Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220236/7/Ga/La

Linz, 22.09.1993

VwSen - 220236/7/Ga/La Linz, am 22. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Fragner; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzerin: Mag. Bissenberger) über die Berufung des Baumeisters Ing. R, G, vertreten durch Dr. Josef K, Rechtsanwalt in G Straße 1, gegen das wegen Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6. Mai 1992, Zl. Ge-2119/1991/He, zu Recht erkannt:

Ia) Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet mit der Maßgabe abgewiesen, daß seine Formulierung wie folgt (durch Einfügung der unterstrichenen Wörter und Ausdrücke an der jeweils entsprechenden Stelle) zu verbessern ist: "Sie haben als Arbeitgeber, u.zw. als für das Baumeistergewerbe verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 Abs.1 VStG) der ...... und H auf einer Arbeitsstelle, an der Absturzgefahr bestand, nämlich auf ca. 50 cm breiten Stahlbetonträgern bei einer möglichen Absturzhöhe von ca. 11 m ....., ohne daß Einrichtungen zur Verhinderung des Abstürzens angebracht waren, obwohl gemäß § 7 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, ... ."; Ib) hinsichtlich der Strafe wird der Berufung stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 1.000 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung des § 7 Abs.1 der (sogen.) Bauarbeitenschutzverordnung iVm § 31 Abs.2 lit.p und § 33 Abs.1 lit.a Z12 des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ANSchG) schuldig erkannt, weil er als für das Baumeistergewerbe verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 VStG) der persönlich haftenden "F Gesellschaft m.b.H." der Kommanditgesellschaft "F O & Co." mit Sitz in G Straße 14, am 27. August 1991 auf der Baustelle I in L auf dem Grundstück und 23, KG L, drei im einzelnen angeführte Arbeitnehmer auf ca. 50 cm breiten Stahlbetonträgern bei einer möglichen Absturzhöhe von ca. 11 m mit Montage- und Fugenarbeiten beschäftigt habe, ohne daß Sicherheitsvorkehrungen gegen Absturz getroffen worden seien, obwohl gemäß § 7 Abs.1 der Bauarbeitenverordnung (gemeint: Bauarbeitenschutzverordnung) an allen Absturzstellen (gemeint: Arbeitsstelle), an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen sind, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze; deswegen wurde über den Berufungswerber gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) verhängt; gleichzeitig wurde er verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 10 v.H. der verhängten Strafe, ds. 2.000 S, zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde mit Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2.1. Begründend verweist die Strafbehörde auf den vom Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk zur Tatzeit auf der Baustelle wahrgenommenen und als ein Zuwiderhandeln gegen die Gebotsnorm des § 7 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung angezeigten Sachverhalt, der als solcher im gesamten Ermittlungsverfahren nicht bestritten worden sei und daher von der Strafbehörde als erwiesen angesehen werde. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers begründet die Strafbehörde damit, daß aus einem im Ermittlungsverfahren eingeholten Handelsregisterauszug dessen Stellung als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die Ausübung des Baumeistergewerbes der persönlich haftenden Gesellschafterin (das ist die "F Gesellschaft m.b.H.") der Kommanditgesellschaft "Franz O & Co." hervorgehe. Das Ermittlungsverfahren habe weiters ergeben, daß in dem bezeichneten Unternehmen Herr Ing. G seit 1. August 1987 "als bevollmächtigter bzw. verantwortlicher Beauftragter" für den Bereich Montage und Sicherheit auf Baustellen bestellt ("verantwortlich") sei. Obwohl jedoch zur Tatzeit Ing. P urlaubsbedingt abwesend gewesen ist, habe es der Berufungswerber, der aus betriebsorganisatorischen Gründen seine Verantwortlichkeit nicht persönlich habe wahrnehmen können, unterlassen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Zeit der Abwesenheit des Ing. P rechtzeitig in geeigneter und zulässiger Weise (nämlich gemäß § 9 Abs.2 VStG durch Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder gemäß § 31 Abs.2 ANSchG durch Bestellung eines Bevollmächtigten) zu delegieren. Der vom Berufungswerber erst im späteren Laufe des Ermittlungsverfahrens vorgebrachte Einwand, daß genau für diese Urlaubszeit die Verantwortlichkeit an den Vorarbeiter M abgetreten worden wäre, könne die Verantwortlichkeit vom Berufungswerber nicht nehmen, weil, wie aus einer Unterschriftenliste hervorgehe, Herr J seine Unterschrift verweigert habe und deswegen offensichtlich nicht bereit und geeignet war, die hier fragliche verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit zu tragen.

