Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400738/5/Ste/Wb/Be

Linz, 14.11.2005

 

 

VwSen-400738/5/Ste/Wb/Be Linz, am 14. November 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des xx, vertreten durch Dr. xx, Rechtsanwalt, x wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft weiterhin vorliegen.
  2. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67c Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 73 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 - FrG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 5. Oktober 2005, Zl. Sich40-3591-2005, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 34b Abs. 1 Ziffer 2 iVm. § 6 Asylgesetz - AsylG und des § 61 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG iVm. § 57 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbots sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Linz am 5. Oktober 2005 vollzogen.

Begründend wurde im genannten Bescheid dazu ausgeführt, dass der Bf illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist ist. Der Asylantrag des Bf wurde am 5. Oktober 2005 als offensichtlich unbegründet abgewiesen. Die Behörde führt in ihrer Begründung weiters aus, dass der Bf über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet der Republik Österreich verfügt und völlig mittellos ist. Seitens der Behörde wird festgehalten, dass sich der Bf unberechtigt im Bundesgebiet aufhält, da er weder im Besitz einer Aufenthaltsberechtigungskarte nach dem Fremdengesetz noch nach dem Asylgesetz ist. Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung des bzw. der fremdenpolizeilichen Verfahren und Maßnahmen bzw. die Abstandnahme von der Anwendung gelinderer Mittel wäre notwendig und begründet gewesen, da zu befürchten war, dass sich dem Bf dem fremdenrechtlichen Verfahren bzw. den entsprechenden Maßnahmen zu entziehen trachten würde und ein gelinderes Mittel die Gefahr beinhaltet, dass der Bf - nach Abtauchen in die Illegalität - dem österreichischen Staat weiter zu Last fallen könnte. Die Verhängung der Schubhaft wäre im Hinblick auf das zu erreichende Ziel angemessen und verhältnismäßig.

1.2. Der Bf befindet sich seit 5. Oktober 2005 und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Schubhaft.

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 9. November 2005 (nach Ende der Amtsstunden des Unabhängigen Verwaltungssenats), per Telefax übermittelte und beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

Darin bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass er am 20. September 2005 einen Antrag gemäß § 3 AsylG eingebracht habe und der Asylantrag offensichtlich als unbegründet abgewiesen wurde um über ihn die Schubhaft zu verhängen. Als Beilage legt der Bf eine undatierte Unterhaltsvereinbarung, abschlossen mit Herrn Genc Morina, vor.

Abschließend wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaft ab Beginn und Kostenersatz beantragt. Darüber hinaus stellt der Bf den Antrag auf Durchführung einer mündliche Verhandlung.

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 73 Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 151/2004, von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt scheint.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bf stellte am 20. September 2005 einen Asylantrag. Am 5. Oktober 2005 wurde dieser Antrag als unbegründet abgewiesen; der abweisende Bescheid wurde dem Bf persönlich ausgefolgt. Nach Ausfolgung des Bescheides am 5. Oktober 2005 würde über den Bf zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung seiner Abschiebung die Schubhaft verhängt.

Dem Bf meldete sich am 6. Oktober 2005, nach einer erfolgten Rückkehrberatung, zur freiwilligen Rückkehr in sein Heimatland an und erklärte einen Berufungsverzicht im Asylverfahren an.

Am 12. Oktober 2005 stellte der Bf, im Zuge einer mündlichen Einvernahme, einen neuerlichen Asylantrag. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. November 2005, Zl. 05 17.025, wurde der schriftlich eingebrachte Asylantrag zurückgewiesen.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Nach § 72 Abs. 1 FrG, hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen. Auch auf Asylwerber, über die Schubhaft verhängt worden ist, findet das FrG insgesamt - und somit auch die zitierte Bestimmung - Anwendung (§ 34b Abs. 2 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 101/2003, in der Fassung der Kundmachungen BGBl. I Nr. 105/2003 und BGBl. I Nr. 129/2004).

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde ua. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich - wie der Bf im vorliegenden Verfahren - nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde plausibel scheint, dass dieser - im Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

Gemäß § 21 Abs. 1 AsylG findet auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz im Sinne des § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, finden die §§ 36 Abs. 2 Z 7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. § 61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

4.2. Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich der Bf nachdem der neuerlich eingebrachte Asylantrag wegen entschiedener Sache mit Bescheid vom 8. November 2005 zurückgewiesen wurde - an diese Entscheidungen ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 38 iVm. § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG gebunden - jedenfalls ab diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Im Ergebnis kann nämlich keine Rede davon sein, dass dem Bf ein vorläufiges Aufenthaltsrecht zukäme oder er auch nur faktischen Abschiebeschutz hätte (vgl. in diesem Sinn bereits die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats vom 21. Juni 2005, VwSen-400718/5).

Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AsylG können Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz).

Nach § 19 Abs. 2 AsylG sind Asylwerber, deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt; dieses Aufenthaltsrecht ist durch das Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

In der Asylsache des Bf gibt es bereits eine rechtskräftige abweisende Berufungsentscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 5. Oktober 2005. Demnach kann weder faktischer Abschiebeschutz noch ein Aufenthaltsrecht in Frage kommen. Dies folgt auch aus dem Sinn der nachstehenden Regelung des § 19 Abs. 3 AsylG.

