Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220227/2/Kl/Ka

Linz, 13.08.1993

VwSen - 220227/2/Kl/Ka Linz, am 13. August 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 22. Mai 1992, Ge-231-1991, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

II. Es entfallen jegliche Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 22. Mai 1992 wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 verhängt, weil sie in den letzten sechs Monaten vor ihrer Pensionierung (1.1.1992) und darüber hinaus in ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in S, P9, in einem eigens eingerichteten Arbeits- und Verkaufsraum das Fleischergewerbe ausgeübt und ua Schnitzel aufgeschnitten und Hartwurst hergestellt und verkauft hat, und zwar in einem Ausmaß, daß von einem landwirtschaftlichen Nebengewerbe nicht mehr gesprochen werden kann, ohne hiefür eine Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe besessen zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen vorgebracht wird, daß in dem Betrieb keine Aufzeichnungen geführt werden und daher ein Einkommen lediglich aufgrund von Standarddeckungsbeiträgen, herausgegeben vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, errechnet werden kann. Es sei aber die Direktvermarktung von Fleisch und Fleischprodukten nur im üblichen Rahmen, wie sie von Landwirten getätigt wird, und daher eindeutig untergeordnet durchgeführt worden, und es wird diese daher lediglich in Form eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes ausgeübt. Es wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG). 4. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 686/1991, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.3. Im Sinne dieser Judikatur ist es daher zum einen erforderlich, daß die belangte Behörde die von ihr als einem Anmeldungsgewerbe unterliegend gewertete Tätigkeiten der Beschwerdeführerin im Spruch unter Anführung dieser Tätigkeiten näher umschreibt - diesem Erfordernis ist die belangte Behörde auch tatsächlich nachgekommen -, es unterließ zum anderen aber die belangte Behörde, die nunmehr angeführten Tätigkeiten unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale im Hinblick auf die Gewerbsmäßigkeit näher zu umschreiben. Es indiziert nämlich der Vorwurf der bezeichneten dem genannten Fleischergewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinn des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973. Dieses essentielle Sprucherfordernis kann durch eine entsprechende Bescheidbegründung nicht ersetzt werden. Im Sinne der vorbezeichneten Sprucherfordernisse wäre es daher der belangten Behörde oblegen, im Spruch der Berufungswerberin auch jene Sachverhaltsumstände, die die Gewerbsmäßigkeit im Sinn des § 1 Abs.2 GewO 1973 ausmachen, konkret vorzuwerfen. (vgl. VwGH vom 10.9.1991, Zl. 91/04/0098; VwGH vom 24.11.1992, Zl. 92/04/0156).

4.4. Es genügt daher der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses diesen Anforderungen nicht, weshalb schon aus diesem Grund das Straferkenntis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen war.

4.5. Im übrigen wird aber noch darauf hingewiesen, daß auch eine Tatkonkretisierung im Hinblick auf die Tatzeit erforderlich ist, wobei bei einem fortgesetzten Delikt eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich ist (vgl. VwGH 28.2.1986, 86/18/0034 bzw. Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, Seite 949). Es sollte daher der Tatzeitraum mit einem Anfang und einem Ende umschrieben sein. Abgesehen davon, daß die Wortfolge "und darüber hinaus" nicht eindeutig der im Spruch angeführten Sechsmonatsfrist oder der Pensionierung zuzuordnen ist (letzteres wäre sogar aktenwidrig), fehlt einer solchen Formulierung jedenfalls ein konkreter Beginn (bzw. ein Ende) und stellt eine solche Formulierung jedenfalls keine kalendermäßig eindeutige Umschreibung dar.

Im übrigen wird darauf hingewiesen, daß die Wertung der im Spruch angeführten Tätigkeiten als nicht landwirtschaftliches Nebengewerbe lediglich eine rechtliche Beurteilung der Sachverhaltselemente darstellt (diese gehört in die Bescheidbegründung) und nicht Wesenselement der im Spruch vorgeworfenen Verwaltungsübertretung ist. Dies könnte daher überhaupt aus dem Spruch entfallen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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