Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400829/5/WEI/Be

Linz, 21.07.2006

 

 

 

VwSen-400829/5/WEI/Be Linz, am 21. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des H G, geb. am, Staatsangehöriger der Türkei, vertreten durch Dr. M F, , wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 20. Juni 2006, Zl. Sich 40-2086-2006, und Anhaltung in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Linz durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Der Antrag auf "sofortige Enthaftung" wird zurückgewiesen.
  2.  

  3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 157/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein türkischer Staatsangehöriger, hat nach eigenen Angaben am 29. Mai 2006 Istanbul ohne Reisedokument verlassen und gelangte im Führerhaus eines LKW versteckt illegal nach Österreich. Über die Reiseroute und die Einreise ins Gebiet der EU hätte er keine Angaben machen können, da er immer nur bei Nacht ausstieg. Die Kosten der schlepperunterstützten Reise hätten 5.000 Euro betragen. Am 1. Juni 2006 um 20.00 Uhr stellte er beim Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West (BAA EASt West) einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (im Folgenden: Asylantrag). Die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau fand am 2. Juni 2006 statt. Zum Fluchtgrund brachte der Bf vor, er wäre in Erzurum von der Terrororganisation PKK zur Hilfeleistung gezwungen worden. Mit seinem Fahrzeug wäre ein Anschlag vorbereitet worden, er wäre aber nicht direkt dabei gewesen. Die Polizei hätte vor Ausführung 4 Personen der PKK gefasst. Durch den im Fahrzeug liegenden Führerschein wäre man auf den Bf gekommen und hätte ihn die Polizei an seiner Arbeitsstelle am nächsten Tag gesucht. Er hätte entkommen können und der Sohne seines Onkels versteckte ihn 20 Tage lang bis er in der Folge mit Hilfe eines Schleppers flüchten hätte können. Weil in Österreich die Menschenrechte besser befolgt werden und auch sein Bruder hier lebt, habe er in Österreich einen Asylantrag gestellt.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 20. Juni 2006, Zl. Sich 40-2086-2006, wurde gegen den Bf auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 iVm § 80 Abs 5 FPG und § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Den Schubhaftbescheid übernahm der Bf am 20. Juni 2006 persönlich. Anschließend wurde der Bf im Auftrag der belangten Behörde in das PAZ der BPD Linz überstellt.

 

1.2.1. Die belangte Behörde ging von folgendem, in der Beschwerde nicht in Frage gestellten S a c h v e r h a l t aus:

 

Der Bf habe bei seiner Erstbefragung angeführt, sein Heimatland am 29. Mai 2006 versteckt im Führerhaus eines LKW, ohne im Besitz eines Reisedokuments und ohne im Besitz eines Einreise- oder Aufenthaltstitels für Österreich oder einen anderen Schengenstaat zu sein, mit Hilfe eines Schleppers gegen 5.000 Euro verlassen zu haben und über einen unbekannte Reiseroute und unbekannte Länder illegal ins Gebiet der Republik Österreich gereist zu sein, wobei er am 1. Juni 2006 den LKW verlassen habe.

 

Im Rahmen des Asylzulassungsverfahrens sei dem Bf eine bundesbetreute Unterkunft in der EASt West zur Verfügung gestellt worden. Das BAA EASt West habe eine Verfahrenskarte mit einer bis zum 20. Juni 2006 befristeten Gebietsbeschränkung für den Bezirk Vöcklabruck ausgestellt.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme im Asylverfahren vom 7. Juni 2006 sei dem Bf mitgeteilt worden, dass sein Asylverfahren zugelassen werde, wenn der von ihm ins Treffen gebrachte Haftbefehl aus der Türkei echt ist. Für den Fall der Unechtheit sei der Bf gemäß § 29 Abs 3 Z 5 AsylG 2005 von der Absicht in Kenntnis gesetzt worden, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG 2005 abzuweisen und festzustellen, dass dem Bf kein subsidiärer Schutz zukomme und die Abschiebung in die Türkei zulässig sei.

 

Der Bf habe im Zuge seiner asylrechtlichen Einvernahme die Rückkehr in den Herkunftsstaat kategorisch abgelehnt.

