Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210329/3/Lg/Bk

Linz, 24.07.2001

VwSen-210329/3/Lg/Bk Linz, am 24. Juli 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Mag. Stierschneider) über die Berufung des D gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Perg vom 11.5.2000, Zl. Wi96-17-2000, wegen einer Übertretung des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes, zu Recht erkannt:
 
 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.
 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.
 
 

Rechtsgrundlage:
Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1 und Z3 VStG.
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen:
"Sie haben es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der H Aktiengesellschaft im Sinne der Bestimmungen des § 9 VStG zu verantworten, dass die H Aktiengesellschaft ihrer Verpflichtung im Rahmen des von ihr im Standort, betriebenen Güterbeförderungsgewerbes die gemäß § 3 Ziffer 1 des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes iVm § 2 der Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung, die für die Berichtswoche 17.10.1999 bis 23.10.1999 erforderliche Meldung binnen 1 Woche nach Ablauf der vorangeführten Berichtswoche an die Statistik Österreich zu erstatten, innerhalb der gesetzlichen Frist nicht nachgekommen ist.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 3 Ziffer 1 des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes BGBl.Nr. 142/1983 iVm § 2 der Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung BGBl.Nr. 393/1995.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) werden über Sie folgende Strafen verhängt:
gemäß § 23 Abs.1 Ziffer 6 des Güterbeförderungsgesetzes BGBl.Nr. 63/1952 i.d.g.F., iVm § 17 der Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung BGBl.Nr. 393/1995 eine Geldstrafe von S 20.000 ,--
Falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von
7 Tagen"
 
Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich auf die Anzeige der Statistik Österreich vom 17.1.2000, in der behauptet wird:
 
"Frau/Herr/Firma H Bau AG. war als §5 Z2 des Straßen- und Schienenverkehrstatistikgesetzes, BGBl.Nr. 142/1983 und gemäß § 8 der oben zitierten Verordnung verpflichtet, die Meldung für die Berichtswoche
17.10.1999 - 23.10.1999
der Statistik Österreich bis spätestens eine Woche nach Ablauf der angeführten Berichtswoche zu übermitteln, ist jedoch trotz mehrmaliger Mahnung vom 30.11.1999 und vom 14.12.1999 mittels Rückscheinbrief (siehe Beilage), und Einräumung einer Nachholfrist von einer Woche dieser Verpflichtung nicht nachgekommen und hat somit eine Verwaltungsübertretung gemäß §23 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz BGBl.Nr. 593/1995 i.d.g.F. begangen."
 
Aus Fotokopien von Rückscheinen ist ersichtlich, dass zwei Schreiben (oder zumindest Kuverts) des österreichischen statistischen Zentralamts an die H Bau AG, W gerichtet wurden, auf diesen beiden Rückscheinen unter handschriftlicher Ausbesserung der Adresse auf K die Adressen umgeändert wurden und diese Schreiben (laut Unterschriften auf den Rückscheinen) am 2.12.1999 und am 16.12.1999 von einem Postbevollmächtigten für RSb-Briefe übernommen wurden.
 
Bei der Bemessung der Strafhöhe wird von einem Strafrahmen von 20.000 S bis 100.000 S ausgegangen.
 
2. In der Berufung wird behauptet, dass dem Bw weder die entsprechenden Unterlagen zur Ausfüllung der geforderten Meldung noch eine Nachfristsetzung ordnungsgemäß zugegangen seien.
 
Außerdem wird vorgebracht, dass der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Strafrahmen auf einer unzutreffenden Auslegung beruhe, da Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs.1 Z3 und Z7 bis 9 mit einer Mindestgeldstrafe von ATS 20.000 zu ahnden seien, die Z3 sowie 7 bis 9 seien jedoch als Begründung nicht angeführt worden, sodass sie bei der Strafzumessung keine Anwendung hätten finden dürfen; zumindest habe sich die erkennende Behörde in der Begründung nicht auf die Z3 und 7 bis 9 berufen.
 
Überdies seien mit einer Geldstrafe in dieser Höhe die Mittel der Verhältnismäßigkeit bei weitem überschritten.
 
Es wird beantragt das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.
 
