Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220152/8/Kl/Rd

Linz, 08.10.1993

VwSen - 220152/8/Kl/Rd Linz, am 8. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12.2.1992, Ge96-2269-1991/Ba, verhängte Strafausmaß hinsichtlich Übertretungen nach dem Mutterschutzgesetz, Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen und Arbeitsruhegesetz I. beschlossen:

Die Strafberufung wird hinsichtlich des Faktums VIIIa als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG sowie § 9 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1974.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird der Strafberufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12.2.1992, Ge96-2269-1991/Ba, wurden gegen den Berufungswerber S Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 51.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 1.836 Stunden (76,5 Tagen) verhängt, weil er im Gastgewerbebetrieb in V die Arbeitnehmerin S, die werdende Mutter S R, die Jugendliche A und die Jugendliche S nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend beschäftigt und sohin Verwaltungsübertretungen nach §§ 4, 24 und 25 Abs.1 ARG, §§ 3 Abs.6, 6 Abs.1 und 8 Mutterschutzgesetz und §§ 11 Abs.1, 16, 18 Abs.3 und 19 Abs.1 und 2 Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen begangen hat. Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von insgesamt 5.100 S auferlegt.

Der Begründung des Straferkenntnisses wurde zugrundegelegt, daß die Verwaltungsübertretungen aufgrund der nicht bestrittenen Arbeitszeitaufzeichnungen und der Feststellungen des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck erwiesen waren. Die Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten seien nicht geeignet, das strafbare Verhalten zu entschuldigen, zumal auch das von der Strafdrohung geschützte Interesse in der Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung besteht und diese Gefährdung unabhängig davon eintritt, auf wessen Wunsch die verbotene Beschäftigung erfolgt. Im übrigen geht aus der der Parteiendisposition entzogenen Gestaltung der Normen hervor, daß der Gesetzgeber vermeiden wollte, daß Arbeitnehmer aus wirtschaftlichen Gründen gesundheitliche Interessen außer Acht lassen. Zur Strafbemessung wurde ausgeführt, daß die verhängten Geldstrafen dem Unrechtsund Schuldgehalt der strafbaren Handlungen und den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen entsprechen. Auch unter Berücksichtigung der Gefährdung der schutzwürdigen Interessen sind die verhängten Strafen angemessen. Im Hinblick auf die Gesundheit als schützenswertes Rechtsgut wäre auch die Verhängung höherer Strafen gerechtfertigt. Da aber keine konkreten nachteiligen Folgen bekannt geworden sind, konnte mit den verhängten Strafen das Auslangen gefunden werden. Als erschwerend wurden die Begehung von mehreren Übertretungen verschiedener Art und die einschlägigen Vorstrafen gewertet; mildernd wurde der Umstand, daß sich der Beschuldigte nur geringen Vorteil zueignete, und die schwierige Situation am Arbeitsmarkt berücksichtigt. Zum Verschulden wurde Fahrlässigkeit angenommen. Auch seien die Strafen im Hinblick auf die Präventionswirkung ausreichend.