 

Nachdem der Bf am 13. Juni 2006 der behördlichen Vorladung zur ergänzenden Einvernahme nicht Folge geleistet hatte und festgestellt worden war, dass er sich unabgemeldet und ungerechtfertigt aus der zugewiesenen bundesbetreuten Unterkunft entfernt hatte, musste er vom BAA EASt West gemäß § 26 AsylG 2005 zur Festnahme im Bundesgebiet ausgeschrieben werden.

 

Im Zuge der weiteren Erhebungen des BAA über die österreichische Botschaft in Ankara hätte man erfahren, dass die vom Bf im Asylverfahren vorgelegten Dokumente (betreffend Haftbefehl der Staatsanwaltschaft in Gümüshane) gefälscht worden wären. Gegen den Bf werde Anzeige wegen des Verdachts der Urkundenfälschung von der PI St. Georgen i.A. erstattet werden.

 

Mit Bescheid des BAA EASt West vom 20. Juni 2006, Zl. 06 05.852, sei der Asylantrag des Bf gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen und gemäß § 8 leg.cit festgestellt worden, dass ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt werde. Mit gleichem Bescheid sei der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die Türkei ausgewiesen worden. Der Bescheid sei dem Bf am 20. Juni 2006 rechtswirksam zugestellt worden. Einer allfälligen Berufung sei gemäß § 38 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung aberkennt worden.

 

Die belangte Behörde hielt weiter fest, dass sich der Bf unberechtigt im Bundesgebiet aufhalte. Er könne auch den Besitz eines Nationalreisedokuments nicht nachweisen. Zudem sei der Bf - abgesehen von 62 Euro an Bargeld - völlig mittellos.

 

1.2.2. In ihrer ausführlichen Begründung des Schubhaftbescheides führt die belangte Behörde auf der Grundlage des dargestellten Sachverhalts in der Sache weiter aus, dass auf Grund des bisher gezeigten Verhaltens zu befürchten sei, dass sich der Bf auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde neuerlich entziehen werde. Seine Anhaltung in Schubhaft sei deshalb zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung seiner Abschiebung unbedingt erforderlich.

 

Durch sein bisheriges Gesamtverhalten habe der Bf eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er sowohl im Fremdenrecht als auch im Strafrecht in keiner Weise Interesse an der Einhaltung der Rechtsordnung seines Gastlandes Österreich zeige. Zunächst reiste er illegal ohne Identitätsdokumente ein und in weiterer Folge legte er auch noch ein gefälschtes Beweisdokument vor, entzog sich der Gebietsbeschränkung und leistete der behördlichen Vorladung im Asylverfahren keine Folge.

 

Da ihm unmittelbar vor Verhängung der Schubhaft "ein in erster Instanz durchsetzbarer, jedoch gegenwärtig noch nicht durchführbarer" Bescheid des BAA betreffend Abweisung des Asylantrags und Ausweisung ausgefolgt worden sei, erscheine die Annahme gerechtfertigt, dass der Bf noch vor Abschluss des Asyl- und Ausweisungsverfahrens versuchen werde, sich durch Abtauchen in die Illegalität dem behördlichen Zugriff neuerlich zu entziehen.

 

Der Bf habe bereits in der Vergangenheit durch seinen illegalen Grenzübertritte zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung im Bereich des Fremdenrechts zu respektieren. Seine Reise auf dem Landweg habe zumindest über einen an Österreich grenzenden Mitgliedstaat der Europäischen Union (vermutlich Ungarn oder Slowenien) geführt, ehe er illegal ins Bundesgebiet einreiste. Bereits in diesem Mitgliedsstaat hätte der Bf Schutz vor staatlicher Verfolgung finden können. Die Verschleierung seines Fluchtweges rechtfertige die Annahme, dass der Bf den Mitgliedsstaat, in dem er Schutz vor Verfolgung sucht, selbst bestimmen möchte und dafür auch illegale Grenzübertritte innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bewusst in Kauf nehme.

 

Der Bf habe selbst den erfahrungsgemäß höheren Schlepperlohn für einen zusätzlichen Grenzübertritt auf sich genommen, um nach Österreich zu gelangen und sein Asylbegehren vorzutragen. Es könne angenommen werden, dass sich der Bf daher den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen werde, um den Einsatz der finanziellen Mittel für seine wunschgemäße Schleppung nach Österreich nicht als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen.