3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
 
3.1. Das Bundesgesetz vom 21.2.1983, BGBl.Nr. 142, über statistische Erhebungen im Bereich des Straßen- und Schienenverkehrs (Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz) enthält folgende hier interessierende Regelungen:
 
"§ 2. Gegenstand der Erhebungen sind:
1. die Betriebs-, Verkehrs- und Transportleistungen im Bereich des Güterverkehrs;
2. die Betriebs-, Verkehrs- und Transportleistungen im Bereich des Personenverkehrs;
3. die für die Beurteilung der verkehrswirtschaftlichen Struktur des Güter- und Personenverkehrs erforderlichen betrieblichen Bestands- und Erfolgsdaten österreichischer Unternehmen, sofern diese Daten nicht im Rahmen anderer Erhebungen des österreichischen statistischen Zentralamtes anfallen;
4. die für die Beurteilung der verkehrswirtschaftlichen Struktur erforderlichen Daten über die Verkehrswege.
 
§ 3. Zur Auskunftserteilung und Mitwirkung bei statistischen Erhebungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind verpflichtet:
1. die in- und ausländischen gewerbsmäßige Beförderung von Gütern oder Beförderung von Gütern im Werkverkehr betreibenden Unternehmer;
...
 
§ 7. In- und ausländische Güterbeförderungsunternehmer sowie die Werkverkehr betreibenden Unternehmer haben bei Güterbeförderungen im Bundesgebiet und bei Güterbeförderungen über die Grenze im Rahmen des nach § 11 festgelegten Erhebungsumfanges für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut jeweils ein verkehrsstatistisches Anmeldeformular auszufüllen. Werden im grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb eines Tages mehrere Sendungen des gleichen Gutes mit demselben Kraftfahrzeug (Kraftwagenzug) von ein und demselben Absender und Beladeort zu ein und demselben Empfänger und Entladeort befördert, so kann der Bundesminister für Verkehr hiefür eine vereinfachte statistische Anmeldung vorsehen.
 
§ 11. Der Bundesminister für Verkehr hat durch Verordnung Anordnungen zu treffen über:
1. den Erhebungsgegenstand;
2. die Erhebungsmerkmale;
3. den Berichtzeitraum und Stichtag;
4. den Kreis der Auskunftspflichtigen;
5. Art, Form und Umfang der Durchführung der Erhebungen, der Auswertung und der Datenübermittlung.
 
§ 12. Der Bundesminister für Verkehr kann unter Bedachtnahme auf Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis anordnen, dass für statistische Auswertungen geeignete Frachtpapiere sowie im Zollverfahren verwendete Erklärungen unter Unterlagen als verkehrsstatistische Erhebungsformulare verwendet werden können. Soweit im Zollverfahren verwendete Erklärungen oder Unterlagen als Erhebungsformulare verwendet werden, sind die Zollbehörden verpflichtet, diese dem statistischen Zentralamt zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. Das statistische Zentralamt ist verpflichtet, den Zollbehörden auch Auskünfte über Einzelfälle zu geben."
 
Die Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über statistische Erhebungen im Bereich des Straßen- und Schienengüterverkehrs (Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung) stützt sich laut ihrer Präambel auf die §§ 7, 11 und 12 des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes, BGBl.Nr. 142/1983 und § 15 Abs.3 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl.Nr. 63/1952, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 222/1994.
 
Diese Verordnung (im Folgenden kurz als "Verordnung" bezeichnet) enthält folgende hier interessierende Regelungen:
 
"§ 2. Die Angaben für die Bestands-, Betriebs- und Verkehrsstatistik sind für den jeweiligen Berichtszeitraum anzumelden. Der Berichtszeitraum ist jener Zeitraum, für den der Erhebungsadressat seine statistischen Berichte abzugeben hat. Er wird vom österreichischen statistischen Zentralamt im Rahmen der Festlegung der Erhebungsform iSd § 9 bekannt gegeben und beträgt pro berichtspflichtigem Unternehmen höchstens eine Woche im Vierteljahr.
 