2. Dagegen hat das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck fristgerecht Berufung eingebracht und beantragt, den angefochtenen Bescheid im Umfang des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Ermessensübung) und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 60 AVG) aufzuheben und den Arbeitgeber in allen Punkten mit den beantragten Strafhöhen zu bestrafen. Im wesentlichen wurden krasse Widersprüche in der Bescheidbegründung aufgezeigt, nämlich daß die vorgebrachten Milderungsgründe als solches nicht anerkannt werden können, weil das Aneignen eines nur geringen persönlichen Vorteils gemäß § 32 StGB als Erschwerungsgrund zu beurteilen ist. Die herrschende Arbeitsmarktlage könne nicht als Milderungsgrund gewertet werden. Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß vorsätzliche Begehungsweise anzunehmen ist und daher diese Begehungsweise als Erschwerungsgrund zu werten ist. Auch läßt sich aus der Rechtfertigung und Vorgangsweise des Beschuldigten die reifliche Überlegung und Vorbereitung der Tat erkennen, sodaß er sich bewußt für das gesetzwidrige Verhalten entschieden hat und somit eine ablehnende und gleichgültige Haltung gegen die gesetzlichen Bestimmungen bzw. die dadurch geschützten Werte zum Ausdruck gebracht hat. Auch hat er sein Verhalten durch längere Zeit hindurch fortgesetzt. Die Behörde hat nicht festgestellt, daß die mit den Taten verbundene Gefährdung beträchtlich ist und über einen längeren Zeitraum hinweg gesetzt wurde. Auch sind derartige Strafen nicht geeignet, in Hinkunft von dieser Vorgangsweise abzuhalten. Es sei daher das Ermessen von der Behörde nicht im Sinn des § 19 VStG ausgeübt worden und ist die Behörde nicht der Begründungspflicht nach § 60 AVG nachgekommen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Da die Berufung sich lediglich gegen das Strafausmaß richtet, und von den Verfahrensparteien eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine solche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Dem Beschuldigten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zur Berufung eingeräumt, und es führte dieser aus, daß die festgesetzten Strafen zu hoch und nicht angemessen dem tatsächlichen Verschulden waren. Es war aber keine Gefahr, daß die Arbeitnehmer einen Gesundheitsschaden durch die Arbeit erleiden. Er sei auf die gewünschten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer eingegangen ohne zu beachten, daß damit gegen die Vorschriften verstoßen werden könnte. Er habe sich aber keinen Vorteil zu eigen gemacht. Weiters wurde auf die schwierige Personalsituation in der Gastronomie hingewiesen, sowie auch auf entsprechende Presseartikel in den Zeitungsmedien. Es wurde versichert, daß keine Absicht bestand, die Normen zu verletzen, sondern der Beschuldigte hätte als Laie die Folgen nicht abschätzen können. Er werde aber in Hinkunft organisatorisch versuchen, die Zeiteinteilungen mit den Mitarbeitern so zu treffen, daß sie den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Es wurde daher beantragt, der Strafberufung keine Folge zu geben.

Gemäß § 8 Abs.4 des ArbIG 1974 wurde das Arbeitsinspektorat für den 13. Aufsichtsbezirk in Klagenfurt am Verfahren beteiligt und es hat dieses eine Stellungnahme hinsichtlich des bekämpften Strafausmaßes dahingehend abgegeben, daß die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mangelhaft, unvollständig und widersprüchlich sei. Unter anderem wurde auch auf rechtskräftige Vorstrafen wegen Übertretungen des AZG und des KJBG im Jahr 1987 sowie des AZG, KJBG und ARG im Jahr 1988 hingewiesen; gleichfalls auf Übertretungen des Mutterschutzgesetzes. Aufgrund dieses Vorstrafenregisters können keine Milderungsgründe mehr geltend gemacht werden. Gemäß § 32 Abs.2 StGB sei die ablehnende und gleichgültige Einstellung des Täters zu werten und die Strafe um so strenger zu bemessen, je reiflicher der Täter seine Tat überlegt (§ 32 Abs.3 StGB). Auf die Beachtung von Spezialund Generalpräventionsgründen wird hingewiesen. Es wäre daher das ursprünglich beantragte Strafausmaß aufrechtzuerhalten.

5. Es hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 - ArbIG 1974 steht in den Fällen der §§ 6 Abs.3, 7 Abs.1 sowie 8 Abs.1 und 5 dem nach Standort und Art des Betriebes zuständigen Arbeitsinspektorates gegen den Bescheid der zuständigen Behörde erster Instanz die Berufung zu, wenn der Bescheid dem vom Arbeitsinspektorat gestellten Antrag oder der abgegebenen Stellungnahme nicht entspricht.