Strafbemessend hat die Bezirkshauptmannschaft auf den Strafantrag des Arbeitsinspektorates verwiesen und die Verhängung einer Geldstrafe in der beantragten Höhe damit begründet, daß das Leben und die Gesundheit von Menschen höchst schutzwürdige Rechtsgüter seien und im vorliegenden Fall gleich drei Arbeitnehmer einer Absturzgefahr aus großer Höhe (mit auf der Hand liegenden Folgen) ausgesetzt gewesen seien. Erschwerend hat die Strafbehörde keinen Umstand berücksichtigt; die Unbescholtenheit des Berufungswerbers hält die Strafbehörde zwar fest, es ist jedoch der Begründung nicht mit Klarheit zu entnehmen, ob sie diesen Umstand als mildernd gewertet hat. Das Einkommen und die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers hat die Strafbehörde erhoben und der Strafbemessung zugrundegelegt.

2.2. Dem hält der Berufungswerber entgegen, daß für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht er, sondern der Vorarbeiter M verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, weil für den Zeitraum der urlaubsbedingten Abwesenheit des Ing. P "die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen auf unserer Baustelle in L" an Herrn J übertragen worden und "dieser mit der Übernahme der Verantwortlichkeit auch einverstanden" gewesen sei. Herr J sei daher für die Tatzeit "auf jeden Fall verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG bzw. Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes" gewesen. Herr J hätte hiezu als Zeuge vernommen werden müssen; weil dies die Strafbehörde unterlassen hat, sei sie auf Grund einer unzulässig vorweggenommenen Beweiswürdigung zu falschen Sachverhalts-Feststellungen gelangt. Auf das der Tatanlastung zugrundegelegte, von einem Organ des anzeigenden Arbeitsinspektorats beobachtete und von der Strafbehörde schließlich als erwiesen festgestellte Geschehen auf der Baustelle am Tattag (bzw. die pönalisierte Unterlassung) selbst geht der Berufungswerber nicht ein. Außerdem sei die über ihn verhängte Geldstrafe wesentlich überhöht, weil zum einen seine Unbescholtenheit nicht berücksichtigt worden sei und auch Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien und zum anderen die verhängte Geldstrafe in Anbetracht seines Einkommens und seiner persönlichen Verhältnisse in der verhängten Höhe unbillig hart sei.

Mit diesem Vorbringen begründet der Berufungswerber seine Anträge, nämlich das Straferkenntnis zu beheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und - in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt der Berufungswerber nicht.

3. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

4.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat im Vorverfahren die beteiligten Arbeitsinspektorate angehört, die beide die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragten (das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk ging dabei in seiner Stellungnahme in Verkennung der Rechtslage davon aus, daß im vorgelegten Fall die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers nach dem Modell eines Ungehorsamsdeliktes im Sinne des § 5 Abs.1 VStG zu beurteilen sei).