§ 8. Auskunftspflichtig sind alle österreichischen Unternehmen, die Güterbeförderungen auf der Straße durchführen. Der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges hat im Falle einer Vermietung seines Kraftfahrzeuges oder des Abschlusses eines Leasingvertrages über sein Kraftfahrzeug zum Zwecke des Gütertransportes den Mieter bzw. Leasingnehmer über die Auskunftspflicht zu informieren.
 
§ 9. Die Erhebungen sind im Stichprobenverfahren durchzuführen. Das österreichische statistische Zentralamt hat über die im Rahmen des Auswahlverfahrens ermittelten Erhebungsadressaten Aufzeichnungen zu führen, in die die zur Auskunft Verpflichteten Einsicht nehmen können.
 
§ 10. (1) Als amtliche Erhebungsformulare gelten:
1. die Meldeformulare über den Güterverkehr auf der Straße (Anlage 1);
2. der Frachtbrief gemäß § 14 Güterbeförderungsgesetz;
3. das vereinfachte Frachtdokument (Anlage 2).
(2) Die Erhebungsformulare gemäß Abs.1 Z1 werden vom österreichischen statistischen Zentralamt, die fortlaufend nummerierten Vordrucke für die Frachtbriefe gem. Abs.1 Z2 und 3 vom Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe aufgelegt.
(3) Werden innerhalb eines Tages
1. mehrere Sendungen des gleichen Gutes mit demselben Kraftfahrzeug (Kraftwagenzug) von ein und demselben Absender und Beladeort zu ein und demselben Empfänger und Entladeort oder
2. nähere Teilsendungen oder
3. Güter über eine Entfernung von höchstens 149 km befördert,
so kann das vereinfachte Frachtdokument nach dem Muster der Anlage 2 verwendet werden.
(4) ...
 
§ 11. (1) Die Erhebungsformulare sind vorschriftsmäßig auszufüllen und dem österreichischen statistischen Zentralamt unmittelbar nach Ablauf des Berichtszeitraumes, die Frachtbriefe nach Nummern geordnet, zu übersenden.
(2) Unbrauchbar gewordene Frachtbriefe sind zu entwerten und mit den ausgefüllten Frachtbriefen vorzulegen. Ist eine Rücksendung nicht möglich, so ist dies in einer Meldung an das österreichische statistische Zentralamt zu begründen. Des Weiteren sind die Nummern der während eines Jahres bezogenen und bis zum Jahresablauf nicht verwendeten Frachtbriefe bis zum 20. Jänner des Folgejahres bekannt zu geben.
 
§ 17. Eine Verwaltungsübertretung iSd § 16 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz begeht, wer seiner Auskunftspflicht gemäß §§ 8 ... nicht, unvollständig oder nicht zeitgerecht nachkommt."
 
Die hier interessierenden Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes (GütBefG) in der obzitierten Fassung lauten:
 
"§ 15 ...
(3) Der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr kann unter Bedachtnahme auf Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis durch Verordnung für bestimmte Beförderungen ein anders Beförderungspapier als den Frachtbrief vorsehen und das Muster dieses Beförderungspapiers sowie die näheren Bestimmungen über seine Beschaffenheit und Verwendung festsetzen.
 
§ 16 (1) ... begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 100.000 S zu ahnden ist, wer
...
6. andere als die in Z1 bis 5 genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes ... oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält;
...
(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z1, 2 und 5 ... hat die Geldstrafe mindestens 5.000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z6 und 7 hat die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen."
 
Infolge der Wiederverlautbarung des Güterbeförderungsgesetzes mit BGBl.Nr. 593/1995 erhielt § 15 Abs.3 in der obzitierten Fassung die Bezeichnung § 18 Abs.3. § 16 Abs.1 Z6 und Abs.2 erhielten die Bezeichnung § 23 Abs.1 Z6 und Abs.2.
 
Mit dem Bundesgesetz BGBl.Nr. 17/1998 erhielt § 23 Abs.2 folgende Fassung:
 
"(2) Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z1, 2, 5 und 6 ... hat die Geldstrafe mindestens 5.000 S zu betragen. Bei Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 Z3 und Z7 bis 9 hat die Geldstrafe mindestens 20.000 S zu betragen."
 
