Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220340/7/Kon/Fb

Linz, 07.03.1994

VwSen-220340/7/Kon/Fb Linz, am 7. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Ing. E I , V , S , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.10.1992, Ge96-2512-1991, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr.

534/1972 idF BGBl.Nr. 544/1982, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Richtigstellung bestätigt, daß die Verletzung der Bestimmungen des § 44 Abs.2 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954, am 3.10.1991 begangen worden ist.

II. Der Bestrafte hat 2.000 S als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 31 Abs.2 lit.p ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 544/1982 iVm § 44 Abs.2 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 67/1954; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, §§ 5 und 19 VStG sowie § 62 Abs.4 AVG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte der Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 ASchG iVm § 44 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der "I GesmbH" mit dem Sitz in Vorchdorf, welche persönlich haftende Gesellschafterin der "I GesmbHKG" mit dem Sitz in Vorchdorf ist, zu verantworten hat, daß diese Kommanditgesellschaft am 30.4.1991 (richtig:

3.10.1991) um 12.45 Uhr auf der Baustelle "Neueindeckung des Kesselhauses für die Spitzenlastkessel (Fernwärme)" im Dampfkraftwerk T der K AG, T , die Arbeitnehmer A S , G R , R S und H Z mit dem Aufbringen von Dachschindeln im Giebelbereich des Kesselhauses (Traufenhöhe: ca. 15 m, Dachneigung: 45 Grad) beschäftigt hat, obwohl keine geeigneten Schutzblenden (Scheuchen) vorhanden und die Arbeitnehmer nicht angeseilt waren.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 1.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Die Erstbehörde begründet ihren Schuldspruch im wesentlichen damit, daß der Beschuldigte kein entsprechendes Kontrollund Überwachungssystem in bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften geschaffen hat.

In bezug auf die Strafhöhe führt die Erstbehörde begründend aus, daß diese dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat sowie den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten entspreche. Ebenso sei unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der verletzten Verwaltungsvorschrift die Strafe in dieser Höhe als angemessen zu bezeichnen. Als straferschwerend sei eine einschlägige Vorstrafe zu werten gewesen. Mildernde Umstände seien nicht vorgelegen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. R L , L , L , rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen wie folgt vorgebracht: Hinsichtlich des Fehlens von Schutzblenden werde das Verschulden eingestanden. Was den Umstand betreffe, daß die im Spruch genannten Arbeitnehmer nicht angeseilt gewesen seien und des damit verbundenen Vorwurfes kein ausreichendes Kontrollsystem installiert zu haben, werde das Verschulden verneint. So sei insbesondere dem im Jahre 1990 gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahren ein Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen eingeführt worden. Einerseits seien die in der Firma beschäftigten Meister ausdrücklich angewiesen worden, zu überprüfen, daß Arbeitnehmer an gefährlichen Stellen lückenlos angeschnallt sein müßten. Diese Meister seien somit hauptverantwortlich beauftragt, die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu überprüfen. Dies deshalb, zumal in der Firma des Beschuldigten ca 15 Arbeitspartien zu je 4 bis 6 Mann beschäftigt seien und diese Arbeitspartien in ganz Oberösterreich und teilweise auch in den Bundesländern Salzburg und Niederösterreich beschäftigt seien, sodaß der Beschuldigte als Einzelperson natürlich mit der Überprüfung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen überlastet wäre. Darüber hinaus habe er seine Vorarbeiter ausdrücklich darauf hingewiesen, daß an gefährlichen Stellen die Arbeitnehmer angeschnallt sein müßten. Bei Nichteinhaltung der Anschnallpflicht habe er sowohl seinen Vorarbeitern als auch den anderen Mitarbeitern Sanktionen angedroht, als beim zweiten Vergehen gegen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen lückenlosen Betrag in Höhe von 500 S in die Gemeinschaftskasse einbezahlt werden müsse. Beim verfahrensgegenständlichen Vorfall sei sein Vorarbeiter R S dafür verantwortlich gewesen, daß dieser und seine Mitarbeiter angeschnallt arbeiten. Nach Bekanntwerden des Vorfalls habe er den Vorarbeiter S zur Rede gestellt, worauf ihm dieser versicherte, daß in Hinkunft die Arbeitnehmerschutzbestimmungen lückenlos eingehalten würden. Seit diesem Vorfall habe er den Vorarbeiter S ständig selbst kontrolliert und konnte bisher keinen Verstoß gegen Arbeitnehmerschutzbestimmungen feststellen.

