Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210405/2/Lg/Hu

Linz, 09.09.2004

VwSen-210405/2/Lg/Hu Linz, am 9. September 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Dr. K W, Rechtsanwalt, U S, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 17. Juni 2003, Zl. BauR96-19-2002, wegen einer Übertretung des Bundesstatistikgesetzes 2000 (BStG) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 14,40 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 72 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden wegen eines Verstoßes gegen das Bundesstatistikgesetz 2000 verhängt.
  2. Näherhin wird im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt:

    "Die Firma W Dr. K, U S, S, welche eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 3 der Verordnung vom 18. Dezember 1998, BGBl. II Nr. 445/1998 (‚Realitätenwesen; Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen') ausübt, wurde für die Stichprobenerhebung ausgewählt und von der ‚Statistik Österreich' gemäß § 9 Ziffer 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/99, verpflichtet, statistische Auskünfte gemäß § 9 Abs. 3 zur Leistungs- und Strukturerhebung 2000 für das Wirtschaftsjahr 2000 zu erteilen und diese Daten bis 30.9.2001 der ‚Statistik Österreich' zu übermitteln, welcher Verpflichtung diese Firma trotz mehrmaliger Mahnung, zuletzt nachweislich mittels Rückscheinbrief vom 23.11.2001 nicht nachgekommen ist, weshalb Sie als Inhaber und somit befugter Vertreter dieser Firma eine Verwaltungsübertretung nach dem Bundesstatistikgesetz 2000 begangen.

    Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

    § 9 Ziffer 1 und § 66 Abs. 1 Bundesstatistikgesetz 2000 BGBl.I Nr. 163/99

    § 9 Abs. 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 445/1998

    Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

    Geldstrafe von

    72 Euro

    falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

    24 Stunden

    Freiheitsstrafe

    von

    ---

    Gemäß
    § 66 Abs. 1 Bundes-statistikgesetz 2000

    .....

    Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

    7,20 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe .....

    Begründung:

    Der strafbare Tatbestand ist aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzusehen.

    Nach § 9 Ziffer 1 des Bundesstatistikgesetzes BGBI. I Nr. 163/99 sind die Auskunftspflichtigen bei einer Befragung gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 5 oder einer Ermittlung von Daten gemäß § 6 Abs. 1 Ziffer 4 zur rechtzeitigen, vollständigen und dem besten Wissen entsprechenden Auskunftserteilung über jene Daten, die Erhebungsmerkmale der angeordneten statistischen Erhebungen sind verpflichtet. Der Auskunftspflichtige kann jedoch auch eine Dritte mit der Wahrnehmung dieser Verpflichtung betrauen.

    Nach § 1 der Verordnung BGBI. II Nr. 445/1998 hat das Österreichische Statistische Zentralamt (nunmehr Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich) jährlich ab dem Berichtsjahr 1997 Leistungs- und Strukturerhebungen im Sinne der Verordnung (EG, Eurotom) Nr. 58/1997 über die strukturelle Unternehmerstatistik in der geltenden Fassung durchzuführen.

    Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung 445/1998 erstrecken sich die Erhebungen auf alle Unternehmen, Arbeitsgemeinschaften, fachliche Einheiten und örtliche Einheiten, die eine Tätigkeit ausüben, die gemäß dem Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 betreffend die statistische Systematik die Wirtschaftszweige in der europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt Nr. L 293 vom 24. Oktober 1990 S1 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 761/93, Amtsblatt Nr. L 83 vom 3. April 1993 S 1 folgenden Abschnitten oder Abteilungen zuzuordnen sind:

    11. Realitätenwesen; Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen (ÖNACE 1995, Abschnitt K).

    Nach § 3 Abs. 1 der Verordnung 445/1998 haben sich die Erhebungen auf alle im § 2

    angeführten Einheiten zu beziehen, die eine Tätigkeit, die den im § 2 Abs. 1 Ziffer 1 -11 angeführten Wirtschaftsbereichen zuzuordnen sind, selbstständig, regelmäßig und der Absicht zur Erzielung eines Ertrages oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils ausüben.