4.2. Auf Grund der Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde zu Ge-2119/1991. Darauf gestützt und unter Einbeziehung des Vorbringens in der Berufung wird - ohne daß es der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurft hätte - als maßgebender Sachverhalt festgestellt: Auf der Baustelle "I" in Lder Franz O & Co. waren am 27. August 1991 drei bestimmt genannte Arbeitnehmer dieser Baufirma mit der Montage von Stahlbetonfertigteilen beschäftigt; dabei wurden die Fertigteile mit einem Kran hochgehoben, sodann von den Arbeitnehmern in Position gebracht und die Verbindungsstellen mit Fugenmasse vor- und nachbehandelt; bei dieser Beschäftigung befanden sich die Arbeitnehmer in einer Höhe von ca. 11 m; die Breite der Träger, auf denen sich die Arbeitnehmer bei dieser Tätigkeit aufhielten, betrug 50 cm; zur Verhinderung des Absturzes der Arbeitnehmer von diesen Trägern waren keinerlei Einrichtungen angebracht worden. Aus der Kopie einer beglaubigten Abschrift aus dem Handelsregister (des Kreis- als Handelsgerichts Wels), dessen Aktualität von der Firma F & Co. im Zuge des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahren über Anfrage bestätigt worden ist, geht - unbestritten - hervor, daß der Berufungswerber für den Unternehmensgegenstand "Ausübung des Baumeistergewerbes" das nach außen vertretungsbefugte Organ der in der Kommanditgesellschaft "F & Co." persönlich haftenden "F Gesellschaft m.b.H." ist. Der Berufungswerber selbst hat - von der belangten Behörde unter Tatanlastung zur Rechtfertigung aufgefordert - in seiner Stellungnahme vom 13. Februar 1992 angegeben, daß Baumeister Gerhard P seit 1. August 1987 für den Bereich Montage "zuständig" sei, weil das von ihm vertretene Unternehmen einen derartigen Umfang erreicht habe, daß bestimmte Kompetenzen und "Verantwortungsbereiche von der Geschäftsleitung delegiert werden" müssen. In einer vom Prokurist K gezeichneten Stellungnahme der Firma F & Co. vom 10. Februar 1992 wird angegeben, daß Baumeister Ing. G P für die "Montagetrupps unseres Unternehmens" verantwortlich ist und weiters, daß "diese Verantwortung ... auch den Bereich Sicherheit auf der Baustelle (umfaßt)." Schließlich bekräftigen in einer weiteren Stellungnahme vom 5. März 1992 der Berufungswerber und Ing. Gerhard P (mittlerweile rechtsfreundlich vertreten) gemeinsam, "daß grundsätzlich für die Einhaltung der Bauarbeitenschutzverordnung bzw. des Arbeitnehmerschutzgesetzes Herr Ing. G verantwortlich ist." Baumeister Ing. P hat einer an die belangte Behörde gerichteten Äußerung vom 18. Februar 1992 (in der er darauf hinwies, daß er zur Tatzeit sich im Urlaub befunden habe und "die Verantwortung ... der Vorarbeiter Herr J, dessen Montagepartie in diesem Zeitraum auf der Baustelle beschäftigt war, (hatte)"), die Kopie eines ausdrücklich "An die Montagepartien:" gerichteten Schreibens samt Unterschriftenliste, datiert mit 25. Juni 1990, angeschlossen; daraus geht hervor, daß - mit demselben Datum - M als einziger von 19 Mitarbeitern die Aufforderung, die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu beachten und auch anzuwenden, ausdrücklich nicht zur Kenntnis genommen hat (durch Verweigerung der Unterschrift). Für die Tatzeit hat der Berufungswerber einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG nicht bestellt gehabt.

5. Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Zur objektiven Tatseite:

5.1.1. Die Gebotsnorm des § 7 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung im hier maßgeblichen ersten Satz ordnet an, daß an allen Arbeitsstellen, an denen Absturzgefahr besteht, Einrichtungen anzubringen sind, die geeignet sind, ein Abstürzen der Dienstnehmer zu verhindern oder ein Weiterfallen hintanzuhalten, wie Arbeitsgerüste, Brustwehren, Schutzgerüste oder Fangnetze. Die Sanktion für die Einhaltung dieser Vorschrift enthält das Arbeitnehmerschutzgesetz, zufolge dessen § 31 Abs.2 lit.p (iVm der rechtsüberleitenden Bestimmung des § 33 Abs.1 lit.a Z12 ANSchG) Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, wenn sie den Vorschriften der Bauarbeitenschutzverordnung zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung begehen und mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen sind.

