Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400835/6/WEI/BP/Ps

Linz, 04.08.2006

 

 

 

VwSen-400835/6/WEI/BP/Ps Linz, am 4. August 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des M M, geb., Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, vertreten durch Dr. B W, Rechtsanwalt in, wegen Anhaltung in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) der Bundespolizeidirektion Wels durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
  2.  

  3. Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf), ein Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro und Angehöriger der Volksgruppe der Goraner, hat nach eigenen Angaben am 5. Juni 2006 die Stadt Prizren in der Provinz Kosovo ohne gültige Reisedokumente verlassen und gelangte auf der Ladefläche eines LKW versteckt am 10. Juni 2006 illegal nach Österreich. Über die Reiseroute, die Einreise ins Gebiet der EU und der Republik Österreich behauptete der Bf, keine Angaben machen zu können, da er die abgedeckte Ladefläche des LKW kein einziges Mal verlassen und der LKW im Übrigen nur dreimal für je ca. 1,5 Stunden angehalten hätte. Die Kosten der schlepperunterstützten Reise gab er mit 400 Euro an.

 

Am 10. Juni 2006 stellte der Bf beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost (BAA EASt Ost), einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (im Folgenden: Asylantrag). Die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST-Ost fand am 10. Juni 2006 statt. Zum Fluchtgrund brachte der Bf vor, dass er - ohne konkret bedroht worden zu sein - sich geängstigt und deshalb kaum das Haus verlassen hätte.

 

Der Bf wurde am 13. Juni 2006 vom BAA EASt Ost an das BAA EASt West nach St. Georgen i.A. überstellt.

 

Mit Schreiben des BAA EASt West vom 16. Juni 2006, Zl. 06 05.114, das dem Bf am 20. Juni 2006 persönlich ausgehändigt wurde, wurde dem Bf gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen, weil mit Slowenien und Ungarn seit 16. Juni 2006 Dublin-Konsultationen geführt werden. Daa BAA wies für die Fremdenpolizei darauf hin, dass diese Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 Z 4 oder 5 AsylG 2005 als eingeleitetes Ausweisungsverfahren gelte.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 20. Juni 2006, Zl. Sich 40-2154-2006, wurde gegen den Bf auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 80 Abs 5 FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet. Den Schubhaftbescheid übernahm der Bf am 20. Juni 2006 persönlich. Anschließend wurde der Bf im Auftrag der belangten Behörde in das PAZ der BPD Wels überstellt.

 

1.2.1. Die belangte Behörde ging von folgendem, in der Beschwerde nicht in Frage gestellten S a c h v e r h a l t aus:

 

Der Bf ist Staatsbürger von Serbien und Montenegro, stammt aus der Provinz Kosovo und ist laut eigenen Angaben am 10. Juni 2006 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist.

 

Am gleichen Tag brachte der Bf beim Bundesasylamt Erstaufnahmestelle Ost einen Asylantrag unter den Personalien "M M, geb., StA v. Serbien und Montenegro" ein.

 

Im Zuge seiner niederschriftlichen Erstbefragung gab der Bf zu Protokoll mit Hilfe eines Schleppers, versteckt in einem LKW und gegen Bezahlung eines Schlepperlohnes von 400 Euro, illegal nach Österreich eingereist zu sein. Er verfüge über einen UNMIK-Personalausweis, jedoch über kein Reisedokument. Als Fluchtgrund gab er lediglich an, sich im Kosovo geängstigt zu haben.

 

Der Bf hat eine Frau und zwei mj. Kinder im Kosovo zurückgelassen und einen Bruder, der in Österreich lebt.

