Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220239/7/Gu/Bf

Linz, 12.11.1992

VwSen - 220239/7/Gu/Bf Linz, am 12. November 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 5. Mai 1992, Ge96/1771/1990/B, in neun gesonderten, die Beschäftigung der Jugendlichen B betreffenden Fakten wegen Übertretung des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes zu Recht:

1. Unter Ausschluß der Fakten 1, 2 und 6 hinsichtlich der infolge der Höhe der verhängten Strafen ein gesonderter Spruch der Kammer ergeht, wird im übrigen der Berufung teilweise Folge gegeben und die Strafe unter Anwendung des § 30 KJBG und § 19 VStG wie folgt festgesetzt: Zu 3) 3.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden; zu 4) 3.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden; zu 5) 4.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage; zu 7) 6.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 3 1/2 Tage; zu 8) 5.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage; zu 9) 2.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag; 2. Der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren wird angesichts der obzitierten Fakten gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG auf 2.300 S herabgesetzt.

Gemäß § 65 VStG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Beschuldigten schuldig erkannt, bezüglich der Beschäftigung der jugendlichen Dienstnehmerin E, in seinem Hotel in F, in der Zeit zwischen 1. Juni 1990 und 26.8.1990 abgesehen von drei hier nicht zu behandelnden Delikten 6 fortgesetzte Delikte nach dem Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetz begangen zu haben.

Folgende Strafen wurden ihm deshalb in Anwendung des § 30 KJBG auferlegt:

Wegen Verletzung des: 3) § 30 i.V.m. § 14 Abs.2 KJBG Geldstrafe 6.000 S Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, 4) § 30 i.V.m. § 15 Abs.1 KJBG Geldstrafe 6.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, 5) § 30 i.V.m. § 16 KJBG Geldstrafe 6.000 S Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, 7) § 30 i.V.m. § 18 Abs.3 KJBG Geldstrafe 9.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, 8) § 30 i.V.m. § 19 Abs.1 KJBG Geldstrafe 9.000 S Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, 9) § 30 i.V.m. § 18 Abs.4 KJBG Geldstrafe 3.000 S - Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage.

Überdies wurde dem Beschuldigten ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der verhängten Strafen auferlegt.

Dem Verfahren lag eine Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk zu Grunde, in der die Arbeitszeiten der Jugendlichen B anhand deren persönlichen Arbeitszeitaufzeichnungen aufgelistet waren. Gleichzeitig stellte das Arbeitsinspektorat zu den Tatbeständen Strafanträge.

Die belangte Behörde ist diesen Strafanträgen vollinhaltlich gefolgt, hat den persönlichen Arbeitszeitaufzeichnungen der jugendlichen Dienstnehmerin Glauben geschenkt und hat den beim Arbeits- und Sozialgericht zwischen der Jugendlichen und dem Beschuldigten geschlossenen Vergleich dahingehend gewertet, daß damit nicht die Fakten (das Tatbild) eingeschränkt, sondern nur der Forderungsansatz hinsichtlich des zustehenden monatlichen Einkommens vergleichsweise bereinigt worden sei.

Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde hinsichtlich des Grades des Verschuldens Vorsatz angenommen, den Unrechtsgehalt der Tat hoch angesetzt, indem insbesondere die wesentliche Einschränkung der Erholungsmöglichkeit in Anschlag gebracht wurde.

Als besonderen Erschwerungsgrund nahm die belangte Behörde das fortgesetzte gesetzwidrige Verhalten des Beschuldigten an. Mildernde Umstände wurden verneint.

Auf die vom Beschuldigten gemachten Angaben bezüglich der persönlichen Verhältnisse, welche von keiner Sorgepflicht sprachen, ziffernmäßig kein Einkommen benannten, jedoch Belastungen durch Zinsen und Kreditrückzahlungen aufzeigten, wurde in einer Generalklausel hingewiesen.

In seiner gegen das Straferkenntnis durch einen befugten Parteienvertreter erhobenen rechtzeitigen Berufung macht der Beschuldigte im wesentlichen geltend, daß die Forderungen für die Überstundenleistungen der Elke B im arbeitsgerichtlichen Prozeß nicht im ganzen Umfang anerkannt worden seien.

Schließlich stellt er klar, daß er sich ausdrücklich nur gegen die Strafhöhe wendet. Geldstrafen in der verhängten Höhe seien angesichts der von § 30 KJBG vorgesehenen Mindeststrafe von 1.000 S, im Wiederholungsfall 3.000 S, völlig unangemessen.

Im übrigen sei die Situation des Gastgewerbes in den Sommermonaten zu berücksichtigen. Schließlich seien strafmildernde Umstände vorgelegen, die die belangte Behörde unberücksichtigt gelassen habe. Nachdem er die Verwaltungsübertretung nicht in Abrede gestellt habe, sei von einem Tatsachengeständnis auszugehen. Durch den Vergleich im Arbeitsgerichtsverfahren seien die Ansprüche der Jugendlichen ersetzt worden, sodaß im Endeffekt kein Schaden entstanden sei bzw. Schadensgutmachung vorliege. Mildernd sei überdies die Unbescholtenheit in bezug auf einschlägige Delikte und ein gewisser Notstand infolge der besonderen Personal-Situation des Gastgewerbes im Sommer. Die verhängten Geldstrafen seien, gemessen an den durch den Einkommensteuerbescheid des Jahres 1990 bescheinigten Jahresgewinn von 160.012 S überhöht. Zusammen mit einem zweiten Straferkenntnis aus einem Parallelverfahren betrage die Summe der Geldstrafen 175.450 S (inklusive Verfahrenskosten) bei deren Vollstreckung eine Existenzbedrohung gegeben sei und das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit der Straf- und Zwangsmittel verletzt werden. Insgesamt seien höchstens 3.000 S an Geldstrafe angemessen.

