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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220185/2/Ga/Hm

Linz, 19.05.1992

VwSen - 220185/2/Ga/Hm Linz, am 19. Mai 1992 DVR.0690392 - & E, Linz; Verfahren wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung des Ahmed E, vom 24. März 1992 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 6. März 1992, GZ 100-1/16, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 51 und § 51e Abs.1, § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32 Abs.2, § 45 Abs.1 Z.3 VStG; Zu II.: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit Strafverfügung vom 2. Dezember 1991 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) dem Berufungswerber die Verletzung des § 366 Abs.1 Z.2 iVm § 5 Abs.2 und § 189 der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) vorgeworfen und über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z.2 GewO 1973 eine Geldstrafe von 2.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs.1 VStG der "Pizzeria C, zugelassen habe und verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, daß "die genannte Gesellschaft im Standort Linz, zumindest am 19. August 1991 um 11.30 Uhr das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants ausgeübt hat - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung eines Organes der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, festgestellt wurde -, indem dort an Gäste Getränke ausgeschenkt und Speisen verabreicht wurden, ohne im Besitze einer entsprechenden Gastgewerbeberechtigung gewesen zu sein." 1.2. Nach Beeinspruchung dieser Strafverfügung hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) mit dem - nunmehr angefochtenen - Straferkenntnis vom 6. März 1992 dem Berufungswerber die Verletzung (nur) des § 366 Abs.1 Z.2 GewO 1973 vorgeworfen und über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 2.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt und ihn außerdem zur Zahlung eines Beitrages von 200 S zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der "Pizzeria C, zu verantworten habe, daß "zumindest am 19. August 1991 im Standort Linz, , das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants ausgeübt wurde - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, feststeht -, indem dort an Gäste Getränke ausgeschenkt bzw. Speisen verabreicht wurden, ohne im Besitz einer entsprechenden Konzession zu sein." 2.1. Gegen dieses Straferkenntnis richtete Herr Ahmed E noch innerhalb der Berufungsfrist einen als Einspruch bezeichneten Schriftsatz an die Strafbehörde. Darin bringt er im wesentlichen (nur) vor, daß er sich ungerecht behandelt fühle und daß daher seine Bestrafung noch einmal überprüft werden solle.

2.2. Im Zweifel, ob dieser Schriftsatz einen den gesetzlichen Anforderungen (§ 63 Abs.3 AVG) entsprechenden, begründeten Berufungsantrag enthält, entschied sich der unabhängige Verwaltungssenat zugunsten einer dem Berufungswerber in noch vertretbarer Weise entgegenkommenden, weiten Sicht des Rechtschutzgedankens und wertete diesen Schriftsatz als gerade noch zulässige Berufung.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenäußerung hat die Strafbehörde nicht abgegeben. Durch die Vorlage wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst. Dieser hat, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Strafbescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Aus dem Strafakt geht nämlich hervor:

4.1. Als Ausgangspunkt dieses Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Berufungswerber wegen Übertretung der GewO 1973 kann nur die im Akt einliegende Anzeige zweier Sicherheitswacheorgane der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, vom 19. August 1991 gewertet werden. Aus dieser Anzeige geht hervor, daß im Zuge einer Erhebung um 11.30 Uhr desselben Tages durch eigene dienstliche Wahrnehmungen "im Küchenbereich" in der als Tatort angegebenen "Pizzeria T" in der sich der Verdacht der illegalen Beschäftigung zweier Ausländer ergeben habe, daß weiters im Zuge dieser Amtshandlung sich Herr Ahmed E selbst als "zuständiger Geschäftsführer und Verantwortlicher" vorgestellt habe und er schließlich "stellvertretend für die Firma E von der Erstattung der Anzeige in Kenntnis gesetzt" worden sei.

4.2. Nun kann aber garade dieser Anzeige nicht der geringste Hinweis entnommen werden, daß sich die Amtshandlung der Wacheorgane - direkt oder indirekt - auf die Überprüfung einer Gastgewerbe-Konzession gerichtet hätte; auch irgendwelche Feststellungen der Erhebungsorgane über die Verabreichung von Speisen und/oder den Ausschank von Getränken an "Gäste" in der Küche oder in anderen Räumen der Pizzeria T enthält die Anzeige nicht. Aber auch in keinem anderen Schriftstück des Strafaktes kann auch nur die geringste Bestätigung dafür aufgefunden werden, daß es über eine Verabreichung irgendwelcher Speisen und/oder einen Ausschank irgendwelcher Getränke an irgendwelche Gäste in irgendwelchen Räumlichkeiten der Pizzeria T in der in Linz irgendwelche Feststellungen aufgrund dienstlicher Wahrnehmungen von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz oder eines anderen Wachzimmers, tatsächlich gegeben hat.