 

Mit Schreiben des BAA EASt West vom 16. Juni 2006, Zl. 06 05.114, - nachweislich zugestellt am 20. Juni 2006 - wurde dem Bf gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag vom 10. Juni 2006 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen. Gleichzeitig wurde dem Bf mitgeteilt, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit Ungarn und Slowenien seit dem 16. Juni 2006 geführt worden wären. Der belangten Behörde wurde gleichzeitig gemäß § 27 Abs 7 AsylG 2005 vom BAA EASt West zur Kenntnis gebracht, dass gegen den Bf ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 eingeleitet wurde.

 

1.2.2. In ihrer Begründung des Schubhaftbescheides führt die belangte Behörde auf der Grundlage des dargestellten Sachverhalts in der Sache aus, dass auf Grund des bisher gezeigten Verhaltens des Bf im Schengengebiet und vor allem nach Mitteilung über die geführten Konsultationen mit Ungarn und Slowenien zu befürchten sei, dass er sich dem Zugriff der Behörde entziehen werde. besteht, Der Bf sei offensichtlich nicht gewillt, die Bestimmungen des Fremdenrechts und Grenzkontrollgesetzes seines Gastlandes zu respektieren. Weiters wird angeführt, dass er mehrere illegale Grenzübertritte in Kauf nahm, um zielgerecht nach Österreich zu gelangen und sich über die Asylantragstellung den Aufenthalt zu sichern. Trotz der wirtschaftlich angespannten Situation in seinem Heimatland habe der im Übrigen völlig mittellose Bf den Schlepperlohn von 400 Euro aufgebracht, um nach Österreich zu gelangen. Nach Ansicht der belangten Behörde könne daher angenommen werden, dass er sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen versuchen werde, um den Einsatz der finanziellen Mittel für seine wunschgemäße Verbringung nach Österreich nicht als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen. Trotz der angeblich unsicheren und Angst einflößenden Situation in seinem Heimatland habe der Bf seine Frau und 2 mj. Kinder zurückgelassen, was die Ansicht der Fremdenbehörde bestätige und auf ein vor allem wirtschaftliches Interesse in Österreich hindeute.

 

Diese Tatsachen würden rechtfertigen, einen konkreten Sicherungsbedarf zu bejahen und die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

1.3. Bei seiner Einvernahme durch das BAA EASt West am 18. Juli 2006 gab der Bf an, dass er in seiner Heimat seit drei Jahren nicht gearbeitet hätte und die wirtschaftlichen Verhältnisse dort inakzeptabel wären, weshalb er von dem gelegentlich verdientem Geld nicht leben hätte können. Das Schlepperentgelt in Höhe von 400 Euro hätte er sich ausgeborgt. Er konnte wiederum keine konkrete und aktuelle Bedrohungssituation darlegen und gab an, seine Frau sowie seine beiden mj. Kinder im Kosovo zurückgelassen zu haben. Als Goraner fühlte er sich generell von Albanern bedroht. Weiters meinte er auch in Österreich noch Angst zu fühlen.

 

Das BAA EASt West hielt dem Bf vor, dass die Goraner nach verschiedenen Berichten, auch des UNHCR aus Juni 2006, nicht einer Gruppe angehören, denen besonderer Schutz zukommen müsste. Der Bf konnte dazu nichts sagen. Daraufhin wurde ihm mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs 3 Z 5 AsylG 2005 mitgeteilt, dass seinem Vorbringen keine glaubhafte asylrelevante Verfolgung zu entnehmen und beabsichtigt sei, seinen Asylantrag gemäß § 3 AsylG 2005 abzuweisen.

Auf Antrag seines Rechtsvertreters wurde dann noch sein Bruder einvernommen, der zwei Wochen auf Urlaub in seinem Heimatdorf gewesen sei. Dieser berichtete von einem unaufgeklärten Viehdiebstahl im Heimatort Rapce. Dieser wäre der KFOR, die nur einmal in Woche komme, angezeigt worden. Niemand wüsste, wer die Kühe gestohlen hatte. Im Dorf sei es daher nicht sicher.

