Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220284/3/Ga/Hm

Linz, 08.10.1992

VwSen - 220284/3/Ga/Hm Linz, am 8. Oktober 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der M, gegen das wegen Übertretung des O.ö. Campingplatzgesetzes erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. August 1992, Zl. WI96/205/1992, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und die Geldstrafe auf 3.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 42 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 350 S, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 19, § 51 und § 51e Abs.2 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis die Berufungswerberin für schuldig erkannt, "am 21. Juli 1992 auf dem Grundstück Nr. , KG. Nußdorf a.A., insgesamt 16 Zelte, zwei Wohnwagen und ein Wohnmobil abgestellt zu haben, obwohl für dieses Grundstück keine Bewilligung nach dem Campingplatzgesetz für den Betrieb und die Errichtung eines Campingplatzes vorliegt"; dadurch habe sie eine Verwaltungsübertretung gemäß § 1 iVm § 15 Abs.1 lit.a des O.ö. Campingplatzgesetzes begangen; wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über sie eine Geldstrafe von 6.000 S - das ist die materiellrechtliche Höchststrafe -, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt; außerdem wurde sie zur Zahlung eines Beitrages von 600 S zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

1.2. Gegen dieses der Beschuldigten am 2. September 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 14. September 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis hält die belangte Behörde begründend fest, daß der inkriminierte Sachverhalt anläßlich einer campingplatzrechtlichen Überprüfung am 21. Juli 1992 festgestellt worden sei. Ein Antrag der Berufungswerberin auf Erweiterung des Campingplatzes auf das Grundstück Nr. KG. Nußdorf a.A., für die Zeit vom 15. Juli bis 15. August eines jeden Jahres sei schon naturschutzbehördlich rechtskräftig abgelehnt worden. Nach den Ergebnissen des ordentlichen Strafverfahrens habe die Berufungswerberin das illegale Betreiben eines Campingplatzes auf dem besagten Grundstück nicht bestritten, sondern eigentlich nur Schuldminderungsgründe vorgebracht, denen die belangte Behörde jedoch nicht gefolgt ist. Zur Strafbemessung legt die belangte Behörde die Bedachtnahme auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten dar und hält weiters fest, daß Strafmilderungsgründe keine festgestellt werden konnten, straferschwerend jedoch gewesen sei, daß die Beschuldigte trotz negativem Bescheid auf dem besagten Grundstück Wohnwagen abstellte bzw. bereits "mehrmals in den Vorjahren deswegen Beanstandungen erfolgten." Eine besondere Begründung für die Verhängung der Höchststrafe enthält das bekämpfte Straferkenntnis nicht.

2.2. Demgegenüber bringt die Berufungswerberin, ohne den von der belangten Behörde als maßgebend festgestellten Sachverhalt als solchen in Abrede zu stellen, vor, daß sie zu streng bestraft worden sei. Sie mißachte die Vorschriften nicht etwa aus finanziellen Gründen bewußt, sondern gestatte eigentlich nur in Notfällen das Campen auf dieser Wiese. Sie und ihr Platzwart würden von den Campern oft buchstäblich überrumpelt, ja sogar auf listige Weise vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Allerdings glaube sie schon auch, daß das, was ihr vorgeworfen werde, im Ergebnis ein Beitrag zur Eindämmung des Wildcampierens sei. Sie wolle sich auch weiterhin um eine behördliche Bewilligung bemühen. Es habe sich nur um eine vorübergehende, kurzfristige Verwendung der Wiese Nr. 171/3 zu Zeiten einer Spitzenbelastung gehandelt. Insgesamt sei daher die Verhängung der Höchstrafe weder objektiv noch subjektiv, weil ihr persönliches Verschulden nicht von solcher Schwere sei, angemessen gewesen und hätten für die Ausschöpfung des ganzen Strafrahmens doch viel schwerwiegendere Gründe vorliegen müssen. Die Berufungswerberin richtet ihr Rechtsmittel somit nur gegen das Strafausmaß und beantragt die verhängte Strafe auf die Hälfte herabzusetzen.