Die Erstbehörde hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG Abstand genommen und die gegenständliche Berufung unter Anschluß des Verfahrensaktes dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt, wodurch dessen Zuständigkeit zur Berufungsentscheidung eingetreten ist.

Da in der Berufung lediglich eine Reduzierung des Strafbetrages beantragt wird, im übrigen aber der objektive Sachverhalt nicht bestritten wird, war gemäß § 51e Abs.2 VStG das Erfordernis eine mündliche Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat anzuberaumen nicht gegeben.

Auch die vom unabhängigen Verwaltungssenat vorgenommene Akteneinsicht ergab einen ausreichend ermittelten und unter Beweis gestellten Sachverhalt. Die Durchführung einer Ver handlung wurde auch nicht ausdrücklich beantragt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Schuldspruch:

Die objektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, nämlich die Neueindeckung des Kesselhauses in T ohne die für eine Traufenhöhe von 15 m und einer Dachneigung von 45 Grad erforderlichen Schutzblenden und Anseilung der Arbeiter ist erwiesen und unbestritten.

Das Berufungsverfahren beschränkte sich daher auf die Prüfung, ob der Beschuldigte seiner sich aus dem Gesetz ergebenden und in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bejahter Verpflichtung dahingehend nachgekommen ist, daß er hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in seinem Betrieb ein Kontroll- und Überwachungssystem eingerichtet und solche zumutbare Maßnahmen gesetzt hat, welche die Einhaltung dieser Vorschriften unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund haben erwarten lassen.

Zunächst ist aufzuzeigen, daß der Beschuldigte weder die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG noch die Bestellung eines Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.2 ASchG in seiner Rechtfertigung und auch in seiner Berufung geltend gemacht hat. Die an die Meister des Betriebes und die Vorarbeiter ergangene Weisung, sich bei den Dacharbeiten anzuschnallen, kann weder als Bestellung eines Bevollmächtigten noch als Maßnahme zur Einrichtung eines Kontroll- und Überwachungssystems gewertet werden.

Ebensowenig gilt dies auch für die vorgebrachte Regelung, wonach Arbeitnehmer, welche der Anschnallpflicht bei Dach arbeiten nicht nachkommen, verpflichtet seien, den Betrag von 500 S quasi strafweise in eine Gemeinschaftskasse einzubezahlen. Die mangelnde Wirksamkeit des solcherart vom Beschuldigten eingewandten Kontroll- und Überwachungssystems zeigt sich letztlich darin, daß auch an anderen Baustellen des Beschuldigten, wie zB die Baustelle "S " in A (siehe hiezu VwSen-220326/1993) Arbeitnehmerschutzvorschriften bei Dacharbeiten verletzt wurden. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß es weder Aufgabe der Erststrafbehörde noch der Berufungsinstanz ist, dem Beschuldigten darzulegen, welche Maßnahmen er im besonderen hätte treffen müssen, um ein wirksames Kontroll- und Überwachungssystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu schaffen. Der Schuldspruch der Erstbehörde ist sohin zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

In Anbetracht des Strafrahmens den das Arbeitnehmerschutzgesetz für die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorsieht, wie des Umstandes, daß der Absturz eines Arbeitnehmers aus 15 m Höhe mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dessen Tod zur Folge gehabt hätte, erweist sich das Ausmaß der verhängten Strafe als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat angemessen. Zu Recht hat die Erststrafbehörde eine bereits rechtskräftige Bestrafung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz als straferschwerend gewertet. Nach den von der Erstbehörde ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschuldigten, ist diesem die Strafe in dieser Höhe wirtschaftlich auch durchaus zumutbar. Da der Beschuldigte, wie aus dem im erstbehördlichen Akt erliegenden Vormerkungsverzeichnis hervorgeht, bereits einschlägig bestraft wurde, ist davon auszugehen, daß der Präventivzweck der Strafe nur bei dem von der Erstbehörde festgesetzten Strafausmaß gegeben ist. Im übrigen würde eine weitere Herabsetzung der Strafe dem Schutzzweck der verletzten Verwaltungsvorschrift, zuwiderlaufen.

Da sohin bei der Strafbemessung den Bestimmungen des § 19 VStG voll entsprochen wurde, war das verhängte Strafausmaß zu bestätigen.

Aus den dargelegten Gründen war daher der vorliegenden Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch (Abschnitt I) zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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