Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210455/12/Lg/Wa/Hu

Linz, 15.06.2005

 

 

 VwSen-210455/12/Lg/Wa/Hu Linz, am 15. Juni 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 17. März 2005 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung der A R, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K, Mag. H P und Mag. H L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. November 2004, Zl. BauR96-788-2004/Pl/Eß, wegen einer Übertretung der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, verhängt, weil sie als Bauherrin auf dem Grundstück Nr., KG L, das Bauvorhaben "Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank" am 27.9.2004 ausgeführt bzw. weitergeführt habe, "obwohl mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3.8.2004, BauR-155197/21-2004-m/En (zugestellt am 3.8.2004) der Baubewilligungsbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Leonding vom 13.7.2004, GZ. III/1-1715-131/9-2002, wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben wurde", und sie somit ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt bzw. weitergeführt habe, "indem von einem Amtssachverständigen für Bau- und Sicherheitstechnik anlässlich eines Lokalaugenscheine am 27.9.2004 um ca. 8.15 Uhr festgestellt wurde, [dass]

 

Begründend wird im Wesentlichen angeführt, mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3.8.2004, BauR-155197/21-2004-Un/En, sei der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Leonding vom 13.7.2004, GZ. III/1-1715-131/9-2002, mit welcher der Bw die Baubewilligung für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank auf dem Grundstück Nr., KG. L, erteilt worden war, wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden. Die aufsichtsbehördliche Entscheidung sei den Rechtsvertretern der Bw noch am 3.8.2004 mit dem Fax zugestellt worden.

 

Mit Schreiben der Oö. Landesregierung vom 4.8.2004, welches noch am selben Tag zugestellt worden sei, sei die Bauherrin davon informiert worden, dass infolge des Wegfalls der Baubewilligung eine allfällige Fortsetzung der Bauführung als konsenslos zu beurteilen wäre. Gleichzeitig sei sie über die Konsequenzen der Weiterführung der Bauarbeiten informiert und insbesondere darauf hingewiesen worden, dass die Fortsetzung der Bauausführung eine Verwaltungsübertretung nach § 57 Oö. Bauordnung darstelle, die mit einer Geldstrafe von 1.450 Euro bis 36.000 Euro zu bestrafen sei. Das bezeichnete Schreiben der Baurechtsabteilung sei dem Bauführer, der Fa. F Bauunternehmung GmbH & Co, S, R, vertreten durch Herrn Baumeister Ing. M F, am 4.8.2004 zugestellt worden.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Leonding vom 26.8.2004, Zl III/1-1715-131/9-2004 (rechtskräftig seit 2.11.2004) sei die Fortsetzung der Bauausführung des gegenständlichen Bauvorhabens untersagt worden.

 

Ungeachtet dessen habe ein Amtssachverständiger der Oö. Landesregierung für Bautechnik am 27.9.2004 anlässlich einer Überprüfung die im Spruch beschriebene rege Bautätigkeit zwecks Fertigstellung des Buschenschankgebäudes festgestellt. Weiters habe aufgrund eines durchgeführten Lokalaugenscheines eines Amtssachverständigen für Bautechnik am 10.11.2004 dieser wie folgt festgestellt:

"... ist festzustellen, dass sämtliche Bauarbeiten, welche sich auf die Rohbauherstellung des Gebäudes bezogen haben, als Weiterführung der Bauarbeiten zu klassifizieren sind. Dies wurde vom unterfertigten Amtssachverständigen bereits am 5.8.2004 im Zuge der Aushubarbeiten festgestellt. Näher erläutert bedeutet dies, dass alle Arbeiten, wie Fundierung, Herstellen des aufgehenden Mauerwerkes, Herstellen der Deckenkonstruktionen als Bauarbeiten zu bezeichnen sind...".