 

Der Bf habe - abgesehen von einem in Österreich lebenden Bruder - keine familiären Bezugspunkte zu Österreich. Demzufolge sei er an keine Örtlichkeit gebunden und in seiner Lebensgestaltung ohne familiäre oder soziale Verpflichtung flexibel.

 

Die Verschleierung des Fluchtweges, die Einreise ohne Nationalreisedokument, die hohe Schlepperentlohnung und die fehlende Rückkehrbereitschaft zeigten, dass der Bf nicht gewillt sei, in seinen Herkunftsstaat zurückkehren. Weiters erscheine es nahe liegend, dass sich der Bf den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen versuchen werde. Die Asylbehörde habe ihm keine Hoffnung auf Legalisierung seines illegalen Aufenthalts machen können und die drohende Ausweisung bereits mit erstinstanzlichem Bescheid dokumentiert. Die Fremdenbehörde habe daher mit Recht von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand genommen und einen konkreten Sicherungsbedarf bejaht. Der Verwaltungsgerichtshof habe in ständiger Judikatur festgestellt, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes von eminentem Interesse sei.

 

1.3. Mit dem aktenkundigen Bescheid des BAA EASt West vom 20. Juni 2006, Zl. 06.05.852 EASt West, wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz vom 1. Juni 2006 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde dem Bf auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Im Spruchpunkt III wird der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und im Spruchpunkt IV wird einer Berufung die aufschiebende Wirkung gemäß § 38 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 aberkannt.

 

Im Asylbescheid wird der gesamte Verfahrensgang, insbesondere die Einvernahmen des Bf, im Einzelnen wiedergegeben. Daraus ergibt sich auch, dass der Bf nach seiner asylbehördlichen Ersteinvernahme am 7. Juni 2006 die Erstaufnahmestelle am 13. Juni 2006 unerlaubt verlassen hatte. Bei dieser Einvernahme wurde schon über einen angeblichen türkischen Haftbefehl gegen den Bf gesprochen und ein Telefonat mit der Türkei geführt, damit dieser Haftbefehl an das BAA gefaxt werden könne. Am Telefon meldete sich die Ex-Gattin, der der Bf die Faxnummer des BAA bekannt gab. Außerdem sagte ihr der Bf auch, sie möge nicht zu viel sprechen, weil eine Dolmetscherin zuhöre.

 

Die in der Folge per Fax vorgelegten Dokumente hat das BAA EASt West zur Überprüfung auf ihre Echtheit im Wege der österreichischen Botschaft in Ankara weitergeleitet. Am 19. Juni 2006 teilte die Botschaft durch das Büro des polizeilichen Verbindungsbeamten Wolfgang POICK mit, dass die vorgelegten Dokumente gefälscht seine, da es den in einem der drei Schreiben angeführten Staatsanwalt nicht gibt und die fortlaufende Zahl bei der Staatsanwaltschaft Gümüshane im Jahr 2006 erst bei 900 und nicht wie im gefälschten Dokument bei 1223 sei

 

Diese Beweisergebnisse wurden dem Bf bei der Einvernahme am 20. Juni 2006 vorgehalten. Dem Protokoll ist zu entnehmen, dass der Bf auf den Vorhalt der Fälschung wie folgt reagierte: "Wie können Sie mir das beweisen ob diese gefälscht sind." Über Vorhalt, dass es keinen Staatsanwalt mit Namen T A in Gümüshane gebe, lächelte der Bf nur. Auf den weiteren Vorhalt, dass die laufende Zahl der Staatsanwaltschaft derzeit bei 900 und nicht 1223 liege, erklärte der Bf : "Das müssen sie mir beweisen."