 

1.4. Mit Bescheid des BAA EASt West vom 26. Juli 2006, Zl. 06.06.114, wurde der Antrag des Bf auf internationalen Schutz vom 10. Juni 2006 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 wurde dem Bf auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Im Spruchpunkt III wird der Bf gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Serbien in die Provinz Kosovo ausgewiesen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde nicht aberkannt.

 

Gegen den am 26. Juli 2006 erlassenen Bescheid des BAA EASt West wurde am 28. Juli 2006 Berufung erhoben und die Berufung in der Folge dem unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) vorgelegt.

 

1.5. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2006 erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde an den Oö. Verwaltungssenat und stellte die Anträge, der Oö. Verwaltungssenat möge der Beschwerde stattgeben und die derzeitige Anhaltung des Bf für rechtswidrig erklären sowie dem Bund (Verfahrenspartei: BH Vöcklabruck) die Aufwendungen in Höhe von insgesamt 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution auferlegen.

 

Begründend führt der Bf an, dass die Anwendung gelinderer Mittel geboten gewesen wäre, weil sein Bruder und sein Neffe in Österreich leben und er von diesen unterstützt werde. Sie seien allerdings nicht bereit, eine uferlose Haftungserklärung abzugeben und sozusagen die Aufwendungen der Behörden auf sich überwälzen zu lassen. Ihre Haftung könne nicht weitergehen, als die eines ordentlichen Gastgebers. Der Bf, der der deutschen Sprache nicht mächtig sei, habe gar keine andere Möglichkeit, als bei seinen Verwandten zu leben. Er werde sich auch die Verpflichtung gefallen lassen, sich in regelmäßigen Abständen bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden.

 

Der Bf habe nicht behauptet, jedenfalls in Österreich bleiben zu wollen und zur Ausreise nicht bereit zu sein. Er wolle nur eine gewissenhafte Prüfung seines Asylantrags. Im Falle seiner Verwandten und bei Dorfgenossen wäre eine Gefährdungslage in der Vergangenheit bejaht worden. Der Bf könne bei ähnlich gelagerten Problemen wohl ebenfalls mit Schutz rechnen. Der geringe Schlepperlohn von 400 Euro verleite sicher nicht dazu, durch illegale Beschäftigung diese Kosten wieder hereinzubringen.

 

1.6. Am 31. Juli 2006 wurde der Bf mit formloser Anordnung der Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck aus der Schubhaft entlassen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 28. Juli 2006 hat die belangte Behörde ihren Fremdenpolizeiakt per Telefax übermittelt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie der Beschwerde entgegen tritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

2.2. Die belangte Behörde verweist auf den im Schubhaftbescheid dargestellten Sachverhalt und führt weiter aus, dass die Ermessensentscheidung bezüglich der Zulässigkeit gelinderer Mittel von der belangten Behörde neuerlich geprüft worden wäre, wenn eine tragfähige Haftungserklärung vorgelegt worden wäre. Die Bezugspersonen des Bf hätten grundsätzlich zwar eine Freilassung aus der Schubhaft erwirken wollen, jedoch wären sie nicht bereit gewesen, Obsorgepflichten zu übernehmen. Auch bei Vorliegen einer solchen Haftungserklärung wäre nicht automatisch die Fluchtgefahr auszuschließen gewesen.

 

Das Argument, dass der Bf aufgrund seiner mangelnden Deutschkenntnisse an seine Bezugspersonen gebunden sei, wird von der belangten Behörde unter Hinweis auf zahlreiche vergleichbare Fälle als nicht zutreffend abgelehnt.