3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat geht davon aus, dass die Pflicht zur Mitwirkung an den statistischen Erhebungen nach dem Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz erst durch Aufforderung des Verpflichteten ausgelöst wird. Dies ergibt sich aus dem Stichprobenverfahren (§ 9 der Verordnung) und wurde durch Anfrage des unabhängigen Verwaltungssenates bei der Statistik Österreich bestätigt. Wenn nun der Bw behauptet, ihm seien die entsprechenden Unterlagen zur Ausfüllung der geforderten Meldung nicht ordnungsgemäß zugegangen, so ist dies nach der Aktenlage nicht zu widerlegen. Für den Zugang der von den späteren "Mahnungen" (selbst diese sind nur in Form von Rückscheinkopien "belegt") zu unterscheidenden Aufforderung fehlt jeglicher Nachweis im Akt. Schon aus diesem Grund ist dem Bw - im Zweifel - Recht zu geben.
 
Daran würde es im Ergebnis nichts ändern, wenn man in den "Mahnungen" (ihr Inhalt ist aus dem Akt nicht ersichtlich) neue Fristsetzungen erblicken könnte, da der Tatzeitraum im angefochtenen Straferkenntnis mit der Woche nach Ablauf der Berichtswoche vom 17.10.1999 bis 23.10.1999 umschrieben ist.
 
3.3. Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Tat im Hinblick auf § 44a VStG ausreichend genau umschrieben ist. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist nur dann entsprochen, wenn die Tatumstände so genau umschrieben sind, dass
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S 968 ff mit Judikaturnachweisen).
 
Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Bw vorgeworfen, er (bzw die H-AG) sei seiner (ihrer) "Verpflichtung ... die ... erforderliche Meldung ... zu erstatten ... nicht nachgekommen". Worin die "Pflicht, die erforderliche Meldung zu erstatten" besteht, wird nicht gesagt, was umso problematischer ist, als selbst die sachlich naheliegenden Verordnungsbestimmungen unklar sind: § 2 der Verordnung spricht von der Pflicht "die Angaben für die Bestands-, Betriebs- und Verkehrsstatistik ... für den jeweiligen Berichtszeitraum anzumelden". § 11 der Verordnung normiert die Pflicht, "die Erhebungsformulare ... vorschriftsmäßig auszufüllen und dem österreichischen statistischen Zentralamt unmittelbar nach Ablauf des Berichtszeitraums, die Frachtbriefe nach Nummern geordnet, zu übersenden." Wie eine Gesamtbetrachtung der Verordnung zeigt, dürften mit der Pflicht zur Meldungserstattung (§ 2 der Verordnung) und der Pflicht zur Ausfüllung und Übersendung der Erhebungsformulare (§ 11 Abs.1 der Verordnung) keine unterschiedlichen Pflichten angesprochen sein. § 11 Abs.1 der Verordnung iVm § 10 der Verordnung über die Erhebungsformulare stellt sohin lediglich eine konkretere Ausformulierung der auch in § 2 der Verordnung angesprochenen Pflicht dar. Aber selbst bei Lektüre der beiden letztgenannten Bestimmungen ist davon auszugehen, dass unterschiedliche Arten von Erhebungsformularen im Spiel sind, wobei nicht ohne weiters einsichtig ist, unter welchen Voraussetzungen welche Formulare auszufüllen und zu übersenden sind. Erkundigungen des unabhängigen Verwaltungssenats bei der Praxis (S) haben ergeben, dass sowohl die Vorlage der Frachtpapiere als auch die Ausfüllung (und Vorlage) von Meldeformularen (kumulativ) von den Auskunftspflichtigen verlangt wird. Letzteres allerdings nur solange bis - in Zukunft - die Gestaltung der Frachtpapiere die Ausfüllung von Meldeformularen überflüssig macht. Letztlich ist es wohl so, dass der Auskunftspflichtige das, was er konkret zu tun hat, mit voller Klarheit erst aus einem Anschreiben der S in Verbindung mit beigelegten Erläuterungen erfährt (ein Wissen, das dem unabhängigen Verwaltungssenat bei der gegebenen Aktenlage versagt bleibt).
 
