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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220303/24/Gu/Atz

Linz, 09.06.1993

VwSen - 220303/24/Gu/Atz Linz, am 9.Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung des Peter P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.9.1992, Ge 96-2006-1992/Ba wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes in zwei Fakten, des Arbeitsruhegesetzes in zwei Fakten und des Arbeitnehmerschutzgesetzes in zwei Fakten zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich der Fakten a) und d) vollinhaltich und hinsichtlich der Fakten f) und g) mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch anstelle der Worte "bis zum" jeweils die Worte "am" zu treten haben.

Rechtsgrundlage: § 25 AZG, § 24 AZG, § 86 Abs.1 AAV, § 81 Abs.2 AAV.

Der Beschuldigte hat an Verfahrenskostenbeiträgen bezüglich der bestätigten Straferkenntnisse 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind zu Faktum a) S 400,-- und zu Faktum d) S 200,-- an den unabhängigen Verwaltungssenat zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Bezüglich der Fakten b) und e) wird das angefochtene Straferkenntnis behoben. Diesbezüglich entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 zweiter Sachverhalt VStG, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat am 9.9.1992 zur Zahl Ge 96-2006-1992/Ba gegen den Beschuldigten ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben in Ihrem Gastgewerbebetrieb in Bad Ischl, a) am 19.11.1991 keinen Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhe der Arbeitnehmer Corina K, Dezsö S und Milijana Devetakovic angebracht, b) bis zum 19.11.1991 keine Aufzeichnungen über die von den Arbeitnehmern Corina K, Dezsö S und Milijana Devetakovic geleisteten Arbeitsstunden geführt, c) bis zum 19.11.1991 dem Arbeitsinspektorat Vöcklabruck keine Mitteilung über die Schwangerschaft der Dienstnehmerin Milijana D gemacht, d) am 19.11.1991 keinen Aushang über den Beginn und das Ende der wöchentlichen Ruhezeit der Arbeitnehmer Corina K, Dezsö S und Milijana D angebracht, e) bis zum 19.11.1991 keine Aufzeichnungen über Ort, Dauer und Art der Beschäftigung der während der Wochen- und Feiertagsruhe beschäftigten Arbeitnehmer Corina K, Dezsö S und Milijana D geführt, f) bis zum 19.11.1991 den Arbeitnehmern zur Aufbewahrung und zur Sicherung gegen Wegnahme ihrer Straßen-, Arbeits- und Schutzkleidung keine ausreichend große, luftige und versperrbare Kästen zur Verfügung gestellt, und g) bis zum 19.11.1991 für die erste Hilfeleistung keine entsprechenden Mittel in einer der Größe des Betriebes ausreichenden Zahl bereitgestellt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: a) § 25, b) § 26 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl.Nr. 461/1969, i.d.g.F., c) § 3 Abs.6 des Mutterschutzgesetzes, BGBl.Nr. 221/1979, d) § 24, e) § 25 Abs.1 des Arbeitsruhegesetzes, BGBl.Nr. 144/1983, f) § 86 Abs.1 der Allg. Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983, i.d.g.F., in Verb. mit § 14 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972, i.d.g.F., und g) § 81 Abs.2 der Allg. Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983, i.d.g.F., in Verb. mit § 13 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972, i.d.g.F..

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie gemäß § 28 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes, § 37 Abs.1 des Mutterschutzgesetzes, § 27 Abs.1 des Arbeitsruhegesetzes, § 31 Abs.3 lit. b) und § 31 Abs.2 lit. g) des Arbeitnehmerschutzgesetzes folgende Geldstrafen verhängt:

a) S 2.000,--, b) S 1.000,--, c) S 1.000,--, d) S 1.000,--, e) S 1.000,--, f) S 2.000,-- und g) S 500,--, zusammen von S 8.500,--, falls diese uneinbringlich sind, Ersatzfreiheitsstrafen von a) 72 Stunden, b) 36 Stunden, c) 36 Stunden, d) 36 Stunden, e) 36 Stunden, f) 72 Stunden und g) 18 Stunden.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

S 850,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 1O % der Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher S 9.350,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)." Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte berufen und in der mündlichen Verhandlung die Berufung bezüglich des Faktums c) (Übertretung des Mutterschutzgesetzes) und die Eventualanträge auf Zurückverweisung zurückgezogen und den weiteren Eventualantrag auf Anwendung des Milderungsrechtes in eine Bekämpfung der Strafhöhe umbenannt.

