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VwSen-220348/8/Gu/Ho

Linz, 18.03.1993

VwSen - 220348/8/Gu/Ho Linz, am 18, März 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Andreas O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 22.9.1992, Ge96-18/1991-B, wegen Übertretung von Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes in drei Fakten (betreffend den Arbeitnehmer Josef A) zu Recht erkannt:

1. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich aller Fakten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: §§ 12 Abs.1, 16 Abs.1 und 3, 17 Abs.2 und 28 Abs.1 AZG, § 45 Abs.1 Z1 und Z2 VStG, § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 1 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat gegen den Beschuldigten zur Zl. Ge96-18/1991-B, am 22.9.1992 ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Anläßlich einer am 7.11.1990 im Betrieb der Firma Andreas O GesmbH, durchgeführten Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck konnte festgestellt werden, daß 1. dem Arbeitnehmer Josef A (Lenker des Kraftfahrzeuges) nach Beendigung seiner Tagesarbeitszeit am 28.8.1990 um 15.30 Uhr und am 30.8.1990 um 15.30 Uhr keine ununterbrochene Ruhezeit von zehn Stunden gewährt wurde, zumal er am 28.8.1990 und am 30.8.1990 bereits um 22.50 Uhr wieder eingesetzt wurde. 2. Weiters war Herr Josef A am 28.8.1990 und am 30.8.1990 von jeweils 23.45 Uhr bis 15.30 Uhr (jeweils 16,45 Stunden) im Einsatz und wurde folglich die mit höchstens 14 Stunden limitierte Einsatzzeit überschritten. 3. Konnte das persönliche Fahrtenbuch des Herrn A dem Kontrollorgan auf Verlangen nicht ausgehändigt werden. Die Firma Andreas O GesmbH,hat somit in den angeführten Fällen als Arbeitgeber des Herrn A den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zuwidergehandelt, wofür Sie als das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Firma im Sinne des § 9 Abs.1 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sind.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1. § 9 Abs.1 VStG 1991 iVm §§ 12 Abs.1 und 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idgF. 2. § 9 Abs.1 VStG 1991 iVm §§ 16 Abs.1 und 3 und 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idgF. 3. § 9 Abs.1 VStG 1991 iVm §§ 17 Abs.2 und 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Gemäß 1. - 3. § 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idgF. Geldstrafe von:

1. S 1.500,-2. S 1.000,-3. S 500,-Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von:

1. 72 Stunden 2. 48 Stunden 3. 24 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes zu zahlen: S 300,-als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) beträgt daher:

S 3.300,--." In seiner gegen eine Mehrheit von Straferkenntnissen gerichteten, in einem einheitlichen Schriftsatz zusammengefaßten rechtzeitigen Berufung macht der anwaltlich vertretene Beschuldigte geltend, daß die Verfahren durch Anzeigen des Arbeitsinspektorates anhängig geworden seien, zum Anzeigezeitpunkt noch ein Rechtszug an den Landeshauptmann, sohin zu keinem Tribunal offengewesen sei, was der Europäischen Menschenrechtskonvention, deren Verfahrensgrundsätze auf die vorliegenden Tatbestände anzuwenden seien, widerspreche. Andererseits macht der Berufungswerber geltend, daß die Verfolgung nicht innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist von der Behörde aufgenommen worden sei, zumal die Verfolgungshandlung (die seinerzeit ergangene Strafverfügung) nachweislich nicht rechtzeitig den Bereich der Behörde verlassen habe. Bei der vorgeworfenen Übertretung des § 17 Abs.2 des AZG handle es sich nach der Umschreibung der Tat um keine solche, weil die erwähnte Gesetzesstelle von abgeschlossenen Fahrtenbüchern spreche. Sowohl bezüglich dieses Deliktes als auch der zur Last gelegten Übertretung des § 14 Abs.2 und 16 Abs.1 und 3 AZG lägen wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges auch bezüglich der mehreren betroffenen Dienstnehmer fortgesetzte Delikte vor und habe die Verwaltungsbehörde lediglich eine einzige Strafe verhängen dürfen. Die belangte Behörde habe des weiteren keine Erhebungen getroffen, ob der Beschuldigte das nach außen zur Vertretung berufene Organ der Andreas O GesmbH sei. Die Behörde habe Ruhepausen nicht berücksichtigt und die Begriffe Arbeitszeit und Einsatzzeit vermischt.

Was die Strafbemessung anlange, macht der Beschuldigte geltend, daß die Schätzung des Monatseinkommens durch die Behörde nicht zutreffe. Sein tatsächliches monatliches Einkommen betrage 30.000 S, er sei Hälfteeigentümer einer Liegenschaft samt Wohnhaus, besitze keine Sorgepflichten, habe jedoch Kreditverbindlichkeiten aus der Anschaffung von Autobussen. Angesichts des Geldstrafrahmens von 300 S bis 6.000 S habe die Erstbehörde die Strafe zu hoch angesetzt, zumal weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe vorgelegen seien. In der mündlichen Verhandlung macht er Milderungsgründe geltend. Vorsatz sei zu Unrecht angenommen worden. Es fehlten einschlägige Vorstrafen. Die Überschreitungen des Arbeitszeitgesetzes sei nur durch betriebliche Unwägbarkeiten entstanden. Es sei nicht möglich gewesen, nach einer Erkrankung eines Chauffeurs kurzfristig Ersatz zu finden. Darüber hinaus hätten Chauffeure, obwohl dies ihnen ausdrücklich untersagt gewesen sei, Dienst getauscht und ihm dies nicht zur Kenntnis gebracht. Aus all diesen Gründen beantragt der Beschuldigte die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens in eventu die Herabsetzung der Geldstrafen.