    Nach § 9 Abs. 3 der Verordnung 445/1998 sind zur Auskunftserteilung jene natürlichen oder juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechts verpflichtet, die eine der im § 2 angeführten Einheiten im eigenen Namen betreiben, wenn diese Einheiten und Heranziehung statistischer Methoden vom österreichischen statistischen ZentraIamt für die Stichprobenerhebung ausgewählt wurden. Die Auskunftspflichtigen haben die Angaben gemäß den Anhängen I bis III, soweit zutreffend, vollständig und sorgfältig in die amtlichen Erhebungsunterlagen einzutragen, diese firmenmäßig zu zeichnen und bis zu dem in der Erhebungsunterlage angegebenen Termin dem Österreichischen Statistischen Zentralamt an die in der Erhebungsunterlage angegebene Adresse zu übermitteln. Bei Übermittlung von Daten mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung gilt dieser Absatz sinngemäß.

    § 17 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000 regelt das Statistikgeheimnis, wonach Daten in personenbezogener Form nur entsprechend § 16 Abs. 3 verwendet werden dürfen. Sie dürfen insbesondere nicht in der Weise ausgewertet werden, dass das Zutreffen von Merkmalen personenbezogen dargestellt wird. Die mit Aufgaben der Bundesstatistik betrauten Personen sind über alle personenbezogenen Daten, die ihnen in Wahrnehmung dieser Tätigkeit, und über alle Tatsachen, die ihnen bei der statistischen Erhebung zur Kenntnis gelangt sind, zur Verschwiegenheit verpflichtet. Bei der Wahrnehmung der Aufgaben der Bundesstatistik sind sie Beamte im Sinne des § 74 des Strafgesetzbuches (StGB) BGBl. Nr. 60/1974. Das Statistikgeheimnis gilt als Amtsgeheimnis gemäß § 310 StGB.

    § 66 Abs. 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000 stellt eine Missachtung der Mitwirkungspflichten unter Strafsanktion mit einer Geldstrafe bis zu 30.000 Schilling bzw. 2.180 Euro.

    Mit Schreiben vom 24.1.20002 teilte die Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich unter ZI. 343.238/0-U/02 und der Kennzahl DL UBA 06271553 S mit, dass die Firma W Dr. K mit wirtschaftlicher Tätigkeit im Sinne der ÖNACE 1995 im Bereich 'Realitätenwesen; Vermietung beweglicher Sachen, Erbringung von unternehmensbezogenen Dienstleistungen' verpflichtet war, die Daten zur Leistungs- und Strukturerhebung 2000 für das Wirtschaftsjahr 2000 bis 30.9.2001 der Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich zu übermitteln verpflichtet war. Trotz mehrmaliger Mahnung, zuletzt vom 23.11.2001 mittels Rückscheinbrief ist diese Firma dieser Verpflichtung bis zum Zeitpunkt der Anzeige nicht nachgekommen. Es wurde die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

    Gegen die Strafverfügung vom 28.3.2002 erhoben Sie fristgerecht Einspruch und wiesen darauf hin, dass Sie mit dem Standort U S eine Rechtsanwaltskanzlei betreiben. Als Rechtsanwalt würden Sie strengsten Verschwiegenheitspflichten unterliegen, die bei ordnungsgemäßer Erfüllung der statistischen Daten verletzt würden. Aufgrund dieser Pflichtenkollision bestehe ein klassischer Strafausschließungsgrund, den Sie ausdrücklich geltend machen würden. Sie hätten daher weder die in der Strafverfügung zitierte Rechtsvorschrift verletzt, noch treffe Sie ein Verschulden im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes bzw. der zitierten Gesetzesstelle. Sie beantragten das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

    Zu Ihren Einspruchsausführungen wurde die Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich um eine Stellungnahme ersucht und wurde mit Schreiben vom 17.4.2002 mitgeteilt, dass gemäß der Verordnung BGBl. Teil ll Nr. 445/1998 zur Leistungs- und Strukturerhebung 2000 für alle Unternehmen Auskunftspflicht besteht, die eine Tätigkeit ausüben, die im § 2 der o.g. Verordnung angeführt ist. Laut Angaben von Herrn Dr. W übt er die Tätigkeit als Rechtsanwalt aus, die lt. § 2 Abs. 1 unter dem Punkt 11 ‚Erbringung von unternehmungsbezogenen Dienstleistungen (ÖNACE 1995 -Abschnitt K)' und damit unter die Meldepflicht fällt. Die von den einzelnen Unternehmen gemeldeten Daten unterliegen dem Datenschutzgesetz BGBl. I Nr. 165/1999 und den Geheimhaltungsbestimmungen gemäß § 17 und § 19 des Bundesstatistikgesetzes 2000 BGBl. I Nr. 163/1999. Die Daten werden streng vertraulich behandelt und ausschließlich für statistische Zwecke, d.h. mit den Daten anderer Unternehmen zu Aggregaten zusammengeführt. Die Ergebnisse der Leistungs- und Strukturerhebung werden in einer Weise publiziert, die keinen Rückschluss auf Daten eines einzelnen Unternehmens zulassen. Es wird daher ersucht, Herrn Dr. W zu veranlassen, die noch ausständige Meldung für die Leistungs- und Strukturerhebung 2000 nachzureichen.

