Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220307/16/Kon/Fb

Linz, 29.12.1993

VwSen-220307/16/Kon/Fb Linz, am 29. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer, durch den Berichter Dr. Robert Konrath und den Beisitzer Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Dipl.-Ing. G K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.9.1992, GZ: 501/GB-78/92-StR, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß:

1) beim Firmenwortlaut "V-A S GmbH" hinter dem Wort "S" das Wort: "L" und vor den Worten "St. Peter" die Buchstaben: "KG" einzufügen sind; 2) die dem Beschuldigten angelastete Tat eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 idF Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl.Nr. 399, bildet.

II. Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf den Betrag von 12.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 3 Tagen und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auf den Betrag von 1.200 S herabgesetzt.

III. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 idF der GR-Novelle 1988, BGBl.Nr. 399, und § 370 Abs.2 leg.cit.; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.: § 19 VStG.

zu III.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. und II.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte der Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z26 GewO 1973 für schuldig befunden und über ihn gemäß der zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der V-A S GmbH und somit als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 idgF gewerberechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, daß von der V-A S GmbH in der Zeit vom 1.1.1992 bis 7.4.1992 die mit gewerbebehördlichem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17.8.1989, GZ: 501/SO-353/89, unter Vorbehalt einer Betriebsbewilligung genehmigten Betriebsanlage, nämlich eine Bandbeschichtungsanlage in der östlichen Hallenerweiterung beim Kaltwalzwerk II, Werksgelände, Grundstück Nr. , St. P, nach Ablauf des mit oben angeführtem Bescheid genehmigten Probebetriebes für die Dauer eines Jahres, welcher mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.7.1991, GZ: 501/SO-353/89, bis zum 31.12.1991 verlängert wurde, betrieben wurde, ohne daß eine Betriebsbewilligung vorgelegen wäre, obwohl im Spruch des Bescheides vom 17.8.1991, GZ: 501/SO-353/89, unter II.

angeordnet wurde, daß diese Betriebsanlage erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 Abs.2 VStG verpflichtet, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 2.500 S zu zahlen.

Hinsichtlich ihres Schuldspruches führt die Erstbehörde im wesentlichen begründend aus, daß aufgrund des Ermittlungsverfahrens außer Zweifel stehe, daß die gegenständliche Betriebsanlage in der Zeit vom 1.1.1992 bis 7.4.1992 ohne die erforderliche Betriebsbewilligung betrieben und sohin der Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt worden sei. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite im Sinne des Verschuldens weist die Erstbehörde im wesentlichen begründend darauf hin, daß der Beschuldigte offensichtlich keine Maßnahmen setzte, um die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu gewährleisten bzw hätte er im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht ausreichend dargestellt, inwiefern er seiner Verpflichtung zur Einhaltung der Bestimmungen der GewO nachgekommen sei.

In bezug auf das Strafausmaß sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten als strafmildernd, als straferschwerend jedoch insbesondere die Gesundheitsgefährdung, welcher die Arbeitnehmer durch die gegenständliche Betriebsanlage ausgesetzt waren, gewertet.

Bei der Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sei aufgrund einer realistischen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 50.000 S ausgegangen worden.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht, wie folgt:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG, weil, 1) das rechtmäßige Alternativverhalten nicht angeführt sei; 2) dem Straferkenntnis sich nicht entnehmen lasse, ob nach Auffassung der Behörde die V-A S L GmbH, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte sei, mit der im Straferkenntnis genannten Betreiberin "V-A S GmbH" ident sei; 3) die Angabe einer Grundstücknummer , St.P, eine unzureichende Tatortangabe darstelle; 4) die Anlastung des Tatbestandes des § 367 Z26 GewO 1973 rechtsirrig sei.

Folge man der Auffassung des angefochtenen Straferkenntnisses, dann läge ein Verstoß gemäß § 366 Abs.1 Z3 leg.cit.

vor. Der Beschuldigte habe einen Anspruch auf richtige Subsumierung durch die Behörde, auch wenn letztgenannte Bestimmung mit einem höheren Strafrahmen bedacht sei.

Zur Begründung des mangelnden Verschuldens wird vorgebracht unter:

5a) Die gegenständliche Bandbeschichtungsanlage sei nur bis 30.6.1991 in den organisatorischen Verantwortungsbereich des Beschuldigten gefallen. Ab 1.7.1991 sei er stellvertretendes Vorstandsmitglied, wobei eine Umorganisation erfolgte. Für die Bandbeschichtung sei Dipl.-Ing. F als Leiter bestellt worden, der den Vorstandsmitgliedern Dipl.-Ing.

H und Kommerzialrat P unterstellt gewesen sei.

Der Leiter der Bandbeschichtung Dipl.-Ing. F habe seine diesbezüglichen Berichte stets an seinen Vorstandskollegen Dipl.-Ing. H gerichtet. Er hätte darauf vertrauen können, daß außergewöhnliche Vorkommnisse, wie zB das Nichtvorliegen einer Betriebsbewilligung trotz Ablaufes der Frist für den Probebetrieb, dem Vorstand bekanntgegeben worden seien. Er habe aber davon keine Kenntnis erhalten.

Sein Informationsstand bis zum Ende seiner organisatorischen Zuständigkeit für die Bandbeschichtungsanlage (30.6.1991) war, daß im Betrieb die feste Überzeugung herrschte, daß bis Dezember 1991 eine Betriebsbewilligung vorliege.

5b) Ein Teil des vorgeworfenen Zeitraumes falle in die Zeit ab der Verhandlung vom 2.3.1992. Mangels Teilnahme an dieser Verhandlung könne er sein Wissen darüber nur aus der Verhandlungsschrift beziehen. Er hatte als Techniker dabei den Eindruck, daß eine Fortsetzung des Probebetriebes geradezu erforderlich gewesen sei, möge dies formalrechtlich (§ 78 GewO 1973) nicht möglich gewesen sein. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer habe er nicht für mangelnde juristische Kenntnisse einzustehen.

5c) Während seiner Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer habe er auch seine Mitarbeiter laufend und systematisch kontrolliert. Der für die Bandbeschichtung zuständige Dipl.-Ing. F habe sich stets als sachkundiger und außerordentlich verläßlicher Mitarbeiter erwiesen.

Wie in einem derartigen Großbetrieb üblich, obliege die Abwicklung gewerberechtlicher Verfahren der Rechtsabteilung, deren juristische Sachkunde er als Techniker nicht überprüfen könne. Die Rechtsabteilung habe bisher ihre Aufgaben ohne Probleme erledigt, daß er auch im gegenständlichen Fall davon ausgehen hätte können, daß eine sachlich und terminlich richtige Vorgangsweise eingehalten werde.

6) Nach Einholung seiner Stellungnahme sei ihm vor Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Gelegenheit geboten worden, zum Ermittlungsverfahren eine Stellungnahme abzugeben. Hierin sei eine Verletzung des Parteiengehörs und seiner Verteidigungsrechte erfolgt.

Die Erstbehörde hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung Abstand genommen und die gegenständliche Berufung dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Im Zuge der Berufungsvorlage wurde eine Gegenschrift erstattet und in dieser beantragt, die Berufung des Beschuldigten als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich zu bestätigen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den erstbehördlichen Akt Einsicht genommen und eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 29.12.1993 anberaumt und an diesem Tag durchgeführt. Nach Schluß der Verhandlung und nach vorangegangener Beratung der Kammer wurde die vorliegende Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates dem Vertreter des Beschuldigten mündlich verkündet.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 idF BGBl.Nr. 399/1988, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Von der V-A S GmbH wurde in der Zeit vom 1.1.1992 bis 7.4.1992 die gewerbebehördlich genehmigte Bandbeschichtungsanlage auf Grundstück Nr. , KG St. P ohne die erforderliche Betriebsbewilligung betrieben.

Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsüber tretung ist sohin erfüllt. Der Einwand des Berufungswerbers, wonach die gegenständliche Tat unter die eingangs zitierte Gesetzesstelle (§ 366 Abs.1 Z3 leg.cit., und nicht wie von der Erstbehörde unter § 367 Z26 leg.cit.) zu subsumieren sei, ist zuzustimmen. Das Verbot des Betreibens der Betriebsanlage vor Erteilung der Betriebsbewilligung hat nämlich keinen anderen normativen Inhalt, als wenn eine gewerbliche Betriebsanlage entgegen der Vorschrift des § 74 Abs.2 GewO 1973 ohne Genehmigung betrieben wird. Eine Bestrafung kann daher nicht auf § 367 Z26 leg.cit. gestützt werden (siehe VwSlg 11051 A/1983 zitiert in Stolzlechner-Wendl-Zitta: "Die gewerbliche Betriebsanlage", RZ 312, Seite 318). Die vom unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz so vorgenommene Berichtigung der Strafsanktionsnorm ist auch nach Ablauf der 6monatigen Verfolgungsverjährungsfrist möglich, da hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation keine Verfolgungsverjährung eintritt (siehe VwGH 23.3.1984, 2302/0159).

Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers genehmigt (§ 39) wurde, Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen.

Aufgrund der unbestritten gebliebenen Tathandlung bzw des objektiven Tatbestandes war im Berufungsverfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung am 29.12.1993, lediglich das Verschulden des Berufungswerbers zu prüfen und seine diesbezüglichen Einwände einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen.

Seitens des Beschuldigten wird sowohl in der Berufung wie auch in der mündlichen Verhandlung ein Verschulden an der Tat dahingehend verneint, als ihm aufgrund der inner organisatorischen Geschäftsverteilung der V-A S GmbH es faktisch gar nicht möglich war, den bewilligungslosen Betrieb der Bandbeschichtungsanlage zu verhindern.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß der Beschuldigte in seiner Eigenschaft als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften im gesamten Bereich der V-A S GmbH verantwortlich ist. Diese in der Gewerbeordnung festgelegte Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers kann nicht durch innerorganisatorische Kompetenzverteilungen beschränkt oder gar aufgehoben werden. Sofern der Beschuldigte vorbringt, daß er aufgrund der herrschenden Organisationsstruktur nicht über den erforderlichen Durchgriff und Informationsstand zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verfügt habe, so ist ihm entgegenzuhalten, daß er diesfalls die Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht hätte übernehmen dürfen. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer hätte er die innerbetrieblichen Informationsflüsse eben so zu gestalten gehabt, daß er vom bevorstehenden Ablauf der Frist für den Probebetrieb hätte rechtzeitig Kenntnis erlangen können.

Auch den formalrechtlichen, auf § 44a VStG gestützten Einwendungen in der Berufung ist nicht zu folgen. Der Beschuldigte wird diesbezüglich auf die vom unabhängigen Verwaltungssenat für zutreffend erachteten Ausführungen in der Gegenschrift der Erstbehörde vom 23.11.1992, GZ:

501/GB-78/92(c), verwiesen, von denen er durch Akteneinsicht (verbunden mit Kopienausfertigung) Kenntnis erlangte.

Aus diesen Gründen ist der Schuldspruch der Erstbehörde zu bestätigen gewesen.

In bezug auf die Strafhöhe ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, daß über den von der Erstbehörde zutreffend berücksichtigten Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit hinaus auch der Umstand als strafmildernd zu werten ist, daß noch vor Ablauf des Probebetriebes um Erteilung der Betriebsbewilligung angesucht wurde. Seitens des Beschuldigten sind sohin Maßnahmen gesetzt worden, die zur Erreichung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes führten. Daß die entsprechende gewerbebehördliche Verhandlung erst mit Kundmachung vom 29.1.1992 für den 2.

März 1992 anberaumt wurde, lag nicht im Einflußbereich des Beschuldigten. Aus diesem Grund war die Strafe, ungeachtet des Umstandes, daß sich die Tat als einem höheren Strafrahmen unterliegend erwiese, auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen.

zu III.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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