 

Aufgrund der schlüssigen und in sich nachvollziehbaren Feststellungen des Amtssachverständigen vom 10.11.2004 habe die Behörde davon auszugehen, dass es sich bei den genannten Tätigkeiten um keine Sicherungsmaßnahmen, sondern um Baumaßnahmen im Rahmen des geplanten Baufortschritts handle. Den Einwand der Bw, es handle sich um Sicherungsmaßnahmen, wertete die belangte Behörde als Schutzbehauptung. Den Überprüfungsergebnissen zu Folge stehe zweifelsfrei fest, dass die Bw als Bauherrin auf dem Grundstück Nr., KG L, mit den spruchgegenständlichen Bauarbeiten zur Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank trotz Aufhebung des Baubewilligungsbescheides am 3.8.2004 und damit ohne im Besitz der erforderlichen rechtskräftigen Baubewilligung zu sein, im spruchgegenständlichen Ausmaß nach dem ursprünglich geplanten Baufortschritt fortgefahren sei bzw. das Bauvorhaben im Zeitraum am 27.9.2004 wie im Spruch näher beschrieben ausgeführt habe.

 

Die Verwirklichung des Tatbestands sei nicht bloß fahrlässig, sondern vorsätzlich - und zwar im Grad der Wissentlichkeit - erfolgt, da die Bw - obwohl sie von der Bauaufsichtsbehörde mit Schriftsatz vom 4.8.2004 im Speziellen darauf hingewiesen worden sei - nach Aufhebung des Baubewilligungsbescheides in positiver Kenntnis, dass keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt und durch eine allfällige Baufortführung ein strafbarer Tatbestand verwirklicht wird, Bauarbeiten in dem im Spruch näher beschriebenen Ausmaße zum Zwecke der Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes mit Buschenschank ausgeführt.

 

Eine Notstandssituation gemäß § 6 VStG sei deshalb nicht gegeben, weil es sich bei dem im Spruch genannten Baumaßnahmen um keine Sicherungsmaßnahmen handle und die spruchgegenständliche Bauführung nicht im Zusammenhang mit einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben und die Freiheit oder das Vermögen von Personen stehe. Ein Schuldausschließungsgrund im Sinne eines Notstands liege daher mangels Vorliegens einer Notstandssituation nicht vor.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegend rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt wird.

 

Vorgebracht wird u.a., dass der gegenständliche Strafbescheid ausschließlich Maßnahmen inkriminiere, die keine bewilligungspflichtigen Bauführungen sondern Sicherungsmaßnahmen, die unbedingt zur Absicherung der Baugrube erforderlich gewesen wären, darstellen würden. Dies wird näher begründet.

 

Mit Bescheid der Oö. Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde vom 3.8.2004 sei der Baubewilligungsbescheid ohne ein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren und ohne Kenntnis des Bauakts amtswegig aufgehoben worden. Erst danach sei ein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, das mit dem Bescheid vom 26.8.2004, mit dem der Bw die Fortsetzung der Bauausführung untersagt wurde, abgeschlossen worden sei. Dagegen habe die Bw mit aufschiebender Wirkung Berufung erhoben, welcher jedoch mit Bescheid der Stadt Leonding vom 28.10.2004 keine Folge gegeben worden sei. Frühestens mit Zustellung der Berufungsentscheidung der Baubehörde zweiter Instanz sei ein verwaltungsstrafrechtlich relevantes Handeln der Bw möglich gewesen, weil sie sich bis dahin trotz des gesetzwidrigen Bescheides der Aufsichtsbehörde vom 3.8.2004 noch immer auf die seitens der zuständigen Baubehörde erteilte Baubewilligung verlassen habe dürfen.

 

Seitens der Bw liege daher weder ein verwaltungsstrafrechtlich strafbares Handeln noch ein Verschulden vor.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung samt deren Beilagen (Kopie des Baubewilligungsbescheides der Stadt Leonding vom 13.7.2004, des Bescheides der Stadt Leonding vom 26.8.2004, des Bescheides der Stadt Leonding vom 28.10.2004, der Statik über temporäre Bodenvernagelung vom 27.7.2004, des Gutachtens DI Dr. E vom 9.9.2004, des Schreibens der Firma G-P- und S GmbH vom 9.9.2004, des Schreibens der Firma F Bauunternehmung GmbH & Co KG vom 2.9.2004, des Schreibens der Stadt Leonding vom 14.9.2004, des Aktenvermerkes der Stadt Leonding vom 10.11.2004, des Bescheides der Stadt Leonding vom 11.11.2004, des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.2004 sowie des Einkommenssteuerbescheides der Bw betreffend das Jahr 2002) und samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit begründet. Dieser hatte, da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu den Zahlen VwSen-210452, VwSen-210453, VwSen-210454 und VwSen-210455 am 17. März 2005, zu welcher A R als Bw in den Verfahren zu den Zahlen VwSen-210454 und VwSen-210455, Ing. M F als Bw in den Verfahren zu den Zahlen VwSen-210452 und VwSen-210453, deren jeweilige rechtsfreundliche Vertreter sowie Dipl.Ing. E P (Leiter der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik) als Sachverständiger erschienen sind.