    Mit Schreiben vom 24.4.2002 wurde Ihnen diese Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und ergänzend dazu mitgeteilt, dass aufgrund dieser Stellungnahme und insbesonders der darin hingewiesenen Geheimhaltungsbestimmungen nach dem Bundesstatikgesetz die Ihnen als Rechtsanwalt aufgetragene Verschwiegenheitsverpflichtung keinen Strafausschließungsgrund darstellt, womit Sie die Verwaltungsübertretung zu verantworten haben. Zudem wäre es Ihnen unbenommen gewesen, nach Erhalt des Erhebungsbogens bezüglich der von Ihnen geltend gemachten Verschwiegenheitsverpflichtung direkt und umgehend mit der Statistik Austria Kontakt aufzunehmen und die Geheimhaltungsbestimmungen abzuklären. Es wurde Ihnen freigestellt, eine Stellungnahme abzugeben.

    Mit Schreiben vom 6.5.2002 gaben Sie eine Stellungnahme ab, worin Sie vermeinten, aus dem Zitat des § 2 Abs. 1 Punkt 11 ergebe sich keinesfalls zwingend, dass eine Rechtsanwaltskanzlei der Meldepflicht unterliege. Die zitierten Geheimhaltungsbestimmungen würden kein wie immer geartete Gewähr dafür leisten, dass Sie Ihrer Verschwiegenheitspflicht im strengen Umfang der Sie persönlich betreffenden standesrechtlichen Vorschriften Rechnung tragen könnten. Es sei auch nicht Ihre Aufgabe, sich wegen der Geheimhaltungsverpflichtungen mit der Statistik Austria in Verbindung zu setzen, zumal diese Stelle von Amts wegen verpflichtet sei, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erzwingung der Meldung für die Leistungs- und Strukturerhebung 2000 zu prüfen. Nachdem Ihres Erachtens für Ihre Anwaltskanzlei nicht einmal eine Meldepflicht bestehe, könne auch keine Verwaltungsübertretung vorliegen. Selbst wenn die Behörde dazu eine andere Auffassung vertrete, liege ein Strafausschließungsgrund vor. Die von Ihnen in Ihrem Einspruch bereits relevierte Rechtsfrage müsste notfalls nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt werden.

    Als Rechtsanwalt muss Ihnen bekannt sein, dass verschiedenste Berufsgruppen diversen Geheimhaltungsverpflichtungen unterliegen. Darunter zählt neben der Geheimhaltungsverpflichtung als Rechtsanwalt auch die Amtsverschwiegenheitspflicht und ist eine Missachtung der Amtsverschwiegenheit mit einer strafrechtlichen Sanktion bedroht. Es wird daher behördlicherseits die Amtsverschwiegenheitspflicht auf der gleichen Stufe angesiedelt angesehen wie die Geheimhaltungsverpflichtung als Rechtsanwalt. Es besteht somit nicht der geringste Anlass, Rechtsanwälte von der Meldung über die Leistungs- und Strukturerhebung 2000 lediglich mit dem Argument auf die Verschwiegenheitspflicht entsprechend ihrer standesrechtlichen Vorschriften auszunehmen. Schließlich werden bei einer derartigen Erhebung zusammengefasste Jahresdaten verlangt und keinesfalls die Daten einzelner Vertretungsfälle oder gar die persönlichen Daten der von einem Rechtsanwalt vertretenden Personen.

