Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220309/15/Kon/Fb

Linz, 05.04.1993

VwSen - 220309/15/Kon/Fb Linz, am 5. April 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitzenden Dr. Hans Guschlbauer, sowie durch den Berichter Dr. Robert Konrath und den Beisitzer Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Paul H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 28. September 1992, Ge96-99-1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.p ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 544/1982; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 9 Abs.1 VStG und § 45 Abs.1 Z2 (erster Fall) VStG.

II. Die Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz und des Berufungsverfahrens entfallen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: Im eingangs zitierten Straferkenntnis wird dem Beschuldigten Paul H zur Last gelegt, es als verantwortlicher Beauftragter der "P GesmbH" in im Sinne der Bestimmungen des § 9 VStG zu verantworten zu haben, daß, wie im Zuge einer am 6. August 1991 durchgeführten Inspektion der Baustelle in durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, die im oben genannten Dachdecker- und Spenglereibetrieb beschäftigten Arbeitnehmer Friedrich R, Wolfgang N, Andreas W, Gerald F und Lothar F auf einem 35ï... geneigten Dach mit einer Traufenhöhe von ca. 6 m, Dachdeckerarbeiten durchführten, obwohl diese weder angeseilt noch geeignete Schutzblenden angebracht waren und dadurch die Bestimmungen des § 44 Abs.2 der Verordnung über Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführungen von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl.Nr. 267/1954, verletzt zu haben.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idgF wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Wochen verhängt.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 2.500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte (vertreten wie eingangs angeführt) rechtzeitig Berufung erhoben. Zu deren Begründung wendet er im wesentlichen ein, daß er seitens der Poschacher GesmbH weder zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.1 VStG noch zum Bevollmächtigten im Sinne des § 31 Abs.2 ASchG bestellt worden sei. Er hätte einer solchen Bestellung auch niemals zugestimmt. Die Erstbehörde hätte diesbezüglich den Sachverhalt nicht ausreichend geklärt, weshalb ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege, der den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit behafte. Im weiteren, wenngleich nur eventualiter, wird vom Beschuldigten das Strafausmaß bekämpft und in diesem Zusammenhang die mangelhafte Ermittlung seiner Einkommensverhältnisse gerügt.

In der Berufung wurde beantragt, auf jeden Fall eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.

Aufgrund des Berufungsvorbringens und auch entsprechend dem vorangeführten Berufungsantrag hat der unabhängige Verwaltungssenat für den 23. März 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

An Hand der mündlichen Verhandlung ist zunächst aufzuzeigen, daß - wie der Aktenlage nach geschlossen werden muß - die Erstbehörde die Stellung des Beschuldigten als verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG der Poschacher GesmbH in Mauthausen aufgrund des im Akt unter ON 3 erliegenden Schreibens der seinerzeitigen Poschacher GesmbH & Co.KG vom 6. September 1989 für gegeben erachtet. In diesem Schreiben wird der Beschuldigte Paul H der Bezirkshauptmannschaft Perg als Sicherheitsbeauftragter für die Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen gemäß der Bauarbeiterschutzverordnung und des ASchG der Poschacher GesmbH & Co.KG genannt. Nach den auf diesem Schreiben angebrachten erstbehördlichen Aktennotizen hat diese die Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung angefordert, derzufolge Paul H zum verantwortlichen Beauftragten der genannten Kommanditgesellschaft bestellt worden ist. Die Kopie dieser Vereinbarung befindet sich auf der Rückseite des Aktenstückes ON 3. Vom unabhängigen Verwaltungssenat war im Zuge der Akteneinsicht festzustellen, daß diese Vereinbarung betreffend die Bestellung des Paul H zum "Sicherheitsbeauftragten im Sinne des § 9 VStG" am 1.9.1989 zwischen dem Genannten und der P Dachdecker GesmbH, M, abgeschlossen wurde. Sie wurde von Dr. L P unterfertigt. Zufolge dieser Vereinbarung hat die "P Dachdecker GesmbH" als Komplementärin der "P GesmbH & Co.KG" und sohin als zur Vertretung nach außen Berufene dieser Kommanditgesellschaft Paul H für die vorangeführte Funktion bestellt. Paul H hat durch seine Unterschrift dieser Bestellung zugestimmt.

Der Beschuldigtenvertreter hat bei der mündlichen Verhandlung am 23. März 1993 die Kopien der Firmenbuchauszüge HR A 2570 und HR B 917 des Handelsgerichtes Linz dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Einsichtnahme vorgelegt. Diese Einsichtnahme ergab, daß die P Dachdecker GesmbH, welche seit 11. Oktober 1989, "P GesmbH" lautet, die Komplementärin der "P GesmbH & Co.KG" gewesen ist. Die genannte Kommanditgesellschaft wurde am 23.10.1990 im Firmenbuch gelöscht. Die "P GesmbH" mit dem Sitz in M ist nach wie vor existent.

In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken, daß aufgrund der vorangeführten Vereinbarung zwischen der seinerzeitigen Komplementärin, der P Dachdecker GesmbH und Paul H vom 1.9.1989 nicht davon ausgegangen werden kann, daß Paul H nach Löschung der Kommanditgesellschaft nunmehr als bestellter Beauftragter im Sinn des § 9 VStG der P GesmbH in M zu gelten hätte. Diesfalls hätte nämlich gemäß den Bestimmungen des § 9 Abs.2 VStG ("die zur Vertretung nach außen Berufenen ...") die Bestellungsvereinbarung zwischen Dr. L - P als zur Vertretung nach außen Berufener der P GesmbH und Paul H erfolgen müssen. Das Berufungsverfahren hat insbesondere durch die mündliche Verhandlung am 23. März 1993 jedenfalls ergeben, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt kein gemäß den Bestimmungen des § 9 Abs.4 VStG bestellter verantwortlicher Beauftragter der P GesmbH gewesen ist, weshalb der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden war.

Zusätzlich zur vorstehenden Begründung wird darauf hingewiesen, daß der Beschuldigte bei seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat glaubwürdig angab, zum Tatzeitpunkt (6. August 1991) auf Urlaub gewesen zu sein. Während seines Urlaubes sei Herr Franz V für die Baustelle zuständig gewesen. Vorarbeiter auf dieser Baustelle sei der rund 40 Jahre alte Dachdeckergeselle R gewesen. In Anbetracht der Offenheit, die der Beschuldigte bei der Einvernahme an den Tag legte, wie auch des Umstandes, daß seine übrigen Angaben durch die des Zeugen L bestätigt wurden, bestehen seitens des unabhängigen Verwaltungssenates keine Zweifel daran, daß der Beschuldigte zur Zeit der Beanstandung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk auf Urlaub war. Aufgrund seines Urlaubes wäre aber die erfolgte Verletzung der Schutzvorschrift der BAV dem Beschuldigten nicht anlastbar.

zu II.: Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sofern sie vom Beschuldigten erhoben wird, ist sie von einem Rechtsanwalt zu unterfertigen.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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