Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220240/6/Ga/La

Linz, 27.09.1993

VwSen - 220240/6/Ga/La Linz, am 27. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A in A, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 16. Juni 1992, Zl. Ge-96/78/1992/Gru, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z4 iVm § 81 Abs.1 GewO 1973 schuldig gesprochen, weil er vom 18. März 1991 bis 23. April 1992 im Standort A auf dem Grundstück Nr. 259/3 der KG A die gewerbliche Betriebsanlage, bestehend aus Eigentankanlage, Garagen, Lagerräume, Freilagerflächen, Werkstätte und Öllagerung sowie Betriebsmittel (Fahrzeuge und Stapler) betrieben habe; es liege lediglich für die Eigentankanlage eine gewerbebehördliche Genehmigung vor, obwohl auch für die übrigen Anlagenteile eine gewerbebehördliche Genehmigung gemäß § 81 Abs.1 GewO 1973 erforderlich sei; durch den Betrieb der nicht genehmigten Erweiterungen können der Berufungswerber und die Nachbarn in ihrer Gesundheit gefährdet und die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise belästigt werden. Deswegen wurde über den Berufungswerber gemäß § 366 Abs.1 GewO 1973 eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-96/78/1992 genommen; schon daraus war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist. Dies aus folgenden Erwägungen:

3.1. Gemäß § 366 Abs.1 Einleitung und Z4 GewO 1973 begeht eine mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).

Gemäß § 81 Abs.1 erster Satz GewO 1973 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.

Mit der Verweisung auf § 74 Abs.2 GewO 1973 bezieht der die Genehmigungspflicht von Betriebsanlagenänderungen festschreibende § 81 Abs.1 GewO 1973 die Kriterien des § 74 Abs.2 in seinen Tatbestand ein.

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1973 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen demnach mit Genehmigung der Gewerbebehörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder (falls nur andere als diese Beeinträchtigungen in Frage kommen) in anderer Weise zu belästigen.

3.2. In ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgesprochen, daß gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die im Verwaltungsstrafverfahren ergangene Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. April 1992, die zur Wahrung der Frist gemäß § 31 Abs.2 VStG erforderlich ist, noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

3.3. Sofern überhaupt den Verfolgungshandlungen eine Tatanlastung in der Form des ausdrücklichen Vorwurfs eines bestimmten, verpönten Verhaltens entnommen werden kann, ist jedenfalls unklar, worin dieser Vorwurf bestehen soll: in der bloßen Vornahme der (genehmigungslosen) Änderung einer schon genehmigten Betriebsanlage (erste Alternative des § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973) oder im Vorwurf, die Betriebsanlage nicht nur geändert, sondern nach dieser (genehmigungslos vorgenommenen) Änderung auch noch betrieben zu haben (§ 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 zweite Alternative). Der konkrete Tatvorwurf hätte aber durch wörtliche Anführungen (vgl. VwGH v. 10.6.1992, 92/04/0055) unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen, welcher Tatbestandsalternative als Grundlage der Bestrafung das Tatverhalten zugeordnet wird. Darüber hinaus läßt der Spruch den Bestraften darüber im unklaren, ab wann genau der pönalisierte Sachverhalt gesetzt wurde, dh. die Änderung erfolgte und/oder die sohin geänderte Betriebsanlage genehmigungslos weiterbetrieben wurde. Der Bestrafte könnte dies aus der Spruchformulierung, wenn überhaupt, nur im Auslegungswege ermitteln - dies allerdings mit unsicherem Ergebnis. Und schließlich gibt der Spruch entgegen dem Konkretisierungsgebot keine sichere Antwort auf die Frage, welche Änderungen nun die Genehmigungspflichtigkeit konkret ausgelöst haben. Oder anders: Welche Änderungen der schon vorhandenen und genehmigten Betriebsanlage haben konkret wegen der Verwendung welcher Maschinen und Geräte, wegen welcher Betriebsweise, wegen welcher Ausstattung oder aus welchen sonstigen Gründen Nachbarn durch konkret welcher der im § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 aufgezählten Beeinträchtigungen (zumindest nach der abstrakten Möglichkeit) belästigt? So wird der Bestrafte beispielsweise hinsichtlich der "Lagerräume" völlig im unklaren gelassen, warum - auf Grund welchen Ergebnisses eines Ermittlungsverfahrens - von diesen Räumen die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Staub, Erschütterungen oder in anderer Weise (in welcher?) möglicherweise belästigt werden können.

3.4. Da im Berufungsfall auch das Straferkenntnis als (rechtzeitige) Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG zu werten ist, war im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes noch zu prüfen, ob aus der Begründung des Straferkenntnisses eine hinreichende Umschreibung jener wesentlichen Sachverhaltselemente, die im Spruch fehlen, entnommen werden kann (zB. VwGH 21.10.1985, 85/02/0139). Aber auch die Begründung des bekämpften Straferkenntnisses trägt für den mindest zu fordernden Konkretisierungsstandard einer tatbestandserfüllenden Tatanlastung hier nichts bei.

4. Aus den angeführten Gründen war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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