    Sie haben zuletzt am 23.11.2001 mittels Rückscheinbrief eine Mahnung erhalten, Ihrer Verpflichtung nachzukommen. Es hätte Sie nichts daran gehindert, zumindest aufgrund dieser Mahnung mit der Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich Kontakt aufzunehmen und die Geheimhaltungsbestimmungen nach dem Bundesstatistikgesetz im Verhältnis zu Ihnen als Rechtsanwalt aufgetragenen Verschwiegenheitsverpflichtung abzuklären. Schließlich wurden Sie unmissverständlich auf eine gesetzliche Verpflichtung hingewiesen und bestand für Sie nicht das geringste Hindernis, mit der Statistik Austria sich in Verbindung zu setzten. Lediglich global auf Ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht hinzuweisen, ohne nähere Information über die Erhebungspflicht einzuholen, lässt die Interpretation zu, dass Sie von vornherein nicht daran interessiert waren, dieser gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.

    Nach § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Zudem ist die von Ihnen begangene Übertretung als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren, wonach die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten aufrecht bleibt. Ihre Ausführungen haben Sie stets global mit Ihrer anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht begründet und im Grunde die den Bediensteten der Statistik Austria Bundesanstalt Statistik Österreich auferlegten strengen Amtsverschwiegenheitspflicht ignoriert. Ihre Ausführungen sind daher nicht geeignet, den strafbaren Tatbestand zu widerlegen.

    Die nationalen Bestimmungen über statistische Erhebungen stützen sich im wesentlichen auf Verordnungen der EG und wird daher nicht nur vom nationalem Gesetzgeber sondern auch von den zuständigen Gremien der europäischen Gemeinschaften als wesentlich angesehen, statistische Daten einzuholen und damit vergleichende Studien zu erstellen. Mit einer Strafdrohung von bis zu 2.180 Euro wurde der Verschuldensgrad bei Missachtung dieser Bestimmungen als erheblich angesehen. Der verhängte Strafsatz bewegt sich im untersten Bereich dieses gesetzlichen Strafrahmens und erscheint schuldangemessen.

    Der verhängte Strafsatz entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, indem monatliche Nettoeinkünfte von ca. 2.000 Euro, Anwaltskanzlei als Vermögen und keine Sorgepflicht angenommen wurden. Diese Angaben wurden Ihnen mit Schreiben vom 24.4.2002 mitgeteilt und gaben dazu keine weiteren Daten an."

  3. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
  4. "Die ‚Statistik Österreich' forderte mich auf, ihre statistischen Auskünfte gemäß § 9 Abs 3 zur Leistungs- und Strukturerhebung 2000 für das Wirtschaftsjahr 2000 über meine Rechtsanwaltskanzlei, Firma Dr. K W, mit dem Standort U S in S, zu übermitteln.

    Als Rechtsanwalt unterliege ich strengsten Verschwiegenheitsverpflichtungen, die bei ordnungsgemäßer Bekanntgabe der statistischen Daten verletzt werden. Schon nach den Angaben der Bezirkshauptmannschaft Schärding im Straferkenntnis vom 17.6.2003 ist die Amtsverschwiegenheit, der die Bediensteten der Statistik Austria Bundesanstalt Statistik unterliegen, auf der gleichen Stufe wie die Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts angesiedelt. Diese Tatsache lässt die Interpretation zu, dass ich zwar meine strenge Verschwiegenheitspflicht ignorieren, gleichzeitig aber auf die Amtsverschwiegenheitspflicht der Bediensteten der Statistik Austria vertrauen soll.

    Da ich meine Verschwiegenheitspflicht sehr ernst nehme, habe ich ihr Rechnung getragen und die geforderten Daten nicht übermittelt.

    Nachdem meines Erachtens, wie ich schon in meiner Stellungnahme vom 6.5.2003 ausgeführt habe, nicht einmal eine Meldepflicht für meine Anwaltskanzlei besteht, kann auch eine Verwaltungsübertragung nicht vorliegen. Daher liegt ein Strafausschließungsgrund vor, selbst wenn die Behörde dazu eine andere Auffassung vertritt.

    Es ist daher von der Erstinstanz eine glatte Unterstellung, wenn der Hinweis auf meine Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Statistik Austria als vorsätzliche Pflichtverletzung kommentiert wird.

    Mit der Kollision der beiden Verschwiegenheitspflichten hat sich das Straferkenntnis überhaupt nicht auseinandergesetzt."

  5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Da die Berufung nur Rechtsfragen releviert, steht der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten fest.