Im übrigen scheine das Antragsrecht der Arbeitsinspektorate bezüglich der Höhe der Geldstrafen verfassungsrechtlich bedenklich zu sein. Einzelne Verwaltungsübertretungen seien untereinander konsumiert, wodurch unter Hinweis auf die vorhandenen Milderungsgründe die Herabsetzung der Geldstrafe auf das Mindestmaß gerechtfertigt sei.

Nachdem vom Beschuldigten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde und nur die Herabsetzung der Strafe unter Hinweis auf Milderungsgründe geltend gemacht worden ist, war die Entscheidung nach Anhörung der Arbeitsinspektorate für den 13. und für den 18. Aufsichtsbezirk welche für die Bestätigung der Entscheidung plädierten, ohne mündliche Verhandlung zu treffen.

Bezüglich des Umfanges der Taten ging der unabhängige Verwaltungssenat von der Umschreibung der Tatbilder im angefochtenen Straferkenntnis und der hiezu ergangenen zutreffenden Begründung der I.Instanz aus. Diese hat einzelne Tathandlungen zu den in Rede stehenden fortgesetzten Delikten zusammengefaßt.

Zur Strafhöhe hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen, ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Bestrafung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Rücksicht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat die Fortsetzung des gesetzwidrigen Verhaltens (offenbar gemeint durch längere Zeit oder in mehreren Einzelhandlungen) als besonderen Erschwerungsgrund im Sinne des § 33 Z.1 StGB gewürdigt. Der dadurch bewirkte Entzug der Freizeit und der Erholungsmöglichkeit - der Eingriff in das geschützte Interesse - durfte jedoch nicht doppelt gewichtet werden.

Bei der Wertung des Unrechtsgehaltes der einzelnen Taten durfte allerdings nicht übersehen werden, daß sich, wiewohl das Kumulationsprinzip zur Anwendung zu kommen hat, der Unrechtsgehalt der Taten untereinander aufgrund der konkreten Lebenssachverhalte (hinsichtlich des Faktums 7 im Verhältnis zum Faktum 8 und des Faktums 5 im Verhältnis zu den Fakten 1, 2 und 6 des angefochtenen Straferkenntnisses - zu deren Würdigung eine Kammer des O.ö. Verwaltungssenates berufen ist -) teilweise überschnitt.

Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung, noch aus dem Verzeichnis der Vormerkung der Verwaltungsübertretungen ist eine Wiederholungstat ersichtlich. Demnach betrug gemäß § 30 KJBG der Geldstrafrahmen für die einzelnen Fakten von je 1.000 bis 15.000 S.

Wenngleich dem Beschuldigten in subjektiver Hinsicht Vorsatz vorzuwerfen ist, kommen ihm jedoch auch mildernde Umstände zugute. Der in den Sommermonaten vorgelegene Druck im Gastgewerbebetrieb schlägt ebenso mildernd zu Buche wie die teilweise Schadensgutmachung, wenngleich diese erst auf Druck und unter Klagsdrohung erfolgte. Nicht mildernd war das Geständnis bzw. Teilgeständnis des Beschuldigten weil dieses weder reumütig war, noch wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug. Die zwischenzeitige Verfolgung wegen späterer Taten durfte bei der gegenständlichen Strafbemessung nicht gewichtet werden. Keine Bedeutung hatte das Freisein von einschlägigen Vorstrafen.

Aufgrund der Gewichte der Taten in objektiver und subjektiver Hinsicht war im Sinne des § 21 VStG keine Ermahnung zulässig.

In der Zusammenschau der aufgezeigten Strafzumessungsgründe unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes daß der Beschuldigte keine Sorgepflicht besitzt und als steuerliches ihm verbliebenes Jahreseinkommen für das Jahr 1990 160.012 S ausgewiesen hat, kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß mit den nunmehr festgesetzten Strafbeträgen bzw. Ersatzfreiheitsstrafen die gesetzlichen Strafzwecke erfüllt werden und im Vergleich zu dem der Jugendlichen für den Tatzeitraum zugestandenen Arbeitseinkommen, ein erheblicher Betrag auferlegt wurde, der einen vernunftbegabten Menschen zu künftigem Wohlverhalten zu bewegen geeignet ist.

Bezüglich der Stellung der Arbeitsinspektorate im Verwaltungsstrafverfahren herrschen derzeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Vollziehung der Verwaltungsstrafnormen des Kinder und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes noch vom Vorbehalt Österreichs bezüglich Art.5 EMRK - welcher aufgrund der Spruchpraxis des Verfassungsgerichtshofes auch auf Art.6 EMRK auszudehnen ist - erfaßt ist. Erst eine Zurückziehung des Vorbehaltes unter Belassung der bisherigen verfahrensrechtlichen Positionen würden im Hinblick auf Art.6 EMRK, welcher in Österreich im Verfassungsrang steht, verfassungsrechtliche Bedenken eröffnen, weil aufgrund des Arbeitsinspektionsgesetzes und § 51d VStG im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat die belangte Behörde, das Antragsarbeitsinspektorat und das Berufungsarbeitsinspektorat, die Anklageseite vertritt und wegen deren prozessualen Rechte ein Überhang der Anklageseite gegenüber dem Beschuldigten kein faires Verfahren gewährleistet ist.

Unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich gesicherten jedoch verkürzten Standards kann der Beschuldigte derzeit für sich daraus nichts gewinnen.

Die Herabsetzung der Strafe bedingte auch die am Zehent zu bemessende entsprechende Herabsetzung der Verfahrenskostenbeiträge.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung waren gemäß § 65 VStG für das Berufungsverfahren keine Kostenbeiträge vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß abgesehen vom Fall einer Amtsbeschwerde von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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