Aus den wesentlichen Berufungsausführungen ist zu entnehmen, daß der Beschuldigte geltend macht, einen erforderlichen Aushang über Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhe angebracht zu haben.

Er sei zur fraglichen Zeit der Inspektion auf Urlaub gewesen; sein Schwiegervater, der wohl anwesend gewesen sei, habe keinerlei Kenntnis von innerbetrieblichen Vorgängen gehabt. Die nachträgliche Anfertigung von Arbeitszeitaufzeichnungen sei zulässig. Er habe übersehen, daß Frau D im Krankenstand gewesen sei und dieses bei den nachträglichen Aufzeichnungen nicht berücksichtigt. Im übrigen dürfe das Arbeitsinspektorat nur im Falle von begründeten Verdachtsmomenten überraschende Kontrollen durchführen.

Ein versperrbarer Kleiderkasten stehe zwar nicht zur Verfügung, wohl aber ein absperrbarer Raum, in dem meistens nur eine Dienstnehmerin ihre Straßenkleidung aufbewahren könne.

Überdies seien Erste-Hilfe-Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung gestanden.

Ferner sei das angefochtene Straferkenntnis nicht ausreichend begründet. Eine Beweiswürdigung fehle zur Gänze.

Schließlich sei die verhängte Strafe unangemessen hoch und im Hinblick darauf, daß der Unrechtsgehalt der Tat, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen könne, nicht groß und habe die Tat auch keine sonstigen nachteiligen Folgen nach sich gezogen.

Dies sei bei der Strafzumessung nicht entsprechend berücksichtigt worden.

Im Tenor beantragt der Beschuldigte die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens.

Am 6.5.1993 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart der Vertreterin des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck durchgeführt, in deren Rahmen die Zeugin Corina K und der Zeuge Horst W vernommen.

Demzufolge steht folgender Sachverhalt fest:

Am 19.11.1991 inspizierte der Arbeitsinspektor des 18. Aufsichtsbezirkes Horst W gemeinsam mit einem Kollegen den Betrieb des Beschuldigten in Bad Ischl, Die beiden Genannten wurden, nachdem der Betriebsinhaber der Beschuldigte - auf Urlaub war, von dessen Schwiegervater durch den Betrieb geleitet.

Sie hielten Ausschau nach einem Aushang, der über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhe der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer Aufschluß geben könne.

Ein solcher Aushang wurde vermißt, ebenso wie ein Aushang über den Beginn und das Ende der wöchentlichen Ruhezeit.

Beim Rundgang durch den Betrieb trafen sie auf die Dienstnehmerin Milijana D, die offensichtlich schwanger war. Von diesem Umstand hatte der Arbeitgeber das Arbeitsinspektorat noch nicht verständigt.

Beim Kontrollgang durch den Betrieb konnten keine versperrbare Kästen, die zur Aufbewahrung und Sicherung der Arbeits- bzw. Straßenkleidung der Dienstnehmer bestimmt waren, vorgefunden werden. Verbandszeug und Erste-Hilfe-Material war wohl vorhanden, entsprach aber nicht nach Art und Umfang der Betriebsgröße im Sinne der Ö-Norm Z 1020, Größe A.

Das Nichtvorhandensein der Kleiderkästen ist unbestritten. Die Berufung zum Faktum betreffend Übertretung des Mutterschutzgesetzes wurde in der mündlichen Verhandlung zurückgezogen und ist nicht weiter Gegenstand der Erörterung.

Was im übrigen die Würdigung der Beweise anlangt, so konnte im Bezug auf das Fehlen von normgerechten Erste-Hilfe-Mitteln die Aussage des vernommenen Zeugen W überzeugen, zumal das Wissen hierüber zu seinen Berufsvorschriften zählt und er diesbezüglich geschult ist. Was das Fehlen der Aushänge anlangt, so war ebenfalls die Aussage des Zeugen W, der gezielt nach ihnen forschte, überzeugend und stand die Aussage der Zeugin Corina K vor der erkennenden Berufungsbehörde (nur diese ist gemäß § 51i VStG aufgrund des Unmittelbarkeitsprinzipes von Belang) nicht in Widerspruch, wenn sie wohl von einer in der Küche hängenden Korktafel sprach, die Kundmachung der Dienstpläne zum Kontrollzeitpunkt aber nicht bestätigen konnte.

Die Zeugin K machte einen guten, ausgewogenen Eindruck. Sie, die planmäßige Dienstzeiten versah, von denen kaum nennenswert abgewichen wurde, war nach der Lehrzeit und zwischenzeitigem Antritt eines anderen Dienstpostens, zum ehemaligen Lehrherrn - dem Beschuldigten - zurückgekehrt, einem Zeichen von Arbeitszufriedenheit, in einer Zeit, in der inländisches Personal im Gastgewerbe äußerst dringend gesucht wird.

Nunmehr, da sie in einem anderen Betrieb arbeitet und dem Druck des ehemaligen Dienstgebers nicht mehr ausgesetzt ist, versuchte ihn dennoch nicht anzuschwärzen.

In der Zusammenschau mit der Aussage des gezielt ausschauhaltenden Arbeitsinspektors ist daher erwiesen, daß wohl in der Küche eine Korktafel angebracht war, aber weder dort noch sonst an für die Dienstnehmer leicht zugänglicher Stelle, Aushänge betreffend den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit, der Ruhepausen, der Wochenruhe und der wöchentlichen Ruhezeit im Betrieb des Beschuldigten angebracht waren.

Da dies aufgrund der jeweils im Betreff angezogenen Vorschriften jederzeit gewährleistet zu sein hat, waren durch deren Fehlen am 19.11.1991 die Tatbestände erfüllt. Diese Pflicht traf den Arbeitgeber auch wenn er auf Urlaub weilte.

Über die Pflichten, fortlaufende Aufzeichnungen über geleistete Arbeitsstunden und über die Wochen- und Feiertagsruhe zu führen, war insoweit nichts weiter zu erörtern, als die Tatbestände lit. b) und lit. e) keine konkreten Tatzeiten aufwiesen, zumal der Beginn des Tatzeitraumes nicht beschrieben wurde und eine Aufzeichnung für den 19.11.1991 jedenfalls noch am Abend des 19.11.1991 hätte erfolgen können und somit das Nichtführen von Aufzeichnungen bei Einschränkung auf den 19.11.1991 noch keine vorwerfbare Tat bildet. Der Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z.1 VStG hatte zwangsläufig die sofortige Behebung und Einstellung des Verfahrens zur Folge.

Bezüglich der bestätigten Fakten, deren objektive Tatseite als erwiesen hervortraten, war hinsichtlich des Verschuldens anzumerken, daß die Pflicht zur Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch durch einen Urlaubsaufenthalt nicht unterbrochen wird. Insbesondere ist hervorgekommen, daß sich der Arbeitgeber keines tauglichen Erfüllungsgehilfen oder Bevollmächtigten bedient hat und begründet schon dieser Umstand entgegen seiner Meinung keine Schuldbefreiung, sondern ein gröbliches Maß an Pflichtverletzung.

Die Gröblichkeit des Verschuldens wird dadurch verstärkt, daß der Beschuldigte mittels schriftlicher Verständigung bereits im Jahre 1989 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck auf die Einhaltung der in Rede stehenden Dienstnehmerschutzbestimmungen schriftlich aufmerksam gemacht worden war.

Angesichts des hohen Maßes an Verschulden konnte von keiner Ermahnung Gebrauch gemacht werden und hatte der Milderungsumstand, daß durch die Taten keine nachteiligen Folgen entstanden sind, kein besonderes Gewicht, weil es sich ohnedies allesamt um Ungehorsamsdelikte handelte, zu deren Vollendung kein Erfolg notwendig ist.

Der von der I. Instanz herangezogene Erschwerungsgrund des Vorliegens mehrerer Übertretungen verschiedener Art kommt im Verwaltungsstrafverfahren von vornherein nicht in Betracht, da hier, anders als im gerichtlichen Verfahren, (noch) das Kumulationsprinzip herrscht.

Weder das Nichtvorliegen eines Erschwerungsgrundes noch die Nichtannahme eines (bedeutungslosen) Milderungsumstandes noch die Einschränkung der Tatzeit bei den Fakten f) und g) konnten jedoch im Ergebnis eine Herabsetzung der Strafe rechtfertigen, zumal die Verschuldensseite infolge grober Fahrlässigkeit schwer wog.

In der Zusammenschau ist somit per Saldo der I. Instanz kein Ermessensmißbrauch vorzuwerfen.

Die Vorschreibung von Beiträgen zu den Kosten des Berufungsverfahrens bezüglich der vollinhaltlich bestätigten Fakten a) und d) gründet sich unmittelbar auf das Gesetz (§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat Dr. Guschlbauer

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