Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210402/19/Lg/Ni

Linz, 16.10.2003

  

 
VwSen-210402/19/Lg/Ni
Linz, am 16. Oktober 2003

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des H H, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land, vom 21. Mai 2003, Zl. BauR96-119-2002-A/KOJ, betreffend die Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen (§ 66 Abs.4 iVm § 71 Abs.1 AVG).

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis vom 26.2.2003 wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.450 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von zwei Tagen wegen einer Übertretung gemäß § 57 Abs.1 Z11 Oö. BauO 1994 verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde vom Bw am 11.4.2003 in der Justizanstalt Steyr übernommen.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bw mit Schreiben seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 2.5.2003 Berufung. Darin wird zur Frage der Verspätung der Berufung iVm einem Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, es sei dem in Untersuchungshaft befindlichen Bw erst am 28.4.2003 (anlässlich des Besuchs einer Bekannten) möglich gewesen, seinem Rechtsvertreter das gegenständliche Straferkenntnis zum Zwecke der Erhebung einer Berufung zukommen zu lassen.

 

Dieser Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 21.5.2003 abgewiesen. Begründend wird ausgeführt, der Bw habe sich seit 20.3 2003 in der Justizanstalt Steyr in Untersuchungshaft befunden. Er habe das Straferkenntnis, wie dem Zustellnachweis zu entnehmen, am 11.4.2003 übernommen. Dem Vorbringen des Bw wird entgegen gehalten, dass es ihm unbenommen gewesen wäre, die Berufung selbst zu erheben oder seinen Rechtsanwalt telefonisch oder schriftlich zu kontaktieren. Für den Fall der Beigabe eines Verteidigers wird auf die Regelung des § 51 Abs.5 VStG verwiesen. Der Bw habe daher kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG dargetan.

 

In der (hier gegenständlichen) Berufung gegen den letztgenannten Bescheid wird dargelegt, der Bw sei 70%iger Invalide und leide an schweren Depressionen, die sich durch die Untersuchungshaft noch gesteigert hätten. Dem Bw seien Medikamente, welche er ständig einnehmen müsse, nicht zur Verfügung gestanden. Erst nach zwei Wochen habe er die entsprechenden Medikamente erhalten. Der Bw sei "praktisch apathisch" und daher nicht in der Lage gewesen, mit seinem Rechtsvertreter Kontakt aufzunehmen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat holte unter Hinweis auf die Behauptung des Bw beim Anstaltsarzt Dr. T Auskunft über den psychischen Zustand des Bw während der Berufungsfrist ein. Dr. T führte dazu aus: "Ab 7.4.03 erhielt er wegen einer depressiven Verstimmung Mutan (Antidepressivum) und Praxiten 15 mg (= Anxiolytikum); je einmal täglich. Am 14.4.03 erschien er nicht zur Kontrolle in der Ordination; er hatte sich vorerst gemeldet und dann auf die Vorsprache verzichtet. Es ist anzunehmen, dass er sich gut gefühlt hat. Am 28.4.03 war er in Behandlung beim vertretenden Kollegen wegen Verdauungsstörungen und eines Harnwegsinfektes. Am 5.5.03 wurde er entlassen. Laut zuständigem Beamten waren keine Auffälligkeiten im Verhalten zu bemerken gewesen. P.S.: Bei der gewählten Behandlungsdosis ist keine Wirkung zu erwarten, die eine Entscheidungsunfähigkeit nach sich ziehen hätte können."

 

Der Bw führt in seiner Stellungnahme vom 1.7.2003 dazu aus, Dr. T sei weder Neurologe noch Psychologe und daher nicht in der Lage, die Situation fachgerecht zu beurteilen. Abermals wird behauptet, dass der Bw, wenn er seine Medikamente nicht zur Verfügung hat, den einfachen Belastungen des täglichen Lebens nicht gewachsen sei. Der Vertreter des Bw vermutet eine zu geringe Dosierung der Antidepressiva durch Dr. T.

 

Mit Schreiben vom 11.7.2003 forderte der Unabhängige Verwaltungssenat den Bw auf, den/die den Bw vor der Untersuchungshaft behandelnden Facharzt/Fachärzte bekannt zu geben. Dieses Schreiben ließ der Bw unbeantwortet.