4.3. Der Spruch der Strafverfügung vom 2. Dezember 1991 enthält die Wortfolge: " - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung eines Organes der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, festgestellt wurde - "; der Spruch des Straferkenntnisses vom 6. März 1992 enthält die Wortfolge: " - wie aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, feststeht - ".

Diese (angebliche) dienstliche Wahrnehmung der Erhebungsorgane, auf die sich die Sprüche der im Strafverfahren ergangenen Bescheide ausdrücklich stützen, ist jedoch im Strafakt nicht einmal in Ansätzen nachweisbar. Im Grunde des § 47 Abs.1 VStG war daher schon die Erlassung der Strafverfügung vom 2. Dezember 1991 gesetzwidrig, weil die dort festgelegte Voraussetzung für die Erlassung einer Strafverfügung, nämlich die Anzeige einer Verwaltungsübertretung (u.a.) durch ein Organ der öffentlichen Aufsicht auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmungen, offenbar nicht erfüllt war.

5.1. § 130 GewO 1973 reiht (im Abschnitt IV) das Gastgewerbe unter die konzessionierten Gewerbe ein. Gemäß § 189 Abs.1 GewO 1973 unterliegen der Konzessionspflicht: nach Z.2 dieser Bestimmung "die Verabreichung von Speisen jeder Art und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen"; nach Z.3 dieser Bestimmung "der Ausschank von alkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen"; nach Z.4 dieser Bestimmung "der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und der Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen". Gemäß § 189 Abs.2 GewO 1973 ist unter Verabreichung und unter Ausschank jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, daß die Speisen oder Getränke an Ort und Stelle genossen werden. Die tatbildliche Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit ist im § 1 Abs.2 GewO 1973 umschrieben. Danach kommt es darauf an, daß mit der Tätigkeit ein Erwerbszweck verfolgt wird, daß ihr Regelmäßigkeit und Selbständigkeit bescheinigt werden kann. Die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die tatbildliche Prämisse des Erwerbszweckes als Gewinnabsicht herausgebildet. Danach muß die Absicht nachweisbar sein, durch die Tätigkeit einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. § 5 Z.2 GewO 1973 legt per definitionem fest, daß konzessionierte Gewerbe erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden dürfen. Die Konzessionsbindung ist durch § 366 Abs.1 Z.2 GewO 1973 geschützt, wonach sich einer Verwaltungsübertretung schuldig macht, wer ein konzessioniertes Gewerbe ohne die erforderliche Konzession ausübt. Unter Ausübung eines Gewerbes wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden.

5.2. Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt. Stets hat der Tatvorwurf der Verfolgungshandlung bestimmt zu sein (§ 41 Abs.1, § 42 Abs.1 Z.1, § 44 Abs.1 Z.3, § 48 Abs.1 Z.3 VStG; bezüglich Niederschriften: § 14 Abs.2 Z.1 AVG iVm § 24 VStG).

Die Verjährungsfrist für die Verwaltungsübertretung der Ausübung eines konzessionierten Gewerbes ohne die erforderliche Konzession beträgt sechs Monate. Der Beginn der Verjährungsfirst ist nach Maßgabe des § 31 Abs.2 VStG zu bestimmen. Im vorliegendem Fall ist die Frist von dem Zeitpunkt an zu bemessen, zu dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist. Weil es sich hier um ein fortgesetztes Delikt (zB VwGH vom 24.3. 1971, 1275/70 uva) handelt, ist dies der 19. August 1991, 11.30 Uhr. Genau zu diesem Zeitpunkt war nämlich die von der Strafverfügung aus der fortgesetzten Begehung der Verwaltungsübertretung herausgenommene und vorgeworfene Einzeltat abgeschlossen. Eine weitere Tathandlung zu einem anderen Tatzeitpunkt wurde weder festgestellt noch vorgeworfen.

6. Vor dem Hintergrund dieser hier maßgeblichen Rechtsordnung vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Auffassung, daß als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte alle Handlungen der Behörde gelten, die nach Art und Bedeutung die Absicht der Behörde zum Ausdruck bringen, den gegen eine bestimmte Person wegen einer bestimmten Tat bestehenden Verdacht auf eine im Verwaltungsstrafgesetz vorgeschriebene Weise zu prüfen. Dabei unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Gerade aber diese, für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung geforderte Vollständigkeit ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