5.1.2. Daß im Berufungsfall die genannte Vorschrift der Bauarbeitenschutzverordnung als solche nicht eingehalten worden ist, blieb schon im Verfahren vor der belangten Behörde unbestritten. Auch in der Berufung hat der Beschuldigte den pönalisierten Sachverhalt völlig unbekämpft gelassen. Im Ergebnis konnte schon die belangte Behörde zu Recht von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes ausgehen; auch der unabhängige Verwaltungssenat gelangt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung in diesem Punkt.

5.2. Zur Verantwortlichkeit:

5.2.1. Vorwegnehmend ist festzustellen, daß auch die subjektive Tatseite von der belangten Behörde im Ergebnis richtig beurteilt wurde: Das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers ist in der Behauptung seiner Berufungsbegründung zusammengefaßt, wonach der Arbeitnehmer (Vorarbeiter) M am 27. August 1991 "auf jeden Fall verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG bzw. Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes" gewesen ist. Mit dieser Formulierung läßt der Berufungswerber allerdings offen, welche Variante rechtlich vorgesehener Verantwortungs-Delegierung er eigentlich einwendet.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG finden dann, wenn eine Handlungsoder Unterlassungspflicht, deren Nichterfüllung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist, eine Gesellschaft, eine Genossenschaft oder einen Verein trifft, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, die Strafbestimmungen auf die satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe Anwendung. Die Vorschrift des § 9 VStG soll damit die strafrechtliche Verantwortung einer physischen Person für jene Fälle sicherstellen, in denen die erwähnte Handlungs- oder Unterlassungspflicht an sich einer (strafrechtlich nicht erfaßbaren) juristischen Person zugerechnet wird (diese "trifft"). "Arbeitgeber" im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG ist dabei in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist (vgl. VwGH v. 25.2.1988, 87/08/0240). Daß der Berufungswerber im Tatzeitpunkt ein satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten (Punkt 4.2.) Gesellschaft war, ist erwiesen. Ein bestellter und namhaft gemachter "verantwortlicher Beauftragter" tritt in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnormen an die Stelle des sonst Verantwortlichen. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ist jedoch strengen Vorschriften unterworfen. Der Nachweis einer diesen Vorschriften genügenden Bestellung muß zudem aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung stammen, wovon nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB. VwGH v. 26.9.1991, 91/09/0067) aber nur dann gesprochen werden kann, wenn ein die - ausdrückliche - Zustimmung zur Bestellung betreffendes Beweisergebnis schon vor der Begehung der Tat vorhanden war (etwa in Form einer entsprechenden Urkunde, aber auch einer Zeugenaussage etc.), und zudem der der Verantwortung unterliegende, klar abzugrenzende Bereich mit einer entsprechenden Anordnungsbefugnis ausgestattet ist. Beweispflichtig für das Zustandekommen eines solchen Beweisergebnisses schon vor der Begehung der Tat ist der Berufungswerber, wobei ausreichend wäre, wenn ein solcher Nachweis gleichzeitig mit der Berufung vorgelegt wird, weil im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat kein Neuerungsverbot gilt (vgl. VwGH v. 2.7.1990, 90/19/0053). Diesen Nachweis hat der Berufungswerber trotz Aufforderung (Schreiben der belangten Behörde vom 7. Februar 1992) schon im Strafverfahren, aber auch mit der Vorlage seiner Rechtsmittelschrift nicht einmal versucht.

Im Ergebnis ist festzuhalten, daß der Berufungswerber seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als Arbeitgeber nach dem ANSchG nicht auf einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG übertragen hat.

5.2.2. Der Berufungswerber macht aber auch die Bestellung eines Bevollmächtigten gem. § 31 Abs.2 ANSchG (u.zw. einerseits des Ing. G und andererseits des Martin J) geltend.