Das Faktum VIIIa (Übertretung nach § 11 Abs.1 KJBG) wurde mit Schreiben des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk vom 26.6.1991, Zl. 2495/15-18/91, unter Punkt 1)a zur Anzeige gebracht, und es wurde in dieser Anzeige ein Strafausmaß von 3.000 S beantragt. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde für eben das Faktum VIIIa eine Geldstrafe von 3.000 S verhängt. Da somit dem Antrag des Arbeitsinspektorates Rechnung getragen wurde, stand nach der obzitierten Vorschrift des ArbIG keine Berufungslegitimation zu. Es war daher diesbezüglich die Berufung zurückzuweisen.

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.3. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

5.4. Der gesetzliche Strafrahmen gemäß § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen - KJBG, BGBl.Nr. 599/1987 idgF, beträgt eine Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S oder Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen; gemäß § 27 Arbeitsruhegesetz - ARG, BGBl.Nr. 144/1983 idgF, eine Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S; gemäß § 37 des Mutterschutzgesetzes 1979, BGBl.Nr. 221/1979 idgF, eine Geldstrafe bis 15.000 S, im Wiederholungsfall bis 30.000 S.

Wenn auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Strafbemessung in einigen Punkten mangelhaft und zugegebenermaßen nicht von vornherein schlüssig ist, so kann aber dennoch im Ergebnis eine rechtswidrige Anwendung des Ermessens durch die Erstbehörde nicht erkannt werden.

5.4.1. Zum Unrechtsgehalt der Tat ist auszuführen, daß das von der Strafdrohung geschützte Interesse in der Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung der Arbeitnehmerinnen (Jugendlichen bzw. werdenden Mutter) liegt, wobei eine Gefährdung unabhängig davon eintritt, ob die gesetzwidrige Beschäftigung mit Einverständnis des Arbeitnehmers erfolgt oder nicht. Es ist daher in der Berufung zutreffend ausgeführt, daß die Norm zwingend und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen ist, da der Gesetzgeber vermeiden wollte, daß regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Es ist daher in diesem Sinn der Berufung beizupflichten, daß der Beschuldigte objektiv rechtswidrig gehandelt hat und es ist daher eine Selbstverständlichkeit, daß die Bezahlung dieser Arbeitsleistungen eine gesetzliche Verpflichtung darstellt und ein objektiv rechtswidriges Verhalten an sich nicht legalisieren kann. Aus objektiver Sicht wurden daher durch die Verwaltungsübertretungen gerade jenes Rechtsgut und jene Interessen verletzt, deren Schutz die jeweiligen Normen dienen.

Diesen Aspekt hat im übrigen auch die belangte Behörde in ihrem Straferkenntnis zugrundegelegt.

Entgegen den Berufungsausführungen ist aber gemäß § 19 Abs.1 Satz 1 zweiter Halbsatz auch zu berücksichtigen, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Hiezu begründet die belangte Behörde zu Recht, daß nachteilige Folgen nicht bekannt geworden sind. Auch sind im Verfahren über die Berufung keine solchen nachteiligen Folgen aufgetreten. Dieser Umstand bildet daher sehrwohl eine Grundlage für die Strafbemessung, nämlich in der Weise, daß bei Zutreffen dieses Umstandes von geringeren Strafen auszugehen ist.

5.4.2. Die belangte Behörde hat die Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt und somit fahrlässige Begehungsweise angenommen und auch der Strafbemessung zugrundegelegt.