 

In der Berufungsverhandlung wurde der Beschluss verkündet, dass die mündlichen Verhandlungen in den Angelegenheiten der Berufungen der A R und des Ing. M F gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. November 2004, Zl. BauR96-584-2004/Stu, und vom 11. November 2004, Zl. BauR96-788-2004/Pl/Eß, (Bw jeweils A R) sowie vom 11. November 2004, Zl. BauR96-787-2004/Pl/Eß und vom 5. November 2004, Zl. BauR96-585-2004/Stu (Bw jeweils Ing. M F), aus Zweckmäßigkeit und Kostengründen zu einer gemeinsamen Verhandlung verbunden werden.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde im Zuge einer gründlichen Erörterung des Sachverhalts mit den Parteien und dem Sachverständigen Dipl.Ing. P von letzterem festgestellt, dass davon auszugehen ist, dass die gegenständlichen Baumaßnahmen zwischen dem 1.9. und dem 27.9.2004 durchgeführt worden waren.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde offensichtlich der Text der in der Anzeige enthaltenen Feststellungen des Amtssachverständigen Ing. S vom 27.9.2004 übernommen. Diese Feststellungen sind jedoch als Rückblick auf zwischen dem 1.9.2004 und dem vorgeworfenen Tattag (mithin auf außerhalb des im Spruch vorgeworfenen Tatzeitraums) geschehene Arbeiten bezogen. Für den Tattag bleibt allenfalls der Passus relevant: "Derzeit wird die Unterstellung im offenen Deckenbereich an der südlichen Kelleraußenwand zur Errichtung der dort vorgesehenen Gewölbedecke hergestellt." Es bleibt jedoch in Anbetracht der Auskunft des Sachverständigen zumindest zweifelhaft, ob diese letztgenannten Arbeiten genau am vorgeworfenen Tattag durchgeführt wurden. Da sohin im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Tatzeitraum falsch bezeichnet wurde, ist es schon aus diesem Grund zu beheben.

 

Zum selben Ergebnis kommt man aufgrund folgender Überlegung: Wegen des selben Delikts (der konsenslosen Bautätigkeit am gegenständlichen Objekt) wurde die Bw mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5.11.2004, Zl. BauR96-584/Stu, bestraft. Der hier gegenständliche Tatzeitraum, der 27.9.2004, liegt vor dem Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses vom 5.11.2004. Da gegenständlich von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist, für das nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 22.9.1992, Zl. 92/06/0122 sowie vom 22.9.1992, Zl. 92/06/0087) gilt, dass die Bestrafung alle (allenfalls erst später bekannt gewordenen) Einzeltathandlungen bis zum Zeitpunkt der Fällung (Zustellung des Straferkenntnisses erster Instanz) erfasst, ist auch gegenständlich davon auszugehen, dass die im Spruch des vorliegenden Straferkenntnisses vorgeworfenen Einzelakte vom Straferkenntnis vom 5.11.2004 erfasst bzw. mit diesem abgegolten waren. Auch aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden (vgl. auch Art. 4 Abs.1, 7. ZPEMRK - Verbot der Doppelbestrafung).

 

In Anbetracht dieses Ergebnisses erübrigt sich die Erörterung des - nicht a priori von der Hand zu weisenden - Berufungsarguments, das Verhalten der Bw könne deshalb nicht strafbar sein, weil ihr mit Bescheid vom 26.8.2004 die Baufortsetzung untersagt wurde, im Untersagungsbescheid jedoch ausdrücklich die Nichtaberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ausgesprochen wurde und die Berufung erst mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leonding vom 28.10.2004 abgewiesen wurde.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Langeder

 

 

 

 
 

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