 27. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des R T , S , I gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 7. Jänner 1994, Zl.

502-32/Kn/We/143/92o, wegen einer Übertretung der O.ö.

Bauordnung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Geldstrafe auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Stunden herabgesetzt wird.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde wird auf 500 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG; § 68 Abs.1 lit.b iVm § 41 Abs.1 lit.e und § 68 Abs.2 O.ö.

Bauordnung, LGBl.Nr 35/1976 idgF.

Zu II.: § 65 iVm § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 6.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen verhängt, weil er es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A GesmbH, welche beim Bauvorhaben "Wohnanlage R " im Standort L , R , als Bauherr auftrat, zu verantworten habe, daß von der angeführten Firma in der Zeit zwischen 26.

November 1992 und 1. Dezember 1992 von dem mit Bescheid vom 10. Juni 1992, Zl. 501/N-1269/91c, genehmigten Bauvorhaben in gemäß § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO. genehmigungspflichtiger Weise abgewichen wurde, indem zusätzlich der Abbruch von zwei näher beschriebenen Gewölben, welche im genehmigten Bauplan als Bestand ausgewiesen waren, durchgeführt wurde, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen rechtskräftigen Baubewilligung gewesen zu sein.

2. In der Berufung wird auf eine interne Aufgabenverteilung hingewiesen: Die kollektiv zeichnungsberechtigten Geschäftsführer H H und R T hätten eine interne Aufteilung der Agenden vorgenommen, dergemäß sämtliche mit der Errichtung eines Bauobjekts zutreffenden Maßnahmen der Geschäftsführer H alleine vornehmen kann. Der Berufungswerber selbst habe erst lange Zeit nach dem Gewölbeabbruch von diesem erfahren.

Weiters wird in der Berufung die Auffassung vertreten, es lägen die Voraussetzungen des Absehens von der Strafe vor.

Dies wegen der Geringfügigkeit des Vergehens, im Hinblick auf die Unbescholtenheit des Berufungswerbers und wegen der Veranlassung der Einstellung der Arbeiten durch den Geschäftsführer H .

Die Berufung enthält ferner die Aussage, daß der Berufungswerber "an sich der Rechtfertigung vom 12.3.1993 von Herrn Dr. G G und Herrn Dipl.Ing. W S nichts hinzuzufügen habe".

Ferner enthält die Berufung die Feststellung, der Berufungswerber könne sich nicht daran erinnern, mit Schreiben vom 5.2.1993 aufgefordert worden zu sein, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen, "da ich Ihnen ansonsten damals schon diesen Umstand mitgeteilt hätte".

Die Geschäftsführer H   und T bezögen für ihre Geschäftsführertätigkeit in der A GesmbH kein Gehalt.

3. Da aufgrund der Aktenlage und des Berufungsvorbringens der Sachverhalt ausreichend geklärt erschien und sohin nur noch Fragen der Bemessung der Strafhöhe bzw Rechtsfragen klärungsbedürftig waren, war von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abzusehen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat über das Berufungsvorbringen erwogen:

4.1. In der Berufung wird der entscheidungserhebliche Sachverhalt, nämlich der - trotz des Vorliegens der faktischen Voraussetzungen für die Bewilligungspflicht entgegen der Bewilligung erfolgte - Abbruch der im angefochtenen Straferkenntnis näher bezeichneten, im Einreichplan als nicht abzubrechender Baubestand ausgewiesenen Gewölben, nicht bestritten. Auch aus der Rechtfertigung durch Dr. G und Dipl.Ing. S vor der belangten Behörde vom 12. März 1993 (einschließlich der schriftlichen Darstellung vom 11. März 1993) geht nichts Gegenteiliges hervor: Im Rahmen dieser Rechtfertigung wurde lediglich geltend gemacht, daß bei der (plankonformen) Belassung der Gewölbe unvorhergesehene statische Probleme aufgetaucht wären. Ein Planänderungsverfahren vor Abbruch der Gewölbe hätte den Terminrahmen gestört und möglicherweise das Projekt gefährdet. Nach dem Abbruch sei eine Planänderung eingereicht worden, die auf einem Konsens mit dem Planungsamt beruhte.