Zutreffend ist, daß der Beschuldigte als Betreiber eines Gastgewerbebetriebes um die einschlägigen Vorschriften des KJBG, Mutterschutzgesetzes und ARG und deren Schutzzweck wissen hätte müssen. Eine solche Kenntnis wurde auch expressis verbis vom Beschuldigten nicht bestritten. Inwieweit die Mißachtung der Vorschriften entsprechend seinen Ausführungen "ohne zu beachten, daß ich damit gegen die Vorschriften verstoßen könnte" noch als eine grobe Sorgfaltsverletzung oder allenfalls als ein Inkaufnehmen (bedingter Vorsatz) einer Verwaltungsübertretung und somit eines strafbaren Verhaltens zu beurteilen ist, ist eine Frage des Schuldausspruches, welcher aber bereits rechtskräftig geworden ist, zumal nur eine Berufung gegen das Strafausmaß erfolgt ist. Weitergehende Ausführungen zur subjektiven Tatseite sind daher dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt. Es kann lediglich davon ausgegangen werden, daß dem Beschuldigten das rechtswidrige Verhalten auch vorwerfbar war und dieser Vorwurf auch eine Unbekümmertheit gegenüber den normierten Arbeitszeitregelungen beinhaltet. Eine solche Unbekümmertheit wird auch vom Beschuldigten nicht bestritten. Die von den Arbeitsinspektoraten (berufendes bzw. beteiligtes) konstruierte Wissentlichkeit bzw. absichtliche Gesetzesverletzung geht aus dem - bereits rechtskräftigen - Verfahrensstand nicht hervor. Vielmehr ist in der Absprache mit den Arbeitnehmern über den Arbeitszeitplan sowie über den Wunsch der Arbeitszeiteinteilung die Sorglosigkeit des Beschuldigten zu erkennen, nämlich daß diese Einteilung nicht seiner freien Disposition bzw. der Desposition der Arbeitnehmerinnen offensteht.

Diese Sorglosigkeit wurde auch der Straferkenntnisbegründung zugrundegelegt und bei der Strafbemessung gewertet.

5.4.3. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und ist auf die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß Bedacht zu nehmen. Entsprechend den Berufungsausführungen war daher die Mißachtung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten sowie der im Gesetz vorgesehenen Ruhepausen und des Beschäftigungsverbotes für Schwangere durch einen längeren Zeitraum (ein Monat bzw. ein bis drei Monate) zu berücksichtigen. Auch waren die Überschreitungen der Wochenarbeitszeit zum Teil beträchtlich. Dies ist zutreffend als erschwerend zu werten. Auch gilt als besonders erschwerend, daß in dem Überwachungs- bzw. Kontrollzeitraum eine gehäufte Anzahl von Übertretungen, die auf der gleichen schädlichen Neigung liegen, begangen wurden. Als weiterer Erschwerungsgrund sind - was aber auch die belangte Behörde schon in einem Schlagwort als erschwerend wertete - einschlägige Vorstrafen zu verzeichnen, insbesondere im Jahr 1987 Übertretungen nach dem KJBG und im Jahr 1988 nach dem Mutterschutzgesetz, AZG und ARG sowie im Jahr 1989 nach dem KJBG. Erschwerend ist dies deshalb, weil es sich um einschlägige Vorstrafen bzw. um Vorstrafen handelt, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen (§ 33 Z2 StGB). Den Berufungsausführungen ist auch Rechnung zu tragen, daß der Erschwerungsgrund gemäß § 33 Z1 StGB gegeben ist, nämlich mehrere strafbare Handlungen in derselben Art gesetzt und die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt.

Hingegen finden sich zur Behauptung der reiflichen Überlegung und Vorbereitung der Tat keine stichhaltigen Argumente aus dem Verfahrensakt, sondern wurden diese allenfalls erst im interpretativen Wege erschlossen. Eine diesbezügliche Betrachtungsweise würde aber auch über das Ziel des Verwaltungsstrafrechtes - ein anderer Maßstab ist nach dem gerichtlichen Strafrecht zu setzen - hinaus.

