Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220248/2/Ga/Fb

Linz, 21.06.1993

VwSen - 220248/2/Ga/Fb Linz, am 21. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H in Tbei W, S 7, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17. Juni 1992, Zl. Ge-2072/1992/Vie, zu Recht erkannt:

I.a) Der Berufung wird hinsichtlich der Strafe stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herabgesetzt; I.b) die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs als unbegründet abgewiesen; das Straferkenntnis wird diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß am Ende des Spruchs nach dem Wort "verkauft" statt des Punkts ein Strichpunkt zu setzen und folgender Halbsatz anzufügen ist: "dies alles, obwohl C nicht im Besitz der für den Verkauf dieser Glückwunschkarten erforderlichen Handelsgewerbeberechtigung nach § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO 1973 gewesen ist." II. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 300 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 5 Z1, § 103 Abs.1 lit.b Z25 und § 1 Abs.4 GewO 1973 (idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992) sowie iVm § 7 VStG schuldig erkannt, weil er am 28. Februar 1992 Herrn C S vorsätzlich veranlaßt habe, daß dieser die Verwaltungsübertretung der unbefugten Ausübung eines Anmeldungsgewerbes begangen habe, indem er diesen nach Peuerbach gebracht und ihn damit beauftragt habe, im Umherziehen von Haus zu Haus Glückwunschkarten mit Kuverts einem größeren Kreis von Personen zum Verkauf anzubieten bzw zu verkaufen; in der Folge habe C versucht, bei einer bestimmt genannten Familie in P Glückwunschkarten zu verkaufen; um 14.35 Uhr des selben Tages habe C an eine bestimmt genannte Person in P ein Paket (zehn Stk) Glückwunschkarten verkauft; deswegen wurde über ihn gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 500 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde durch Schriftsatz eingebrachte Berufung. Aus der Begründung ist immerhin erkennbar, daß sich der Rechtsmittelwerber nicht schuldig fühlt; außerdem bringt er vor, daß der für die Strafbemessung berücksichtigte Erschwerungsgrund einer rechtskräftigen Vorstrafe nicht den Tatsachen entspreche.

2. Begründend verweist die Strafbehörde auf die Anzeigen des Gendarmeriepostens T bei W und des Gendarmeriepostens P, auf deren Erhebungen der in der Folge angelastete Sachverhalt gestützt ist; dabei wurde auch ermittelt, daß C zur Tatzeit nicht im Besitz der entsprechenden Gewerbeberechtigung gewesen ist; außerdem hätte der Berufungswerber angegeben, daß die Verkäufer die Glückwunschkarten von ihm erhalten und in seinem Auftrag arbeiten würden. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei der Sachverhalt vom Berufungswerber gar nicht bestritten worden; er sei nach seinen Angaben in der Weise tätig, daß er mit einem Firmenauto die Verkäufer von Glückwunschkarten in den Orten absetze und ihnen die Glückwunschkarten aushändige; von den tatsächlich verkauften Karten bezöge er eine Provision. Insgesamt sei dadurch die zumindest bedingt vorsätzliche Anstiftungstäterschaft des Berufungswerbers erwiesen. Strafbemessend hat die Strafbehörde als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe vom 7. November 1991 berücksichtigt; Milderungsgründe seien nicht vorgelegen; die schließlich festgesetzte Geldstrafe sei im Hinblick auf den bewerteten Unrechtsgehalt der Tat und nach Berücksichtigung der vom Berufungswerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angemessen festgesetzt worden.

3.1. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt, um Wiederholungen zu vermeiden, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-2072/1992/He, den in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses auf Seite 2 und 3 zusammengefaßten, der Tatanlastung zugrundegelegten Sachverhalt als für seine Entscheidung maßgebend fest; dieser an sich unbestrittene Sachverhalt ist vollständig und widerspruchsfrei wiedergegeben. Weder waren daher weitere Sachverhaltsermittlungen noch die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung geboten (vgl. VwGH vom 25.9.1992, 92/09/0188).

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 begeht, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Der in dieser Vorschrift verwiesene § 5 Z1 GewO 1973 bestimmt als Anmeldungsgewerbe solche Gewerbe, die bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen. Das daraus dann abgeleitete persönliche, nicht übertragbare Recht bezeichnet § 38 Abs.1 GewO 1973 als 'Gewerbeberechtigung'. Der Handel mit Glückwunschkarten (Billetts) ist ein solches Anmeldungsgewerbe; näher beschrieben ist es als sog. gebundenes Gewerbe, wofür - schon bei der Anmeldung die vorgeschriebene Befähigung nachzuweisen ist. Unter Ausübung eines Gewerbes wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden. Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1973 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann.

Als Nebentäter, und zwar als Anstifter ist gemäß § 7 VStG zu bestrafen, wer vorsätzlich einen anderen zur Begehung einer Verwaltungsübertretung veranlaßt, dies auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar sein sollte. Jedenfalls muß die (vorsätzliche) Tatanstiftung bewirkt haben, daß eine andere Person den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung - hier: jene gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 - verwirklicht hat.

4.2.1. Die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers iSd Tatvorwurfs steht nach dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlung (Punkt 3.2.) fest. Indem der Verkäufer die Glückwunschkarten vom Berufungswerber erhalten und in seinem Auftrag "gearbeitet" hat, ist dem Berufungswerber, dem, wie aus den Begleitumständen zu schließen ist, bekannt gewesen sein mußte, daß Christian S über keine Gewerbeberechtigung verfügt, zumindest bedingter Vorsatz im fortgesetzten deliktischen Verhalten anzulasten (s. nachfolgend Punkt 4.2.2.). Aus dem Strafakt der belangten Behörde geht hervor, daß der Berufungswerber vom gesetzlichen Erfordernis des Vorliegens einer Handelsgewerbeberechtigung für die inkriminierte Verkaufstätigkeit gewußt hat. Auch steht fest, daß der Beitrag des Berufungswerbers ursächlich zur Straftat des Haupttäters gewesen ist.

4.2.2. Hinsichtlich des Schuldvorwurfs gewinnt der Berufungswerber mit seinem Einwand nichts für sich. Nach der herrschenden Schuldlehre genügt für die Verschuldensform des Vorsatzes beim Täter (somit auch beim Nebentäter iSd § 7 VStG) das sog. Begleitwissen oder Mitbewußtsein, worunter - auch für die graduelle Unterstufe des bedingten Vorsatzes - verstanden wird, daß ihm aus den Begleitumständen oder sonst die Tatbildverwirklichung latent bewußt ist.

Wegen dieses Begleitwissens war vorliegend beim Berufungswerber zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen. Indem er nämlich, obwohl er wußte, daß ohne die Gewerbeberechtigung die Verkaufstätigkeit gesetzwidrig ausgeübt wird, sich nicht selbst davon überzeugt hatte, daß C den erforderlichen Gewerbeschein besitzt, hat er die Verwirklichung des deliktischen Sachverhalts, nämlich die Verkaufstätigkeit ohne hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung, ernstlich für möglich gehalten, weil er im Hinblick darauf den nachteiligen Ablauf der Ereignisse hinzunehmen gewillt gewesen ist. Hätte der Berufungswerber in Anbetracht seines Wissensstandes die deliktische Verkaufstätigkeit des C nicht hinnehmen wollen, hätte er sich nicht damit begnügt, ihn (wie er in seiner Berufungsschrift vom 13. Juli 1992 angibt) "darüber in Kenntnis" zu setzen, "daß er sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten" habe. Dieser - im übrigen nicht nachgewiesene - bloße Informationshinweis an den Haupttäter kann den Berufungswerber bei Betrachtung der Gesamtumstände des Falles nicht aus dem bedingten Vorsatz seiner Anstiftung herausführen. Dazu hätte es des Nachweises solcher wirksam zielführender Vorkehrungen bedurft, von denen hätte konkret erwartet werden können, daß sie den Haupttäter von einer gesetzwidrigen Handelstätigkeit abhalten. Daß aber der Berufungswerber den von ihm als Verkäufer beauftragten C zB ausdrücklich und tatsächlich, mit Sanktionsandrohung für den Fall des Zuwiderhandelns angewiesen hätte, auf keinen Fall ohne Gewerbeberechtigung von Haus zu Haus zu gehen, dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis.

4.3. Da auch weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgründe vorliegen noch solche der Berufungswerber in seiner Rechtsmittelschrift dargetan hat, ist insgesamt nichts hervorgekommen, was den Schuldspruch hätte abwenden können.

5. Obgleich der Berufungswerber die Höhe der gegen ihn verhängten Geldstrafe nicht ausdrücklich bekämpft, war die Strafe dennoch herabzusetzen. Die bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs.2 VStG von der belangten Behörde als erschwerend gewertete einschlägige Vorstrafe vom 7. November 1991 liegt nämlich, wie der unabhängige Verwaltungssenat durch ergänzende Erhebungen ermittelt hat, nicht vor. Mit seinem diesbezüglichen Einwand ist der Berufungswerber im Recht. Andere Einwände gegen die vorgenommene Strafbemessung der belangten Behörde hat er nicht vorgebracht; in der Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat und der Berücksichtigung des Ausmaßes des Verschuldens bei der Strafbemessung kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden. Daß sich die berücksichtigten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers mittlerweile zu seinen Ungunsten geändert hätten, hat er nicht eingewendet. Der Wegfall des zu Unrecht gewerteten Erschwerungsgrundes rechtfertigt die Herabsetzung der Geldstrafe auf das im Spruch dieses Erkenntnisses festgesetzte Ausmaß. Die nun verhängte Strafe erfüllt die Strafzwecke, wobei auch generalpräventive Gesichtspunkte nicht außer Acht gelassen werden durften; die Bezahlung der Strafe ist dem Berufungswerber zumutbar. Die Ersatzfreiheitsstrafe war deswegen herabzusetzen, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun geminderten Geldstrafe zu wahren.

6. Die Ergänzung des Schuldspruchs bedeutet die Hineinnahme eines für den Tatvorwurf wesentlichen Sachverhaltselements. Die Ergänzung war vom unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) deswegen vorzunehmen und rechtlich zulässig, weil dieses für die Bestrafung des Berufungswerbers wesentliche Sachverhaltselement schon in der das zugrundeliegende Ermittlungsverfahren einleitenden Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Mai 1992 enthalten gewesen ist (vgl den dem h. Erkenntnis vom 15. Juli 1993, VwSen - 220489, mit anderem Ergebnis - zugrundeliegenden Fall).

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebenen Gesetzesbestimmungen gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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