Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220359/2/Kl/Rd

Linz, 25.01.1994

VwSen-220359/2/Kl/Rd Linz, am 25. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des G S , T , vertreten durch die RAe Dr. M L und DDr. K R H , B , S , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.10.1992, Ge96/84/1991/B, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a und 45 Abs.1 Z3 VStG.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit eingangs zitiertem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 7.10.1992 wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 ff GewO 1973 eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf Tagen verhängt, weil er jedenfalls im Zeitraum vom 31.1.1991 bis 10.6.1991 auf den Grundparzellen 1123/2 und 1127/3, KG H , Gemeinde T , einen Holzlagerplatz und somit eine gewerbliche Betriebsanlage, welche infolge der Nähe zur W Landesstraße geeignet ist, eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Benützer dieser Straße herbeizuführen, ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben hat.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrensbeitrag von 300 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt wurde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der gegenständliche Holzlagerplatz sehr wohl behördlich genehmigt sei, da er in Einheit zum Sägewerksbetrieb zu sehen ist, welcher ohne Ablagemöglichkeit von Schnittholz gar nicht betrieben werden könnte. Im übrigen werde durch das gelagerte Schnittholz weder die Sicherheit noch die Leichtigkeit noch die Flüssigkeit des Verkehrs an der öffentlichen Straße gefährdet oder wesentlich beeinträchtigt. Das Schnittholz sei ordentlich gelagert und der Untergrund maschinell und durch den 30 bis 40jährigen Gebrauch als Lagerplatz entsprechend befestigt. Auch lagere das Holz in angemessenem Abstand von der Bundesstraße.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt samt der Berufung vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs.1 leg.cit. ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen (§ 74 Abs.2 Z4 leg.cit.) .

4.2. In ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgesprochen, daß gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Danach erscheint es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumschreibung so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, durch die die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

Es muß daher dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Strafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich dafür zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.3. Diesen Konkretisierungsanforderungen entspricht weder die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren ergangene Strafverfügung als erste Verfolgungshandlung noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Es wäre nämlich aufgrund der obzitierten Rechtsvorschriften erforderlich gewesen, die gegenständliche Betriebsanlage dermaßen in konkretisierter Form zu umschreiben, daß eine Qualifizierung als gewerbliche Betriebsanlage möglich ist (zB Holzlagerplatz im Rahmen eines Sägewerksbetriebes oder dgl.), sowie auch jene Umstände im Sinne der Z1 bis 4 des § 74 Abs.2 GewO 1973 in den Spruch aufzunehmen, welche die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage begründen. Demzufolge wäre es daher erforderlich gewesen, in den Spruch aufzunehmen, daß der Holzlagerplatz der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig dient - die Errichtung bzw. Erhaltung eines Holzlagerplatzes für sich allein begründet noch nicht die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung sowie auch den Umstand, daß dieser Lagerplatz geeignet ist, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen.

Es ist daher eine Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale nicht möglich.

4.4. Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von einer Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Diesem Erfordernis wurde wie oben angeführt nicht entsprochen. Dem O.ö. Verwaltungssenat war es daher im Rahmen seiner Entscheidungspflicht gemäß § 66 Abs.4 AVG, welche auch eine Berechtigung und Verpflichtung enthält, den fehlerhaften Spruch der Strafbehörde zu berichtigen, verwehrt, eine diesbezügliche Spruchergänzung vorzunehmen, weil bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

4.5. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis - ohne daß in die Sache näher einzugehen war - aufgrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Schließlich wird die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß gemäß § 49 Abs.2 VStG, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wurde, das ordentliche Verfahren einzuleiten ist. Diesem Verfahrensgrundsatz wurde nicht nachgekommen und der Beschuldigte in jeder Weise seines Verteidigungsrechtes beschnitten, da ohne weiteres Ermittlungsverfahren und ohne Anhörung des Beschuldigten lediglich ein Jahr später ein Straferkenntnis erlassen wurde.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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