Bezugnehmend auf die erstinstanzliche Stellungnahme vom 6.5.2003 wird in der Berufung der Rechtsstandpunkt vertreten, "aus dem Zitat des § 2 Abs.1 Pkt. 11 ergebe sich keinesfalls zwingend, dass eine Rechtsanwaltskanzlei der Meldepflicht unterliege" (so die erwähnte Stellungnahme). Der Unabhängige Verwaltungssenat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, da kein Grund ersichtlich ist, und - abgesehen von dem sogleich zu erörternden Problem der Geheimhaltungspflicht - auch nicht geltend gemacht wurde, warum statistisch relevante Daten aus dem Tätigkeitsbereich eines Rechtsanwalts entgegen dem Wortlaut nicht unter den Begriff der Erbringung unternehmensbezogener Dienstleistungen (ÖNACE 1995 - Abschnitt K) subsumierbar sein sollen.

Die Berufung macht weiters - und im Wesentlichen - geltend, die Verschwiegenheitspflicht eines Rechtsanwalts stehe der gegenständlichen Verpflichtung nach dem Bundesstatistikgesetz (und den einschlägigen Verordnungen) entgegen. Dieses Argument leidet grundsätzlich an der Pauschalität seines Vorbringens. Mangels Substantiierung bleibt völlig unklar, ob und gegebenenfalls in wie fern der für statistische Zwecke eingeforderte Informationstransfer - inhaltlich konkretisiert nach jeweiligen Auskünften - überhaupt geeignet sein soll, die durch die Pflichtstellung des Rechtsanwalts geschützten Geheimhaltungsinteressen zu berühren. Dass eine Geheimhaltungspflicht eine Berufsgruppe schlechthin von der Aufgabe der Mitwirkung an statistischen Erhebungen entbindet, wäre eine rechtlich unhaltbare Position. (In diesem Zusammenhang ist es durchaus nicht unerheblich, dass seitens der Statistik Austria ein "beweglicher Standpunkt" signalisiert wurde, was wohl auf eine Gesprächsbereitschaft über die Vorgangsweise bei - freilich erst im Gespräch zu ermittelnden - "delikaten" Punkten hinweist. Auch dieser Mühe sah sich der Berufungswerber aufgrund seiner Rechtsauffassung enthoben.) Wegen der angesprochenen Pauschalität des Vorbringens ist es auf dessen Basis nicht möglich, ein Spannungsverhältnis der (welcher?) Auskunftspflicht mit der (wie näher zu bestimmenden?) Geheimhaltungspflicht zu prüfen, geschweige denn zu bejahen.

Für die Interpretation der Rechtslage ist weiters zu beachten: Selbst für den Fall, dass Auskünfte verlangt würden, deren Erteilung gegenüber einem Dritten eine Verletzung der Geheimhaltungspflicht darstellen würden, hat die Rechtsordnung durch die in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses erwähnten Geheimhaltungs- und Datenschutzbestimmungen Vorsorge getroffen. Schon aus diesem Umstand ergibt sich, dass aus der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwalts keine Entbindung (und zwar schon gar keine pauschale Entbindung, wie sie dem Berufungswerber vorschwebt) von den Pflichten nach dem Bundesstatistikgesetz (und den darauf beruhenden Verordnungen) konstruierbar ist. Vielmehr ist auch diese Berufsgruppe grundsätzlich verpflichtet, an den Erhebungen nach dem Bundesstatistikgesetz mitzuwirken.

Insoweit die Berufung das Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes geltend macht, bleibt unklar, welcher konkrete Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund gemeint ist. Zu erwägen sind daher die Geltendmachung einer rechtfertigenden Pflichtenkollision und eines entschuldigenden Rechtsirrtums. Eine (rechtfertigende) Pflichtenkollision (zum Begriff vergleiche Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, Seite 397) ist nicht gegeben, da nach den oben stehenden Ausführungen die Rechtsordnung die Pflichten des Rechtsanwaltes so gestaltet, dass gegenüber der "Statistik Austria" keine Pflicht zur Verschwiegenheit besteht. Ein entschuldigender Rechtsirrtum liegt nicht vor, da dem Berufungswerber zumindest die rechtliche Problematik seines Standpunktes von vornherein klar sein musste; eine Erkundigung bei der zuständigen Behörde vor der Deliktsverwirklichung wurde nicht behauptet.

Bei den im angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegten Strafbemessungskriterien erscheinen auch die dort verhängten Strafen nicht als überhöht. Die Tat bleibt nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 29.11.2005, Zl.: B 1458/04-3

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 29.03.2006, Zl.: 2006/04/0009-6 

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