 

Das BAA teilte dem Bf gemäß § 29 Abs 3 Z 5 AsylG 2005 (Verfahrensanordnung) mit, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag abzuweisen. Diese Mitteilung gelte auch als eingeleitetes Ausweisungsverfahren in die Türkei. Außerdem werde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Türkei nicht zuerkannt und einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Während der zuvor stattgefundenen Befragung hatte der Bf hatte die Dokumente, die ihm von seiner Familie am 19. Juni 2006 zugeschickt worden wären, angeblich im Original vorgelegt. Dazu stellte sich dann später heraus, dass es sich bei dem angeblichen Haftbefehl und Suchbefehl um Farbkopien und nicht um Originale handelte. Noch während der Einvernahme wurde der Bf vom BAA davon in Kenntnis gesetzt, dass die Dokumente beschlagnahmt, zur Untersuchung nach Linz geschickt und eine Anzeige erstattet werde.

 

1.4. Gegen den am 20. Juni 2006 erlassenen Bescheid des BAA EASt West wurde bereits am 21. Juni 2006 Berufung erhoben (fremdenpolizeiliche Information des BAA vom 20. und 21.06.2006) und die Berufung dem unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 3. Juli 2006 an das Generalkonsulat der Türkei ersuchte die belangte Behörde unter Vorlage der notwendigen Unterlagen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf. Vom Generalkonsulat wurde in der Folge am 5. Juli 2006 telefonisch mitgeteilt, dass eine persönliche Vorsprache des Bf vor der türkischen Vertretungsbehörde erforderlich sei. Daraufhin wurde kurzfristig eine Vorführung zum Generalkonsulat in Salzburg für 6. Juli 2006 um 15.00 Uhr veranlasst.

 

Nach fernmündlicher Information der belangten Behörde durch das türkische Generalkonsulat habe sich der Bf völlig unwillig gezeigt, im Verfahren zur Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Er habe zudem jede Unterschriftsleistung verweigert. Das Verfahren zur Identitätsfeststellung werde nun schwieriger und zeitlich länger dauern (Aktenvermerk vom 06.07.2006). Am 10. Juli kam dann doch die Mitteilung vom Generalkonsulat, dass ein Heimreisezertifikat für den Bf zum bekannt zu gebenden Abschiebetermin ausgestellt werde.

 

In der Folge versuchte die belangte Behörde eine Abschiebung im Luftwege für 18. Juli 2006 vorzubereiten. Mit Mitteilung gemäß § 36 Abs 5 AsylG 2005 vom 10. Juli 2006 brachte der UBAS der belangten Behörde zur Kenntnis, dass mit Bescheid vom 10. Juli 2006 der Berufung des Bf gegen den Bescheid des BAA vom 20. Juni 2006, Zl. 06 05.852 EASt West, gemäß § 38 Abs 2 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde.

 

Über den Verein Menschenrechte Österreich in der Funktion der Schubhaftbetreuung hat sich der Bf zur freiwilligen Rückkehr angemeldet und eine entsprechende Erklärung am 10. Juli 2006 unterschrieben. Ein entsprechender Antrag sei an das Bundesministerium für Inneres weitergeleitet worden (Schreiben vom 11.07.2006 betreffend freiwillige Rückkehr des Bf). Mit weiterem Schreiben des genannten Vereines vom 14. Juli 2006 wurde der belangten Behörde berichtet, dass das verfahren der freiwilligen Rückkehr abgebrochen worden sei, weil dieser am Vortag seine Meinung geändert hätte.

 

1.5. Mit Eingabe an die belangte Behörde vom 30. Juni 2006, eingelangt bei der belangten Behörde in Vöcklabruck am 6. Juli 2006 und in der Fremdenpolizei-Außenstelle in St. Georgen/Attergau am 11. Juli 2006, beantragte der Bf durch seinen Rechtsvertreter die Aufhebung der Schubhaft und legte eine notariell beglaubigte Verpflichtungserklärung des C M, geb., Pflasterer, wohnhaft, vor, für den Lebensunterhalt des Bf aufzukommen. Dabei verpflichtete er sich auch für Kosten der öffentlichen Rechtsträger aufzukommen. Er erklärte, dass sein Einkommensverhältnisse ausreichten und auch nicht durch Unterhaltsverpflichtungen eingeschränkt wären.

