Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220379/5/Ga/La

Linz, 31.01.1994

VwSen-220379/5/Ga/La Linz, am 31. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des R D in A , S , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 10. November 1992, Zl.

Ge-96/137/1992/Gru, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben: Die ersten vier Tatvorwürfe (betreffend die Taten am 3. April, 5.

Juni, 26. Juni und 15. Juli 1991) des Schuldspruchs haben zu entfallen; diesbezüglich wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt; hinsichtlich der beiden letzten, je den 22. Juni 1992 betreffenden Tatvorwürfe wird der Schuldspruch bestätigt.

II.

a) Die verhängte Geldstrafe wird auf 2.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt.

b) Als Strafnorm ist anzuführen: "gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz der Gewerbeordnung 1973".

III. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 200 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 44a Z1 und Z3, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG.

Zu III.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft den Berufungswerber einer Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO 1973 schuldig erkannt: Er habe am 3. April 1991, am 5. Juni 1991, am 26. Juni 1991 und am 15. Juli 1991 jeweils eine Bestellung für bestimmt genannte Werkaufträge entgegengenommen, wofür er jeweils Anzahlungen in bestimmter Höhe erhalten habe; weiters habe er am 22. Juni 1992 an eine bestimmt genannte Person Fassadenmaterial im Wert von 5.000 S, und gleichfalls am 22. Juni 1992 an eine bestimmt genannte andere Person 26 lfm verzinkte Dachrinne im Wert von 2.560 S geliefert; diese Tätigkeiten habe er mit der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen; dadurch habe er das Handelsgewerbe ausgeübt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung gewesen zu sein; deswegen wurde über ihn "gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 103 Abs.1 lit.b Z25 Gewerbeordnung 1973" eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses bzw. Änderung dahingehend, daß insgesamt wegen sämtlicher dem Berufungswerber vorgeworfener Taten nur eine einzige Bestrafung (mit Geldstrafe von 3.000 S) ausgesprochen werden möge, eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der zulässigen - Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den vorgelegten Strafakt zu Zl. Ge-96/137/1992 sowie unter Einbeziehung der Berufungsbegründung den im Schuldspruch dargestellten Sachverhalt, soweit er die beiden letzten Tatvorwürfe mit der Tatzeit 22. Juni 1992 betrifft, als erwiesen und als maßgebend auch für das h. Erkenntnis fest. Dieser Sachverhalt (P. 1.1.) ist von der Aktenlage gedeckt und wird als solcher vom Berufungswerber in der Begründung seines Rechtsmittels (Seite 3, letzter Absatz) einwandfrei erschließbar zugegeben.

3.2. Der Berufungswerber bekämpft jedoch die rechtliche Beurteilung und bringt - unter Hinweis auf § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 und auf die Figur des sogen. fortgesetzten Delikts - vor, es hätten diese beiden Tathandlungen nicht als eine gesonderte Verwaltungsübertretung, nämlich als die unbefugte Ausübung des Handelsgewerbes gewertet werden dürfen; vielmehr hätten diese Tathandlungen zusammen mit zwei weiteren, in der Zeit seit Juni 1992 gesetzten Taten (über die die belangte Behörde in gesonderten Straferkenntnissen abgesprochen hat) nur als eine einzige Verwaltungsübertretung vorgeworfen und bestraft werden dürfen, wobei keine Rolle spielen könne, daß unterschiedliche Gewerbe (hier: Handelsgewerbe; dort:

Dachdeckergewerbe bzw. Maler- und Anstreichergewerbe) unbefugt ausgeübt worden seien.

Mit dieser Auffassung verkennt jedoch der Berufungswerber die Rechtslage grundlegend und auf der Hand liegend. Es genügt der Hinweis, daß schon zufolge grammatikalischer Auslegung der klare Wortlaut des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 nur so verstanden werden darf, daß die unbefugte Ausübung mehrerer (verschiedener) Anmeldungsgewerbe ebensoviele Verwaltungsübertretungen verwirklicht. Dies folgt unmißverständlich auch daraus, daß der zweite Halbsatz dieser Verbotsnorm auf die (nicht erlangte) erforderliche Gewerbeberechtigung abstellt: Bekanntlich kennt die Gewerbeordnung keine Einheitsgewerbeberechtigung, sondern grundsätzlich die auf das je unterschiedliche Gewerbe abgestellte Ausübungsberechtigung (vgl. § 38 Abs.1 GewO 1973 idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992) mit im übrigen je unterschiedlichen Befähigungsvoraussetzungen.