Unbestritten blieb ferner, daß die Firma A GesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber im Tatzeitraum war, hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Baumaßnahmen als Bauherr aufgetreten war.

Dieser unbestrittene Sachverhalt war daher den weiteren Erwägungen zugrundezulegen.

Hinsichtlich der internen Aufteilung der Aufgaben zwischen den Geschäftsführern erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat als glaubwürdig, daß eine solche tatsächlich bestand und die gegenständliche Baumaßnahme in den Zuständigkeitsbereich des anderen Geschäftsführers fiel.

Davon, daß ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG bestellt war oder die Zuständigkeitsverteilung in der "Verfassung" (Satzung, Gesellschaftsvertrag) verankert war, war jedoch mangels einschlägigen Vorbringens nicht auszugehen. Auch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems war mangels Behauptung von Seiten des Berufungswerbers nicht anzunehmen.

4.2.1. Gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauführer ohne rechtskräftige Baubewilligung von einem bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abgewichen ist. Gemäß § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO. unterliegt der Abbruch von Gebäuden oder Gebäudeteilen sowie der Abbruch sonstiger Bauten, deren Errichtung gemäß § 41 Abs.1 lit.b O.ö. BauO.

bewilligungspflichtig ist, oder von Teilen von solchen der Bewilligungspflicht.

Gemäß § 41 Abs.2 lit.b O.ö. BauO. ist ein Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Metern. Gemäß § 41 Abs.1 lit.b O.ö. BauO. ist die Errichtung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung von Menschen herbeizuführen, bewilligungspflichtig. Gemäß § 41 Abs.2 lit.a O.ö. BauO. ist unter Bau eine bauliche Anlage, zu deren werkgerechter Herstellung fachtechnische Kenntnisse erforderlich sind, zu verstehen.

4.2.2. Bei mehreren Außenvertretungsbefugten einer juristischen Person ist, sofern kein verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde, jede dieser Personen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1994, 94/03/0138). Eine Aufgabenverteilung, die nicht in der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder in der "Verfassung" der Gesellschaft (zum zweitgenannten Gesichtspunkt vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 5. Auflage, 1991, RZ 772) ihren Niederschlag gefunden hat, befreit daher nicht von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung.

Eine interne Aufgabenverteilung kann jedoch auf der Schuldebene von Bedeutung sein. Der Betroffene muß allerdings, um den bei Ungehorsamsdelikten (bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein solches) bloß erforderlichen Vorwurf der Fahrlässigkeit ausschließen zu können, glaubhaft machen, daß er alle Vorkehrungen getroffen hat, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten ließen. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern klar ist, an der Tauglichkeit und Verläßlichkeit des anderen Geschäftsführers kein Zweifel besteht und ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet wurde.

Daß die Übertretung mit Wissen und Willen des Beschuldigten geschah, ist in dieser rechtlichen Situation nicht Voraussetzung für die Strafbarkeit.

4.3.1. Nach dem vom unabhängigen Verwaltungssenat als erwiesen anzunehmenden Sachverhalt war davon auszugehen, daß durch die gegenständlichen Gewölbeabbrüche, welche durch die Firma A GesmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber im Tatzeitraum war, als Bauherr durchgeführt wurden, von einem bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise ohne entsprechende Bewilligung abgewichen wurde (§ 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO.). Die Gewölbe erfüllen - bei der gegebenen Dimensionierung (vgl. die im Spruch angegebenen Grundflächen iVm dem dort genannten Verwendungszweck) - den Gebäudebegriff des § 41 Abs.2 lit.b O.ö. BauO. und überdies den Begriff des Baus iSd § 41 Abs.2 lit.a iVm § 41 Abs.1 lit.b O.ö. BauO., sodaß ihr Abbruch gemäß § 41 Abs.1 lit.e O.ö. BauO. bewilligungspflichtig war.