Aufgrund der Berufung wurde am 8. März 1993 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Vertreters des Beschuldigten und des Vertreters des Berufungsarbeitsinspektorates durchgeführt, in deren Rahmen der Vertreter des Beschuldigten vernommen und Einsicht in die im Verfahrensakt erliegenden Urkunden, insbesondere den Rückschein betreffend die Verfolgungshandlung und in die, die Arbeits- (Lenk-) und Einsatzzeit sowie Lenkpausen und die sonstigen Umstände ausweisenden Tachographenscheiben vom 28.8.1990 und vom 30.9.1990 betreffend jeweils das Fahrzeug mit dem Kennzeichen und den Lenker Josef A, genommen.

Aufgrund dieser Beweismittel ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Der Beschuldigte war zum Tatzeitpunkt der handelsrechtliche Geschäftsführer der Andreas O GesmbH. Er übte die Aufsicht über dreizehn im Mietwagengewerbe eingesetzte Omnibusse aus. Ferner oblag ihm die Überwachung des Dienstnehmerschutzes und die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften für die Verwendung von ca. 20 Kraftfahrzeugen zum Tatzeitpunkt. Die meisten dieser Busse sind im Schichtverkehr eingesetzt und befördern Schüler und AMAG-Bedienstete zu ihren Wirkungsstätten. Ein Teil der Busse ist in der Personenbeförderung von geschlossenen Teilnehmerkreisen im gesamten europäischen Raum eingesetzt. In der O GesmbH sind glaublich vier Personen im Büro eingesetzt. Zumindest ein männlicher Bediensteter namens Feichtenschlager geht dem Beschuldigten bei der Planung der Routen und dem Einsatz des Fuhrparkes sowie der Personalplanung an die Hand. Daneben ist noch die Tochter des Beschuldigten und sind noch zwei weitere weibliche Bedienstete im Büro tätig. Durchschnittlich einmal im Monat findet eine Dienstbesprechung statt. Bei besonderen Vorkommnissen während Überlandfahrten nehmen die Fahrer durch normale Fernsprechverbindung Kontakt mit dem Beschuldigten auf. Die Fahrer haben gelegentlich Diensttausch vorgenommen, wogegen der Beschuldigte energisch einzuschreiten versucht und diesbezüglich mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht hat. Das Vorliegen eines Diensttausches im gegenständlichen Fall ist konkret nicht nachgewiesen. Aufgrund der am 7.11.1990 durchgeführten Inspektion des Betriebes durch einen Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 18. Aufsichtsbezirk und der hierauf erfolgten Anzeige erging mit Datum vom 28. Februar 1991, zur Zahl Ge96-18/1991-B, von der Bezirkshauptmannschaft Braunau eine Strafverfügung, welche am 28.2.1991, sohin innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist, von der Post befördert wurde und den Bereich der Behörde verlassen hatte.

Aus der Tachographenscheibe vom 28.8.1990 ergibt sich, daß der Lenker Josef A von 5.00 Uhr bis 0.30 Uhr des Folgetages eingesetzt war. Dieselbe Einsatzzeit weist die Tachographenscheibe vom 30.9.1990 aus.

Das Fehlen der Ruhezeit und die Überschreitung von Einsatzzeiten wie sie im vorzitierten Straferkenntnis umschrieben wurden, kann daraus nicht abgelesen und nachgewiesen werden. Es handelt sich somit um einen anderen Tatverdacht, welcher dem Beschuldigten weder in der Verfolgungshandlung noch im Straferkenntnis vorgeworfen wurde. Aus diesem Grund war die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bezüglich der Fakten eins und zwei zu verfügen. Was die Anlastung der Übertretung des § 17 Abs.2 AZG anlangt, ist folgendes zu erwägen:

Nach dieser Gesetzesstelle obliegt dem Arbeitgeber die Ausgabe der persönlichen Fahrtenbücher (erster Straftatbestand) sowie die Führung des Verzeichnisses über die verwendeten persönlichen Fahrtenbücher (zweiter Straftatbestand). Das Verzeichnis muß den Namen und die Empfangsbestätigung des Lenkers, dem das Buch zugeteilt ist, sowie die Buchnummer, das Ausgabedatum und das Datum des letzten vom Lenker vor der endgültigen Rückgabe des Fahrtenbuches an den Arbeitgeber nach Gebrauch ausgefüllten Tageskontrollblattes enthalten (dritter Sammeltatbestand). Der Arbeitgeber hat mindestens einmal monatlich zu überprüfen, ob die Angabe gemäß Abs.1 eingetragen wurde (vierter Tatbestand). Die persönlichen Fahrtenbücher sind nach Abschluß vom Arbeitgeber mindestens ein Jahr lang aufzubewahren; diese, sowie das Verzeichnis sind den Kontrollorganen auf Verlangen auszuhändigen (fünfter Tatbestand). Durch die Verwendung des rückbezüglichen Fürwortes "diese" erstreckt sich die Pflicht der Aushändigung an die Kontrollorgane auf die persönlichen Fahrtenbücher "nach deren Abschluß".

Das zu Faktum drei vorgeworfene Verhalten erstreckte sich darauf nicht und konnte somit den Beschuldigten mit keinem verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand belasten.

Aufgrund der Einstellung der Verfahren war die Kostenfreistellung sowohl der erstinstanzlichen - als auch der Berufungs - Verfahrenskosten auszusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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