Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220121/2/Ga/Hm

Linz, 07.04.1993

VwSen - 220121/2/Ga/Hm Linz, am 7. April 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Hans D, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Oktober 1991, Zl. 501/0-17/91-Str, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 1 Abs.1, § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis dem Berufungswerber Verwaltungsübertretungen in drei Fällen deswegen vorgeworfen, weil er es als Betriebs- und Gewerbeinhaber und somit als gewerberechtlich Verantwortlicher der Firma D, gemäß § 368 Z17 GewO 1973 in Verbindung mit dem (einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.2 erster Satz GewO 1973 für die Betriebsanlage "Kraftfahrzeugreparaturwerkstätte und Verkaufsbetrieb" des Beschuldigten verfügenden) Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (als Gewerbebehörde erster Instanz) vom 2. Mai 1991, GZ 501/0 (im folgenden kurz: Notmaßnahme-Bescheid) zu verantworten habe, daß 1. a) in der Zeit vom 22. Mai 1991 bis 15. Juli 1991 die unter Punkt 2 im Notmaßnahme-Bescheid angeführte "Zwangs- bzw Sicherheitsmaßnahme" durch näher bezeichnete Unterlassungen und Handlungen nicht eingehalten wurde; 1. b) in der Zeit vom 22. Mai 1991 bis 15. Juli 1991 die im Notmaßnahme-Bescheid unter Punkt 3 angeführte Zwangs- bzw Sicherheitsmaßnahme nicht erfüllt wurde; 2. am 15. Juli 1991 der im Notmaßnahme-Bescheid unter Punkt 1 angeführten Zwangs- bzw Sicherheitsmaßnahme durch näher bezeichnete Handlungen nicht entsprochen wurde; wegen dieser Übertretungen wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in der Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je fünf Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von je 10 v.H. der verhängten Strafen, das sind zusammengezählt 1.500 S, zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch Schriftsatz bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung schildert die Strafbehörde ausführlich den Sachverhalt (nämlich Gefahr für das Grundwasser durch Verunreinigung infolge verschiedener Unzukömmlichkeiten in der genannten Betriebsanlage), der zur Erlassung des Notmaßnahme-Bescheides und der darin verfügten, ausdrücklich auf § 360 Abs.2 GewO 1973 gestützten Sicherheitsmaßnahmen der Punkte 1 bis 3 geführt hatte; der Notmaßnahme-Bescheid sei am 7. Mai 1991 zugestellt worden; die Sicherheitsmaßnahme gemäß seines Punktes 1 sei sofort, die Sicherheitsmaßnahmen gemäß seiner Punkte 2 und 3 seien nach Ablauf von 14 Tagen mit 22. Mai 1991 zu "erfüllen" gewesen. In der Folge habe eine letztmalige Nachschau am 11. Juli 1991 (nicht also am 15. Juli 1991, wie im Spruch des Straferkenntnisses aktenwidrig angegeben) durch Amtssachverständige zweifelsfrei ergeben, "daß die gegenständlichen Sicherheitsmaßnahmen in den im Spruch dargestellten Zeiträumen nicht gesetzt wurden". Nach Maßgabe dieses Sachverhaltes hat die Strafbehörde die Verwirklichung von Verwaltungsübertretungen auf der Grundlage einer Blankettstrafnorm (= § 368 Z17 GewO 1973) in objektiver Hinsicht als erwiesen angesehen und auch die Schuldfrage - in der Meinung, es lägen sogenannte Ungehorsamsdelikte vor - bejaht. Im Verfahren zur Strafbemessung (an der der Berufungswerber, genauso wie im gesamten Ermittlungsverfahren überhaupt, seine Mitwirkung verweigert hatte) hat die belangte Behörde mildernde Umstände nicht angenommen, als erschwerend jedoch berücksichtigt, "daß durch das Verhalten des Beschuldigten eine besondere Gefahr für das Grundwasser ausging".

2.2. Dem hält der Berufungswerber die Berufungsgründe der inhaltlichen Rechtswidrigkeit und der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften entgegen, indem er zwar die seiner Bestrafung zugrundegelegten Sachverhalte nicht eigentlich bestreitet, allerdings mit ausführlichen rechtlichen Darlegungen zu begründen versucht, daß die verfügten Maßnahmen für ihn gar nicht verbindlich gewesen seien; er beantragt, daß das angefochtene Straferkenntis aufgehoben und das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden möge.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behlörde - die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Er ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig.