6.1. So fehlen schon in der Strafverfügung vom 2. Dezember 1991 wesentliche Sachverhaltselemente, auf die sie sich jedoch konkret hätte stützen müssen, um als Verfolgungshandlung gewertet werden zu können. Im Gegenteil: Infolge der unterbliebenen Anzeige kann aus dem Akt gar nicht schlüssig nachvollzogen werden, warum das Strafverfahren überhaupt eingeleitet worden ist. Es haben auch keine Wahrnehmungen der Strafbehörde selbst über das Vorliegen einschlägiger Sachverhaltsmerkmale, die dann einen bestimmten Tatvorwurf erlaubt hätten, stattgefunden. Die - insgesamt somit unterbliebenen - Erhebungen bzw. Wahrnehmungen hätten sich im Interesse einer verläßlichen Schlußziehung auf die Tatbildlichkeit der inkriminierten Tätigkeit beispielsweise auf folgende Umstände erstrecken müssen:

* Welche Speisen sind zu welchen Preisen verabreicht worden? * Welche Getränke sind zu welchen Preisen in welchen Gefäßen ausgeschenkt worden? * Waren die angeblichen "Gäste" Personen, die Speisen und Getränke tatsächlich als - bezahlende - Gäste an Ort und Stelle genossen haben ? * Ist eine Speisen- und Getränkekarte aufgelegen? 6.2. Es gibt im Strafakt auch keinen Hinweis, daß die für den Tatvorwurf wesentlichen Sachverhaltselemente, die schon in der als Verfolgungshandlung deswegen untauglichen Strafverfügung vom 2. Dezember 1991 nicht enthalten waren, dem Berufungswerber anläßlich seines Einspruchs, den er mündlich am 17. Jänner 1992 (vgl. die "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" gleichen Datums) erhoben hatte, konkret vorgehalten worden wären. Auch diese Niederschrift scheidet als Verfolgungshandlung aus.

6.3. Selbst wenn die Strafbehörde den mündlichen Einspruch des Berufungswerbers vom 17. Jänner 1992 als "Geständnis" gewertet haben sollte (dafür findet sich ein indirekter Hinweis in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses), könnte dadurch der unterbliebene konkrete Tatvorwurf nicht kompensiert werden. Wenn nämlich bis dahin eine taugliche Verfolgungshandlung von der Behörde selbst nicht gesetzt worden ist, dann ist eine solche auch nicht durch ein ausdrückliches Geständnis eines Beschuldigten (allein) ersetzbar. Vorliegend hat freilich der Einspruch gar keine verfahrensrechtliche Geständnisqualität: Dazu ist die Begründung des Einspruchs bzw die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers zu allgemein gehalten und besteht gerade nicht in einer Bezugnahme auf konkrete, maßgebliche Sachverhaltselemente. Seine Wertung als Verfolgungshandlung in diesem Zusammenhang kann keinesfalls davon abhängen, daß bestimmte Sachverhaltselemente - die mangels Ermittlung nicht einmal der Behörde selbst bekannt waren - beim Beschuldigten unausgesprochen als bekannt vorausgesetzt werden und daher deren nähere Konkretisierung durch die Strafbehörde vermeintlich unterbleiben könnte (vgl. VwGH vom 15.6.1984, 84/02/0126).

7.1. Im Ergebnis ist eine taugliche Verfolgungshandlung von der Strafbehörde gegen den Berufungswerber innerhalb der Verjährungsfrist - gemäß den verfahrensrechtlichen Fristenberechnungsregeln endete diese mit Ablauf des 19. Februar 1992 - nicht gerichtet worden. Im Grunde des § 31 Abs.1 VStG war daher die Verfolgung des Berufungswerbers im Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses (6. März 1992) unzulässig. Das schon deswegen mit Rechtswidrigkeit belastete Straferkenntnis war aufzuheben.

7.2. Die Verfolgungshandlung kann wegen des Fristablaufs nicht nachgeholt werden (etwa auf der Grundlage eines vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in öffentlicher mündlicher Verhandlung durchgeführten Zeugenbeweises). Mit der Verjährung liegt somit ein Umstand vor, der die weitere Verfolgung jedenfalls ausschließt (§ 45 Abs.1 Z.3 VStG). Daher war spruchgemäß die Einstellung zu verfügen.

8. Ergänzend zur Begründung des spruchgemäßen Verfahrensergebnisses hält der unabhängige Verwaltungssenat noch fest: Auch das Straferkenntnis vom 6. März 1992 für sich leidet an so schwerwiegenden Mängeln, die es mit inhaltlicher Rechstwidrigkeit belasten, sodaß mit Aufhebung selbst dann hätte vorgegangen werden müssen, wenn nicht schon Verfolgungsverjährung eingetreten wäre.