3. Die belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der dadurch im Grunde des § 51 Abs.1 VStG zuständig wurde. Er entscheidet gemäß § 51c VStG in diesem Fall durch (nur) eines seiner Mitglieder.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Vorweg wird festgehalten, daß - weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet - das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden ist und somit für den unabhängigen Verwaltungssenat keine rechtliche Möglichkeit mehr besteht, diesbezüglich korrigierend einzugreifen. Dies wäre im vorliegenden Fall deswegen notwendig und für die Berufungswerberin zielführend gewesen, weil der Spruch des Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht und dieser Mangel auch schon der Aufforderung zur Rechtfertigung von 23. Juli 1992 (als erste Verfolgungshandlung) anhaftet. Aus dem Zusammenhang der wesentlichen Tatbestandsmerkmale des § 1 und § 15 Abs.1 lit.a des O.ö. Campingplatzgesetzes geht nämlich hervor, daß der Tatvorwurf darauf zu richten gewesen wäre, daß die Berufungswerberin einen bestimmten Campingplatz am 21. Juli 1992 ohne Bewilligung deswegen errichtet und betrieben hat, weil sie an diesem Tag die Grundfläche Nr.171/3 .... im Rahmen des Fremdenverkehrs für das Aufstellen von 16 Zelten .... bereitgestellt hat (und gerade nicht darauf, daß sie eine bestimmte Anzahl von Zelten etc. auf einem Grundstück abgestellt hat; im übrigen ist der Vorwurf, daß die Beschuldigte selbst die Zelte etc. abgestellt hat, auch eklatant aktenwidrig). Tatsächlich enthält der Spruch des Straferkenntnisses, bezogen auf die eigentliche Gebots- bzw. Verbotsnorm, lediglich eine unpersönliche Feststellung allgemeiner Art, nicht aber den an eine bestimmte Person gerichteten Vorwurf eines persönlichen Verhaltens. Es müßte jedoch die Eindeutigkeit dessen, was der Strafbehörde Anlaß zur Verfolgung der Berufungswerberin gegeben hat, schon aus dem Spruch allein hervorgehen; eine Klarstellung aus der Begründung oder aus dem Inhalt des Verwaltungsstrafaktes könnte grundsätzlich die aufgezeigte Rechtswidrigkeit nicht sanieren (zB VwGH vom 14.12.1984, 84/02B/003). Im vorliegenden Fall ist freilich, wie schon aufgezeigt, der an sich rechtswidrige Schuldspruch wegen der nur gegen die Höhe der Strafe gerichteten Berufung in Rechtskraft erwachsen. Allein die verhängte Strafe und die bei der Strafbemessung der belangten Behörde maßgeblichen Erwägungen sind Sache des vom unabhängigen Verwaltungssenat zu führenden Verfahrens.

4.2. Der Strafbehörde obliegt es auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2.1. Entgegen der Darstellung auf Seite 4 ihres Straferkenntnisses hat die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat bei der Strafbemessung weder in der Begründung des Straferkenntnisses noch sonst aktenkundig bewertet. Auch sind keine Überlegungen auffindbar, inwieweit die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen hätte. Dies, obwohl die Berufungswerberin schon in ihrer Stellungnahme vom 27. Juli 1992 mit einer Reihe von Argumenten ihre Meinung zum Ausdruck bringt, daß sie mit der vorgeworfenen Tat eigentlich "der Allgemeinheit einen Dienst erwiesen" habe.

Tatsächlich scheint dem unabhängigen Verwaltungssenat der Unrechtsgehalt der Tat im vorliegenden Fall zwar gemildert, er ist aber nichtsdestoweniger vorhanden. Denn das Bereitstellen von Grundflächen, die eben nicht als Campingplatz im Sinne des O.ö. Campingplatzgesetzes bewilligt sind, für das Zelteln und dergleichen, ist im Ergebnis nichts anderes als eine Erleichterung des sogenannten "wilden" Campierens, gegen welche Erscheinung gerade die Beschuldigte anzukämpfen angibt. Schon im Hinblick auf die negativen Beispielswirkungen auf das von der Administrativbehörde sicherzustellende geordnete Campingplatzregime können nachteilige Folgen der Tathandlung nicht an sich bestritten werden, wenngleich diese im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Anzahl der aufgestellten Zelte etc. (nämlich: zusammengezählt 18 Einheiten im Verhältnis zur maximalen Gästeanzahl von 700 Personen des bewilligten Campingplatzes auf den zum Tatgrundstück benachbarten Grundstücken) doch nicht so gewichtig erscheinen, daß mit exemplarischer Sanktion vorgegangen werden müßte. Im Ergebnis spricht daher schon eine - von der Strafbehörde unterlassene - Bewertung des Unrechtsgehaltes der Tat in diesem Fall gegen die Verhängung der im § 15 Abs.2 des O.ö. Campingplatzgesetzes normierten Höchststrafe von 6.000 S.