5.2.2.1. Hinsichtlich der Person des Ing. P hält der unabhängige Verwaltungssenat für erwiesen, daß seine Bevollmächtigung in gesetzeskonformer Weise, dh. mit seinem Einverständnis (s. Punkt 4.2.) erfolgt ist. Schlüssig war davon auszugehen, daß der Genannte (auch) auf der gegenständlichen Baustelle für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu sorgen hätte und befugt war, alle einschlägigen Anordnungen zu treffen. Dies rechtfertigt durchaus die Annahme, daß er auch über die erforderliche Anordnungs- und Entscheidungsbefugnis zur Durchsetzung der im Berufungsfall verletzten Schutzvorschriften verfügte und somit Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG war (s. auch VwGH v. 9.6.1988, 88/08/0104).

5.2.2.2. Anders jedoch als bei der Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 und 4 VStG bleiben gem. § 31 Abs.5 ANSchG Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde, oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen. Dabei ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei jedoch dem Arbeitgeber die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist (vgl. VwGH v. 11.11.1991, 91/19/0279).

5.2.2.3. Nun kann dahingestellt bleiben, ob (auch) der Arbeitnehmer Martin J überhaupt als Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG rechtlich zulässig eingewendet werden durfte. Unbeschadet aller sonstigen Voraussetzungen (Einverständnis des Arbeitnehmers; Anordnungs- und Entscheidungsbefugnisse zur Durchsetzung des übertragenen Verantwortungsbereichs) kann die Betrauung als Bevollmächtigter nämlich nur der Arbeitgeber selbst vornehmen (VwGH v. 9.6.1988, 88/08/0104). Die Unterbevollmächtigung durch einen als Bevollmächtigten schon bestellten anderen Arbeitnehmer sieht das Arbeitnehmerschutzgesetz nicht vor. Gerade aber hinsichtlich des M ist im Strafverfahren nur eingewendet worden (siehe Punkt 4.2.), daß Ing. P die ihm übertragene Verantwortung für die Zeit seines Urlaubes an M weiter delegiert hätte. Erstmals das Vorbringen in der Berufung könnte - in wohlmeinender Auslegung zugunsten des Berufungswerbers so gedeutet werden, daß möglicherweise eine selbständige Betrauung des M als Bevollmächtigter (nur) für die Zeit der Urlaubsabwesenheit des Ing. P stattgefunden habe. Damit jedoch wäre für den Berufungswerber nichts gewonnen.

5.2.2.4. Es kann nämlich von der Darlegung eines entsprechenden Kontrollsystems durch den Berufungswerber keine Rede sein. Daß und wie er die Überwachung des Bevollmächtigten Ing. P (und allenfalls des bevollmächtigten M) eingerichtet und tatsächlich gehandhabt hat, hat der Berufungswerber nicht einmal in Ansätzen darzulegen versucht. Gerade aber im Hinblick darauf, daß - immerhin 14 Monate vor der Tatzeit! - Herr J nicht einmal bereit war, die (bloß allgemein an eine Mehrzahl von Arbeitnehmern gerichtete) Aufforderung, nämlich die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu beachten und anzuwenden, zur Kenntnis zu nehmen und diese seine Nicht-Zurkenntnisnahme durch die Verweigerung der Unterschrift ausdrücklich dokumentiert hat, hätte der Berufungswerber jeden Anlaß gehabt, eine verschärfte Überwachung des/der Bevollmächtigten nicht nur rechtzeitig einzurichten, sondern auch konsequent anzuwenden. Zumindest hätte der Berufungswerber darlegen müssen, in welcher Weise er die Überwachung des Bevollmächtigten Ing. P wirksam so vornimmt, daß dieser die ihm übertragene Verantwortung für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch im Falle von Urlaubsabwesenheiten wahrnimmt. Im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB. Erk. v. 23.4.1990, 90/19/0068) ist schon nicht einmal eine immerhin stichprobenartige Überwachung eines Bevollmächtigten ausreichend, um den Arbeitgeber von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu befreien. Umso weniger kann es genügen, wenn überhaupt keine Überwachungsmaßnahmen (weder der Art noch der Intensität nach) dargetan werden. Es bedurfte daher auch nicht der vom Berufungswerber beantragten Zeugeneinvernahme, die im übrigen nicht für den Nachweis eines bestehenden und ausreichenden Kontrollsystems, sondern ausdrücklich nur für den Nachweis der Übertragung der Verantwortlichkeit an den Vorarbeiter M und dessen Einverständnis hiezu beantragt worden ist.