 

In der Eingabe wird auf die zuletzt erfolgte Meldung des Bf in, hingewiesen. Ausschlaggebend für diese Wohnsitznahme sei, der Umstand, dass sein Bruder O G ebenfalls in Freistadt (Adresse) lebe. Der Bf habe schon bisher behördlichen Vorladungen Folge geleistet und er wäre auch in Zukunft jederzeit greifbar. Überdies wird auf die Verpflichtungserklärung des Herrn M C für seinen Neffen H G verwiesen. Der Onkel des Bf bringe monatlich etwa 1.486, 85 Euro ins Verdienen. Es bestehen Sorgepflichten gegenüber vier mj. Kindern und einer Ehegattin. Zwei weitere Kinder seien bereits erwerbstätig und würden ebenfalls zum Familieneinkommen beitragen. Die Einkommensverhältnisse würden demgemäß ausreichen. Dazu wird auch ein Lohnzettel der Fa Pr Bau und Installations GmbH über den Betrag von 1.486,85 Euro für Mai 2006 vorgelegt.

 

Mit E-Mail vom 11. Juli 2006 ließ die belangte Behörde den Rechtsvertreter wissen, dass von einer vorzeitigen Entlassung aus der Schubhaft Abstand genommen werde.

 

Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 übermittelte das türkische Generalkonsulat ein bis 18. August 2006 gültiges Heimreisezertifikat.

 

1.6.Mit dem per Telefax eingebrachten Schriftsatz vom 14. Juli 2006 erhob der Bf vertreten durch seinen Rechtsvertreter "Beschwerde gemäß § 82 FPG 2005" wegen Anhaltung in Schubhaft und stellte folgende Anträge:

 

  1. Die Behörde möge feststellen, dass die mit Bescheid der BH Vöcklabruck-Fremdenpolizei-Außenstelle St. Georgen i.A. vom 20.06.06, GZ: Sich40-2086-2006, angeordnete Schubhaft gegen Herrn H G, geboren, rechtswidrig erfolgte und möge die sofortige Enthaftung verfügt werden;
  2.  

    in eventu

     

  3. möge festgestellt werden, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft gegen Herrn H G, geboren, rechtswidrig ist und die sofortige Enthaftung, allenfalls unter Anwendung gelinderer Mittel, angeordnet werden;
  4.  

    in eventu

     

  5. möge der angeführte Bescheid der BH Vöcklabruck behoben und der Erstbehörde die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidungsfindung aufgetragen werden.
  6.  

  7. Der Behörde möge weiters der Ersatz der Kosten zu Handen des ausgewiesenen Rechtsvertreters auferlegt werden.

 

2.1. In der Begründung der Beschwerde wird auf den Bescheid des UBAS vom 10. Juli 2006 hingewiesen, mit dem der Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Weiters wird auf den bei der belangten Behörde eingebrachten Antrag auf Aufhebung der Schubhaft Bezug genommen und wie dort ausgeführt. Am 11. Juli 2006 habe das BAA die Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 ausgestellt.

 

Ferner wird gerügt, die belangte Behörde habe keine eingehende Sachverhaltsermittlung durchgeführt und es sei keine hinreichende Interessenabwägung erfolgt. Ein wesentlicher Verfahrensmangel liege auch in der Verletzung des Parteiengehörs. Dem Bf wäre vor Erlassung des Schubhaftbescheides nicht ausreichend eröffnet worden, aus welchen Gründen diese fremdenpolizeiliche Maßnahme erfolgte. Darin sieht die Beschwerde einen Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens.

 

Die Fremdenbehörde werde die Entscheidung des UBAS abzuwarten haben. Die Verhängung der Schubhaft unter Bezugnahme auf ein noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Ausweisungsverfahren sei mit Rechtswidrigkeit behaftet. Auch einen Verstoß gegen Art 33 Genfer Flüchtlingskonvention ortet der Bf. Insgesamt liege ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit nach Art 1 BVG PersFrG und Art 5 EMRK vor.

Jedenfalls hätte die belangte Behörde unter Anwendung gelinderer Mittel von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen müssen. Der Bf habe sich ordnungsgemäß gemeldet und werde von seinen Verwandten umfassen unterstützt. Die Annahme, der Bf würde sich dem Verfahren entziehen, sei unrichtig. Eine derartige Gefährdungslage sei ohne konkrete und nachvollziehbare Annahmen zugrunde gelegt worden.

