Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220156/2/Kl/La

Linz, 03.06.1993

VwSen - 220156/2/Kl/La Linz, am 3. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Februar 1992, Zl. Ge-96/154/1991/Pa, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG; §§ 367 Ziff.26 und 366 Abs.1 Ziff.4 GewO 1973.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21. Februar 1992 wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von insgesamt 6.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt sechs Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen nach a) § 367 Ziff.26 GewO 1973 iVm den Auflagepunkten 2 und 7 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.11.1989 und b) § 366 Abs.1 Ziff.4 iVm § 81 der Gewerbeordnung 1973 verhängt, weil er in der Zeit vom 12. September 1991 bis zumindest 3. Dezember 1991 a) auf dem Grundstück Nr., KG M, Gemeinde N im Mühlkreis, eine gewerbepolizeilich genehmigte Betriebsanlage, und zwar eine Autoverschrottungs- und -verwertungsanlage (Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.11.1989, Ge01/5/67/1989/R), insofern nicht konsensgemäß betrieben hat, als er auf unbefestigtem, d.h. nicht flüssigkeitsdichtem Boden Alt- und Unfallautos (ca. 30 Stück), ausrangierte Autos und Motorteile gelagert hat und dadurch den Auflagepunkten 2 und 7 des gewerbepolizeilichen Bewilligungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3.11.1989 nicht entsprochen wurde und b) die auf Grundstück Nr. mit dem zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt genehmigte Autoverschrottungs- und -verwertungsanlage im Ausmaß von ca. 3500 m2 ohne die hiefür erforderliche gewerbepolizeiliche Bewilligung auf eine Fläche von ca. 5900 m2 erweitert und auf dieser Fläche Alt- und Unfallautos, ausrangierte Autos und Motorteile gelagert hat, wodurch dies als genehmigungspflichtige Änderung im Sinn des § 81 GewO 1973 zu werten ist, wobei dadurch zusätzliche Beeinträchtigungen, insbesondere hinsichtlich des Grundwasserschutzes nicht auszuschließen sind (Hausbrunnen in der näheren Umgebung).

2. Dagegen wurde fristgerecht bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt Berufung eingebracht, und es hat die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde diese Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. In ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgesprochen, daß gemäß § 44a lit.a VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2. die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die am 5. Dezember 1991 zu Ge96/154/1991/Pa/Bn ergangene Strafverfügung noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

3.2. Gemäß § 367 Ziff.26 der Gewerbeordnung 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 82a Abs.1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt, oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu wiederholt ausgesprochen, daß das Wesen der Auflagen im Sinn dieser Gesetzesbestimmungen darin besteht, daß die Verwaltungsbehörde in einem den Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid belastende Gebote oder Verbote als Nebenbestimmungen aufnimmt, welche im Fall der Gebrauchnahme vom erteilten Recht ein bestimmtes Verhalten vorschreiben und sohin als "bedingte Polizeibefehle" wirksam werden. Dadurch, daß § 367 Z26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes. Solcherart aber stellt die Nichteinhaltung jedes einzelnen Gebotes oder Verbotes eine (eigene) nach dieser Bestimmung zu ahndende Verwaltungsübertretung dar, wobei unter den Voraussetzungen des § 22 Abs.1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

Im Hinblick auf das oben ausgeführte Konkretisierungsgebot wäre es daher erforderlich gewesen, den vorgeworfenen Sachverhalt im Hinblick auf die jeweilige dadurch nicht eingehaltene und daher den Tatbestand bildende Auflage des gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vorzuwerfen. Konkret wäre eine Trennung auch deshalb erforderlich gewesen, da in Auflagenpunkt 2 des zitierten Bescheides eine "mineralöldichte Oberfläche" gefordert wird, während Auflagenpunkt 7 die Errichtung eines Lagerraumes bzw. einer Werkstätte fordert, deren Boden "flüssigkeitsdicht herzustellen" ist. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Bodenbeschaffenheit richten sich (wohl auch) nach den darauf abgestellten Gegenständen.

3.3. Gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Der zitierte Gesetzeswortlaut geht von einem Alternativtatbestand aus, wobei die erste Alternative ein Erfolgsdelikt und die zweite Alternative ein Dauerdelikt bzw. fortgesetztes Delikt darstellt. Im Sinn der Konkretisierung wäre es daher erforderlich gewesen, dem Berufungswerber eine der beiden Alternativen vorzuwerfen, wobei in diesem Zusammenhang dem vorgeworfenen Tatzeitpunkt bzw. Tatzeitraum ein besonderes Augenmerk zu schenken wäre.

3.4. Aus den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil eine weitere Verfolgung nicht mehr möglich ist.

3.5. Im übrigen wird auch darauf hingewiesen, daß der Spruch des Straferkenntnisses nicht mit jenem der Strafverfügung, welche die einzige Verfolgungshandlung in diesem Verfahren darstellt, übereinstimmt und daher der Berufungswerber im gesamten Verwaltungsstrafverfahren (mit dem Einspruch gegen eine Strafverfügung wird das ordentliche Verfahren bzw. Ermittlungsverfahren eingeleitet) keine Möglichkeit zur Rechtfertigung und Äußerung hatte. Es wurde kein ordentliches Verfahren im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes durchgeführt, weshalb der Berufungswerber auch um den gesetzlichen Richter bzw. eine Verwaltungsinstanz gekürzt anzusehen war.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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