Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420245/4/Gf/Km

Linz, 12.11.1998

VwSen-420245/4/Gf/Km Linz, am 12. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des R G, vertreten durch RA Dr. J P, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Braunau am 25. September 1998 zu Recht erkannt:

I. Die am 25. September 1998 durch Beamte des GPK Palting erfolgte Abnahme des Führerscheines wird als rechtswidrig festgestellt.

II. Der Bund (Bezirkshauptmann von Braunau) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 8.400 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage: § 67c Abs. 4 AVG; § 79a AVG.

Begründung:

1. Mit einem am 8. Oktober 1998 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen Schriftsatz hat der Rechtsmittelwerber beim Oö. Verwaltungssenat eine auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 2 Z. 1 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe des Bezirkshauptmannes von Braunau am 25. September 1998 erhoben.

Darin bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, daß ihm mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 27. März 1998, Zl. VerkR20-2378-1995/BR, aufgetragen worden sei, binnen vier Monaten ab Zustellung eine Nachschulung zu absolvieren. Dieser Bescheid sei jedoch nur ihm und nicht auch seinem Rechtsvertreter zugestellt worden; jener habe vielmehr erst im Zuge einer Akteneinsicht bei der Behörde am 1. Juli 1998 von diesem Bescheid Kenntnis erhalten, sodaß dieser erst mit diesem Tag als zugestellt gelte. Mit weiterem Bescheid vom 17. September 1998 sei dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für die Klassen A und B bis zur Befolgung der Nachschulungsverpflichtung entzogen worden. Obwohl er dagegen rechtzeitig Berufung erhoben habe und auch deren aufschiebende Wirkung im Bescheidspruch nicht ausgeschlossen worden sei, sei ihm aufgrund dieses Bescheides am 25. September 1998 durch Beamte des GPK P der Führerschein abgenommen worden.

Da der Beschwerdeführer durch diese Vorgangsweise offenkundig in seinen subjektiven Rechten verletzt worden sei, wird die kostenpflichtige Feststellung der Gesetzwidrigkeit dieser Maßnahme begehrt.

2.1. Mit h. Schreiben vom 9. Oktober 1998, Zl. VwSen-420245/2/Gf/Km, wurde die belangte Behörde dazu aufgefordert, dem Oö. Verwaltungssenat binnen zwei Wochen die bezughabenden Verwaltungsakten vorzulegen; gleichzeitig wurde es ihr freigestellt, innerhalb dieser Frist auch eine Gegenschrift zu erstatten.

Dieses Schreiben wurde von der belangten Behörde nach der im h. Akt erliegenden Bestätigung am 13. Oktober 1998 übernommen; die Zweiwochenfrist endete demnach am 27. Oktober 1998.

Bis dato (12. November 1998) hat die belangte Behörde weder die bezughabenden Verwaltungsakten übermittelt oder eine Gegenschrift erstattet noch sonst eine Äußerung abgegeben.

2.2. Das AVG - insbesondere dessen § 67c - enthält zwar keine ausdrückliche Regelung über die Aktenvorlagepflicht der belangten Behörde. Daran, daß der Gesetzgeber - jedenfalls hinsichtlich des Maßnahmebeschwerdeverfahrens - dennoch vom Vorliegen einer solchen Verpflichtung ausgeht, kann jedoch schon deshalb kein Zweifel bestehen, weil dieses bis zur B-VG-Novelle 1998, BGBl.Nr. 685, den beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überantwortet und in deren Verfahrensordnungen jeweils eine entsprechende Vorlagepflicht normiert war (und ist; vgl. § 20 Abs. 2 VfGG und § 38 Abs. 2 VwGG).

In diesem Sinne hat daher auch der Verwaltungsgerichtshof (unter Hinweis auf VfSlg 7182/1973) bei einer vergleichbaren Problemlage ausgesprochen, daß die unabhängigen Verwaltungssenate in derartigen Konstellationen jene gesetzlichen Regelungen anzuwenden haben, "die nach Art und Gegenstand dem von ihnen durchgeführten Verfahren am ähnlichsten" sind (vgl. VwGH v. 23. September 1991, 91/19/0162), hier also die bereits angesprochenen (und überdies inhaltsgleichen) § 20 Abs. 2 VfGG bzw. § 38 Abs. 2 VwGG:

Wenn und weil es die belangte Behörde unterlassen hat, die bezughabenden Verwaltungsakten vorzulegen, war daher im gegenständlichen Fall aufgrund des Sachverhaltsvorbringens des Beschwerdeführers (der im übrigen von vornherein auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet hat) zu erkennen.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

3.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Rechtsanwalt ab dem Zeitpunkt der Vollmachtsbekanntgabe als Zustellbevollmächtigter i.S.d. § 9 ZustG anzusehen. Ein an die von ihm vertretene Person als Adressat intendierter Bescheid kann daher wirksam nur an den Rechtsanwalt zugestellt werden. Unterbleibt diese und wurde - wie im vorliegenden Fall - nur an den Mandanten zugestellt, war die Bescheiderlassung unwirksam, wobei dieser Mangel - entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers - auch nicht durch tatsächliche Kenntnisnahme des Rechtsvertreters vom Bescheidinhalt im Zuge einer bei der belangten Behörde am 1. Juli 1998 vorgenommenen Akteneinsicht, sondern erst durch ein (bislang jedoch nicht erfolgtes) tatsächliches Zukommen einer Bescheidausfertigung an diesen als geheilt anzusehen wäre (vgl. statt vieler z.B. VwGH v. 19. Dezember 1985, 85/02/0249; v. 22. Juni 1988, 87/03/0263; v. 30. Juni 1992, 92/05/0067).

Der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 27. März 1998, Zl. VerkR20-2378-1995/BR, mit dem der Beschwerdeführer zur Absolvierung einer Nachschulung verpflichtet wurde, ist daher (derzeit noch) als rechtlich nicht existent anzusehen.

3.2. Selbst wenn man aber von der Verbindlichkeit jenes Bescheides ausginge, vermag aber jedenfalls der in der Folge erlassene Entzugsbescheid vom 17. September 1998 die am 25. September 1998 erfolgte Führerscheinabnahme schon deshalb nicht zu tragen, weil gegen diesen Bescheid - daß es sich hiebei etwa um einen aufgrund § 57 Abs. 1 AVG wegen Gefahr in Verzug erlassenen Bescheid handelt, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor - rechtzeitig Berufung erhoben wurde und ihr sohin mangels einer verfahrensrechtlichen Sonderregelung im Führerscheingesetz, BGBl.Nr. I 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 94/1998 (im folgenden: FSG), gemäß § 64 Abs. 1 AVG aufschiebende Wirkung zukommt.

3.3. Da sich auch sonst im FSG keine die vorliegende Maßnahme tragende Rechtsgrundlage findet, war der vorliegenden Beschwerde sohin gemäß § 67c Abs. 4 AVG stattzugeben und die Rechtswidrigkeit der Führerscheinabnahme festzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a AVG i.V.m. § 1 Z. 1 Aufwandersatzverordnung UVS antragsgemäß Kosten in Höhe von 8.400 S zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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