 

Es wird weiterhin angemerkt, dass das Argument, nur einen relativ geringen Schlepperlohn bezahlt zu haben, nicht dahingehend gedeutet werden könne, dass der Bf nicht bereit sei, einer illegalen Beschäftigung in Österreich nachzugehen. Letztendlich wird auch auf den Stand des Asylverfahrens, in dem den Ausführungen des Bf bislang nicht gefolgt wurde, hingewiesen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinlänglich geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Nach § 82 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

 

  1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Der Bf wurde am 20. Juni 2006 in Oberösterreich festgenommen und wurde bis 31. Juli 2006 im PAZ Wels für die belangte Behörde in Schubhaft angehalten. Seine Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft ist zulässig, aber unbegründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3. Gemäß § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005) ist ein Antrag auf internationalen Schutz das - auf welche Weise immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (vgl Z 15) und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten (vgl Z 16).

 

Asylwerber ist nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet, dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin-Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

Gemäß § 28 Abs 3 leg.cit. ersetzt eine Stattgebung oder Abweisung des Antrags im Zulassungsverfahren die Zulassungsentscheidung. Wird der Antrag im Zulassungsverfahren abgewiesen, gilt dieser Antrag als zugelassen, wenn oder sobald der Berufung gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt.

 

Gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 AsylG 2005 erfolgt die Zulassung durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51).

 

4.4. Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Bf bereits zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber war. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist. Die belangte Behörde konnte sich zunächst auf § 76 Abs 2 Z 2 leg.cit. stützen, da nach Mitteilung gemäß § 29 Abs 3 AsylG 2005 des BAA EASt West Dublin-Konsultationen mit Ungarn und Slowenien seit dem 16. Juni 2006 geführt wurden und dementsprechend auch ein mit der beabsichtigten Zurückweisung des Asylantrags verbundenes Ausweisungsverfahren eingeleitet worden ist.

 

Das BAA EASt West hat im negativen Asylbescheid vom 26. Juli 2006 der Berufung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt. Mit Einbringung der Berufung am 28. Juli 2006 trat daher der Suspensiveffekt ein und galt der Asylantrag gemäß § 28 Abs 3 AsylG 2005 als zugelassen. Damit kam dem Bf zwar das vorläufige Aufenthaltsrecht gemäß § 13 AsylG 2005 zu. Dies bedeutete aber noch nicht eo ipso, dass die Schubhaft unzulässig geworden wäre. Weder dem FPG noch dem AsylG 2005 ist zu entnehmen, dass die Schubhaftbestimmungen auf Asylwerber, die über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht verfügen, grundsätzlich nicht anwendbar sein sollen. Liegt ein konkreter Sicherungsbedarf vor, darf der Asylwerber nach Ansicht es Oö. Verwaltungssenats dennoch in Schubhaft behalten werden (vgl etwa VwSen-400823/6/SR/Ri vom 7.7.2006 und Vwsen-400824/5/WEI/Ps vom 11.7.2006).

 

§ 80 Abs 5 FPG bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde. Nur wenn der UBAS keine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt, ergibt sich e contrario aus § 80 Abs 5 letzter Satz FPG, dass die Schubhaft nicht mehr aufrecht erhalten werden darf.

 

Die belangte Behörde konnte sich daher bis zur Entlassung des Bf aus der Schubhaft am 31. Juli 2006 grundsätzlich auf § 80 Abs 5 FPG stützen, da gegen den Bf Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt worden war und noch keine rechtskräftige Entscheidung im Asylverfahren vorlag. Die Schubhaft muss allerdings zur Sicherung eines asylrechtlichen Verfahrens erforderlich sein.

 

4.5. Das Argument der belangten Behörde, dass der Bf durch seine schlepperunterstützte Reise und den anschließenden Aufenthalt in Österreich mangels konkret nachvollziehbarer Fluchtgründe vor allem wirtschaftliche Vorteile anstrebt, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Der Bf hat sich um Einreise - und Aufenthaltsvorschriften nicht gekümmert. Vor allem nach der Einleitung des asylrechtlichen Ausweisungsverfahrens, musste ihm bewusst werden, dass seine bisherigen Anstrengungen möglicherweise umsonst sein werden, weshalb die Gefahr seines Abtauchens in die Illegalität durchaus nahe liegend erschien.

