Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220140/2/Ga/La

Linz, 12.05.1993

VwSen - 220140/2/Ga/La Linz, am 12. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Roland L, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5. Februar 1992, Zl. Ge-96/127/1991/Gru, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er "Mitte August 1991 an einem Sonntag" in seinem Gastgewerbebetrieb in der Gemeinde U, die Auflage unter Punkt 21 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 23. April 1990 (im folgenden kurz: Bescheid) nicht erfüllt habe, indem er die ihm zur Errichtung vorgeschriebene Schallschutzwand von drei Meter Höhe nicht ausgeführt, sondern anstelle dieser Wand eine Holzbrüstung angebracht habe; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 367 Z26 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 100 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig durch Schriftsatz bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung des Straferkenntnisses faßt die Strafbehörde die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zusammen; vor allem auf Grund der Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers selbst hält sie den angelasteten Straftatbestand objektiv für erfüllt; eine Auseinandersetzung mit der subjektiven Tatseite kann der Begründung hingegen nicht entnommen werden.

2.2. Dem hält der Berufungswerber Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses entgegen, weil ihm der Tatzeitpunkt zu ungenau vorgeworfen werde; er bestreitet zwar ausdrücklich nicht die Rechtsgültigkeit der gewerbebehördlichen Auflage, mit der ihm die Errichtung der Schallschutzwand vorgeschrieben wird, gibt jedoch an, daß er den Betrieb der Kaffeeterrasse noch gar nicht aufgenommen habe; wenn sich dennoch ein paar Gäste auf der Sonnenterrasse aufgehalten haben, so hätten diese keine Lärmbelästigung verursacht, "sodaß auch der Auflagenzweck noch nicht gegeben" gewesen sei; im übrigen hätte die Strafbehörde den § 21 VStG deswegen anwenden müssen, weil sein Verschulden geringfügig sei und auch die Folgen der Übertretung - Lärmbelästigungen seien ja nicht verursacht worden - unbedeutend gewesen seien. Deswegen beantrage er die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt; er ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat über die zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-96/127/1991/Gru, erwogen:

4.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß die Berufung begründet und das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

4.2. Gestützt auf das Beweisergebnis aus der Akteneinsicht stellt der unabhängige Verwaltungssenat für seine Entscheidung als maßgebenden Sachverhalt fest:

- Der Spruch des (im Instanzenzug rechtskräftig gewordenen) Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (als Gewerbebehörde) trägt dem Berufungswerber als Bescheidadressaten im Wege der Auflage unter Punkt 21 auf: "Der Gastgarten ist gegenüber dem Innenhof zur Liegenschaft E mit einer 3 m hohen Schallschutzwand abzuschließen." Eine besondere Erfüllungsfrist für diese Auflage schreibt der Bescheid nicht vor, sodaß der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, daß die Auflage spätestens mit der erstmaligen Aufnahme des Betriebes der Kaffeeterrasse erfüllt sein mußte.

- Das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren wurde Anfang September 1991 durch die Anzeige eines Nachbarn zur Betriebsanlage des Berufungswerbers über die zeitlich nicht näher eingegrenzte - Inbetriebnahme des "nicht genehmigten Gastgartens im Hofbereich", wodurch sich der Nachbar belästigt fühlte, ausgelöst.

- Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens stellte die belangte Behörde im Wege eines Augenscheins am 28. Oktober 1991 fest, daß an diesem Tag die Schallschutzwand nicht bescheidgemäß ausgeführt war; anstelle der Wand wurde eine Holzbrüstung vorgefunden. Der im Akt einliegende Aktenvermerk über diesen Augenschein enthält keine Angaben über die Anwesenheit von Gästen im Gastgarten des Berufungswerbers oder über sonstige Umstände, die darauf schließen hätten lassen, daß an diesem Tag der Gastgarten (schon) in Betrieb genommen gewesen wäre.

- Das Beweisergebnis aus dem Augenschein vom 28. Oktober 1991 wurde dem Berufungswerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung Anfang November 1991, und zwar mit dem Tatvorwurf, daß er am 28. Oktober 1991 die Auflage unter Punkt 21 des Bescheides nicht erfüllt hätte, zur Kenntnis gebracht.