5.4.4. Diesen Erschwerungsgründen hat bereits die belangte Behörde mildernd gegenübergestellt, daß sich der Beschuldigte nur geringen Vorteil zugeeignet hat und daß die Situation am Arbeitsmarkt schwierig sei. Es konnte nämlich aus dem Verfahren nicht erwiesen werden, daß der Beschuldigte durch die Verwaltungsübertretungen einen besonderen wirtschaftlichen Ertrag bzw. Vorteil gewinnen konnte. Im übrigen hat der Beschuldigte schon im Verfahren erster Instanz dargelegt, daß die namentlich angeführte werdende Mutter noch weiter beschäftigt werden wollte bzw. daß auch die übrigen Übertretungen nicht aufgrund eines Zwanges seinerseits, sondern durch Vereinbarung mit den Arbeitnehmern stattfand. Es war daher eher eine besonders verlockende Gelegenheit für den Beschuldigten gegeben, die ihn abhielt, die genaue Einhaltung der Arbeitszeit zu beachten. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß er eben gewillt war, als Arbeitgeber den Wünschen der Arbeitnehmer nachzukommen. Es kann darin aber keine - wie in der Berufung angenommen wird - vorgefaßte Absicht gesehen werden (§ 34 Z9 StGB). Im übrigen ist aber im Gegengewicht zu dem Erschwerungsgrund der Vorstrafen anzuführen, daß diese bereits vier bzw. fünf Jahre zurückliegen (die Vorstrafen aus 1987 sind schon getilgt) und sich der Beschuldigte aber in der Zwischenzeit ordentlich verhalten hat. Es ist dem Beschuldigten daher dieser Umstand zugutezuhalten (sinngemäß § 34 Z2 StGB). Schließlich ist aber auch bei der Strafbemessung zu bewerten, daß der Beschuldigte seit Tatbegehung keine weiteren strafbaren Handlungen begangen hat und daß er wie er in seiner Stellungnahme zum Berufungsverfahren ausführt - seinen Willen und sein Bemühen dadurch äußert, daß er in Hinkunft die Zeiteinteilungen mit den Mitarbeitern so treffen werde, daß sie den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Diesen guten Willen muß man zugunsten des Beschuldigten berücksichtigen. Es ist aber schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung dem Beschuldigten auch zuzugestehen, daß der Arbeitsmarkt im Gastgewerbebereich sehr angespannt ist und daß daher die äußeren Umstände so gelagert waren, daß auch ein anderer mit den rechtlich geschützten Werten verbundener Mensch der Tat eher zugeneigt wäre. Diese äußeren Umstände können zwar die Tatbegehung nicht entschuldigen, sie können aber den im Vorwurf gelegenen Unwert mildern.

5.4.5. Auch hat die belangte Behörde bei der Strafbemessung auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten Bedacht genommen. Die Einkommenssituation wurde im Verfahren erster Instanz durch die Vorlage eines Einkommenssteuerbescheides nachgewiesen, aufgrund dessen eine Einkommenssteuer nicht zu entrichten war. Im übrigen ist er sorgepflichtig für seine Gattin und drei Kinder. Diese persönlichen Verhältnisse sind bei der gesamten Bemessung der Strafen zu berücksichtigen.

5.4.6. Unter Abwägung all der angeführten Gründe kann jedenfalls eine Gesetzwidrigkeit im Sinne eines rechtswidrigen Ermessens nicht festgestellt werden und hat sich aufgrund der nunmehrigen Umstände herausgestellt, daß die festgesetzten Strafen tat- und schuldangemessen, unter Abwägung der Erschwerungs- und Milderungsgründe gerechtfertigt und auch den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten angepaßt sind. Es ist nämlich entschieden zu berücksichtigen, daß dem Beschuldigten keineswegs allzu niedrige Strafen auferlegt wurden, da die einzelnen Strafen auch immer in bezug auf den im Gesetz jeweils vorgesehenen Strafrahmen zu betrachten sind. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sowohl nach dem Mutterschutzgesetz als auch nach dem KJBG die Höchststrafe 15.000 S beträgt. Die einzelnen verhängten Strafen bewegen sich aber jeweils im Bereich von 4.000 S bzw. 5.000 S und sind daher in diesem Verhältnis angemessen. Es ist jedenfalls zu bedenken, daß dem Beschuldigten ein Wiederholungsfall nicht vorgeworfen wurde und daher nicht vom erhöhten Strafsatz auszugehen ist. Unter diesem Aspekt wären daher die vom Arbeitsinspektorat beantragten Strafsätze von 6.000 S bzw. 9.000 S sehr hoch gegriffen bzw. der beantragte Strafsatz von 15.000 S für eine Übertretung völlig ungerechtfertigt, da dies die Höchststrafe darstellt. Was aber das Faktum II, III und IV anlangt, so hat die belangte Behörde - wenn auch nicht ausdrücklich in der Begründung angeführt - zu Recht den Strafsatz entsprechend niedrig mit jeweils 1.000 S festgesetzt, da es sich bei diesen Übertretungen um Melde- bzw. Anzeigepflichten bzw. sonstige Formalpflichten handelt, welche zwar der erleichterten Kontrolle und Überwachung dienen, welche aber an sich die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht gewährleisten können. Entsprechend ist auch der Unrechtsgehalt dieser Übertretungen weit geringer zu bewerten und daher auch die Strafe entsprechend niedriger anzusetzen. Es haftet daher auch diesbezüglich dem Straferkenntnis keine Rechtswidrigkeit an.

