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VwSen-220034/23/Gu/Bf

Linz, 30.12.1991

VwSen - 220034/23/Gu/Bf Linz, am 30. Dezember 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des J, vertreten durch DDr.H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 26. Juli 1991, Ge-96-31-1991, wegen Übertretung der Gewerbeordnung nach der am 3.12.1991 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 i.V.m. § 24 VStG, § 366 Abs.1 Z.1 GewO 1973, § 19 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 400 S und die Gebühren des nicht amtlichen Sachverständigen im Betrag von 1.000 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 und 3 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber schuldig erkannt, in der Zeit vom 1.1.1991 bis 11.3.1991 in K, Paletten aus Holz hergestellt und jede zweite Woche 100 Paletten an die Firma G, Kremsmünster um einen Preis von 70 S je Palette geliefert zu haben, ohne im Besitze einer entsprechenden Gewerbeberechtigung für die Palettenerzeugung gewesen zu sein. Hiefür wurde über den Beschuldigten in Anwendung des § 366 Abs.1 Z.1 Gewerbeordnung 1973 eine Geldstrafe von 2.000 S, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und ein Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz von 200 S auferlegt.

2. Dagegen richtet sich die Berufung im wesentlichen mit der Begründung, daß der Berufungswerber nicht nur Landwirt sondern auch Forstwirt sei und als solcher die in Rede stehenden Paletten als land- und forstwirtschaftliches Nebengewerbe in Ausnahme zur Gewerbeordnung ausüben habe dürfen. Er habe nur Schadholz vermarktet; es sei bei Forstwirten üblich, Forstprodukte selbst zu vermarkten.

3. Über die Berufung wurde die öffentliche mündliche Verhandlung am 3.12.1991 unter Zuziehung sämtlicher Parteien durchgeführt und in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen sowie ein vom Beschuldigten beantragter forstwirtschaftlicher Sachverständiger der O.ö. Landwirtschaftskammer vernommen, weil aus dem Kreise der Amtssachverständigen ein solcher Sachverständiger ohnedies nicht zur Verfügung stand.

4. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

Der Beschuldigte hat vom 1.1. bis 11.3.1991 in seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Kremsmünster, Mairdorf 10, Paletten aus Holz hergestellt, welches aus eigenem Bestand aus Windwürfen angefallen war.

Das für die Paletten verwendete Holz wurde nach Anschaffung eines Gatters teilweise selbst eingeschnitten, teilweise stammte es von Seitenware sowie Resten eigenen Holzes, welches beim Einschnitt eines selbst benötigten Dachstuhles durch eine fremde Säge - nach deren Lohnschnitt - angefallen war. Der Holzpreis für eine Palette, bezogen auf eingeschnittenes Holz der verwendeten Güte, entsprach etwa 42 S, der Wert der Rohware betrug bei einem Durchschnittspreis von 800 S pro Festmeter bezogen auf dieselbe Menge 34 S.

5. Weder der Beschuldigte, noch der zugezogene Sachverständige konnten konkrete land- und forstwirtschaftliche oder rein forstwirtschaftliche Betriebe angeben, in denen Paletten als land- und forstwirtschaftliches Nebenprodukt erzeugt werden und auch keine Orte angeben, in denen solchermaßen erzeugte Produkte angeboten und auf den Markt gebracht werden. Darüber hinaus standen weder der Erstbehörde noch der Berufungsbehörde Indizien zur Verfügung, die auf den regelmäßigen marktmäßigen Vertrieb von Paletten aus Holz im Rahmen eines entsprechenden land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerbes schließen lassen.

Insoweit stehen die Beweisergebnisse zur Verantwortung des Beschuldigten nicht im Widerspruch. Darüber hinaus steht fest, daß der Beschuldigte für die von ihm entfaltete Tätigkeit kein entsprechendes Gewerbe angemeldet hat.

6. Gemäß § 366 Abs.1 Z.1 GewO 1973 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs.1 GewO 1973 sind die Bestimmungen der Gewerbeordnung, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten anzuwenden.

Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll. Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Die Tätigkeit der Erzeugung von Paletten aus Holz ist als einfache Teiltätigkeit losgelöst von gebundenen Gewerben, von Handwerken oder von konzessionierten Gewerben denkbar und die Gewerbeausübung bedarf gemäß § 5 Abs.1 und § 339 GewO 1973 der Anmeldung bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes.

Ausgenommen von der Anwendung der gewerberechtlichen Vorschriften sind trotz Vorliegens der Merkmale der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 2 Abs.1 Z.1 und 2 GewO 1973 die Land- und Forstwirtschaft und die Nebengewerbe der Landund Forstwirtschaft. Unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Abs.4 Z.1 leg.cit. sind zu verstehen: die Verarbeitung und Bearbeitung hauptsächlich des eigenen Naturproduktes bis zu einer Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, soweit die Tätigkeit der Verarbeitung und Bearbeitung gegenüber der Tätigkeit der Erzeugung des Naturproduktes wirtschaftlich untergeordnet bleibt; das gleiche gilt für den Wert der allenfalls mitverarbeiteten Erzeugnisse gegenüber dem Wert des Naturproduktes.