 

Der Bf wendet ein, dass er entgegen der Ansicht der belangten Behörde auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse gar nicht untertauchen könnte. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da ein Untertauchen allenfalls Unterstützung durch Dritte, aber nicht unbedingt entsprechende Sprachkenntnisse verlangt. Auch der Einwand, dass es der Bf aufgrund des relativ niedrigen Schlepperentgelts von 400 Euro nicht nötig hätte, einer illegalen Beschäftigung in Österreich nachzugehen, überzeugt nicht. Die Bezahlung eines, wenn auch verhältnismäßig niedrigen Schlepperlohns ist nicht das einzige und auch nicht das Hauptmotiv für die Ausübung einer illegalen Beschäftigung. Vielmehr wird es dem Bf unter normalen Umständen darum gehen, seine im Kosovo in Armut zurückgelassene Familie finanziell regelmäßig zu unterstützen. Wie auch aus seiner Einlassung im Asylverfahren hervorgeht, hoffte der Bf auf Grund der extrem schlechten wirtschaftlichen Lage in seinem Heimatland durchaus auf Verdienstmöglichkeiten in Österreich. Wäre es tatsächlich um asylrelevante Fluchtgründe gegangen, hätte der Bf wohl seine Frau und seine zwei mj. Kinder nicht im Kosovo zurücklassen können. Auch die Tatsache, dass er völlig mittellos ist, lässt den Schluss zu, dass der Bf einer Beschäftigung nachzugehen beabsichtigt. Wäre es ihm nur um eine finanzielle Unterstützung durch seinen Bruder oder Neffen gegangen, ohne selbst einer Beschäftigung in Österreich nachgehen zu wollen, hätte es nicht der mehrfachen illegalen Grenzübertritte innerhalb der Europäischen Union bedurft.

 

Weiters verweigerte der Bf wohl ganz bewusst jegliche Angaben zur Reiseroute nach Österreich, da es ihm um den Verbleib in Österreich ging und er keinesfalls Gefahr laufen wollte, in einen anderen "Dublin-Staat" abgeschoben zu werden. Es ist nicht glaubhaft, dass ein geschleppter Fremder überhaupt keine Ahnung davon hat, über welche Länder er nach Österreich gelangt ist. Vielmehr ist nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen, dass im Hinblick auf den Gegenstand der Vereinbarung mit einem Schlepper für gewöhnlich auch über die geplante Reiseroute und deren "Sicherheit" gesprochen werden wird. Das Verhalten des Bf lässt auch den Schluss zu, dass er bereit wäre, zur Wahrung seiner wirtschaftlichen Interessen in die Illegalität abzutauchen.

 

Mit dem Einwand, dass der Bf dem Ausgang des Asylverfahrens in Österreich mit Zuversicht entgegen sehen könne, da schon seine Verwandten (Bruder und Neffe) und auch Dorfgenossen in der Vergangenheit (wohl vor Jahren) Asyl in Österreich bekommen hätten, verkennt er offenbar die heute herrschenden Verhältnisse im Herkunftsland. Da sich die Lage im Kosovo in den letzten Jahren beruhigt hat, kann festgestellt werden, dass es seit Juli 2001 nachweislich keine ethisch motivierten Angriffe auf die goranische Bevölkerung mehr gab und auch die Unruhen im März 2004 keine direkten Auswirkungen auf die goranische Bevölkerung im Gemeindegebiet von Dragash hatten (vgl Feststellungen und Vorhalte des BAA EASt West anlässlich der Einvernahme des Bf vom 18.7.2006). Bestätigt wird diese fehlende Bedrohungssituation im Heimatland des Bf letztlich auch dadurch, dass sein Bruder offenbar ohne Schwierigkeiten in seinem Heimatdorf Rapce vom 22. Juni bis 9. Juli 2006 einen Urlaub verbringen konnte (vgl abermals die asylbehördliche Niederschrift vom 18.7.2006)

 

Die Verhängung der Schubhaft war entgegen der Ansicht des Bf auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf persönliche Freiheit steht das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens stellt auch nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ein wesentliches Interesse der Gesellschaft dar. Um dieses zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit des Bf notwendig.

