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VwSen-220280/9/Gu/Ho

Linz, 10.12.1992

VwSen - 220280/9/Gu/Ho Linz, am 10. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Ing. S gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14.8.1992, Ge-200080/1992/Kam, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.b i.V.m. § 33 Abs.1 lit.a Z.12 und § 33 Abs.7 Arbeitnehmerschutzgesetz BGBl.Nr. 234/1972 i.d.g.F. i.V.m. § 7 Abs.1 und 2 der Verordnung zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeit, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten BGBl.Nr. 267/1954 i.d.g.F. § 9 Abs.1 VStG, § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG.

II. Der Berufung wird hinsichtlich der Strafhöhe teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 7.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 19 VStG.

III. Der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren ermäßigt sich auf 700 S, ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: § 24 Abs.1 und 2 VStG, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes, verantwortliches Organ (§ 9 VStG) der persönlich haftenden "N-Beteiligungsges.m.b.H." der "Baumeister Josef N KG", S, den Arbeitnehmer I am 21.4.1992 auf der Baustelle in Steyr, P beschäftigt zu haben und verantworten zu müssen, daß dieser Arbeitnehmer seines Unternehmens weder angeseilt gewesen sei, noch vorbeugend Schutzmaßnahmen getroffen worden seien (Verwendung eines Schutzgerüstes), um ein Abstürzen zu verhindern, obwohl er auf einer absturzgefährdenden Stelle mit einer Motorsäge Dachstuhlabtragungsarbeiten durchgeführt habe und dabei auf einer nur ca. 40 cm breiten Mauerbrüstung in einer Höhe von ca. 8 m an der Gebäudevorderseite gestanden sei.

Wegen Verletzung des § 31 Abs.2 lit.b i.V.m. § 33 Abs.1 lit.a Z.12 und § 33 Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes BGBl.Nr. 234/1972 i.d.g.F. sowie i.V.m. § 7 Abs.2 der Verordnung "Vorschriften zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl.Nr. 267/1954" i.d.g.F. wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S verhängt.

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß sich der Arbeitnehmer nur kurzfristig in der beschriebenen Art tätig gewesen sei und hiebei ausdrückliche Weisungen des Baustellenleiters mißachtet habe.

Darüber hinaus habe keine Gefahr für Leib und Leben des Arbeitnehmer bestanden. Sicherheitsseile bzw. Sicherheitsgeschirre oder Gurte seien auf der Baustelle deswegen nicht notwendig gewesen, da die Arbeiten auch von der Dachinnenseite hätten ausgeführt werden können.

Aus diesem Grund beantragt der Beschuldigte die Behebung des Straferkenntnisses bzw. angesichts des nicht so gravierenden Verstoßes und seiner Unbescholtenheit das Absehen von einer Bestrafung, gegebenenfalls die Herabsetzung der Strafe.

Aufgrund der Berufung wurde am 1. Dezember 1992 in Gegenwart des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Linz die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und in deren Rahmen der Arbeitnehmer I sowie der meldungslegende Arbeitsinspektor als Zeugen vernommen. Demnach steht folgender Sachverhalt fest:

Am 21.4.1992 inspizierte der Arbeitsinspektor Peter D die Baustelle der Baumeister J KG in Steyr, P und beobachtete hiebei, daß der beim vorstehenden Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer Idris Kucuk, ohne daß dieser angeseilt war, oder allenfalls vorbeugende Schutzmaßnahmen, etwa durch die Aufstellung eines Schutzgerüstes getroffen worden war, auf absturzgefährdenden Stellen, nämlich auf der Außenseite des von der Dachhaut befreiten Dachstuhles und auf einer ca. nur 40 cm breiten Mauerbrüstung in einer Höhe von ca.

8 m mittels Motorsäge Dachstuhlabtragungsarbeiten durchführte.

Gegenstände bzw. Einrichtungen zur Gewährleistung der Sicherheit von Abtragungsarbeiten waren auf der Baustelle nicht vorhanden.

Für den eingesetzten Arbeitnehmer bedeutete die Arbeit auf der Baustelle die erste Arbeit im Betrieb der Baumeister Josef N KG, nachdem er zuvor 2 Jahre lang das Ergebnis eines Asylantrages abgewartet hatte. Für die Verrichtung der Abtragungsarbeiten hatte er keine besonderen Aufträge bzw. Weisungen über die Vorgangsweise erhalten.

Der Beschuldigte war zur Tatzeit der handelsrechtliche Geschäftsführer der zur Geschäftsführung berufenen N-Beteiligungsges.m.b.H. in der Baumeister J N KG und hat als das für die Einhaltung der Dienstnehmerschutzvorschriften verantwortliche Organ, ein oder zwei Tage vor der Tat die Baustelle besucht und sich nach der Beanstandung am selben Tage zur Baustelle begeben.

Insoweit haben die in der öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgenommenen Beweise - die Vernehmung des Beschuldigten eingeschlossen - die Behauptungen in der Berufung, der Arbeitnehmer habe entgegen ausdrücklicher Weisung des Beschuldigten bzw. des Vorarbeiters ungeschützt die Abtragungsarbeiten vorgenommen, widerlegt.

Somit ist die für die Bestrafung erforderliche Schuld in der Form der Fahrlässigkeit insoweit erwiesen, als es der nachdrücklichen Unterweisung des erst ein paar Tage eingestellten ausländischen Arbeitnehmers, durch den Beschuldigten bzw. durch dessen Erfüllungsgehilfen, dem Vorarbeiter, und entsprechender Kontrollen, daß die Unterweisung auch verstanden und danach gehandelt wird, bedurft hätte, um die für die gegenständlichen Abtragungsarbeiten erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen auch tatsächlich sicherzustellen.

Dieses Defizit - eine Verletzung der Sorgfaltspflicht hat der Beschuldigte zu verantworten. Nachdem sich die objektive Tatseite, als unbestreitbar herausgestellt hat, erfolgte der Schuldspruch durch die erste Instanz daher zu Recht.

Hinsichtlich der Strafbemessung wird auf die diesbezüglichen Ausführungen der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen und ergänzt, daß einerseits das hohe Maß der Gefährdung (objektive Tatseite) dazu angetan war, den bis 50.000 S bestehenden Geldstrafrahmen spürbar auszuschöpfen.

Neben der Unbescholtenheit kommt dem Beschuldigten jedoch auch als mildernd zugute, daß er auf die Beanstandung hin sofort reagiert hat, das Unrechtmäßige seiner Tat eingesehen hat, und die Folgen der Tat möglichst gering halten wollte.

Dies rechtfertigte eine Herabsetzung der Strafe, auf das im Spruch erfolgte Ausmaß.

Dementsprechend war der Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren (10 % der Geldstrafe) zu ermäßigen.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung fielen keine Verfahrenskostenbeiträge für das Berufungsverfahren an. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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