Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420070/23/Gf/Km

Linz, 22.06.1995

VwSen-420070/23/Gf/Km Linz, am 22. Juni 1995 DVR.0690392

B e s c h l u s s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlaß der Beschwerde des K. G., .............., ............., vertreten durch RA Dr. A. K., ............., ..............., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bundesministers für Landesverteidigung beschlossen:

Die Beschwerde wird in Ermangelung eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG.

Begründung:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender, anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö.

Verwaltungssenat am 20. Juni 1995 festgestellter entscheidungswesentlicher Sachverhalt zugrunde:

Am 22. März 1995 langte in der Kanzlei des Kommandos des JaBo-Geschwaders des Fliegerregimentes 3 in ........ ein Schreiben des Kommandos der Fliegerdivision vom 21. März 1995 ein, wonach dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Erlaß des Bundesministers für Landesverteidigung der auf ihn ausgestellte Militärflugzeugführerschein Nr. 326 (im folgenden kurz: MFS) vorläufig entzogen wurde; gleichzeitig wurde angeordnet, daß dieser MFS dem Kommando der Fliegerdivision vorzulegen ist.

Aufgrund dieses Schreibens wurde der Kanzleiunteroffizier Vizeleutnant Danninger vom stellvertretenden Kommandanten des JaBo-Geschwaders, Major W., am 23. März 1995 damit beauftragt, dem Beschwerdeführer den MFS unverzüglich abzunehmen. Der Kanzleiunteroffizier begab sich daraufhin zum Beschwerdeführer, der ihm den MFS bereitwillig mit den Worten: "Darauf habe ich ohnehin schon gewartet !" aushändigte. Insbesondere auch deshalb, weil sich der Beschwerdeführer und der Kanzleiunteroffizier vom Dienstbetrieb her schon längere Zeit gut kennen, bedurfte es im Zuge dieser Abnahme keinerlei Druckmittel, ja nicht einmal irgendwelcher "Überredungskünste", um in den physischen Besitz der Urkunde zu gelangen, wenngleich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang mit Worten sein Mißfallen darüber zum Ausdruck brachte, daß eine Maßnahme mit derart weittragender Bedeutung ohne vorangehendes ordentliches Verfahren angeordnet wird. Ein als Widerstand zu qualifizierendes Verhalten setzte der Beschwerdeführer in der Meinung, daß es sich hiebei um einen Befehl handle, den er ohnedies befolgen müsse, jedoch nicht.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die insoweit übereinstimmenden Aussagen des jeweils als Zeugen einvernommenen Beschwerdeführers bzw. des Kanzleiunteroffiziers.

2. Über die aus Anlaß dieser Vorkommnisse erhobene, auf Art.

129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde, die am 4. Mai 1995 - und damit nach § 67c Abs. 1 rechtzeitig - zur Post gegeben wurde, hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Gemäß § 129a Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein.

2.2. Eine derartige Ausübung von Befehls- oder Zwangsgewalt lag aber im gegenständlichen Fall nicht vor:

2.2.1. Zum einen hat der Beschwerdeführer selbst schon in seiner Beschwerdeschrift, insbesondere aber auch im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargetan, daß ihm gegenüber seitens der belangten Behörde im Zuge der Abnahme des MFS keinerlei physische Gewalt ausgeübt oder auch nur angedroht wurde.

2.2.2. Auch jener psychische Zwang, dem sich der Beschwerdeführer ausgesetzt sah, als er (zwar möglicherweise rechtsirrig, woraus aber für ihn auch nichts zu gewinnen wäre) vermeinte, den an ihn gerichteten Befehl zur Herausgabe seines MFS unbedingt und unverzüglich befolgen zu müssen, stellt sich - jedenfalls im gegenständlichen Fall nicht als die Ausübung einer "Befehls- und Zwangsgewalt" i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG dar, und zwar aus folgenden Gründen:

