Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420086/6/Gf/Km

Linz, 18.12.1995

VwSen-420086/6/Gf/Km Linz, am 18. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der N.

A., vertreten durch RA Dr. B. W., ..............., ............., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von ..... zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bezirkshauptmann von .....) Kosten in Höhe von 3.043,33 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 52 Abs. 4 FrG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, hat am 23. August 1995 von Ungarn aus kommend ohne gültige Reisedokumente, ohne gültigen Sichtvermerk sowie unter Umgehung der Grenzkontrolle das Bundesgebiet betreten. Dort wurde sie am 24. August 1995 gegen 3.45 Uhr von einem Bundesheerangehörigen aufgegriffen.

1.2. Am 25. August 1995 hat die Beschwerdeführerin einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom selben Tag, Zl. 9503498-BAE, sowie die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. November 1995, Zl. 4275996/3-III/13/95, abgewiesen. Unter einem wurde ihr jedoch vom Bundesasylamt eine bis zum 25. Oktober 1995 befristete - in der Folge nicht verlängerte (vgl. die entsprechende Mitteilung des Bundesasylamtes vom 3. November 1995) - Aufenthaltsberechtigung erteilt.

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von ..... vom 9.

September 1995, Zl. Sich40-9612-Stö, wurde über die Beschwerdeführerin zur Sicherung der Zurückschiebung nach Ungarn die Schubhaft verhängt. Diese wurde am 9. November 1995, nachdem die Beschwerdeführerin in der Wohnung ihres Ehegatten angetroffen worden war, durch Überstellung in die Justizanstalt Ried vollzogen.

1.4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von ..... vom 10.

November 1995, Zl. Sich40-9612, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Unzulässigkeit ihrer Abschiebung nach Ungarn, Kroatien oder Jugoslawien abgewiesen.

1.5. Am 10. November 1995 wurde die Beschwerdeführerin im Auftrag des Bezirkshauptmannes von ..... von Gendarmerieorganen nach Ungarn zurückgeschoben, nachdem zuvor eine entsprechende Zustimmung der zuständigen ungarischen Behörden (Grenzwachelandeskommandantur - Polizeilicher Generaldirektor Budapest vom 8. November 1995, Zl.

1710-663/95) eingeholt worden war.

2.1. Gegen diese Zurückschiebung wendet sich die vorliegende, auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67c AVG gestützte, am 22. November 1995 - und damit rechtzeitig zur Post gegebene Beschwerde.

Begründend wird darin ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung erhalten habe und sie daher gemäß § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes lediglich ab-, nicht jedoch zurückgeschoben hätte werden dürfen.

Außerdem habe die Zurückschiebung gegen die Bestimmung des § 37 des Fremdengesetzes verstoßen, weil die Beschwerdeführerin dadurch der Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt worden sei. Sie sei im übrigen in der Folge von Ungarn aus tatsächlich weiter nach Restjugoslawien abgeschoben worden.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückschiebung beantragt.

2.2. Die belangte Behörde hat die bezughabenden Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, daß es für die Zulässigkeit der Zurückschiebung nur darauf ankomme, daß der Beschwerdeführer binnen sieben Tagen im Bundesgebiet von der Behörde betreten werde; die Zurückschiebung selbst könne sodann auch noch nach Ablauf dieser Siebentagesfrist erfolgen. Außerdem habe die Beschwerdeführerin lediglich über eine "befristete" - und nicht über eine "vorläufige" - Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt; mit dem Zeitpunkt der Verständigung der belangten Behörde von deren Nichtverlängerung durch das Bundesasylamt (3. November 1995) sei die Zurückschiebung aber jedenfalls wieder zulässig geworden, weil sich die Beschwerdeführerin seit dem 26. Oktober 1995 rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Schließlich sei auch geprüft worden und dabei hervorgekommen, daß die Gründe des § 37 des Fremdengesetzes einer Zurückschiebung der Beschwerdeführerin nach Ungarn nicht entgegenstehen.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH ..... zu Zl.

Sich40-9612; da aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wird, konnte im übrigen von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die im 1. Abschnitt des 5. Teiles des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), unter dem Titel "Verfahrensfreie Maßnahmen" geregelte Zurückschiebung stellt schon per Legaldefinition eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar; da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen des § 67c Abs. 1 und 2 AVG erfüllt sind, ist die vorliegende Beschwerde sohin zulässig.

4.2. Gemäß § 35 Abs. 1 Z. 1 FrG können Fremde von der Behörde im Wege der Zurückschiebung zur Rückkehr ins Ausland verhalten werden, wenn sie unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen sieben Tagen betreten werden.

Daß diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt waren, wird nicht einmal von der Beschwerdeführerin bestritten. Insbesondere ergibt sich aber nach dem Gesetzestext auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die Zurückschiebung selbst noch innerhalb dieser Siebentagesfrist - in jenes Land, von dem aus das Bundesgebiet betreten wurde (vgl. VfGH v. 12.

Oktober 1994, B 1542/93), hier also Ungarn - erfolgen müßte (vgl. z.B. VfGH v. 10. Oktober 1994, B 1382/93).

Eine nach § 8 Abs. 1 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. 8/1992 (im folgenden: AsylG), erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung steht dem nur insoweit entgegen, als für die Dauer der Aufenthaltsberechtigung - die jedenfalls gemäß § 8 Abs. 3 Z. 1 AsylG nach Fristablauf erlischt - die Zurückschiebung faktisch nicht vollzogen werden darf. Da im vorliegenden Fall die Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin unstrittig am 26. Oktober 1995 endete, konnte sohin die erst am 10. November 1995 durchgeführte Zurückschiebung unter diesem Aspekt auch nicht rechtswidrig sein.

Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen (vgl. z.B. das Erk. v. 12. Oktober 1994, B 1419/93, m.w.N.) festgestellt, daß eine Zurückschiebung nach Ungarn unter dem Aspekt des "refoulement"-Verbotes des § 37 FrG keinen Bedenken begegnet, sodaß sich die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Maßnahme auch aus diesem Blickwinkel als rechtmäßig erweist.

4.3. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 79a AVG ein Kostenersatz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in Höhe von 3.043,33 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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