 

2.2. Mit Schreiben vom 17. Juli 2006 hat die belangte Behörde Teile des Fremdepolizeiaktes per Telefax übermittelt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie der Beschwerde entgegen tritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt. Der gesamte Akt langte am 19. Juli 2006 ein. Die belangte Behörde hält den Bf nach seinem Gesamtverhalten für völlig unglaubwürdig und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Schubhaftbeschwerde.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr.157/2005 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

 

  1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Der Bf wurde in Oberösterreich festgenommen und wird derzeit im PAZ Linz für die belangte Behörde in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber unbegründet. Die Antrag auf "sofortige" Enthaftung war unzulässig und zurückzuweisen, weil die Schubhaft gemäß § 81 Abs 1 Z 2 FPG durch Freilassung von der Fremdenbehörde formlos aufzuheben ist, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Der Schubhaftbescheid gilt dann gemäß § 81 Abs 2 FPG als widerrufen.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. Gemäß § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005) ist ein Antrag auf internationalen Schutz das -auf welche Weise immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (vgl Z 15) und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten (vgl Z 16).

 

Asylwerber ist nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Gemäß § 17 Abs 1 AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wenn ein Fremder in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einer Sicherheitsbehörde oder bei einer Erstaufnahmestelle (§ 59) um Schutz vor Verfolgung ersucht. Nach § 17 Abs 2 leg.cit. ist der Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, wenn er vom Fremden persönlich - auch im Rahmen einer Vorführung (§ 43 Abs 2) - bei der Erstaufnahmestelle (§ 59) gestellt wird. Unterbleibt die Vorführung nach § 45 Abs 1 und 2 AsylG 2005 gilt der Antrag auf internationalen Schutz nach Durchführung der Befragung und gegebenenfalls der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung als eingebracht (§ 17 Abs 6 leg.cit.).

 

Gemäß § 13 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Wird Asylwerbern gemäß § 62 FPG ihr Aufenthaltsrecht entzogen, kommt ihnen faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

 

Gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 AsylG 2005 erfolgt die Zulassung durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51).

 

Nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet, dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

4.4. Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Auch vor Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG hat die Fremdenbehörde auf § 77 Abs 5 FPG Bedacht zu nehmen ist und darf die Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf anordnen.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Bf bereits zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber war. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.

 

Nach dem gegebenen Sachverhalt leitete das BAA EASt West bereits vor der Anordnung der Schubhaft gegen den Bf ein Ausweisungsverfahren nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein. Außerdem erging am 20. Juni 2006 ein negativer Asylbescheid erster Instanz verbunden mit einer grundsätzlich durchsetzbaren Ausweisung in die Türkei Die belangte Behörde konnte sich bei der Anordnung der Schubhaft auf den Schubhaftgrund des § 76 Abs 2 Z 1 und Z 2 FPG stützten. Im § 80 Abs 5 FPG wird die Aufrechterhaltung der Schubhaft in den Fällen des § 76 Abs 2 FPG geregelt.

 

Gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 AsylG 2005 gilt der im Zulassungsverfahren abgewiesene Asylantrag als zugelassen, wenn oder sobald der Berufung gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt. Das BAA EASt West hat den Asylantrag des Bf bereits im Zulassungsverfahren nach inhaltlicher Prüfung abgewiesen, weil das offenbar unbegründete Vorbringen des Bf keine asylrelevante Situation enthält. Gemäß § 28 Abs 3 AsylG 2005 ersetzt eine Abweisung des Asylantrages im Zulassungsverfahren die Zulassungsentscheidung. Ab dem Zeitpunkt der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kam dem Bf das vorläufige Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG 2005 zu. Dies bedeutet aber noch nicht, dass Schubhaft schlechthin unzulässig wäre.

 

Die Beschwerde beruft sich auf die nunmehr nach dem § 51 AsylG 2005 ausgestellte Aufenthaltsberechtigungskarte. Entgegen der impliziten Beschwerdeansicht führt das im Asylverfahren bestehende Aufenthaltsrecht des Bf gemäß § 13 AsylG 2005 noch nicht eo ipso zur Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft. Weder dem FPG noch dem AsylG 2005 ist zu entnehmen, dass die Schubhaftbestimmungen auf Asylwerber, die über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG 2005 verfügen, grundsätzlich nicht anwendbar sein sollen. Liegt ein konkreter Sicherungsbedarf vor, darf der Asylwerber dennoch in Schubhaft behalten werden.