 

Mit Schreiben vom 17.7.2003 holte der Unabhängige Verwaltungssenat Auskünfte von Beamten der Justizanstalt Steyr ein, welche mit dem Bw in Kontakt waren. Die Beamten führten dazu aus: "Ich, O C, kann Ihnen bestätigen, dass meiner Meinung nach Hr. H H in der Zeit vom 11.4. bis 25.4.2003 keinen völlig apathischen Eindruck auf mich machte. Er nahm des öfteren an der Bewegung im Freien teil, ging in den Freizeitraum um zu duschen und empfing Besuche." "Da ich, S H, als Abteilungskommandant in der Justizanstalt Steyr tätig bin, kann ich Ihnen mitteilen, dass der Insasse H H in der gesamten Haftzeit auf mich einen völlig normalen Eindruck machte. Er kam immer allen meinen Aufforderungen (z.B. Spaziergang, Besuchsempfang) nach und beantwortete auch meine Fragen." "Ich (Garstenauer Johann) bin in der Krankenabteilung der Justizanstalt Steyr tätig. Herr H H klagte des öfteren über Schmerzen seiner verletzten Schulter, machte aber nie einen völlig apathischen Eindruck, auch nicht in der Zeit vom 11.4.03 bis 25.4.03. Er konnte täglich selbst sein Mittagessen in den Haftraum bringen und verließ diesen auch um bei der Bewegung im Freien teilzunehmen oder zu duschen."

 

Mit Schreiben vom 14.8.2003 forderte der Unabhängige Verwaltungssenat den Bw auf, zu diesen Auskünften Stellung zu nehmen. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

 

Mit Schreiben vom 17.9.2003 räumte der Unabhängige Verwaltungssenat dem Bw letztmalig die Gelegenheit ein, die vorgängigen Schreiben zu beantworten bzw. bekannt zu geben, ob er über relevante Beweismittel, insbesondere etwa ein ärztliches Attest über das Krankheitsbild und die Behandlungsmethode, verfügt. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Fraglich ist im gegenständlichen Fall, ob es dem Bw gelungen ist, glaubhaft zu machen, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Berufungsfrist zu wahren (§ 71 Abs.1 Z1 AVG).

 

Der im Wiedereinsetzungsantrag geltend gemachte bloße Umstand, dass sich der Bw in Untersuchungshaft befand, vermag ein Hindernis im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG nicht glaubhaft zu machen. Daher befindet sich der hier angefochtene Bescheid (mit den dort angeführten Gründen) im Recht.

 

Wenn nun - erst - in der Berufung gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags ausgeführt wird, der eigentliche Grund für die Verspätung der Berufung liege in Depressionen des Bw, so ist dem Bw die Unzulässigkeit der Auswechslung des Wiedereinsetzungsgrundes entgegenzuhalten (vergleiche dazu die bei Walter- Thienel, Verwaltungsverfahren I, 1998, unter E 8 ff zu § 71 AVG zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

 

Wollte man - freilich kaum vertretbar - in der Begründung unter dem Titel von Depressionen (gerade noch) eine zulässige Präzisierung des ursprünglichen Vorbringens sehen, so wäre dem Bw entgegenzuhalten, dass vom Bw (!) die Dispositionsunfähigkeit mittels medizinischer Befunde und hievon abgeleiteter ärztlicher Schlussfolgerungen darzulegen bzw. zumindest der behandelnde Arzt namhaft zu machen gewesen wäre (vergleiche z.B. die unter E 146 zu § 71 AVG bei Walter-Thienel, ebenda, zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dies hat der Bw (trotz zweimaliger Aufforderung) unterlassen, obwohl der Anstaltsarzt, wie dem Bw vorgehalten wurde, die Situation im Sinne des Vorhandenseins der Dispositionsfähigkeit während der Berufungsfrist einschätzte (und zwar unter anderem unter Anführung von Indizien, die für die Dispositionsfähigkeit sprechen, nämlich die selbsttätige Anmeldung des Bw zu ärztlichen Terminen). Darüber hinaus wurde durch Beamte der Justizanstalt Steyr nicht bestätigt, dass der Bw einen völlig apathischen Eindruck machte. Aus den Schilderungen der Beamten ergibt sich im Gegenteil das Bild einer in ihrer Wahrnehmungs- und Dispositionsfähigkeit nicht wesentlich beeinträchtigten Person. Auch diesbezüglich ist zu bemerken, dass der Bw von der Gelegenheit, sich zu diesen Schilderungen zu äußern, nicht Gebrauch gemacht hat. Dazu kommt die Ungereimtheit, dass nach der Berufungsbehauptung, dem Bw seien nach zwei Wochen "die entsprechenden" Medikamente zur Verfügung gestanden, eingeräumt wird, der Bw habe seit etwa 3.3.2003 die richtigen Medikamente erhalten, sodass dies auch auf den Zeitraum der Berufungsfrist (11. - 25.4.2003) zutreffen muss.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Gebührenhinweis:

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 
 

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