8.1. Vor dem Hintergrund eines - im Gegensatz zur aktenwidrigen Beurkundung im Spruch - im wesentlichen unterbliebenen Ermittlungsverfahrens fehlt es am Vorwurf der für die Tatbildmäßigkeit im Sinne des § 44a Z.1 VStG unverzichtbaren Sachverhaltselemente (insbesondere Gewinnabsicht, Regelmäßigkeit; Genuß durch zahlende Gäste an Ort und Stelle).

8.2. Außerdem widerspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Z.2 des § 44a VStG deshalb, weil jene Verwaltungsvorschrift (Gebots- bzw Verbotsnorm), die durch die Tat verletzt worden ist, nicht bezeichnet ist.

8.3. Überdies kommt die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses über die - ungenügende - Qualität einer formularmäßigen Begründung nicht hinaus und ist zudem in wichtigen Punkten auffallend aktenwidrig. So zB hält die Begründung fest, daß straferschwerend "zwei einschlägige Vorstrafen" des Berufungswerbers gewertet worden sind. Über Vorstrafen, gar über einschlägige, sind im Akt jedoch keinerlei Erhebungen dokumentiert.

8.4. Auch die Verwendung des Kürzels "bzw." im Spruch ist mit dem Erfordernis eines bestimmten Tatvorwurfs nicht zu vereinen. Es bleibt nämlich unklar, in welche Beziehung dadurch das eine Spruchelement der Verabreichung von Speisen zu dem anderen Spruchelement des Ausschanks von Getränken gesetzt werden soll. Wenn aber der Verwendung des Kürzels die Bedeutung einer Alternative (im Sinn von "oder") unterlegt sein sollte, dann wäre dadurch die Rechtswidrigkeit des Spruchs erst recht eklatant.

8.5. Aber auch sonst weicht der Spruch des Straferkenntnisses in auffälliger Weise von der Formulierung der (nichtsdestoweniger untauglichen) Verfolgungshandlung vom 2. Dezember 1991 ab: Enthält diese noch den nach der Uhrzeit bestimmten Tatzeitpunkt, unterblieb in jenem die Angabe der Uhrzeit. Auch dadurch fehlt es - entgegen der Anordnung des § 44a Z.1 VStG - an der Umschreibung eines unverwechselbar feststehenden Tatvorwurfs, weil der Berufungswerber infolge dieser Weglassung rechtlich nicht davor geschützt wäre, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. zB VwGH Slg.N.F.Nr. 11.894/A vom 3.10.1985).

8.6. Und schließlich geht aus dem Strafakt nicht hervor, daß die dem Tatvorwurf im Spruch des Straferkenntnisses unterstellte Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als das im Sinne des § 9 Abs.1 VStG berufene Vertretungsorgan amtswegig festgestellt worden wäre (vgl VwGH 22.10. 1971, 443/71); diesbezüglich sind im Akt lediglich rudimentäre handschriftliche Notizen, die jedoch dem verfahrensrechtlichen Mindeststandard des § 16 AVG nicht genügen und zur Dokumentation einer nachprüfbaren amtswegigen Ermittlung ungeeignet sind, auffindbar.

9. Zusammenfassend zu I. wird bemerkt: Die Durchführung eines erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahrens ist Sache der Erstbehörde und nicht der Berufungsinstanz. Eine - wie hier vorliegend derart mangelhafte, den Grundsatz des § 37 AVG iVm § 24 VStG mißachtende Sachverhaltsermittlung im ordentlichen Verfahren bewirkt jedoch die Verlagerung der erstinstanzlichen Ermittlungstätigkeit auf die Berufungsbehörde und verkürzt in ihren praktischen Auswirkungen den Rechtschutz des Beschuldigten um eine Instanz. Überdies ist eine solche Verlagerung aus verwaltungsökonomischen Gründen abzulehnen. Es ist nämlich die Verpflichtung der Verwaltung nicht nur zur Objektivität, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, sondern auch zur Sparsamkeit schon in Art.10 Abs.3 des O.ö. Landes-Verfassungsgesetzes 1991 ausdrücklich angeordnet. Und schließlich kann sogar die Verfassungssphäre der Rechtsunterworfenen dadurch verletzt werden, daß - wie hier offenbar vorliegend - die Behörde leichtfertig vorgegangen ist und das Verwaltungsstrafverfahren in besonderem Maß mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht; der Verfassungsgerichtshof sieht in ständiger Rechtsprechung in solchen Mängeln eine durch willkürliche Gesetzeshandhabung bewirkte Gleichheitsverletzung (zB VfSlg. 10065/1984, 10080/1984).

Zu II.: Bei diesem Ergebnis hat der Berufungswerber keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens, weder in erster Instanz noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, zu tragen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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