4.6. Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Auch vor Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG hat die Fremdenbehörde auf § 77 Abs 1 iVm Abs 5 FPG Bedacht zu nehmen ist und darf die Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf anordnen.

 

Der Bf behauptet, die belangte Behörde hätte zur Erreichung des Sicherungszwecks auch gelindere Mittel anwenden können. In einem Gespräch zwischen der Fremdenpolizeibehörde und dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bf wurde die Möglichkeit der Unterbringung des Bf bei seinem Neffen bzw seinem Bruder als gelinderes Mittel diskutiert, worauf die belangte Behörde eine Haftungserklärung übermittelte. Der Einwendung des Bf, dass ihn zwar seine Verwandten bei sich untergebracht hätten, es diesen jedoch nicht zumutbar gewesen wäre, eine umfassende Haftung zu übernehmen, kann nicht gefolgt werden. Durch die Haftungsübernahme der Bezugspersonen im verwandtschaftlichen Naheverhältnis mit dem Bf hätte der Bf durchaus motiviert werden können, sich dem behördlichen Verfahren nicht zu entziehen, da er in diesem Fall auch seine ihm nahe stehenden Verwandten geschädigt hätte. Für diesem Fall hat die belangte Behörde daher die Entlassung aus der Schubhaft und Unterbringung beim Bruder oder Neffen des Bf in Betracht gezogen, obwohl selbst bei Vorlage einer tragfähigen Haftungserklärung die Fluchtgefahr an sich immer noch nicht zuverlässig beseitigt wäre. Da eine Haftungsübernahme von den Bezugspersonen des Bf jedoch abgelehnt worden war und mittlerweile auch der Stand des Asylverfahrens gegen den Bf sprach, konnte die Behörde weiterhin von einem aufrechten Sicherungsbedarf ausgehen.

 

Aufgrund des oben dargestellten Verhaltens des Bf ist anzunehmen, dass es ihm primär um den Verbleib in Österreich und die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile geht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass er sich für fremdenpolizeiliche Maßnahmen mit dem Ziel seiner Abschiebung zur Verfügung halten wird. Vielmehr ist ihm ein Untertauchen in die Illegalität durchaus zuzutrauen. Der nicht glaubhaften Zweckbehauptung des Bf, dass er im Verfahren bisher eine Heimreise nicht ausgeschlossen hätte, kann nicht gefolgt werden. Wieso hat er dann überhaupt Angstzustände behauptet, um sein Asylbegehren in Bezug auf den Kosovo zu begründen.

 

Der Bf wurde mittlerweile von der belangten Behörde in Umsetzung des offenbar aus politischen Gründen ergangenen Erlasses des BMI vom 19. Juli 2006, Zl. BMI-1006498/0001-II/3/2006, der für den Oö. Verwaltungssenat keine verbindliche Rechtsquelle darstellt, freigelassen. Da nach h. Ansicht ein konkreter Sicherungsbedarf auch bis zur Entlassung des Bf am 31. Juli 2006 nach wie vor gegeben war und die belangte Behörde im Rahmen ihres Ermessens vertretbar für die Aufrechterhaltung der Schubhaft eingetreten ist, war die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG).

 

Beim vorliegenden Verfahrensergebnis war dem Bund als dem zuständigen Rechtsträger auf Antrag der belangten Behörde der Vorlage- und Schriftsatzaufwand (51,50 und 220,30 Euro) nach den Pauschbeträgen der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl II Nr. 334/2003) und damit ein Verfahrensaufwand in der Höhe von insgesamt 271,80 Euro zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro für die Beschwerde angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

 

 

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