5.5. Grundsätzlich muß aber das Arbeitsinspektorat darauf hingewiesen werden, daß die in der Anzeige beantragten Strafbeträge - diese werden unabhängig von den persönlichen Verhältnissen und sonstigen Umständen beantragt - erst in einem ordentlichen Verfahren einer Überprüfung unterzogen werden müssen. Es hat daher sowohl die Behörde erster Instanz als auch der unabhängige Verwaltungssenat in einem ordentlichen Verfahren alle die Strafbemessung betreffenden Gründe zu ermitteln und entsprechend zu würdigen. Erst aufgrund des Ermittlungsverfahrens und der danach angestellten rechtlichen Würdigung kann ein endgültiges Strafausmaß bezogen auf den jeweiligen Täter festgesetzt werden.

Ist auch die belangte Behörde in einigen Punkten eine ausführliche Begründung schuldig geblieben, so konnte doch im Ergebnis auch der unabhängige Verwaltungssenat der beabsichtigten Hinaufsetzung der Strafbeträge nicht Rechnung tragen. Es hat sich nämlich nach Würdigung und ausführlicher Darlegung aller Umstände gezeigt, daß die von der belangten Behörde festgesetzten Strafen gerechtfertigt und angemessen sind.

Abschließend sei noch zum vom Arbeitsinspektorat besonders in Betracht gezogenen Präventionsgedanken auszuführen, daß im Sinne der Generalprävention die Verhängung der gegenständlichen Strafen unter Bedachtnahme auf die Kumulation und das so erzielte Strafausmaß von immerhin 51.000 S Gesamtstrafe sehr wohl eine Abschreckungsfunktion hat. Bezogen auf den Beschuldigten hat dieser aber in seinem Schriftsatz schon zum Ausdruck gebracht, daß er einsichtig ist und alles tun werde um eine weitere Tatbegehung hintanzuhalten. Es sind daher besondere spezialpräventive Maßnahmen nicht erforderlich. Im übrigen sollten auch die gegenständlich festgesetzten Strafen den Beschuldigten dazu anhalten, die Arbeitszeitregelungen nunmehr genauestens zu beachten, da ansonsten im Wiederholungsfall wohl von einem höheren Strafrahmen und daher von auch höher auszusprechenden tatsächlichen Strafen auszugehen wäre.

5.6. Es hat daher im Ergebnis das Verfahren gezeigt, daß trotz der teilweise schwerwiegenden Übertretungen und der zum Teil mangelhaften Begründung im Straferkenntnis die verhängten Strafen angemessen und ausreichend sind. Aufgrund dieses Ergebnisses war daher der Berufung keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf den Strafausspruch zu bestätigen.

6. Da die Bestimmung des § 64 VStG lediglich davon ausgeht, daß der Beschuldigte Berufung erhebt, war ein Strafkostenbeitrag weder vom Beschuldigten noch vom berufenden Arbeitsinspektorat einzufordern.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum