Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220184/7/Kl/Rd

Linz, 05.10.1993

VwSen - 220184/7/Kl/Rd Linz, am 5. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.3.1992, Ge96-2593-1991, verhängte Strafausmaß hinsichtlich Übertretungen nach dem Bundesgesetz über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen zu Recht erkannt:

Der Strafberufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.3.1992, Ge96-2593-1991, wurden gegen die Berufungswerberin Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 18.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 216 Stunden verhängt, weil sie in ihrem Gastgewerbebetrieb in S, die beschäftigten Jugendlichen Alexandra S und Michaela A in der Zeit vom 22.6. bis 1.8.1991 nicht dem Gesetz entsprechend - im Spruch konkretisiert - zu Arbeiten herangezogen hat und sohin Verwaltungsübertretungen nach § 11 Abs.1, § 15 Abs.1, § 17 Abs.1 und 2, § 18 Abs.1 und 3, § 19 Abs.1 und 2, § 16, § 26 Abs.1 und § 27 Abs.1 und 2 KJBG begangen hat. Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von insgesamt 1.800 S auferlegt.

Der Begründung des Straferkenntnisses wurde zugrundgelegt, daß die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich nicht bestritten wurden, daß aber durch verschiedene außergewöhnliche Belastungen, wie familiäre Probleme und wetterbedingte Arbeitsspitzen es zu den angegebenen Übertretungen gekommen sei. Die Jugendlichen hätten die Mehrarbeitsleistungen freiwillig gemacht und es wurden die Arbeitszeiteinteilungen im gegenseitigen Einvernehmen getroffen, sodaß keine Gefährdung der Jugendlichen gegeben war und auch eine großzügige Abgeltung von Mehrarbeitsleistungen erfolgte. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, daß die bisherige Unbescholtenheit im Zusammenhang mit vorübergehend aufgetretenen familiären Problemen als Milderungsgründe zu werten sind und somit mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden kann. Lediglich hinsichtlich der Übertretung des § 17 KJBG (Nachtruhe) scheint die Mindeststrafe nicht ausreichend und wurde daher die verhängte Strafe von 2.000 S als angemessen empfunden.

2. Dagegen hat das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck fristgerecht Berufung eingebracht und beantragt, den angefochtenen Bescheid im Umfang des Strafausspruches wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes (Ermessensübung) und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 60 AVG) aufzuheben und den Arbeitgeber in allen Punkten mit den beantragten Strafhöhen zu bestrafen. Im wesentlichen wurden krasse Widersprüche dahingehend festgestellt, daß die im Schreiben vom 16.12.1991 vorgebrachten Erschwerungsgründe in der Strafbemessung nicht berücksichtigt wurden und daß die Unbescholtenheit nicht als absolute Unbescholtenheit - nur diese stellt einen Milderungsgrund dar - festgestellt wurde. Die Erwägungen zur Strafbemessung seien widersprüchlich und es stelle die Bescheidbegründung nur eine Scheinbegründung dar. Die Behörde hat das nach § 19 VStG eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes ausgeübt und daher ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet. Sie ist daher auch nicht ihrer nach § 60 AVG normierten Begründungspflicht nachgekommen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Da die Berufung sich lediglich gegen das Strafausmaß richtet, und von den Verfahrensparteien eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine solche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der Beschuldigten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zur Berufung eingeräumt, und es führte diese gegenüber dem unabhängigen Verwaltungssenat mündlich aus, daß ihres Erachtens die verhängte Strafe ausreichend sei. Sie verweise nochmals auf ihre wirtschaftliche und familiäre Notlage zum Tatzeitpunkt und daß es sich um einen vorübergehenden Engpaß gehandelt habe, sodaß die Beschuldigte auf die Beschäftigung der beiden jugendlichen Arbeitnehmerinnen insbesondere an den Wochenenden angewiesen war. Es wurde auch darauf hingewiesen, daß eine Gesundheitsgefährdung nicht vorlag, und es gab dazu die Beschuldigte an, daß sie - um eine Gesundheitsgefährdung hintanzuhalten - den Arbeitnehmerinnen jeweils abwechselnd jede zweite Woche von Montag bis Freitag Zeitausgleich einräumte. Dies sei als besonders mildernder Umstand zu werten. Auch führte die Beschuldigte an, daß sie seit Mitte September 1991 den Betrieb geschlossen halte, da dies aufgrund der personellen Verhältnisse nunmehr erforderlich war. Zu den persönlichen Verhältnissen führte sie ergänzend zum Verfahren erster Instanz an, daß sie sorgepflichtig für eine Tochter sei. Beim Betrieb handle es sich um eine Pension mit 36 Betten und den Gastbetrieb.

Gemäß § 8 Abs.4 des ArbIG 1974 wurde das Arbeitsinspektorat für den 13. Aufsichtsbezirk in Klagenfurt am Verfahren beteiligt und es hat dieses eine Stellungnahme hinsichtlich des bekämpften Strafausmaßes dahingehend abgegeben, daß die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mangelhaft und unvollständig sei, es sei aber zu berücksichtigen, daß unter den Kriterien auch die Begehung mehrerer Taten, die Dauer und die Schwere der Übertretungen und auch der Vorsatz zu beurteilen sei. Laut Strafantrag ist daher bei Überwiegen der Erschwerungsgründe gegenüber den Milderungsgründen die Verhängung der Mindeststrafe nicht gerechtfertigt. Es seien die täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten und die Ruhepausenregelungen mißachtet worden. Dabei sei die Dauer und die Anzahl der Übertretungen zu berücksichtigen. Auch seien die Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen nicht unwesentlich. Es sei daher das Strafausmaß in angemessener Höhe festzusetzen.

5. Es hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

5.2. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG (dieser ist gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

5.3. Der gesetzliche Strafrahmen gemäß § 30 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen - KJBG, BGBl.Nr. 599/1987 idgF, beträgt eine Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S oder Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.

Wenn auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Strafbemessung überaus dürftig und zugegebenermaßen nicht zur Gänze nachvollziehbar ist, so kann aber dennoch im Ergebnis eine rechtswidrige Anwendung dieses Ermessens durch die Erstbehörde nicht erkannt werden.

5.3.1. Ergänzend zu den Ausführungen im Berufungsverfahren sind die Angaben der Beschuldigten im Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft heranzuziehen, wonach sie verwitwet ist, 1989 und 1990 keine Gewinne hatte und daher keine Einkommenssteuer abzuführen war, sorgepflichtig für ein Kind ist und Bankverbindlichkeiten in Höhe von 2 Mio Schilling hat. Die Übertretungen wurden nicht bestritten. Zur Überbrückung der familiären Probleme wurden die beiden Jugendlichen herangezogen, welche zu den Mehrleistungen nicht gezwungen wurden und diesen zustimmten und welche für diese Mehrleistungen auch großzügig entlohnt wurden. Auch wurde ergänzt, daß ein Wochenarbeitsplan zwar bestehe, die Ruhepausen aber nicht eingetragen waren. Auch bei den von den Jugendlichen gemachten Aufzeichnungen waren Frühstückspausen und die übrigen Essenspausen nicht enthalten, weshalb Pausen im Ausmaß von mindestens einer Stunde pro Tag abzuziehen wären.

5.3.2. Zum Unrechtsgehalt der Tat ist auszuführen, daß das von der Strafdrohung geschützte Interesse in der Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung der Jugendlichen liegt, wobei eine Gefährdung unabhängig davon eintritt, ob die gesetzwidrige Beschäftigung mit Einverständnis des Arbeitnehmers erfolgt oder nicht. Es ist daher in der Berufung zutreffend ausgeführt, daß die Norm zwingend und daher von der Parteiendisposition ausgeschlossen ist, da der Gesetzgeber vermeiden wollte, daß regelmäßig in wirtschaftlicher Abhängigkeit stehende Arbeitnehmer ihre gesundheitlichen Interessen aus wirtschaftlichen Gründen außer Acht lassen. Es ist daher in diesem Sinn der Berufung beizupflichten, daß die Beschuldigte objektiv rechtswidrig gehandelt hat und die von ihr eingewendete Bezahlung der Mehrleistungen eine über die Höchstgrenze hinaus geleistete Überstundenzahl nicht mehr legalisieren kann.

Es wurde daher durch die Verwaltungsübertretungen gerade jenes Rechtsgut und jene Interessen verletzt, deren Schutz die betreffenden Normen dienen.

5.3.3. Gerade als Betreiberin eines Gastgewerbebetriebes hätte auch die Beschuldigte um die Vorschriften des KJBG und deren Schutzzweck wissen müssen. Eine solche Kenntnis wurde auch nicht bestritten, sondern es wurde eine vorübergehende familiäre Notlage eingewendet. Hat auch die belangte Behörde expressis verbis in ihrem Straferkenntnis zum Verschulden keine Ausführungen getroffen, so ist doch aus dem gesamten Zusammenhang des Straferkenntnisses zu erkennen, daß auch sie von zumindest bedingtem Vorsatz ausgegangen ist. Weitere Ausführungen zur subjektiven Tatseite sind aber dem unabhängigen Verwaltungssenat im Hinblick auf die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung verwehrt, zumal die Tat (sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht) bereits rechtskräftig festgestellt wurde. Es war daher der Beschuldigten jedenfalls rechtswidriges Verhalten vorwerfbar, wenngleich aber aufgrund des gesamten Verfahrens davon auszugehen ist, daß die Beschuldigte eine absichtliche Verletzung der konkreten Schutzvorschriften und ein konkret rechtswidriges Verhalten an sich nicht wollte. Vielmehr sind die von ihr vorgebrachten Argumente nunmehr näher zu beleuchten.

5.3.4. Es sind daher gemäß § 19 Abs.2 VStG die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und auf die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß Bedacht zu nehmen. Entsprechend den Berufungsausführungen war daher die Mißachtung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit sowie der im Gesetz vorgesehenen Ruhepausen durch einen längeren Zeitraum, nämlich etwa zwei Monate hindurch, zu berücksichtigen. Auch waren die Überschreitungen der Tages- und Wochenarbeitszeit und die Verkürzung der Ruhezeiten zum Teil beträchtlich. Dies ist als erschwerend zu werten. Auch kommt der Berufungswerberin entsprechend den Berufungsausführungen - der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zu. Zutreffend ist nämlich dabei von einer absoluten Unbescholtenheit auszugehen. Es liegen aber bereits zwei Vormerkungen hinsichtlich Verkehrsübertretungen für die Berufungswerberin vor. Es ist ihr aber zugutezuhalten, daß diese Vormerkungen schon vor geraumer Zeit stattgefunden haben und daß sie sodann über einen Zeitraum von mehr als drei Jahren nicht mehr straffällig wurde. Im übrigen handelte es sich dabei um keine einschlägigen Vorstrafen und ist daher auf keine gleiche schädliche Neigung zu schließen. Es kommt daher der Erschwerungsgrund von auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Bestrafungen nicht zum Tragen (§ 33 Z2 StGB). Die Berufungsausführungen (siehe oben) führen aber zu Recht zu der Auffassung, daß der Erschwerungsgrund gemäß § 33 Z1 StGB gegeben ist, nämlich mehrere strafbare Handlungen in der selben Art gesetzt und die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt wurde.

