Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220232/5/Ga/La

Linz, 11.08.1993

VwSen - 220232/5/Ga/La Linz, am 11. August 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A in L, F gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. Mai 1992, Zl. 100-1/16, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verletzung des § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 schuldig gesprochen, weil er als "vertretungsbefugtes Organ" der Firma Elektro H Ges.m.b.H. & Co KG in L, F, zu verantworten habe, daß diese Firma vier mit Namen, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit näher bezeichnete Arbeitskräfte ab 19. August 1991 bis zumindest 17. September 1991 an die Firma Dipl.Ing. H Ges.m.b.H. in L, H, "überlassen" habe, "ohne im Besitz einer Konzession für Überlassung von Arbeitskräften zu sein"; deswegen wurde über ihn gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die beim unabhängigen Verwaltungssenat eingebrachte Berufung; der Berufungswerber bringt vor, daß es sich bei dem inkriminierten Auftrag um keine Arbeitskräfteüberlassung gehandelt habe, sondern um einen Pauschalauftrag, dessen Arbeit auf eigene Verantwortung und Gefahr durchgeführt worden sei.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Einsicht in den Strafakt zu Zl. 100-1/16/1992, über die - zulässige Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2.1. Zunächst fällt auf, daß das angefochtene Straferkenntnis sowohl die Tatbildlichkeit als auch die Vorwerfbarkeit der Tat nur dem Anschein nach mit einer Begründung versieht. Die floskelhaften Ausführungen auf Seite 2 des Straferkenntnisses geben weder Auskunft über die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens noch über die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und auch nicht über die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, letzteres auch schon deshalb nicht, weil nicht einmal im Ansatz eine Auseinandersetzung mit dem Tatbild des (auch im Schuldspruch nicht erwähnten) § 323a Abs.1 GewO und auch nicht mit den allenfalls als Auslegungshilfe heranzuziehenden einschlägigen Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988, zu erkennen ist. Indem zum Verschulden begründend lediglich ausgeführt wird, daß "dem gefertigten Amt überdies kein Umstand bekannt wurde, weshalb ihnen die Einhaltung der hier maßgeblichen Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden nicht möglich gewesen sei, war auch das für die Strafbarkeit erforderliche Verschulden anzunehmen", läßt die belangte Behörde den Beschuldigten in Wahrheit in Unkenntnis darüber, welches Verschulden konkret und warum auf Grund welcher Rechtsvorschrift angenommen worden ist. Auch dadurch schmälert die belangte Behörde den Berufungswerber in seinen Verteidigungsmöglichkeiten.

3.2.2. Vor allem aber wegen rechtswidriger Tatanschuldigung im Schuldspruch kommt der Berufung Berechtigung zu, und zwar - unter Hinweis auf das einschlägige Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0055 - aus folgenden Gründen:

3.2.3. Gemäß § 323a Abs.1 GewO 1973 unterliegt der Konzessionspflicht die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeitsleistung an Dritte (Überlassung von Arbeitskräften). Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe (§ 5 Z2) ohne die erforderliche Konzession ausübt. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses - wenn er nicht auf Einstellung lautet - die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dadurch erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), muß a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu ua Erk. VwGH, verstärkter Senat, v. 13.6.1984, Slg. N.F.11466/A).

3.2.4. Bei der danach vom unabhängigen Verwaltungssenat zu treffenden Entscheidung ist im Berufungsfall ausschließlich von dem vorstehend wiedergegebenen, durch die belangte Behörde selbst formulierten Spruchinhalt des angefochtenen Straferkenntnisses - der den unabhängigen Verwaltungssenat insoweit bindende 'Sache' im Sinne des § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG) ist - auszugehen.

Danach wurde aber dem Beschwerdeführer angelastet, dafür verantwortlich zu sein, daß die Firma E Ges.m.b.H. & Co KG der Firma Dipl.Ing. H Ges.m.b.H. Arbeitskräfte im angeführten Zeitraum "überlassen" habe, ohne in einer nach den vorstehenden Darlegungen erforderlichen konkretisierten Form die Tatumstände anzuführen, die die Zuordnung dieses Tatverhaltens zu dem im § 323a Abs.1 GewO 1973 normierten entsprechenden Tatbestandsmerkmal ermöglichlichen würden.

4. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie das angefochtene Straferkenntnis schon in Hinsicht darauf mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb es aufzuheben war, ohne daß auf das inhaltliche Vorbringen der Berufung eingegangen werden mußte. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen (die Verjährungsfrist des § 31 VStG ist wegen Unbestimmtheit der einleitenden Verfolgungshandlung nie unterbrochen worden).

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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