Blickt man auf den Tatbestand, dessen Verwirklichung dem Bw vorgeworfen wird, nämlich auf § 17 der Verordnung, so zeigt sich, dass diese Bestimmung fragmentarischen Charakter hat. Bezüglich des gesollten Verhaltens trifft § 17 der Verordnung nur insofern eine Regelung, als er denjenigen unter Strafe stellt, dessen Verhalten darin besteht, dass er "seiner Auskunftspflicht gemäß § 8 ... nicht, unvollständig oder nicht zeitgerecht nachkommt". § 8 der Verordnung enthält allerdings keine Verhaltenspflichten der Auskunftspflichtigen sondern nur eine Festlegung des Kreises der Auskunftspflichtigen. Mögen auch von den Autoren der Verordnung Verhaltensvorschriften der Verordnung "mitgedacht" worden sein, so bleibt es doch dabei, dass das strafbare Verhalten nicht einmal in Form einer Verweisung umschrieben wird. Dadurch erhält § 17 der Verordnung den Charakter einer Blankettstrafnorm, ohne - was problematisch ist (vgl. Walter Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, RZ 732, mit Judikaturnachweisen) - die in ihr enthaltene Verweisung deutlich erkennen zu lassen, sodass der Normunterworfene genötigt ist, dass pönalisierte Verhalten aus anderen (im "Straftatbestand" nicht zitierten und, wie gezeigt, nicht sehr transparenten) Bestimmungen der Verordnung zu rekonstruieren.
 
Unter dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG erscheint es daher nicht ausreichend, wenn im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses dem Bw nur vorgeworfen wird, "der Verpflichtung, die erforderliche Meldung zu erstatten, nicht nachgekommen" zu sein, zumal als verletzte Rechtsvorschrift hinsichtlich des gesollten Verhaltens lediglich § 2 der Verordnung zitiert wird.
 
3.4. § 17 der Straßen- und Schienengüterverkehrsstatistik-Verordnung enthält die "Erklärung", dass, wer "seiner Auskunftspflicht gemäß § 8 ... nicht, unvollständig oder nicht zeitgerecht nachkommt ... eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz begeht". Die "Erklärung" des § 17 der Verordnung ist von der Intention getragen, dass die (in § 17 der Verordnung nicht erwähnte) Sanktionsnorm des § 16 Abs.2 GütBefG eingreifen soll. Beide Bestimmungen (die Blankettstrafnorm des § 16 Abs.1 Z6 GütBefG und die Sanktionsnorm des § 16 Abs.2 leg.cit.) sind, was die Zitierweise anbelangt, obsolet: Nach der Wiederverlautbarung des GütBefG (BGBl.Nr. 593/1995) finden sich die entsprechenden Bestimmungen nunmehr in § 23 Abs.1 Z6 und Abs.2 GütBefG, was auch schon zum Tatzeitpunkt der Fall war. Dazu kommt, dass das GütBefG - ebenfalls vor der Tatzeit - unter anderem dahingehend geändert wurde, dass für Delikte gemäß § 23 Abs.1 Z6 GütBefG ein anderer Strafsatz gilt als zuvor (Herabsetzung der Mindeststrafe auf 5.000 S).
 
Bei dieser Normenlage stellt sich die Frage, ob § 17 der Verordnung "statisch" oder "dynamisch" zu lesen ist. Ausgehend vom Klarheitsgebot für Strafbestimmungen (Art. 7 MRK; vgl. Mayer, B-VG, 2. Auflage, 1997, S 555) erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat eine statische Leseart angebracht. Darüber hinaus ist nicht zu übersehen, dass die Präambel der Verordnung das GütBefG idF BGBl.Nr. 222/1994 zitiert. Daraus ergibt sich aber in weiterer Folge, dass die "Erklärung" des § 17 der Verordnung ins Leere geht. Auch aus diesem Grund ist das Verhalten des Bw nicht strafbar.
 
3.5. Wegen der eigenartigen Regelungstechnik des § 17 der Verordnung stellt sich auch die Frage nach der gesetzlichen Deckung dieser Bestimmung.
 