5.3.5. Diesen Erschwerungsgründen ist entgegenzuhalten, daß auch besondere Milderungsgründe nach § 34 StGB vorliegen. Insbesondere ist der bisherige ordentliche Lebenswandel der Berufungswerberin heranzuziehen, nämlich daß sie bisher keine Übertretungen nach dem KJBG bzw. nach Arbeitnehmerschutzregelungen begangen hat und daher dieses gehäufte rechtswidrige Verhalten in auffallendem Widerspruch zu ihrem sonstigen Verhalten steht. Im übrigen hat die Berufungswerberin in ausführlicher Weise dargetan, daß sie aufgrund des Umstandes, daß sie nunmehr verwitwet, als solche den Betrieb allein fortführen müsse, daß aufgrund der saisonellen Umstände ein akuter Arbeitskräftebedarf vorhanden war, und daß sie jedenfalls die beschäftigten Jugendlichen nicht gesundheitsgefährdend beschäftigte, da ja keine nachteiligen Folgen eingetreten sind, als achtenswerte Beweggründe anzusehen (§ 34 Z3 StGB). Es ist aus der allgemeinen Lebenserfahrung zuzugestehen, daß gerade im Gastgewerbebetrieb in besonders tourismusintensiven Regionen saisonbedingte Engpässe eintreten können. Auch ist bekannt, daß der Arbeitsmarkt hinsichtlich des Servierpersonals sehr angespannt ist. Kann auch dieser Einwand nicht das rechtswidrige Verhalten rechtfertigen, so ist aber doch zugutezuhalten, daß die jugendlichen Beschäftigten ihr Einverständnis zur Arbeitsleistung gegeben haben und auch für diese Mehrarbeitsleistungen überdurchschnittlich entlohnt wurden. Auch hat die Berufungswerberin zum Ausdruck gebracht, daß sie eine Gesundheitsgefährdung von sich aus ausschließen wollte, und daß daher die genannten Jugendlichen jeweils nach einer so anstrengenden Arbeitswoche abwechselnd jede zweite Woche Zeitausgleich eingeräumt bekommen haben, um sich so wieder zu erholen. Diese Fürsorge ist der Berufungswerberin jedenfalls zugutezuhalten und zeigt auch auf, daß sie nicht gewillt war bzw. nicht in Kauf genommen hat, daß durch ihre Vorgangsweise eine tatsächliche Gesundheitsgefährdung oder Gesundheitsbeeinträchtigung eintritt.

Auch hat die Beschuldigte eingehend dargelegt, daß sie keinen Gewinn mit ihrem Gastgewerbebetrieb erzielen konnte und außerdem mit Bankverbindlichkeiten in Höhe von 2 Mio Schilling belastet sei, weshalb auch in Anbetracht des familiären Umstandes, daß sie verwitwet ist und den Betrieb allein fortführen muß, von einer Notlage zur Tatzeit auszugehen war, welche nicht auf ihr alleiniges Verschulden zurückzuführen ist. Es kommt daher dieser Umstand einer Milderung gemäß § 34 Z10 StGB nahe.

Auch wurde schon eingangs angeführt, daß die Übertretungen zu keinem tatsächlichen Schaden bzw. zu keinen nachteiligen Folgen geführt haben. Schließlich ist noch das Einsehen der Beschuldigten besonders zu würdigen, da sie bekannt gab, daß der Betrieb ab September 1991, also unmittelbar nach ihrer gegenständlichen Beanstandung durch das Arbeitsinspektorat, den Gastbetrieb geschlossen hat und seitdem geschlossen hält.

Zu würdigen war auch das Geständnis der Beschuldigten von Anfang an sowie der Umstand, daß sie sich keine wirtschaftlichen Vorteile aus den Übertretungen verschaffen wollte, sondern rein aus einer Notlage heraus gehandelt hat. Auch kann davon ausgegangen werden, daß die Bereitwilligkeit der Jugendlichen und deren Zustimmung zu dieser Arbeitseinteilung eine verlockende Gelegenheit für die Beschuldigte war, von dieser Arbeitsbereitschaft der Mitarbeiterinnen Gebrauch zu machen, insbesondere, da sie aufgrund der Arbeitsmarktsituation dringend dieser Mithilfe bedurfte.

Von einem Überwiegen - wie in der Berufung behauptet - der Erschwerungsgründe kann daher nicht ausgegangen werden. Es ist daher jedenfalls ein Ausgleich der Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeben. Der Berufung kommt daher im wesentlichen keine Berechtigung zu.

5.3.6. Die belangte Behörde hat aber zu Recht die Mißachtung der Nachtruhe als schwerwiegender gewertet und daher für diese Übertretungen eine höhere (nämlich 2.000 S) Geldstrafe festgelegt. Diese Übertretung steht auch im Gegensatz zu den übrigen Übertretungen im besonderen Maße dem schutzwürdigen Interesse der Gesundheit entgegen. Es ist nämlich aus medizinischer Sicht der Gesundheit abträglich, wenn für längere Zeit hindurch die Nachtruhe verkürzt wird. Dies gilt umsomehr für Jugendliche. Es ist daher diese Übertretung in einem besonderen Licht zu sehen. Hinsichtlich der übrigen Arbeitszeit, welche sicherlich nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht, ist aber wie schon ausgeführt, immer wieder der Ausgleich in Freizeit angestrebt worden.