Die Berufung ist zulässig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. 501/0-17/91-Str. Schon daraus war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Der Berufungswerber argumentiert (Punkt 1 seiner Berufungsschrift) daß nicht nur das bekämpfte Straferkenntnis, sondern insbesondere auch schon der Notmaßnahme-Bescheid, die beide als Hoheitsakte der Bezirksverwaltung und somit dem übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzurechnen sind, von einer unzuständigen Behörde, nämlich vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz, erlassen worden seien. Deswegen schon sei er nicht verpflichtet gewesen, den behördlich angeordneten Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen Folge zu leisten. Es seien nämlich die zitierten Bescheide nicht dem für die Führung der Bezirksverwaltung zuständigen Bürgermeister, sondern dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz zuzurechnen. Der Magistrat könne jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5.3.1985, 84/04/0059 (Slg. 11.692/A) klargestellt habe, in Angelegenheiten der Bezirksverwaltung nur als Hilfsorgan tätig werden. Daß der Magistrat vorliegend jedoch mit bescheidförmigem Hoheitsakt aufgetreten sei, ergebe sich "eindeutig aus der Bezeichnung der bescheiderlassenden Behörde (Der Magistrat - Baurechtsamt als Gewerbehörde erster Instanz bzw Der Magistrat - Baurechtsamt als Bezirksverwaltungsbehörde)". Mit diesem Vorbringen argumentiert der Berufungswerber im Widerspruch zur Aktenlage bzw zu der durch die zitierte Judikatur klargestellten Rechtslage. Beide Bescheide nämlich, sowohl das bekämpfte Straferkenntnis als auch der Notmaßnahme-Bescheid vom 2. Mai 1991 sind von dem im Auftrag genehmigenden Amtsorgan "Für den Bürgermeister" (und damit in Entsprechung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes) gezeichnet. Die entgegen dieser ausdrücklichen, unübersehbaren und unmißverständlichen Aktenlage aufgestellte, gegenteilige Behauptung des Berufungswerbers grenzt an Mutwillen im Sinne des § 35 zweite Alternative AVG (iVm § 24 VStG). Gleiches gilt für die schon erwähnte Behauptung der für ihn nicht gegebenen Verbindlichkeit der angeordneten Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen. Auch diese Behauptung setzt sich in plakativen Widerspruch zu der insoweit eindeutigen Rechtsund Aktenlage - die auch dem Berufungswerber bekannt sein mußte -, wonach der Notmaßnahme-Bescheid vom 2. Mai 1991 zum einen schon gemäß § 360 Abs.3 GewO 1973 mit seiner Zustellung sofort vollstreckbar war und zum anderen mit der Erlassung der ihn vollinhaltlich bestätigenden Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Juni 1991 auch rechtskräftig und endgültig verbindlich geworden ist.

5.2. Insgesamt irrt der Berufungswerber entschieden, wenn er der Meinung anhängt (neuerlich Punkt 1; Punkt 4 vorletzter und letzter Absatz sowie Punkt 7 der Berufungsschrift), daß bei gegebener Gesetzeslage die Verbindlichkeit eines längst unanfechtbar gewordenen Notmaßnahme-Bescheides zur Disposition des Verpflichteten steht. In diesem Zusammenhang ist dem Beschuldigten in Erinnerung zu rufen, daß er es unterlassen hat, den durch die erwähnte Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Oberösterreich rechtskräftig gewordenen Notmaßnahme-Bescheid vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts anzufechten. Die Verbindlichkeit des Notmaßnahme-Bescheides in dem Sinn, daß sich der Verpflichtete an den zur dringenden Gefahrenabwehr im öffentlichen Interesse erlassenen Hoheitsbefehl jedenfalls zu halten hat, war daher zumindest solange uneingeschränkt und durch den Verpflichteten nicht einschränkbar aufrecht, solange der Bescheid - im Hinblick auf seinen bloßen temporären Charakter - gemäß § 360 Abs.3 GewO 1973 nicht außer Wirksamkeit getreten ist.