6. Im Ergebnis hat daher der Berufungswerber als Arbeitgeber trotz Bestellung des Ing. P zum Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs.2 ANSchG (und allenfalls auch des Vorarbeiters M) die eigene, ihn als Arbeitgeber treffende Verantwortlichkeit deswegen weiter behalten, weil er es schon bei der Auswahl, zumindest aber bei der Beaufsichtigung des/der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen. Der Schuldspruch des Berufungswerbers erfolgte im Grunde des § 31 Abs.2 iVm § 32 Abs.5 ANSchG zu Recht.

7. Die unter Ia) normierte Verbesserung der Formulierung des Spruchs des bekämpften Straferkenntnisses dient der bloßen Verdeutlichung; die angelastete Tat selbst bleibt (als "Sache" des Schuldspruchs) davon unberührt.

8. Zur Strafbemessung:

8.1. Indem der Berufungswerber die gegen ihn verhängte Geldstrafe von 20.000 S als unbillig hart bekämpft, ist er mit seinem Vorbringen im Recht.

8.2. Obgleich die belangte Behörde dies nicht ausdrücklich dartut, bewertet sie im Zuge ihres Strafbemessungsverfahrens den Unrechtsgehalt der Tat im Sinne des § 19 Abs.1 VStG mit zutreffender Begründung als erheblich. Allerdings hat sie übersehen, in die Bewertung des objektiven Unrechtsgehalts der Tat miteinzubeziehen, daß die Gesetzesübertretung sonst nachteilige Folgen (zB. Verletzungen der ungesichert beschäftigt gewesenen Arbeitnehmer) nicht nach sich gezogen hat.

8.3. Daß die belangte Behörde im Sinne des § 19 Abs.2 VStG strafbemessend auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht genommen hätte, ist aus dem Straferkenntnis gleichfalls nicht zu erkennen. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt fest, daß für den Nachweis einer (allenfalls nur bedingt) vorsätzlichen Begehungsform der Tat nichts hervorgekommen ist. Immerhin aber hat der Berufungswerber zumindest grobe Fahrlässigkeit zu verantworten, weil er einerseits keine ausreichende eigene Überwachung der Baustelle vorgenommen und andererseits aber auch nicht für eine, eklatante Sicherheitsmängel ausschließende Überwachung des/der Bevollmächtigten vorgesorgt und eine solche Überwachung auch nicht gehandhabt hat. Als ein für das Betreiben von Baustellen verantwortlicher Arbeitgeber ist von seiner Befähigung zur erhöhten Sorgfaltsübung auszugehen und ihm rechtmäßiges Verhalten zuzumuten, sodaß er sich in seinem, vom Durchschnitt sich abhebenden Verantwortungsbereich einen nicht bloß geringfügigen Sorgfaltsmangel anrechnen lassen muß.

8.4. Dennoch hat die belangte Behörde mit der Verhängung einer Geldstrafe von immerhin 40 % der vom ANSchG vorgesehenen Höchststrafe zu hoch gegriffen, weil sie die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers schon im Hinblick auf nicht gegebene Erschwerungsgründe nicht entsprechend berücksichtigt hat. Die Strafe war daher herabzusetzen.

8.5. Die nun verhängte Geldstrafe erfüllt den Strafzweck, wobei insbesondere auch generalpräventive Gesichtspunkte nicht außer Acht gelassen sind; die Bezahlung der Strafe ist dem Berufungswerber zumutbar; sein Hinweis auf sein Einkommen und seine persönlichen Verhältnisse kann eine weitere Herabsetzung der verhängten Geldstrafe nicht rechtfertigen. Die Ersatzfreiheitsstrafe war zu mindern, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun herabgesetzten Geldstrafe zu wahren.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Fragner

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