In jenem Gesetz, in welchem eine Normierung eines Straftatbestandes für Verletzungen des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes ihren natürlichen Sitz hätte, nämlich im Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz, ist keine solche Regelung enthalten. Bei der Suche nach einer anderweitigen gesetzlichen Deckung ist - wegen der "Erklärung" des § 17 der Verordnung - der Blick auf das GütbefG zu lenken.
 
Die Frage der gesetzlichen Deckung des § 17 der Verordnung wird dadurch noch komplexer, dass § 16 Abs.1 Z6 GütBefG eine Blankettstrafnorm darstellt. Es fragt sich, ob in der Verordnung eine "aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassene Verordnung" iSd § 16 Abs.1 Z6 GütBefG gesehen werden kann. Bejahendenfalls wäre § 17 der Verordnung überflüssig ("deklarativ"), da ohnehin eine Strafbarkeit nach § 16 Abs.1 Z6 GütBefG besteht. Verneinendenfalls wäre die "Erklärung" des § 17 der Verordnung ("eine Übertretung iSd § 16 Abs.1 Z6 Güterbeförderungsgesetz begeht, wer ...") "konstitutiv" und (da weder auf § 16 Abs.1 Z6 GütBefG noch auf eine sonstige Gesetzesbestimmung abstützbar) ohne gesetzliche Deckung.
 
Mann kann die Frage zunächst so stellen, ob § 16 Abs.1 Z6 GütBefG nur Verordnungen umfasst, die sich a u s s c h l i e ß l i c h auf das GütBefG stützen. Auf der Grundlage dieser - zumindest vertretbaren - Auffassung wäre die Verordnung keine solche, die unter den Tatbestand des § 16 Abs.1 Z6 GütBefG fällt. Diese Auffassung erscheint deshalb naheliegend, weil im Hinblick auf eine sachliche Sanktionsabwägung kaum zu unterstellen ist, der Gesetzgeber habe dabei künftige Verordnungen mit "gemischter" Gesetzesgrundlage im Auge gehabt.
 
Akzeptiert man hingegen die Interpretation, dass § 16 Abs.1 Z6 GütBefG auch Verordnungen umfasst, die sowohl im GütBefG als auch in anderen Gesetzen ihre Grundlage haben, so bleibt die Erfassungswirkung des § 16 Abs.1 Z6 GütBefG dennoch hinsichtlich Verordnungen zweifelhaft, deren inhaltlicher Schwerpunkt außerhalb des Vollzugs des GütBefG liegt. Letzteres ist bei der gegenständlichen Verordnung der Fall. Der Zweck der Verordnung korreliert ganz offensichtlich mit jenem des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes, nicht mit jenem des GütBefG. Das GütBefG berührt das Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz nur am Rande dadurch, dass im GütBefG geregelte Dokumente auch für statistische Zwecke herangezogen werden. Der Kreis der Normadressaten der Verordnung und die Abgrenzung ihrer Pflichten haben im Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetz ihre gesetzliche Grundlage. Der in der Präambel der Verordnung bezogene § 15 Abs.3 GütBefG, der die Ermächtigung zur Schaffung ("Beschaffenheit und Verwendung") anderer Beförderungspapiere als den Frachtbrief für bestimmte Beförderungen enthält, ist eine aus der Sicht des Regelungszwecks des Straßen- und Schienenverkehrsstatistikgesetzes periphere Regelung.
 
Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher die Auffassung, dass es über den "Kunstgriff" der Installierung einer "Erklärung" auf Verordnungsebene nicht gelungen ist, dem § 17 der Verordnung eine gesetzliche Deckung zu verschaffen.
 
Verstärkt werden die verfassungsrechtlichen Bedenken durch den Umstand, dass die verpönten Verhaltensweisen möglicherweise selbst auf Verordnungsebene eine ausreichende Klarheit vermissen lassen und dass der Strafrahmen für das hier gegenständliche Delikt möglicherweise überschießend hoch angesetzt ist (zur Problematik vgl. allgemein zB das Erkenntnis des VfGH vom 27. Februar 2001, G 130-137/00-10...).
 
Eine Verordnungsanfechtung (Art. 129a Abs.3 iVm Art. 89 B-VG) kann jedoch wegen der "Leerlaufinterpretation" (siehe oben 3.4.) unterbleiben.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
 
 
 
Dr. K l e m p t
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