 

§ 80 Abs 5 FPG bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde. Nur wenn der UBAS keine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt, ergibt sich e contrario aus § 80 Abs 5 letzter Satz FPG, dass die Schubhaft nicht mehr aufrecht erhalten werden darf.

 

Wie unbestritten feststeht, hat die belangte Behörde die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG angeordnet und entsprechend dieser Bestimmung verhängt. Es liegt derzeit noch keine Berufungsentscheidung über den Asylantrag vor. Sollte diese für den Bf negativ ausfallen, dürfte die belangte Behörde die Schubhaft sogar noch weitere vier Wochen aufrecht erhalten. Die weitere Anhaltung des Bf kann demnach auf den § 80 Abs 5 FPG gestützt werden, wenn ein Sicherungsbedarf zu bejahen ist.

 

4.5. Im Schubhaftbescheid hat die belangte Behörde die Gründe für die Schubhaft ausführlich dargestellt. Der oben unter Punkt 1.2.1. geschilderte Sachverhalt wurde vom Bf nicht substanziell bestritten und ist auch durch die Aktenlage dokumentiert.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich kein Grund, der die belangte Behörde zu der Annahme veranlassen hätte müssen, dass der Zweck der Schubhaft auch durch die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG hätte erreicht werden können. Der Bf hatte eine freiwillige Rückkehr in die Türkei eindeutig abgelehnt. Seine schlepperunterstützte illegale Reise auf dem Landweg nach Österreich wurde offenbar in der Absicht geplant, nur in Österreich um Asyl anzusuchen und hier zu bleiben. Ein Reisedokument hat der Bf nicht mitgeführt. Der Bf ist nach eigenen Angaben mittellos und hat auch keine intensiven Beziehungen zu Österreich. Durch die vom Bf höchstwahrscheinlich bewusst verweigerten Angaben zur Reiseroute ließ sich die Zuständigkeit eines anderen Staates zur Führung des Asylverfahrens nicht begründen. Unglaubhafterweise konnte er nicht einmal sagen, über welchen Mitgliedsstaat der EU er nach Österreich gelangte. Der Bf konnte damit - vorhersehbar - eine Zurückweisung wegen Unzuständigkeit Österreichs verbunden mit der Ausweisung in einen "Dublinstaat" verhindern.

 

Aus dem Vorbringen des Bf und den Beweisergebnissen im Asylverfahren sind genügend Anhaltspunkte dafür abzuleiten, dass auch weiterhin ein konkreter Sicherungsbedarf besteht.

 

Die Einvernahme des Bf im asylrechtlichen Zulassungsverfahren hat ergeben, dass der Bf voraussichtlich keine asylrelevanten Gründe hatte, die Türkei zu verlassen. Er hat sich auf offenbar gefälschte Beweisurkunden (Haft- und Suchbefehl) berufen, um seine angebliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft in Gümüshane im Zusammenhang mit einer PKK-Aktion, in die er gegen seinen Willen hineingezogen worden wäre, glaubhaft zu machen. Tatsächlich gibt es nach den Erhebungen der österreichischen Botschaft in Ankara weder den angeführten Staatsanwalt, noch die angegebene Aktenzahl. Es muss sich demnach um Fälschungen handeln. Die im Asylverfahren nachträglich vorgelegten "Originale" waren außerdem bloße Farbkopien. Nach Aussage des Bf wäre die türkische Polizei auf ihn gekommen, weil sein Führerschein im Auto lag, das er den PKK-Leuten überlassen hätte müssen. So etwas wäre wohl sträflicher Leichtsinn. Warum hinterließ er nicht auch noch eine Visitenkarte. Der Oö. Verwaltungssenat hält diese Einlassung des Bf, der angeblich als Baumeister in seiner Heimat tätig war und daher wohl nicht so dumm sein kann, für nicht glaubhaft. In keiner Weise nachvollziehbar erscheint auch, wieso er bei den türkischen Polizeibehörden keinen Schutz vor den ihn bedrohenden PKK-Leuten suchen hätte können.