7.1. Es steht fest, daß der Beschuldigte vom 1.1.1991 bis 11.3.1991, sohin in einem längeren Zeitraum (und darüber hinaus - was jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist), selbständig Paletten aus Holz hergestellt hat, wobei die Absicht bestand, daraus einen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, welcher Vorteil tatsächlich auch erzielt worden ist. Die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit sind erfüllt. Eine Anmeldung des Gewerbes erfolgte nicht.

Die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sind nur unter den vorerwähnten Bedingungen vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen; dabei ist nicht entscheidend, bis zu welcher Veredelungsstufe der Landwirt sein Produkt be- und verarbeitet.

Soll die Ausnahme von der Gewerbeordnung demnach noch tragen, ist von Bedeutung, daß es sich um eine der Urproduktion wirtschaftlich untergeordnete Tätigkeit handeln muß, hauptsächlich das eigene Naturprodukt be- und verarbeitet wird und daß über die Erzielung eines Erzeugnisses, wie es von Land- und Forstwirten in der Regel auf den Markt gebracht wird, nicht hinausgegangen wird.

7.2. Bei der unbefugten Gewerbeausübung handelt es sich um ein Ungehorsamdelikt, zu dessen Vollendung des Tatbestandes der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies bedeutet im Ergebnis, daß der Täter auch die Beweislast für die Ausnahme vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung zu tragen hat.

Konkrete Anknüpfungspunkte, daß Land- und /oder/ Forstwirte Holzpaletten in der Regel auf den Markt bringen, konnte weder der Beschuldigte liefern, noch ist dies eine offenkundige Tatsache oder durch die Einvernahme des forstwirtschaftlichen Sachverständigen bescheinigt.

Da eine wesentliche Voraussetzung für die Ausnahme von der Gewerbeordnung fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob durch die teilweise Mitverwendung von, wohl selbst produziertem aber lohngeschnittenen Holz, die Kette des hauptsächlich zu verwendenden Naturproduktes nicht durchbrochen und die wirtschaftliche Unterordnung zur Urproduktion, die nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes, bei wesentlich geringeren Vergleichswerten als 50 % angesiedelt ist, noch gegeben war.

7.3. Bezüglich der Aufarbeitung des Schadholzes durch die Verwendung von Holzteilen zur verpönten, weil unangemeldet gebliebenen Palettenerzeugung, kommt dem Beschuldigten ein Rechtfertigungsgrund des übergesetzlichen Notstandes nicht zu. Unter Notstand im Sinne des § 6 VStG kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich, oder einen anderen, aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und alleine dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht; dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung, soferne sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (VwGH vom 24.4.1974, 1999/73, 13.11.1981, 81/02/0252, 11.4.1986, 86/18/0051, 0052).

Im Hinblick darauf, daß die forstliche Fläche des Beschuldigten nur 4,81 Hektar umfaßt, die Gesamtfläche des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes jedoch 32 Hektar beträgt, die daraus gezogenen Einkünfte nicht bekanntgegeben, jedoch eine Existenzgefährdung schlechthin nicht geltend gemacht wurde, aber auch die Unaufschiebbarkeit der Tätigkeit ohne vorherige Gewerbeanmeldung nicht bescheinigt ist, konnte kein Rechtfertigungsgrund gefunden werden, warum die erforderliche Gewerbeanmeldung - deren Notwendigkeit die belangte Behörde dem Beschuldigten vor Augen geführt hat unterblieb. Der Beschuldigte hat die Tat daher voll zu verantworten.

8. Hinsichtlich der Strafbemessung, die vom Berufungswerber nicht gerügt wurde, hat die Erstbehörde mangels der Bereitschaft des Beschuldigten, über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Angaben zu machen, geschätzt, daß der Beschuldigte keine Sorgepflichten hat, eine Landwirtschaft mit ca. 25 Hektar Grund besitzt und ein Einkommen im Monat von ca. 15.000 S erzielt. Erschwerend hat sie, als über das Tatbestandsmäßige hinausgehend, die unbefugte Gewerbeausübung während eines längeren Zeitraumes und die Uneinsichtigkeit trotz Aufklärung über die Rechtslage gewertet. Als mildernd wurde kein Umstand angesehen.

Angesichts des auch weiterhin unbestritten gebliebenen geschätzten Monatseinkommen von 15.000 S und des Eigentums an land- und forstwirtschaftlichen Gründen im Ausmaß von 32 Hektar, sowie der nunmehr im Berufungsverfahren bekanntgegebenen Sorgepflicht für eine Tochter, ist die verhängte Geldstrafe von 2.000 S (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) im Verhältnis zum Strafrahmen bis zu 50.000 S beim erzielten Erlös von rund 35.000 S sowohl unter dem Blickwinkel der gewichtigen objektiven Tatseite als auch der subjektiven Tatseite nicht überhöht und ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens gelegen.

Die erfolglose Berufung hat die kostenmäßige Auswirkung, daß dem Beschuldigten als Beitrag zu den Verfahrenskosten zum Berufungsverfahren 20 % der verhängten Strafe, das sind 400 S, und die mit 1.000 S bestimmten Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen, dessen Zuziehung mangels Vorhandensein eines Amtssachverständigen beantragt wurde und geboten erschien, aufzuerlegen waren (§ 64 Abs.2 und 3 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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