4.3.2. Da der Berufungswerber nichts vorgebracht hat, was im Sinne einer Kontrolle der nach der internen Aufgabenverteilung zuständigen Person gedeutet werden könnte, war außerdem davon auszugehen, daß ein ausreichendes Kontrollsystem nicht vorlag und mithin die Tatbestandsverwirklichung dem Berufungswerber auch als schuldhaft zuzurechnen war.

Ein Notstand iSd § 6 VStG lag nicht vor, da der mit der durch die ordnungsgemäße Durchführung eines Planänderungsverfahrens bewirkten Verzögerung der Fertigstellung verbundene Nachteil bloß wirtschaftlicher Natur ist und ein solcher keinen anerkannten Grund für die Annahme eines Notstandes bildet.

4.4. Bei der Festsetzung der Strafhöhe war zu berücksichtigen:

Die belangte Behörde hatte den Berufungswerber im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung (Schreiben vom 5. Februar 1993) verständigt, daß sie sein monatliches Nettoeinkommen auf 20.000 S einschätzen und vom Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgehen werde, wenn der Berufungswerber dazu nicht Stellung nehmen sollte. Da im Zuge der Rechtfertigung (und auch später) keine solche Stellungnahme erfolgte, wurden diese Annahmen zu Recht dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegt. Da der Berufungswerber in der Berufung nicht einmal behauptet hat, daß die Annahmen der Erstbehörde inhaltlich unzutreffend waren bzw er auch in der Berufung keine richtigstellenden Angaben machte, hatte auch der unabhängige Verwaltungssenat von der Richtigkeit der diesbezüglichen erstbehördlichen Annahmen auszugehen, ergänzt durch die Feststellung, daß der Berufungswerber kein Vermögen besitzt. Daß der Berufungswerber sein Gehalt nicht von der A GesmbH bezieht, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung.

Der Unrechtsgehalt der Tat war als hoch einzustufen, da mit dem Abbruch alter Gewölbe, welche nach dem Baubewilligungsbescheid erhalten bleiben sollten, ein unwiederbringlicher Verlust alter Bausubstanz verbunden ist, woran auch eine spätere Genehmigung eines modifizierten (den Verlust der Gewölbe voraussetzenden) Einreichplans nichts zu ändern vermag.

Daß der Berufungswerber von der gegenständlichen Baumaßnahme, als sie gesetzt wurde, nichts wußte (also kein Vorsatz vorlag) verringert in Anbetracht der gesetzlich vorgesehenen Schuldform (Fahrlässigkeit) den Schuldgehalt der Tat nicht im Sinne eines Milderungsgrundes. Daß nach der behördlichen Beanstandung das rechtswidrige Verhalten nicht fortgesetzt wurde, stellt ebenfalls keinen Milderungsgrund dar. Mildernd wirkt hingegen die Unbescholtenheit des Berufungswerbers. Zu berücksichtigen war weiters, daß das Delikt durch einen nach der internen Aufgabenverteilung zuständigen Geschäftsführer gesetzt wurde, welcher vom Berufungswerber als verläßlich und tauglich angesehen werden durfte.

Unter Abwägung dieser Umstände sowie unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens - Geldstrafe bis zu 300.000 S (§ 68 Abs.2 O.ö. BauO.) bzw Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen (§ 16 Abs.2 VStG) - erschien die Verhängung einer Geldstrafe von 5.000 S bzw einer Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Stunden als angemessen.

Einer Anwendung des § 21 Abs.1 VStG konnte der unabhängige Verwaltungssenat nicht nähertreten, da der deliktstypische Unrechts- und Schuldgehalt nicht im erforderlichen Ausmaß unterschritten wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder

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