Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220089/36/Kon/Rd

Linz, 26.05.1992

VwSen - 220089/36/Kon/Rd Linz, am 26. Mai 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in der mündlichen Verhandlung am 15. Mai 1992 durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer, dem Berichter Dr. Robert Konrath und dem Beisitzer Dr.Kurt Wegschaider über die Berufung des F gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22. Oktober 1991, Ge96/96/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idF. BGBl.Nr. 544/1982 i.V.m. § 46 Abs.6 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983; § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, §§ 51 Abs.1 und 51i VStG.

II. Der Berufung wird hinsichtlich der Strafhöhe Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe wird auf 5.000 S, die Ersatzarreststrafe auf die Dauer von 2 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf 500 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat in ihrem eingangs zitierten Straferkenntnis dem Beschuldigten F der Verwaltungsübertretung gemäß § 46 Abs.6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 i.V.m. § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 31 Abs.2 lit.p leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt, weil er, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, am 23. Mai 1991 bei der Baustelle L, als gemäß § 9 VStG verantwortlicher Geschäftsführer der F in W (M) von zwei Arbeitnehmern der Firma (Hr. E) auf einem aus 7 Feldern und 3 Etagen bestehenden Stahlrohrgerüst an der straßenseitigen Fassade in einer Höhe von ca. 4 m Arbeiten durchführen hat lassen, obwohl auf sämtlichen Etagen Mittel- und Fußwehren fehlten. Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 2.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu bezahlen.

Die Erstbehörde stützt ihren Vorwurf im wesentlichen auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz vom 27.5.1991. Bei der Strafbemessung hat sie zwei Bestrafungen des Beschuldigten wegen der gleichartigen Verwaltungsübertretung erschwerend gewertet.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte F rechtzeitig Berufung erhoben und darin im wesentlichen eingewandt, daß die gesamten Vorarbeiten, wie die Gerüstung und die Putzausbesserungen von der Baufirma W durchgeführt worden seien. Auch zum Zeitpunkt der Überprüfung der Baustelle durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk hätten drei Leute (Ausländer) der genannten Firma auf dem Gerüst Putzausbesserungen durchgeführt. Diese hätten aber nur schlecht Deutsch gesprochen, was der Grund dafür sei, daß nur die Namen des Personals seiner Firma aufgenommen worden seien.

Die Erstbehörde sah sich nicht veranlaßt, eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG zu treffen und hat die Berufung unter Anschluß ihres Verfahrensaktes dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dessen Zuständigkeit ist hiedurch eingetreten. Die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt und das Ergebnis der am 15.5.1992 durchgeführten mündlichen Verhandlung ergab folgenden entscheidungserheblichen Sachverhalt:

Der im erstbehördlichen Schuldspruch enthaltene Tatvorwurf entspricht den Tatsachen. Ebenso den Tatsachen entspricht aber auch das Berufungsvorbringen des Beschuldigten, wonach das mangelhafte gegenständliche Gerüst von der Baufirma W errichtet und auch von deren Arbeitern benutzt wurde. Für die gesamte Baustelle war die Firma W zuständig und verantwortlich. Der Beschuldigte war nur als Subunternehmer auf der gegenständlichen Baustelle tätig. Wie der Beschuldigte bei der mündlichen Verhandlung vorbrachte, habe er darauf vertraut, daß das Gerüst von der Firma W ordnungsgemäß aufgestellt worden sei, weil dies seitens der genannten Firma auch auf anderen Baustellen, bei denen der Beschuldigte ebenfalls beteiligt war, immer klaglos erfolgt sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 46 Abs.6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983, müssen Gerüstbeläge, von denen Arbeitnehmer mehr als zwei Meter abstürzen können, mit Brust- und Fußwehren gesichert sein.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes 1972, BGBl.Nr. 234 idF, BGBl.Nr. 544/1982, begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind - sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Auf Grund der Tatsache, daß die beiden Arbeitnehmer des Beschuldigten auf den ohne Fuß- und Brustwehren versehenen Gerüst in 4 m Höhe Arbeiten verrichteten, ist der Tatbestand der obzitierten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht voll erfüllt. Ebenso ist aber auch die subjektive Tatseite dieser Verwaltungsübertretung (das Verschulden) im Sinne des § 5 VStG gegeben, da der Beschuldigte im gesamten Verfahren nicht glaubhaft machen konnte, daß ihn an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift (§ 46 Abs.6 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung) kein Verschulden traf und er ebensowenig den ihm obliegenden Beweis über seine unverschuldete Unkenntnis der von ihm verletzten Verwaltungsvorschrift erbrachte. Im übrigen muß von ihm als Inhaber eines -betriebes die Kenntnis der einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften verlangt werden können.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung in bezug auf den erstbehördlichen Schuldspruch der Erfolg zu versagen und wie im Spruch (Abschnitt I) zu entscheiden.

Zur Strafhöhe: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der objektive Schuldgehalt der gegenständlichen Tat ist insofern nicht unerheblich, weil wegen des Fehlens der Brust- und Fußwehren am gegenständlichen Gerüst, die Absturzgefahr der Arbeitnehmer des Beschuldigten erheblich war. Zudem kommt, daß ein Absturz aus 4m Höhe schwerste Verletzungen mit dauernder Invalitität und sogar den Tod nach sich zu ziehen vermag. Demgegenüber steht jedoch in erheblichen Maße schuldmindernd der Umstand, daß die gegenständliche Baustelle unter der Leitung und Aufsicht des Personals eines konzessionierten Bauunternehmens stand und dieses Unternehmen auch für die ordnungsgemäße Errichtung des gegenständlichen Gerüstes verantwortlich war. Der Beschuldigte der als Subunternehmer der verantwortlichen Baufirma W tätig war, konnte daher mit gutem Grund davon ausgehen, daß seinen entsandten Arbeitnehmern ein den einschlägigen Vorschriften entsprechendes Gerüst zur Verfügung stand. Es kann dem Beschuldigten nur in sehr geringem Ausmaß Fahrlässigkeit dahingehend vorgeworfen werden, als er sich nicht persönlich von der Ordnungsgemäßheit des gegenständlichen Gerüstes überzeugt hat.

Neben diesen Gründen fand bei der Strafmilderung auch Berücksichtigung, daß der Beschuldigte als Subunternehmer in bezug auf Terminplanung und Arbeitsablauf auf der gegenständlichen Baustelle weitgehend in Abhängigkeit zur Firma W als Hauptunternehmer stand.

Auf Grund dieser Umstände ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, daß trotz der zwei einschlägigen Bestrafungen des Beschuldigten, die über ihn verhängte Strafe von 20.000 S als unangemessen hoch zu bewerten ist. Aus diesem Grund wurde der Berufung des Beschuldigten gegen die Höhe der verhängten Strafe Folge gegeben und das Strafausmaß entsprechend dem geringen Grad seines Verschuldens auf das im Spruch (Abschnitt II) festgesetzte Ausmaß herabgesetzt.

Zu II.: Die Kostenentscheidung ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sofern sie vom Beschuldigten erhoben wird, ist sie von einem Rechtsanwalt zu unterfertigen.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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