2.2.2.1. Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben zwar bereits in mehreren Entscheidungen (vgl. die Nachweise bei F. Grubmann, Das Kraftfahrgesetz 1967, 3. Aufl., Wien 1987, 479) betont, daß die vorläufige Abnahme des Führerscheines gemäß § 76 Abs. 1 KFG eine mit Beschwerde nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellt. Doch ist diese auf das Grundsatzerkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 6402/1971 zurückgehende Rechtsprechung wegen der im besonderen anders gestalteten gesetzlichen Grundlage nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Im angesprochenen Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof nämlich damit argumentiert, daß der Entzug von Urkunden, die die Benützung des im Eigentum des Berechtigten stehenden Kraftfahrzeuges als Fahrzeug auf öffentlichen Straßen überhaupt erst ermöglichen, einen wesentlichen und zwangsweisen Eigentumseingriff bedeuten, der sohin im Wege einer Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar ist. Läge daher eine analoge Sichtweise in bezug auf einen Entzug eines Zivilluftfahrerscheines (hinsichtlich dessen aber ohnedies nicht die Rechtssatzform der Befehls- und Zwangsgewalt, sondern - wie sich aus den §§ 40 und 41 LuftfahrtG ergibt - explizit jene des Bescheides vorgesehen ist) noch nahe, so scheidet diese aber für den vorliegenden Fall gerade deshalb aus, weil der Entzug des MFS von vornherein nicht das Eigentumsrecht seines Inhabers berührt. Der MFS berechtigt seinen Träger nämlich nur dazu, Eigentum der öffentlichen Hand, d.i. das entsprechende Gerät des Bundesheeres der Republik Österreich, im Fluge zu führen (vgl. § 1 Abs. 1 bis 3 der MilitärluftfahrtPersonalverordnung, BGBl.Nr. 395/1968, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 314/1983, im folgenden: MLPV). Daß diese Berechtigung aber auch kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinne eines Außenrechtsverhältnisses zwischen der Republik Österreich und dem einzelnen Bundesheerangehörigen (das durch einen Akt der Befehls- oder Zwangsgewalt i.S.d. Art.

129a Abs. 1 Z. 2 B-VG verletzt werden könnte) darstellt, sondern lediglich eine von staatlicher Seite einseitig gewährte Ermächtigung verkörpert, ergibt sich zweifelsfrei aus § 3 MLPV, wonach die Ausstellung des lediglich ein Jahr (§ 13 MLPV) gültigen MFS nicht vom "Anwärter" selbst, sondern nur von jener Militärdienststelle, bei welcher dieser zuletzt ausgebildet wurde, beim BMfLV beantragt werden kann und auch jede weitere Verlängerung in den Händen des jeweiligen Einheitskommandanten liegt. Wie der Dienst im Bundesheer im allgemeinen so stellt sich sohin auch die Gewährung eines MFS im besonderen als typische Erscheinungsform des sog.

"besonderen Gewaltverhältnisses" (vgl. dazu generell L.K.

Adamovich - B.C. Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3.

Aufl., Wien 1987, 258 ff) dar. Bezeichnend hiefür ist es daher auch, wenn § 3 Abs. 7 MLPV bei ansonsten gleichen materiellrechtlichen Voraussetzungen für den Entzug des MFS nicht - wie beim Zivilluftfahrerschein gemäß den §§ 40 und 41 LuftfahrtG - die Rechtssatzform des Bescheides festlegt, sondern diesen im Wege der erwähnten lex-specialis-Regelung des § 3 Abs. 7 MLPV formfrei, d.h. aber im Wege eines bloßen Befehles, vorsieht.

2.2.2.2. Nach den Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer, BGBl.Nr. 43/1979 (im folgenden: ADV), die ihrem § 1 zufolge für sämtliche Soldaten, also beamtete wie vertragsbedienstete (so der Beschwerdeführer) in gleicher Weise gelten, stellt sich nämlich der Befehl (§ 2 ADV) als die Regelform des Rechtsverhältnisses zwischen Vorgesetzten und Untergebenen dar. Entsprechend der Typologie des Rechtsschutzsystems der österreichischen Verfassung ist der Befehl zwar als eine Weisung zu qualifizieren, doch sehen wiederum die §§ 6 und 7 ADV eigenständige Voraussetzungen hinsichtlich der Nichtbefolgung bzw. des Rechtsschutzes gegen von seinem Empfänger als rechtswidrig erachtete Befehle vor.

2.3. Ist daher für den Entzug des MFS auf der Ebene der generellen Rechtsvorschriften die Rechtssatzform der Weisung (des Befehles) festgelegt und wurde dieser Entzug im konkreten Fall - wie vorliegend - auch in dieser Form durchgeführt, so kann ein derartiger Akt jedenfalls nicht mit einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG (§ 67a Abs. 1 Z. 2 AVG) bekämpft werden. Soweit die gegenständliche Beschwerde aber als Remonstration gegen eine(n) Weisung (Befehl) bzw. als Berufung gegen einen Bescheid intendiert gewesen sein sollte, ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, daß dem unabhängigen Verwaltungssenat von Gesetzes wegen keine Zuständigkeit zur Behandlung derartiger Rechtsbehelfe eingeräumt ist.

3. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 67c Abs. 3 AVG mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund (BMfLV) als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG dennoch kein Kostenersatz zuzusprechen, weil dessen Vertreter im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat ausdrücklich darauf verzichtet hat, im Ergebnis also kein entsprechend darauf gerichteter Antrag vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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