6.1. Dem schon mehrfach erwähnten Notmaßnahme-Bescheid vom 2. Mai 1991 des als Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 333 GewO 1973 zuständig gewesenen Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz kommt die entscheidende Rolle zur Lösung des vorliegenden Berufungsfalles zu. Dieser Notmaßnahme-Bescheid verfügt, eindeutig gestützt auf § 360 Abs.2 erster Satz GewO 1973, (einstweilige) Sicherheitsmaßnahmen, die die Betriebsanlage des Verpflichteten deswegen betreffen, weil durch (der Gewerbeordnung unterliegende) Tätigkeiten des Verpflichteten in eben dieser seiner Betriebsanlage Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum entstanden sind, die im öffentlichen Interesse abzuwähren waren. Darauf nimmt auch das bekämpfte Straferkenntnis Bezug, indem es den Tatvorwürfen in den drei Spruchpunkten in ausdrücklicher Formulierung und unter Hinweis auf den aufrechten Notmaßnahme-Bescheid die dort "angeführte Zwangs- bzw Sicherheitsmaßnahme" als die durch die Tat verletzte Gebots- bzw Verbotsnorm (§ 44a Z2 VStG) jeweils zugrundelegt.

6.2. Auf Seite (5) unten der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses wird ausgeführt: "Aus den Berichten des Amtssachverständigen des Magistrates Linz, Tiefbauamt, geht zweifelsfrei hervor, daß die gegenständlichen Sicherheitsmaßnahmen in den im Spruch dargestellten Zeiträumen nicht gesetzt wurden." Dieser Satz ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates der Schlüssel zum Verständnis der rechtsirrigen Vorgangsweise der belangten Behörde. Daraus nämlich scheint hervorzugehen, daß der Wirkungsgehalt der hier einschlägigen Sicherheitsmaßnahmen mit einer Inpflichtnahme des Betriebsanlagenbetreibers, wie sie sonst der Vorschreibung von Auflagen eigentümlich ist, gleichgesetzt wurde. Für die Rechtsverwirklichung jedoch der gemäß § 360 GewO 1973 verfügten Sondermaßnahmen sieht die Gewerbeordnung ein von der (herkömmlichen) Rechtsverwirklichung von Auflagen (§§ 77ff GewO 1973) grundsätzlich anderes Modell vor. Für die Rechtsverwirklichung jener Sondermaßnahmen kann nicht wie bei Auflagen - auf die Mittel des Verwaltungsstrafrechtes gegriffen werden. Die als Sondermaßnahmen verfügten Vorkehrungen sind im Grunde des § 360 GewO 1973 als sofort vollstreckbares Zwangsrecht von der Behörde selbst und unmittelbar umzusetzen. Nicht einmal die Erwirkung vorgängiger Vollstreckungsverfügungen ist vorgesehen. Die besonderen Zwangsbefugnisse nach § 360 GewO 1973 sind solche, die von der Vorbehaltsklausel des § 12 VVG gemeint sind; für ihre Durchsetzung ist deswegen auch das VVG grundsätzlich nicht anzuwenden (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, Die gewerbliche Betriebsanlage, 2.Auflage, Manz 1991, Rz301; Mache-Kinscher, GewO, 5.Auflage, Manz 1982, Anm.1, Seite 710).

6.3. Im Ergebnis hat sich die belangte Behörde in der Wahl der Mittel zur Rechtsdurchsetzung der von ihr verfügten, sofort vollstreckbaren und von ihr sofort zu vollstrecken gewesenen und schließlich auch unanfechtbar gewordenen, einstweiligen Sicherheitsmaßnahmen vergriffen. Dieser Fehlgriff darf sich nicht zu Lasten des Verpflichteten in der Weise auswirken, daß ein mit der verfügten Sondermaßnahme möglicherweise entgegenstehendes Verhalten des Verpflichteten diesem im Wege einer Blankettstrafnorm als Verwaltungsübertretung angelastet wird. Eine mittelbare Rechtsdurchsetzung dieser Art sieht die Rechtsordnung im Anwendungsfall des § 360 GewO 1973 nicht vor. Daran kann nichts ändern, daß die gegenständlichen Sicherheitsmaßnahmen in einer Formulierung verfügt worden sind, die sie - möglicherweise - als (bloße) Auflagen erscheinen ließ. Nach der Aktenlage hat die belangte Behörde (als Gewerbebehörde) die unmittelbare Vollstreckung der von ihr angeordneten Sondermaßnahmen nicht einmal versucht. Der somit nicht wahrgenommene Handlungsbedarf bei der Behörde selbst darf zusammenfassend nicht dazu führen, daß der Verpflichtete für etwas bestraft wird, was als strafbarer Tatbestand in der Verwaltungsvorschrift gar nicht niedergelegt ist.

Gemäß der angegebenen Rechtsgrundlage war das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zu II.: Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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