Von diesem Verständnis der Rechtslage ist zutreffend auch die belangte Behörde ausgegangen, indem sie hinsichtlich der hier gegenständlichen Tathandlungen betreffend den 22. Juni 1992 die objektiv-tatbildliche Verwirklichung der unbefugten Ausübung des Handelsgewerbes angenommen und - unter Bedachtnahme auf die Eigenheiten des Deliktstypus' des fortgesetzten Delikts - als eine einzige, allerdings selbständige Verwaltungsübertretung vorgeworfen hat.

Schuldausschließungsgründe hat der Berufungswerber weder geltend gemacht noch sind solche im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat hervorgekommen. In diesen beiden Punkten war daher der Tat- und Schuldvorwurf zu bestätigen und erfolgte die Bestrafung zu Recht.

4.1. Anders verhält es sich mit den vier erstgereihten Tatvorwürfen des bekämpften Straferkenntnisses. Diese hätten wegen bereits eingetretener Verjährung nicht mehr in den Schuldspruch aufgenommen werden dürfen. Insoweit ist die Berufung begründet.

Zwar hat die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch hinsichtlich dieser, jeweils mit einem bestimmten Tag zeitlich fixierten Einzeltaten zutreffend ein fortgesetztes Delikt angenommen. Sie hat jedoch übersehen, daß für diese, als ein (zusammengefaßtes) Delikt zu wertende, fortgesetzte Tatbegehung längstens innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des 15. Juli 1991 eine entsprechende Verfolgungshandlung hätte gesetzt werden müssen, u.zw.

deswegen, weil nach der letzten Tathandlung am 15. Juli 1991 der für diese Deliktsart kennzeichnende Fortsetzungszusammenhang offenbar abgerissen ist (die nächste Einzeltathandlung im Rahmen des unbefugt ausgeübten Handelsgewerbes hat erst mehr als elf Monate später stattgefunden).

4.2. Hinsichtlich dieser Tatvorwürfe war das Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen, weil diesbezüglich Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers ausschließen.

Bei diesem Ergebnis war auf die weiteren Einwände zu diesen vier Tathandlungen, mit denen der Berufungswerber bestreitet, daß sie als Ausübung des Handelsgewerbes gewertet werden dürfen, nicht mehr einzugehen. Allerdings ist nicht zu übersehen, daß - insoweit in Widerspruch zu § 60 AVG (iVm § 24 VStG) - dem Straferkenntnis insgesamt nicht zu entnehmen ist, auf Grund welcher rechtlichen Beurteilung die belangte Behörde die hier gegenständlichen Tätigkeiten tatbestandlich als Ausübung des Handelsgewerbes zugeordnet hat.

Zu II.:

a) Zur Strafbemessung Die im Abschnitt I. begründete Entscheidung wirkt sich für die Bemessung der Strafe unter dem Blickwinkel des § 19 Abs.1 VStG als erhebliche Minderung des Unrechtsgehalts der Tat aus. Es war daher die von der belangten Behörde offensichtlich nach den Grundsätzen des § 19 VStG festgesetzte Geldstrafe entsprechend herabzusetzen.

Wenngleich der Berufungswerber, wie schon die belangte Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung berücksichtigt hat, nicht mit günstigen Einkommensverhältnissen gesegnet ist, hingegen sechsfach sorgepflichtig ist, hält der unabhängige Verwaltungssenat eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe schon wegen des von der belangten Behörde zutreffend berücksichtigten Erschwerungsgrundes zweier einschlägiger Verwaltungsvorstrafen nicht für vertretbar.

Die nun herabgesetzte Geldstrafe ist tat- und schuldangemessen; nach der Aktenlage scheint ihre Bezahlung dem Berufungswerber zumutbar.

Um im Lichte des § 16 VStG die Verhältnismäßigkeit der Ersatzfreiheitsstrafe zu wahren, war auch sie entsprechend herabzusetzen.

b) Die gleichzeitig verfügte Änderung des Spruchelements gemäß § 44a Z3 VStG dient der vorliegend gebotenen (und dem unabhängigen Verwaltungssenat im Grunde des § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG aufgetragenen) Richtigstellung der hier angewendeten Strafnorm (vgl. zB VwGH v. 23.11.1993, 93/04/0149).

Zu III.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

(Festgehalten wird, daß die anwaltliche Vertretung des Berufungswerbers noch während des beim unabhängigen Verwaltungssenat behängenden Berufungsverfahrens einvernehmlich beendet worden ist.) Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner