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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220253/7/Gu/Bf

Linz, 16.11.1992

VwSen - 220253/7/Gu/Bf Linz, am 16. November 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer unter dem Vorsitz des Dr.Kurt Wegschaider, durch Mag. Karin Bissenberger als Beisitzerin und Dr. Hans Guschlbauer als Berichter über die Berufung des Ing. R gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30. Juni 1992, Ge96/157/1991/Fr, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 9 Abs.2 letzter Satz VStG, § 61 Abs.5 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr.218/1983 in der Fassung BGBl.Nr.593/1987, § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz.

II. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 8.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage herabgesetzt wird.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigt sich auf 800 S, ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, es als verantwortlicher Beauftragter der HABAU Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH. im Sinne der Bestimmungen des § 9 VStG 1991 verantworten zu müssen, daß, wie im Zuge einer Inspektion der Baustelle "Kanal Perg-Münzbach" bei der Straßenquerung Schacht 114 am 12.11.1991 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei, ein Arbeitnehmer der obgenannten Baufirma in einer maschinell ausgehobenen Künette (Breite ca. 80 cm, Tiefe 2,50 m, Wandneigung ca. 90 Grad) beschäftigt worden sei, obwohl diese Künette im Standbereich des Arbeitnehmers nicht durch Verbau ausreichend gesichert gewesen sei.

Wegen Verletzung des § 51 Abs.5 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983, i.d.F. BGBl.Nr.593/1987, wurde über den Beschuldigten in Anwendung des § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr.234/1972, i.d.g.F. eine Geldstrafe von 15.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, verhängt und ihm ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von 1.500 S zur Zahlung vorgeschrieben.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung des Beschuldigten im wesentlichen mit der Begründung, daß das erstinstanzliche Verfahren an Verfahrensmängel leide und er nicht ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich zu verteidigen. Nachdem er erstmalig durch Zustellung des Straferkenntnisses vom Vorwurf erfahren habe, sei Verfolgungsverjährung eingetreten; im übrigen sei der Spruch nicht konkretisiert, weil der Name des im Schacht beschäftigten Arbeitnehmers nicht aufscheine.

Nachdem er mehrere Baustellen zu betrauen habe, müsse er sich darauf verlassen können, daß der anwesende Baupolier seine Anordnungen befolge. Er habe schließlich die entsprechenden Pölzungsaufträge erteilt. Was die Strafhöhe anlange, sei auf die Bestimmung des § 19 VStG nicht entsprechend Rücksicht genommen worden.

In der Zusammenschau beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des Straferkenntnisses bzw. die Rückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde, allenfalls die Einstellung des Verfahrens, hilfsweise die Herabsetzung der Geldstrafe.

Über die Berufung wurde am 15. Oktober 1992 in Gegenwart des Rechtsmittelwerbers und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen der Beschuldigte und der Zeuge Dipl.Ing. F (Meldungsleger) vernommen sowie in die im Akt erliegenden Urkunden Einsicht genommen.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen: Der Beschuldigte war zur Tatzeit der verantwortliche Beauftragte des Bauunternehmens H Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH. in Perg. Die diesbezügliche Delegation der Verantwortung ist in einem Schriftsatz vom 17.7.1991 beurkundet. In dieser Eigenschaft besichtigte der Beschuldigte die Baustelle Kanal Perg-Münzbach und zwar unmittelbar vor der Tat, noch am Abend des 11.11.1991.

Bis dahin war die Kanalbaustelle im freien Feld verlaufen und betrug die Aushubtiefe ca. 1,50 m. In diesem Verlaufsbereich war die Künette durch einen sogenannten Kammerplattenverbau, welcher mitgezogen wurde, gesichert. Nachdem am nächsten Tag, nämlich am 12.11.1991, die Querung der Münzbacher Straße durchgeführt werden sollte, war durch den Niveauverlauf klar, daß die Tiefe des Aushubs im Straßenbereich dann ca. 2,50 m betragen werde und daß der bisher verwendete Kammerplattenverbau mit geringerer Höhe für die Sicherung nicht mehr geeignet war. Der Beschuldigte gab noch am Vorabend die Anweisung an den Polier, dafür Sorge zu tragen, daß für die Sicherung der Baustelle im Querungsbereich eine entsprechend geeignete Sicherung herbeigeschafft und verwendet werde. Der bisher verwendete Kammerplattenverbau wurde am Abend des 11.11.1991 mit dem LKW zum ca. 2 km entfernten Firmengelände zurückgebracht, der entsprechend höhere Kammerplattenverbau allerdings erst nach der Jausenzeit am 12.11.1991 angeliefert. Dessen ungeachtet hatte der zuständige Polier eine 80 cm breite, 2,5 m tiefe, mit einer Wandneigung von ca. 90 Grad versehene Künette ausheben lassen und durch drei Dielenpaare, welche im Verlauf ca. 1 m Abstand aufwiesen, notdürftig und angesichts der Konsistenz des Erdmaterials unzureichend gesichert. In dem ungeschützten Bereich zwischen zwei Dielenpaaren arbeitete ein Arbeitnehmer der H Hochund Tiefbau GesmbH. und wurde in dieser Situation vom zufällig vorbeigekommenen Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz angetroffen. Mittlerweile war auch der Beschuldigte eingetroffen, um seine Aufgaben wahrzunehmen und wies den Polier zurecht. Auch für ihn war aufgrund der verlegten Rohre in der mangelhaft gesicherten Künnette klar, daß gearbeitet worden war.

Der für den Tatort verantwortliche Polier war derselbe, der auch mit einer einschlägigen Verurteilung des Beschuldigten (durch Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 22.3.1990, wegen Übertretung des § 61 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung) im Zusammenhang gestanden war.

Besprechungen mit Mitarbeitern bzw. Polieren in denen auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften hingewiesen wurde, fanden 14-tägig statt.

Aufgrund des Beweisverfahrens ist die objektive Tatseite nicht strittig.

Bezüglich der subjektiven Tatseite, nämlich des Verschuldens, kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß der Beschuldigte fahrlässig gehandelt hat, indem er sich eines Erfüllungsgehilfen bedient hat, der schon einmal Anlaß zur Beanstandung gegeben hat, und daß er, bedingt durch das wechselnde Geländeverhältnis, noch genauer, und zwar zu Arbeitsbeginn des 12.11.1991, kontrollieren hätte müssen.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes kann diese Fahrlässigkeit als nicht grob angesprochen werden.

Ausgehend von den nach § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes vorgesehenen Geldstrafenrahmen bis zu 50.000 S und Freiheitsstrafe bis zu 3 Wochen, (eventuell auch nebeneinander) - ein Verfahren wegen anderer strengerer Normen kommt im gegenständlichen Fall nicht in Betracht - war im Hinblick auf § 19 VStG für die Strafbemessung von Belang, daß anders als die nur leicht zu gewichtende subjektive Tatseite der Unrechtsgehalt der Tat, nämlich die Gefährdung der geschützten Interessen, von Gewicht war.

Erschwerend war die einschlägige Vorstrafe aus dem Jahre 1990, die allerdings auch unter dem Gesichtspunkt zu gewichten war, daß der Beschuldigte, nach seiner unwiderlegten Rechtfertigung, eine 18-jährige unfallfreie Tätigkeit aufweisen kann.

Bei der unbestritten gebliebenen Schätzung des monatlichen Einkommens von 25.000 S war bezüglich der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, daß der Beschuldigte Sorgepflichten für ein Kind und eine Ehegattin hat und zur Schuldentilgung von 200.000 S verpflichtet ist.

In der Zusammenschau der Strafzumessungsgründe kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß mit einer Geldstrafe von 8.000 S und einer Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen die Strafzwecke maßgerecht erfüllt werden.

Die Herabsetzung der Geldstrafe bedingt die Reduzierung des daran ausgerichteten Verfahrenskostenbeitrages für die I. Instanz.

Aufgrund des teilweisen Berufungserfolges fielen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren nicht an (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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