Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220157/29/Kon/Kf

Linz, 10.09.1992

VwSen - 220157/29/Kon/Kf Linz, am 10. September 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine I. Kammer unter dem Vorsitzenden Dr. Hans Guschlbauer, den Berichter Dr. Robert Konrath und der Beisitzerin Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 21. Februar 1992, Ge96/261/1991-6/92, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idF. BGBl.Nr. 544/1982 i.V.m. § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954; § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG.

II. Bezüglich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe von 30.000 S auf 15.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 30 Tagen auf die Dauer von 15 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 3.000 S auf 1.500 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem eingangs angeführten Straferkenntnis Herrn J, wh. in G, der Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes i.V.m. § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954, für schuldig befunden und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 30.000 S, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 30 Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Josef H KG mit dem Sitz in G am 17.9.1991 auf der Baustelle in N, nicht dafür gesorgt hat, daß die gemäß § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, durchgeführt wurden. Die Arbeitnehmer E K und Leitner führten am Dach des Gebäudes Messarbeiten durch, ohne daß sie angeseilt waren. Auch andere Schutzmaßnahmen, wie Schutzgerüst oder Scheuchen waren nicht vorhanden.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 Abs.2 VStG verpflichtet, 10 % der verhängten Strafe d.s. 3.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Der Schuldspruch der Erstbehörde stützt sich im wesentlichen auf die Feststellung in der Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk und den Angaben des Beschuldigten selbst.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin beantragt, das Strafverfahren einzustellen oder zumindest das Strafausmaß beträchtlich herabzusetzen. Als Berufungsgründe werden unrichtige Sachverhaltsfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und hiezu vom Berufungswerber im wesentlichen ausgeführt wie folgt: Es sei richtig, daß er am 17.9.1991 gemeinsam mit den Arbeitern E auf der Baustelle "GWB Neuhofen" Dachdeckerarbeiten verrichtet habe. Es wäre dies der erste Arbeitstag auf dieser Baustelle gewesen und sie hätten die Baustelle etwa gegen 8.00 Uhr erreicht. Zur Absicherung des jeweiligen Arbeitsbereiches auf dem Dach hätten sie Schutzgitter mitgebracht, die noch vor Beginn der eigentlichen Dachdeckerarbeiten hätten montiert werden sollen. Er habe daher E damit beauftragt, den auf dem LKW befindlichen Kran betriebsbereit zu machen, um damit die Schutzgitter auf das Dach zu heben. Dort wollten er und die beiden anderen Arbeiter die Schutzgitter entgegennehmen und montieren. Das gegenständliche Dach weise eine Neigung von maximal 20 Grad auf und wäre mit einer Unterdachkonstruktion versehen. Die Dachlattung sei in Abständen von 30 cm angebracht gewesen. Im Hinblick auf die geringe Dachneigung und die bereits vorhandene Lattung sei somit auf dem Dach ein sicheres Stehen und Gehen möglich gewesen; die Gefahr eines Absturzes nach innen sei wegen der erwähnten Unterdachkonstruktion ebenfalls nicht gegeben gewesen. Mit den mitgebrachten Schutzgittern hätte zusätzlich die gesamte Traufenlänge gegen einen Absturz nach außen gesichert werden sollen.

Während Ernst Volgger den Kran betriebsbereit gemacht hätte, sei er mit E durch eine Dachlucke auf das Dach aufgestiegen, um dort die Möglichkeiten einer provisorischen Seilsicherung bereits bei der Montage das Schutzgitter zu erkunden: Sie hätten sich dann einen Überblick über die Dachkonstruktion verschaffen müssen, wobei sie sich vorne im Giebelbereich aufgehalten hätten. Zu diesem Zweck hätten sie auch schon die ersten Vermessungsarbeiten durchgeführt. Die Übernahme und Montage der vom Kran auf das Dach gehobenen Schutzgitter hätte dann unter Benützung der provisorischen Seilsicherung erfolgen sollen.

Die der Anzeige zugrundeliegenden Beobachtungen des Arbeitsinspektors sei kurz nachdem sie auf das trockene Dach hinausgestiegen seien, erfolgt. Sie verrichteten zu diesem Zeitpunkt keinerlei Dachdeckerarbeiten, sondern wären eben damit beschäftigt gewesen, eine provisorische Sicherung für die Montage des Schutzgitters zu errichten. Mit den Dachdeckerarbeiten sei erst nach Anbringung der Schutzgitter begonnen worden. Weitergehende Maßnahmen wären in diesem Zusammenhang seines Erachtens weder mündlich noch geboten gewesen, sodaß der ihm zu Last gelegte Vorwurf nicht zutreffe.