Gemäß § 21 Abs. 1 AsylG finden auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz iSd. § 19 Abs. 1 genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberichtigungskarte ausgestellt wurden, die §§ 36 Abs. 2 Z. 7 sowie 61 bis 63 FrG keine Anwendung. § 61 FrG findet jedoch Anwendung, wenn der Asylantrag von einem Fremden gestellt wird, über den vor Antragstellung die Schubhaft verhängt wurde und diese aufrecht ist.

Der Schutz vor Aufenthaltsbeendigung nach § 21 Abs. 1 AsylG kommt für den Bf im Hinblick auf sein bereits 2004 rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren nicht in Betracht. Der nunmehr eingebracht neuerliche Asylantrag war unzulässig und wurde daher mittlerweile auch zurückgewiesen. Dieser Folgeantrag vermag dem Bf kein Aufenthaltsrecht zu verschaffen.

4.3. Die belangte Behörde hat sich bei der Schubhaftanordnung und Schubhaftverhängung darauf gestützt, dass der Bf über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt, mittellos ist, über kein Reisedokument verfügt und selbst erklärt hat, nicht freiwillig in sein Heimatland zurückkehren zu wollen. Dazu kommt, dass er durch sein gesamtes bisheriges Verhalten begründeten Anlass zur Vermutung gab, dass er offenbar nicht bereit ist, freiwillig in seinen Heimatstaat zurückzukehren und in Österreich bleiben zu wollen.

Auf Grund dieser Umstände und angesichts des Gesamtverhaltens des Bf war aber die Prognose der belangten Behörde, dass er sich im Wissen um die Erlassung eines Aufenthaltsverbots und die unmittelbar drohende Abschiebung dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen oder dieses zumindest erschweren könnte, vertretbar.

4.4. Inwieweit im vorliegenden Fall gelindere Mittel als die Verhängung der Schubhaft in gleicher Weise hätten zuverlässig sicherstellen können, dass der Beschwerdeführer - der in dem bisherigen behördlichen Verfahren keinen Zweifel daran offengelassen hat, in Österreich bleiben zu wollen - im nunmehrigen Wissen um die zu erwartenden Zwangsmaßnahmen nicht versuchen wird, sich diesen zu entziehen oder sie zumindest zu erschweren, ist objektiv nicht erkennbar. Dies wird auch dadurch nicht relativiert, dass jetzt die Absicht besteht bei Herren Genc Morina Unterkunft zu nehmen, weil selbst eine polizeiliche Meldung noch keine ausreichende Garantie dafür bieten würde, dass sich der Bf angesichts der drohenden Abschiebung tatsächlich an der Adresse aufhält und jederzeit für die behördlichen Organe greifbar und erreichbar ist. Ein gelinderes Mittels hätte allenfalls dann angewendet werden können, wenn zusätzlich weitere Umstände - wie z.B. ein Arbeitsplatz im Inland - vorliegen würden, die ein Untertauchen des Beschwerdeführers mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließen. Solche Umstände lassen sich dem Akteninhalt aber nicht entnehmen und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht ins Treffen geführt. Insbesondere kann nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats auch nicht aus der vorgelegten "Unterhaltsvereinbarung" ein derartiger Umstand abgeleitet werden, weil diese private, freiwillige und (letztlich) wohl sanktionslose Vereinbarung keine zusätzliches Indiz in die Richtung schafft, dass der Bf tatsächlich greifbar ist. Die Behörde hat sich im Übrigen - entgegen der Behauptung in der Beschwerde - mit der Frage eines gelinderen Mittels in der Begründung des Schubhaftbescheids auf der Basis der ihr zur Verfügung stehenden Fakten hinreichend auseinandergesetzt und diese Frage nach Abwägung entschieden. Entgegen der allgemeinen Behauptungen in der Schubhaftbeschwerde zur Anwendung gelinderer Mittel spricht auch das Gesamtverhalten des Bf für sich und gegen seine Vertrauenswürdigkeit. Auch insoweit teilt der Unabhängige Verwaltungssenat im Ergebnis die Ansicht der belangten Behörde.

4.5. Wenn der Bf in seiner Beschwerde darüber hinaus das Argument der belangten Behörde, der Bf würde der Republik zur Last fallen, wenn er in die Illegalität abtaucht, als "unlogisch" ansieht, so übersieht er, dass der Republik gerade durch die dann notwendige, meist aufwendige, Ausforschung und Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden regelmäßig ein erheblicher Aufwand entsteht. Im Übrigen könnte diese Anmerkung des Bf auch in die Richtung gedeutet werden, dass er sich durchaus schon nähere Gedanken für den Fall eines möglichen Untertauchens gemacht hat, wodurch die Annahme der belangten Behörde, ein gelinderes Mittel käme im vorliegenden Fall nicht in Betracht zusätzlich unterstrichen werden würde.

4.6. Die Beschwerde war daher nach § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen; unter einem war gemäß § 73 Abs. 4 FrG festzustellen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Rechtsträger der belangten Behörde (Bund) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG iVm. § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

x

 

 

Wolfgang Steiner

x

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum