Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220330/2/Ga/La

Linz, 27.12.1993

VwSen-220330/2/Ga/La Linz, am 27. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der C D in M , S , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 7. Oktober 1992, Zl. Ge96/52/1991/B, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn über die Berufungswerberin wegen Verletzung des § 366 Abs.1 Z2 iVm § 171a GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) kostenpflichtig verhängt, weil sie, "wie aus einer am 1. März 1991 bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgegebenen Visitenkarte" mit dem Aufdruck "C D , Technisches Büro", hervorgehe, im Standort S , M , das Konzessionsgewerbe "Technisches Büro" gewerbsmäßig ausübe, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

1.2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde eingebrachte, erkennbar auf die Aufhebung des Straferkenntnisses gerichtete Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Berufungsinhalt hat sie sich nicht geäußert.

Die Berufung ist zulässig.

3. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Dies aus folgenden Gründen:

3.1. § 366 Abs.1 Einleitung und Z2 GewO 1973 (in der jedenfalls auch zur Zeit der Fällung des Straferkenntnisses geltenden Fassung) qualifiziert die konzessionslose Ausübung eines konzessionierten Gewerbes (§ 5 Z2 GewO 1973) als - mit Geldstrafe bis zu 50.000 S bedrohte - Verwaltungsübertretung. Verbotsnorm ist hier der verwiesene § 5 Z2 GewO 1973, der per definitionem festlegt, daß konzessionierte Gewerbe erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden dürfen. Die Ausübung des Gewerbes ist somit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal. Unter Ausübung wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden.

Gemäß § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO 1973 wird jedoch schon das Anbieten einer den Gegenstand des Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Dies ist hier bedeutsam, weil - wie die Einsicht in den Strafakt erweist - gerade ein von der belangten Behörde zugrundegelegter Sachverhalt des Prospektverteilens als tatbilderfüllend im Sinne des "Anbietens" gewertet wurde.

3.2. Vorliegend ist daher auch § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO 1973 (mittelbarer) Bestandteil der verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG und insoweit maßgebliche Verbotsnorm. Dies übersieht das Straferkenntnis, sodaß der Schuldspruch mit dem Gesetz nicht in Einklang steht: Er ist im Grunde des § 44a Z1 VStG rechtswidrig. Mit anderen Worten: Wenn und soweit im Berufungsfall Tatbestandsvoraussetzung der Verwaltungsübertretung wesentlich das (der Ausübung des Gewerbes gleichzuhaltende) Anbieten der inkriminierten Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen gewesen sein soll, dann ist gerade die Erfüllung dieses Tatbildes aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht zu erkennen. Es kann nämlich dem spruchgemäßen Tatvorwurf weder der maßgebende Sachverhalt (Verteilung von mit einem bestimmten Aufdruck versehenen Visitenkarten via Prospekte) noch das eben deswegen erfüllte Tatbestandsmerkmal des Anbietens entnommen werden.

Die im Schuldspruch enthaltene Feststellung, daß eine Visitenkarte bei der belangten Behörde abgegeben worden ist, trägt (bezogen auf das "Anbieten") zu der aus dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu fordernden Bestimmtheit des Tatvorwurfs nichts bei, zumal auch Begründungsdarlegungen, wie sie das Straferkenntnis auf Seite 2 im letzten Absatz enthält, eine dem § 44a Z1 VStG nicht entsprechende Spruchfassung nicht sanieren können (vgl. VwGH v. 28.6.1988, 88/04/0047 uva.).

3.3. Im Lichte des § 44a Z1 VStG leidet das Straferkenntnis an einem Bestimmtheitsmangel jedoch auch dadurch, daß dem Spruch die Tatzeit nicht konkret genug entnommen werden kann. Es ist nämlich die einzige Zeitangabe des Spruchs (1.

März 1991) sprachlich mit dem Ausübungssachverhalt nicht verbunden. Konkret ist nur zum Ausdruck gebracht, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt, und zwar am 1. März 1991, eine Visitenkarte bei der belangten Behörde abgegeben worden ist.

Damit jedoch ist nicht der Beginn des Zeitraumes ausgedrückt, ab dem - auf der Grundlage entsprechender Ermittlungsergebnisse - der Beginn des fortgesetzten deliktischen Verhaltens des Berufungswerbers festgestellt ist. Weder aus der Begründung des Straferkenntnisses noch sonst aus dem Akteninhalt ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, daß exakt mit diesem 1. März 1991 auch die unbefugte Gewerbeausübung begonnen haben muß; nach der Aktenlage konnte dies sowohl ein früherer als auch ein späterer Zeitpunkt sein. Gerade aber im Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs.4 zweiter Satz GewO 1973 hätte(n) der Zeitpunkt bzw. die Zeitpunkte des Anbietens nicht unbestimmt bleiben dürfen.

4. Zusammenfassend erweist sich das angefochtene Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 VStG als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb es aufzuheben war. Im inhaltlichen Mangel liegt jedoch auch der Grund für die eingetretene Verfolgungsverjährung: Auch der Ladungsbescheid vom 25. Juni 1991 nämlich wirft nicht vor, daß und wodurch und beginnend ab wann die belangte Behörde das Tatbild der Ausübung der inkriminierten Tätigkeit als erfüllt erachtet. Mit einer so ausgestatteten, somit gänzlich unbestimmt gebliebenen Verfolgungshandlung konnte die Verjährungsfrist nicht unterbrochen werden (zB. VwGH v.

26.6.1992, 92/17/0070).

Bei diesem Ergebnis war nicht mehr darauf einzugehen, daß der Spruch in der Anführung der verletzten Verwaltungsvorschrift den § 1 Abs.4 GewO 1973 nicht enthält; die diesbezüglich dem unabhängigen Verwaltungssenat im Grunde des § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 und § 44a Z2 VStG (nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes) grundsätzlich obliegende Richtigstellung erübrigt sich.

Es war daher gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache ausschließen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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