4.2.2. Auch über das der Berufungswerberin vorgeworfene Ausmaß des Verschuldens gibt das bekämpfte Straferkenntnis keine Auskunft, jedenfalls nicht mit der unter dem Blickwinkel des Rechtsschutzes gebotenen Klarheit. Offenbar aber hat die belangte Behörde die Schuldform zumindest der Fahrlässigkeit angenommen. Der Vorwurf einer Wissentlichkeit oder gar Absichtlichkeit kann der Begründung des Straferkenntnisses nicht wirklich entnommen werden. Auch in diesem Punkt entpuppt sich die Begründung auf Seite 4 des bekämpften Straferkenntnisses als bloße Scheinbegründung. Somit scheidet auch die Annahme eines hohen Schuldgehaltes als nachvollziehbare Rechtfertigung der verhängten Höchststrafe aus. Daran ändert auch nichts, daß die Berufungswerberin einschlägig durch ein schon rechtskräftiges Straferkenntnis belastet ist (was erst durch ergänzende Erhebungen des unabhängigen Verwaltungssenates aktenkundig geworden ist) und nun innerhalb weniger Monate rückfällig wurde. Dies mag die belangte Behörde als besonderen Erschwerungsgrund gemäß des hier sinngemäß anzuwendenden § 33 Z.2 StGB gewertet haben, obwohl sie in der Begründung auf Seite 4 ungenau lediglich von "bereits mehrmals in den Vorjahren deswegen erfolgten Beanstandungen" spricht. Diesen im Ergebnis somit zu Recht anzunehmenden Erschwerungsgrund steht aber immerhin gegenüber, daß die Tat bei verständiger Gesamtbetrachtung möglicherweise unter Umständen begangen worden ist, die einem Schuldausschließungsgrund nahekommen. Die Begründung der Berufung enthält nämlich ein in diese Richtung zielendes, dem besonderen Milderungsgrund des § 34 Z.11 StGB offenbar zu unterstellendes Vorbringen. Die belangte Behörde hat diesem Vorbringen anläßlich der Vorlage der Berufung in keiner Gegenschrift widersprochen. Auch sonst kann dem vorgelegten Strafakt nichts entnommen werden, insbesondere auch nicht der Äußerung des Gemeindeamtes Nußdorf a.A. vom 18. August 1992, was dieses Vorbringen als nicht weiter beachtliche Schutzbehauptung entlarven würde.

4.2.3. Zusammenfassend ergibt sich, daß die Berufungswerberin mit ihrem Einwand gegen die Verhängung der Höchststrafe im Recht ist. Tatsächlich ist nichts hervorgekommen, was die Bestrafung der Berufungswerberin mit der Obergrenze der materiellrechtlich angedrohten Geldstrafe vor den objektiven und subjektiven Kriterien des hier anzuwendenden § 19 VStG rechtfertigen könnte. Daß dieser Höchststrafsatz in einem aus dem Jahr 1967 stammenden Landesgesetz im Vergleich zu den Strafsätzen in jüngeren und jüngsten Landesgesetzen aus heutiger Sicht möglicherweise als sehr gering erscheinen mag, kann im vorliegenden Fall für sich allein selbstverständlich die Verhängung der Höchststrafe nicht rechtfertigen. Dennoch ist nicht zu übersehen, daß derart niedrige Strafobergrenzen in der heutigen Zeit angesichts der stürmischen Entwicklung im Campingwesen wohl kaum spezialpräventive und schon gar nicht generalpräventive Wirkungen zu entfalten vermag. Die Berufungswerberin ist freilich im Sinne einer in ihrem Interesse gelegenen, wohlverstandenen Information auf andere Möglichkeiten der Campingplatzbehörde, die dieser vor allem gemäß § 9 Abs. 3 des O.ö. Campingplatzgesetzes an die Hand gegeben sind, hinzuweisen.

Die nunmehr - ohne daß gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen wäre - verhängte Strafe erfüllt nach Überzeugung des unabhängigen Verwaltungssenates die Strafzwecke maßgerecht; ihre Bezahlung ist der Berufungswerberin im Hinblick auf die aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Sorgepflichten zuzumuten. Eine weitere Herabsetzung konnte deswegen nicht erfolgen, weil die einschlägige Vorstrafe immerhin erst Anfang dieses Jahres rechtskräftig verhängt worden ist. Die Ersatzfreiheitsstrafe war deswegen herabzusetzen, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun geminderten Geldstrafe zu wahren.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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