 

Durch sein niederschriftlich dokumentiertes Verhalten bei der weiteren Befragung im Asylverfahren am 20. Juni 2006 hat sich der Bf im Übrigen völlig unglaubwürdig gemacht. Auf die fundierten Vorhalte der Asylbehörde zu den Fälschungen meinte er bezeichnender Weise, dass ihm das bewiesen werden müsste. So reagiert nach Ansicht des erkennenden Mitglieds erfahrungsgemäß, wer seine Chance etwas vorzutäuschen bis zuletzt sucht und - wenn überhaupt - erst dann wahrheitsgemäß antwortet, wenn er keinen Ausweg mehr sieht. Es besteht auf Grund der Einlassung des Bf im Asylverfahren der wohlbegründete Verdacht, dass der Bf im Wege der Asylantragstellung nur ein Aufenthaltsrecht in Österreich erschleichen wollte.

 

4.6. Entgegen der pauschalen Behauptung der Beschwerde hat der Bf behördlichen Vorladungen nicht immer Folge geleistet. Vielmehr hat er sich im Asylverfahren iSd § 24 Abs 4 AsylG 2005 ungerechtfertigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt und einen Einvernahmetermin (Vorladung für 13.06.2006) nicht wahrgenommen. Auch die Meldung in Freistadt erfolgt nach eigenmächtiger Entfernung aus der Erstaufnahmestelle und dem Verlassen des Bezirks Vöcklabruck. Sie sagt nichts über die Zuverlässigkeit des Bf aus.

 

Die Verpflichtungserklärung des M C kann schon im Hinblick auf dessen umfangreiche Sorgepflichten für eine Ehefrau und vier mj. Kinder nicht ernst genommen werden, zumal das Monatseinkommen von 1.486,85 Euro viel zu gering erscheint, um eine weitere volljährige Person, noch dazu mit eigenen Wohnungskosten, angemessen zu versorgen. Auch die Haftungserklärung zugunsten der öffentlichen Hand erscheint unter diesen Umständen mangels ausreichender Bonität wertlos. Abgesehen davon wird durch eine solche Verpflichtungserklärung auch nicht gewährleistet, dass sich der vertrauensunwürdige Bf der Fremdenbehörde zur Verfügung hält.

 

Im Verfahren der belangten Behörde hat sich der Bf als unkooperativ und im Verfahren zur Identitätsfeststellung durch das türkische Generalkonsulat unwillig erwiesen. Er hat auch jede Unterschriftsleistung verweigert. Schließlich hat er auch im Rahmen der Rückkehrberatung durch den Verein Menschenrechte Österreich ein sehr wankelmütiges Verhalten gezeigt. Zunächst wollte er ehest möglich in die Türkei zurückkehren und am 13. Juli 2006 widerrief er seinen Rückkehrwillen (vgl näher Bericht des Vereins Menschenrechte Österreich vom 14.07.2006).

 

Die belangte Behörde hat den vorliegenden Sachverhalt daher durchaus zutreffend beurteilt und mit Recht angenommen, dass der Bf, den fremdenpolizeiliche Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen überhaupt nicht kümmern, in keiner Weise gewillt ist, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. Es erscheint im Hinblick auf die im Asylverfahren nach wie vor drohende Ausweisung nahe liegend, dass sich der Bf fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen suchen werde, um auch den erheblichen Einsatz finanzieller Mittel (angeblich 5.000 Euro) für seine "Flucht" nicht als nutzlose Aufwendung abschreiben zu müssen.

 

Das oben erörterte Gesamtverhalten des Bf lässt die in der Beschwerde vorgegebene Bereitschaft, Auflagen zu akzeptieren und sich letztlich für fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Verfügung zu halten, als nicht glaubhafte Zweckbehauptung erscheinen. Der konkrete Sicherungsbedarf ist auch nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen, weil damit der Schubhaftzweck nicht erreicht werden könnte.

 

Im Ergebnis war daher die vorliegende Schubhaftbeschwerde mit der Feststellung iSd § 83 Abs 4 FPG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG).

 

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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