Zum Strafausmaß bringt der Beschuldigte vor, daß es richtig sei, daß er in den Jahren 1988 und 1989 fünf Mal wegen Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften rechtskräftig bestraft worden sei. Er habe diese Bestrafungen allerdings keineswegs unbeachtet gelassen, sondern vielmehr auch deshalb auf entsprechende Sicherheitsvorkehrungen Wert gelegt. Es sei ihm daher unverständlich, weshalb die Behörde die Bestrafungen, die völlig anders gelagerte Sachverhalte betroffen hätten, ungeprüft als Erschwerungsgrund ansehe und sogar erheblich über den gestellten Strafantrag des ohnehin strengwertenden Arbeitsinspektorates hinausgegangen sei. Weiters hätte die Erststrafbehörde außer Acht gelassen, daß er für seinen Sohn C, der an der Universität Graz Telematik studiere und über kein eigenes Einkommen verfüge, sorgepflichtig sei.

Die Erstbehörde hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG Abstand genommen und ohne Erstattung einer Gegenschrift die Berufung unter Anschluß ihres Verfahrensaktes dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dieser ist hiedurch zur Entscheidung über die gegenständliche Berufung zuständig geworden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Zuziehung der Parteien und von Zeugen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 43 Abs.1 Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr.267/1984 dürfen Arbeiten auf Dächern, wie Dachdecker-, Spengler-, Bauglaser- oder Anstreicherarbeiten sowie Arbeiten an Blitzschutzanlagen erst nach Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz idF. BGBl.Nr. 544/1982 begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, deren Vorschriften die aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S oder mit Arrest bis zu 3 Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden; bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände sind sie nebeneinander zu verhängen.

Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat steht unzweifelhaft fest, daß der gegen dem Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnis erhobene Tatvorwurf zutrifft. So hat der Beschuldigte selbst in keiner Weise bestritten, wenngleich nur für kurze Zeit, mit seinen Mitarbeitern am Dachstuhl des gegenständlichen Rohbaues unangeseilt, noch sonst gesichert, Meßarbeiten durchgeführt zu haben. Was die Vorwerfbarkeit der Tat betrifft, so ist der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz zur Ansicht gelangt, daß vom Beschuldigten die Kenntnis der von ihm verletzten Verwaltungsvorschriften gerade als einschlägigen Gewerbetreibenden durchaus verlangt werden kann. Es wäre für ihn auch ohne größere Schwierigkeiten möglich gewesen, dafür zu sorgen, daß sich seine Mitarbeiter vor Beginn der Arbeiten am Dachstuhl angeseilt hätten. Aufgrund dieser Umstände ist auch die subjektive Tatseite (das Verschulden) der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als voll erfüllt anzusehen.

Zur Strafhöhe: Neben dem in der Verwaltungsvorschrift festgesetzten Strafrahmen ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind über die im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46) die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat hat - was für die Strafbemessung von Belang war - ergeben, daß wohl eine gewisse Durchfeuchtung der Dachlattung gegeben war, diese aber wegen ihres geringen Ausmaßes zusätzlich keine besonders gefährlichen Verhältnisse erzeugte und sohin keinen straferschwerenden Umstand darstellte. Ebenso war für die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe von Belang, daß die Dauer der Tätigkeit bei der sich Arbeitnehmer ungesichert auf der Dachkonstruktion aufhielten relativ kurz war. Weiters war zu berücksichtigen, daß der Beschuldigte entgegen der Annahme im erstbehördlichen Straferkenntnis sorgepflichtig ist. Ohne zu übersehen, daß der Beschuldigte wegen der gleichen auf der schädlichen Neigung der Mißachtung des Dienstnehmerschutzes beruhenden Verwaltungsübertretung bereits fünf Mal rechtskräftig bestraft worden ist, fand der unabhängige Verwaltungssenat, daß mit einer Strafe in der Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 15 Tagen) in bezug auf den Strafzweck das Auslangen gefunden werden kann. Dies entspricht auch dem Strafantrag in der Anzeige des Arbeitsinpektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, der unter dem unmittelbaren Eindruck der begangenen Verwaltungsübertretung gestellt wurde. Ein weiteres Herabsetzen der Strafe wäre aber sowohl aus general- wie auch aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

Zu II.: Der im Bezug auf das Berufungsverfahren ergangene Kostenausspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sofern eine solche Beschwerde vom Beschuldigten erhoben wird, muß sie von einem Rechtsanwalt unterfertigt sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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