5.3.7. Im Sinne des § 19 Abs.2 VStG sind aber auch die persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten, insbesondere die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die Beschuldigte hat bereits im Verfahren erster Instanz angegeben, daß laut Einkommenssteuerbescheid kein Einkommen und kein Gewinn vorhanden ist. Auch sei sie sorgepflichtig für ein Kind. Im übrigen sei sie verwitwet. Auch liegen Bankverbindlichkeiten in Höhe von 2 Mio Schilling vor. Diese Umstände waren daher bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen, weshalb die vom Arbeitsinspektorat beantragten Geldstrafen im Hinblick auf die wohl sehr tristen persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten als überhöht anzusehen sind. Auch kann weder eine so gravierende schädliche Neigung der Beschuldigten festgestellt werden noch können Verschuldensmomente herangezogen werden, die so hohe Strafen rechtfertigen. Die festgesetzten Strafen sind daher als tat- und schuldangemessen und im Sinn der übrigen Strafzumessungsgründe als gerechtfertigt anzusehen.

5.3.8. Hinsichtlich der Verletzung der Bestimmungen des § 26 und § 27 KJBG ist aber auszuführen, daß zwar eine gesetzliche Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen und zum Aushang der Normalarbeitszeiten besteht, daß es sich aber dabei um Formalvorschriften handelt. Der Sinn dieser Vorschriften liegt vielmehr in der besseren Aufklärung und Kontrolle der tatsächlichen Arbeitszeiten, wobei diese Aufzeichnungen aber nicht die tatsächliche Einhaltung garantieren. Es steht daher die beantragte Strafhöhe in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Unrechtsgehalt der Tat.

5.4. Grundsätzlich muß aber das Arbeitsinspektorat darauf hingewiesen werden, daß die in der Anzeige geforderten Strafbeträge erst in einem ordentlichen Verfahren einer Überprüfung unterzogen werden müssen. Es hat daher sowohl die Behörde erster Instanz als auch der unabhängige Verwaltungssenat in einem ordentlichen Verfahren alle die Strafbemessung betreffenden Gründe zu ermitteln und entsprechend zu würdigen. Erst aufgrund des Ermittlungsverfahrens und der danach angestellten rechtlichen Würdigung kann ein endgültiges Strafausmaß bezogen auf den jeweiligen Täter festgesetzt werden.

Dies konzediert im übrigen auch das im Verfahren beteiligte Arbeitsinspektorat des 13. Aufsichtsbezirkes, welches sehr wohl auch auf die noch zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnisse der Beschuldigten hinweist.

So ist auch im konkreten Fall zu berücksichtigen, daß der in der Berufung angeführte Präventionsgedanke gerade in diesem speziellen Fall nicht zum Tragen kommt, da die Beschuldigte den Betrieb bereits geschlossen hat und daher weitere Übertretungen von vornherein auszuschließen sind. Vielmehr bringt die Beschuldigte damit zum Ausdruck, daß sie sich einsichtig zeigt und auch nicht mehr in der Lage fühlt, unter den gegebenen Umständen den Betrieb fortzuführen.

5.5. Es hat daher im Ergebnis das Verfahren gezeigt, daß trotz der teilweise schwerwiegenden Übertretungen die verhängten Strafen angemessen und ausreichend sind. Wenn auch das angefochtene Straferkenntnis unter wesentlichen Begründungsmängeln hinsichtlich der Strafbemessung leidet, so konnte doch im Ergebnis den verhängten Strafen zugestimmt und in der Festsetzung dieser Strafen kein gesetzwidriges Ermessen festgestellt werden. Aufgrund dieses Ergebnisses war daher der Berufung keine Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf den Strafausspruch zu bestätigen.

6. Da die Bestimmung des § 64 VStG lediglich davon ausgeht, daß der Beschuldigte Berufung erhebt, war ein Strafkostenbeitrag weder vom Beschuldigten noch vom berufenden Arbeitsinspektorat einzufordern.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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