- In seiner daraufhin erfolgten Rechtfertigung vom 11. November 1991 bestreitet der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Nichterfüllung der Auflage unter Punkt 21 des Bescheides gar nicht, macht jedoch geltend, daß er seine Kaffeeterrasse noch nicht in Betrieb genommen habe; dies werde erst zur Saison 1992 geschehen. Er gibt an, daß er zwar "Mitte August" Tische und Stühle aufgestellt habe; die paar Gäste jedoch, die tagsüber "an einem Sonntag" auf der Terrasse waren, hätten sicherlich keine Lärmbelästigung verursacht.

- Diese Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers veranlaßten die belangte Behörde im - bekämpften Straferkenntnis vom 5. Februar 1992 in den Tatvorwurf des Spruchs nicht die Tatzeit 28. Oktober 1991, sondern die Tatzeit "Mitte August 1991 an einem Sonntag" aufzunehmen. Die Begründung des Straferkenntnisses erläutert diese Tatzeitangabe nicht näher; die Begründung gibt lediglich die Rechtfertigungsangaben (siehe vorstehend) des Berufungswerbers, und zwar ohne Eingrenzung auf einen bestimmten Sonntag, wieder.

4.3. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat (allenfalls nach Durchführung eines Beweisverfahrens zur Ergänzung bzw. Feststellung des maßgebenden Sachverhalts) dabei beschränkt ist, ergibt sich aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dessen zwingenden Inhalt regelt § 44a VStG. Die Ziffer 1 dieser Bestimmung verlangt den Vorwurf der als erwiesen angenommenen Tat, die jedenfalls auch durch den Vorwurf einer bestimmten Tatzeit konkretisiert sein muß.

4.4. Als Tatzeit wirft das bekämpfte Straferkenntnis dem Berufungswerber einen Sonntag Mitte August 1991 vor. Diese Tatzeitumschreibung erweist sich jedoch als rechtswidrig, weil sie nicht bestimmt (genug) im Sinne des § 44a Z1 VStG ist. Bei wörtlicher Auslegung und nach allgemeinem Sprachgebrauch kann vom 15. des Monats als der Mitte des Monats August ausgegangen werden. Im Jahr 1991 war der 15. August der Donnerstag, jedenfalls aber kein Sonntag. Somit stehen - orientiert am Kriterium "Mitte August" - zwei Sonntage zur Verfügung, nämlich Sonntag der 11. August und Sonntag der 18. August. Aus dem Akteninhalt ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt, welcher dieser beiden Sonntage als Tatzeit der angelasteten Verwaltungsübertretung von der belangten Behörde ins Auge gefaßt worden ist. Indem die belangte Behörde sich nicht, naheliegenderweise gestützt auf das Ergebnis weiterer Ermittlungen, für einen der beiden Sonntage entschieden hat, ist die Tat im Spruch des Straferkenntnisses nicht so eindeutig umschrieben, daß kein Zweifel darüber besteht, w o f ü r der Täter bestraft worden ist (zB. VwGH Erk. vom 13.6.1984, Slg. 11466 A); dadurch war der Berufungswerber in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkt bzw. rechtlich nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.5. Die vorliegend somit unterbliebene genaue Umschreibung der Tat hinsichtlich der Tatzeit kann vom unabhängigen Verwaltungssenat schon wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfolgungsverjährung (der Spruch des Straferkenntnisses vom 5. Februar 1992 ist wegen Unbestimmtheit als Verfolgungshandlung nicht geeignet - zB. VwGH vom 25.6.1986, 84/03/0240 - und hat somit die Verjährungsfrist hinsichtlich dieses Tatvorwurfs nicht unterbrochen) nicht nachgeholt werden.

5. Wenngleich es entgegen der Meinung des Berufungswerbers für den letztmöglichen Zeitpunkt der Erfüllung der Auflage unter Punkt 21 des Bescheides (= Zeitpunkt der Vollendung der Errichtung der Schallschutzmauer in voller Höhe) nicht darauf ankommt, ob vorhandene Gäste lärmen oder nicht lärmen, sondern allein darauf, daß durch die (erstmalige) Gestattung des Zutritts von Gästen der Betrieb auf der Sonnenterrasse aufgenommen wurde (was allerdings, wie dargelegt, nach der Aktenlage von der belangten Behörde nicht nachgewiesen werden konnte), ist im Ergebnis die Berufung begründet.

6. Zusammenfassend war gemäß den angegebenen Gesetzesbestimmungen das Straferkenntnis aufzuheben und weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers ausschließen - die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

7. Abschließend hält der unabhängige Verwaltungssenat fest, daß der vorgelegte Fall für eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG ersichtlich geeignet gewesen wäre.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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